Pforzheim. Neue Spekulationen um die Frage, ob in der Gruft der Schloßkirche der 1812 nach der Geburt gestorbene namenlose Erbprinz von Baden ruht, oder ob es sich bei dem sagenumwobenen Findelkind Kaspar Hauser um den Sohn von Großherzog Karl und seiner Frau Stephanie handelt. Sollte die vor Wochen mir Erstaunen aufgenommene Nachricht, dass dieser und ein zweiter Kindersarg verschwunden sind, nur auf eine falsche Fährte führen?
Am bundesweiten „Tag des offenen Denkmals“ (9. September) war die Möglichkeit gegeben, einen Blick in die ansonsten der Öffentlichkeit nicht zugängliche Gruftbereich unter dem Chor der Schloßkirche zu werfen. Die Absperrgitter zu den beiden Räumen, in denen Familienmitglieder des Hauses Baden aufgebahrt sind, blieb jedoch verschlossen. Zuvor hatte Michael Prinz von Baden in einem Gottesdienst um Verständnis dafür gebeten, die Totenruhe zu wahren. War doch wieder der Streit darüber entbrannt, ob in einem der Kindersärge tatsächlich der Erbprinz bestattet sei. Oder ob der Säugling, um die Erbfolge zu ändern, nicht ausgetauscht worden war.
Um das durch eine mögliche DAN-Analyse klären zu können, hatte der Karlsruhe Rechtshistoriker Winfried Klein mehrfach überregional darauf hingewiesen, dass die Schloßkirche und daher auch die Gruft mit den Särgen dem Land gehöre. Dieses, und nicht das Haus Baden, sei daher Besitzer der sterblichen markgräflichen Überreste und daher für die Auflösung des Rätsels um Kasper Hauser und den Erbprinzen verantwortlich. Das werde überprüft, lautete die Auskunft. Dann kam aus Stuttgart und aus Salem die Nachricht, dass zwei Kindersärge fehlen würden – offensichtlich der des namenlosen Erbprinzen und seines 1817 ebenfalls früh gestorbenen Bruders Alexander.
Als der SWR im Sommer eine Dreherlaubnis in der Gruft erhielt, war auch Winfried Klein mit dabei. Doch es schien sich nichts Neues zu ergeben– bis jetzt bei einer erneuten Durchsicht des Filmmaterials: Zwei Kindersärge mit den Nummern 20 und 21 sind zu sehen. Es müssen die als „verschollen“ erwähnten Särge sein.
Sie waren mit dieser Nummerierung bei einer 1983 vorgenommenen „Untersuchung des alllgemeinen Erhaltungszustandes von Raum und Ausstattung der beiden Gruften“ von Restauratoren vermessen und beschrieben worden. Die Verwirrung war dadurch entstanden, dass die genannten Kindersärge in der allgemein bekannten Grundriss-Skizze, die von vor dem Zweiten Weltkrieg stammt, die Nummern 23 und 24 trugen.
Autor: Thomas Frei
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