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Innenausschuss: Aussprache zum Verfassungsschutzbericht 2011

Mittwoch, 9. Mai 2012
Vor dem Hintergrund der Morde der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) bildet die Bekämpfung des Rechtsextremismus einen Schwerpunkt im diesjährigen Verfassungsschutzbericht: „Es ist unser vorrangiges Anliegen, die rechtsextremistische Szene in Bayern noch schärfer als bisher ins Visier zu nehmen“, unterstrich Innenminister Joachim Herrmann am 9. Mai 2012 bei der Aussprache zum Bericht im Innenausschuss des Landtags.

Herrmann erklärte, dass beim Landesamt für Verfassungsschutz eine eigene neue Organisationseinheit eingerichtet worden sei, die einzelne gefährliche Neonazis besonders intensiv beobachte: „Die seit letztem Herbst zunehmenden Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene und das seit Ende des letzten Jahres erhöhte Aggressions- und Gewaltpotential bestätigen die Notwendigkeit dieser Maßnahme“, sagte Herrmann. Als großen Erfolg der Sicherheitsbehörden wertete der Innen- minister die Festnahme des seit 2005 untergetauchten Nürnberger Rechtsextremisten Gerhard Ittner in Portugal. Dieser hatte sich einer Haftstrafe – unter anderem wegen Volksverhetzung – durch Flucht entzogen. Zum Thema NPD-Verbot sagte Herrmann: „Ich bin mit aller Entschiedenheit für ein NPD-Verbotsverfahren.“ Bis zum Herbst würde eine Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft hierzu Material sammeln und auswerten. Dann könne beurteilt werden, ob ein Verbotsverfahren auch tatsächlich Aussicht auf Erfolg habe.

Neben dem Rechtsextremismus dürften andere Formen des Extremismus nicht aus den Augen verloren werden, betonte Herrmann. Die linksextremistische Szene zeige sich nach wie vor äußerst gewaltbereit und dürfe nicht verharmlost werden. Verstärkte Aufmerksamkeit müsse nach wie vor dem islamistischen Terrorismus, darunter vor allem dem Salafismus – die innerhalb der islamistischen Bewegung am schnellsten wachsende Bedrohung – gewidmet werden. Der Innenminister rief dazu auf, Extremisten jedweder Couleur, unabhängig ob Rechts oder Links, gesamtgesellschaftlich das Handwerk zu legen.

In der anschließenden Aussprache kritisierten die Oppositionsfraktionen die Informationspolitik der Staatsregierung bei der Aufarbeitung der offenen Fragen zur NSU-Mordserie in Bayern. Susanne Tausendfreund (Bündnis 90/ Die Grünen) forderte in diesem Zusammenhang, die Informations- und Kontrollrechte des Landtags zu stärken und kündigte einen Gesetzentwurf ihrer Fraktion zum Parlamentarischen Kontrollgremium an. Helga Schmitt-Bussinger (SPD) erklärte, sie habe erwartet, dass der Verfassungsschutzbericht nach den Morden der rechtsextremistischen Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“, von denen fünf in Bayern verübt wurden, ein Signal der Aufarbeitung gebe. Nichts dergleichen sei jedoch geschehen. Dies zeige die Fehleinschätzung der Neonazi-Szene und ihrer tatsächlichen Gewaltbereitschaft durch das Innenministerium und den Verfassungsschutz, so Schmitt-Bussinger.

Joachim Hanisch (FREIE WÄHLER) mahnte eine reibungslose Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz im Freistaat an: Es könne nicht angehen, dass die Sonderkommission ‚Bosporus‘ zur Aufklärung der NSU-Morde monatelang auf Informationen des bayerischen Verfassungsschutzes warten musste, wie der frühere Soko-Chef Wolfgang Geier vor dem Untersuchungsausschusses der Deutschen Bundestages bekundet habe.

Die Oppositionsfraktionen forderten die Staatsregierung in der Sitzung zudem auf, grundlegende Berichte, wie den Bericht zur Kriminalstatistik oder den Bericht zum Verfassungsschutz, künftig zuerst dem Landtag zu erstatten und sie in diesem Zusammenhang oder erst danach der Öffentlichkeit vorzustellen. Die SPD-Fraktion hatte dazu einen Antrag mit dem Titel „Der Landtag ist der Souverän“ eingereicht. CSU- und FDP-Fraktion lehnten diese Initiative ab. Beim Verfassungsschutzbericht handle es sich um einen Bericht der Verwaltung an die Öffentlichkeit. Es gebe keinen Anlass, an dieser Praxis, die im Übrigen vom Bund und allen Bundesländern so angewendet werde, etwas zu ändern, sagte Dr. Manfred Weiß (CSU). Dr. Florian Herrmann (CSU) wies darauf hin, dass die Landtagsopposition andere Instrumente zur Verfügung hätte, um mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen. /kh