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Die Zobel- oder Boucherot-Schaltung

Im Schaltbild vieler Audioendverstärker befindet sich direkt parallel zum Lautsprecherausgang eine RC-Reihenschaltung. Der Widerstand hat Werte zwischen 10...100 Ω und ist für höhere Verlustleistungen ausgelegt. Die Kondensatorwerte liegen zwischen 10...100 nF, wobei es sich meist um Folienkondensatoren handelt.

Welchen Nutzen kann diese Schaltung haben? Sind keine Lautsprecher angeschlossen, so stellt die RC-Schaltung die Ausgangslast dar. Mit dem Ausgangswiderstand der Endstufe ergibt sich ein Spannungsteiler mit zusätzlichen Tiefpasseigenschaften. Verfügt die Endstufe über Emitterwiderstände, so bestimmen diese mit 0,33 ... 0,5 Ω den Innenwiderstand der Endstufe. Im Bereich hoher Frequenzen ist der Kondensator der Boucherot-Schaltung so niederohmig, dass die Ausgangsamplitude an den Lautsprecheranschlüssen nur vom ohmschen Widerstandsverhältnis bestimmt wird.

Damit die Simulationsschaltung bei der Frequenzanalyse den Einfluss des Zobelglieds zeigen kann, wird für den Innenwiderstand des Verstärkers ein höherer Wert und beim Zobelglied ein kleiner Wert gewählt. Bis zur Frequenz von 20 kHz ist im Zobelglied XC  » R und die Ausgangsamplitude entspricht der von U0. Ab 1 MHz ist XC≈ 0 und die Ausgangsspannung wird im Verhältnis R / R+Ri = 0,952 geteilt.

Die Bandbreite guter Audioendstufen mit integrierten Endverstärkern erreicht 100 kHz, wobei der hohe Frequenzbereich nicht mit der Nennleistung abgegeben wird. Das RC-Filter kann den Verstärker vor zu hohen Ausgangsfrequenzen schützen. Deren Ursprung ist nicht das Audiosignal. Sie können durch Mitkopplungseffekte im Verstärker selber entstehen. Sie sind auch durch elektromagnetische Einstreuungen auf Anschlussleitungen denkbar. Ohne Tiefpass-Schutz könnten die hohen Frequenzen über die vorhandene, notwendige Signalrückkopplung den Verstärker zum unkontrollierten Schwingen mit möglicher Selbstzerstörung anregen.

Zobelglied

Die Boucherot-Schaltung zur Linearisierung der Lautsprecherimpedanz
Wird an den Ausgang ein dynamischer Lautsprecher angeschlossen, so belastet dieser das System mit einer RL-Reihenschaltung. Die angeregte Schwingspule ist nicht nur Verbraucher sondern gleichzeitig auch Generator. Im Ausgangskreis fließt zusätzlicher Blindstrom. Wie schon an anderer Stelle beschrieben ist, wird durch die Lautsprecherinduktivität die Ausgangsbelastung frequenzabhängig. Hin und wieder findet man den Hinweis, dass mit dem Zobelglied der induktive Blindstrom kompensiert werden soll. Die Impedanzkennlinie des Lautsprechers soll damit wieder linearisiert werden. Eine optimale Kompensation kann verständlicherweise nur bei einer festen Frequenz erfolgen, bei der XC gleich XL ist. Sind beide ohmsche Widerstände gleich, dann kann für eine Lautsprecherinduktivität die passende Kapazität des Zobelglieds nach C = L / R2 errechnet werden.

Die Simulationsschaltung wird mit einer RL-Serienschaltung belastet. Der Lautsprecherwiderstand soll 8 Ω haben. Für die Induktivität der Lautsprecherspule werden in Anlehnung an ein Messprotokoll 300 µH angenommen. Der Generatoreffekt der schwingenden Membran wird in der Simulation nicht erfasst.

Zobelglied

Der Verstärkerausgang wurde ohne Zobelglied nur mit der Lautsprechernachbildung belastet. Die Ausgangsspannung als Vergleichs- oder Bezugskurve ist rot dargestellt. Mit der links dargestellten Schaltungsdimensionierung folgt die Ausgangsspannung dem blauen Kurvenzug. Eine Linearisierung der Lautsprecherimpedanz ist nicht zu erkennen. Die Ausgangsspannung nimmt zur höheren Frequenz zu. Das Zobelglied senkt, wie im ersten Diagramm bei unbelastetem Ausgang, die Ausgangsamplitude ab 30 kHz. Ein für diesen Lautsprecher passender Kompensationskondensator hat eine Kapazität von 4,7 µF. Die Ausgangsspannung folgt dann dem grünen Kurvenzug. Hier ist eine recht gute Linearisierung der Lautsprecherimpedanz zu erkennen. Die Ausgangsspannung steigt um nur 1%.

Die Boucherot-Schaltung zur Verbesserung der Klangeigenschaft einer Lautsprecherleitung
Jede elektrische Leitung hat neben dem ohmschen Wirkwiderstand noch induktive und kapazitive Eigenschaften. Insgesamt hat sie Tiefpasscharakter, der aber erst in Anwendungen mit hochfrequenten Signalen an Einfluss gewinnt.

Es lassen sich mehrfach Aussagen finden, dass die Induktivität der Lautsprecherzuleitung schädliche Auswirkungen auf den Klang hat. So soll eine zu große Induktivität den Bass verlangsamen und ausdünnen und die Höhen zu leise darstellen, wodurch die Dynamik abnimmt. Hin und wieder wird auch der Skineffekt für einen schlechteren Klang verantwortlich gemacht. Besonders konfektionierte Lautsprecherleitungen sollen dem entgegen wirken. Es wird versprochen, dass der Einsatz einer Zobel- oder Boucherot-Schaltung, die als separates Filter angeboten wird, Abhilfe schaffen kann. Das Musikspektrum soll mit dem Filter einen höheren Kontrast haben sowie lebendiger und räumlicher klingen. Die sprachlichen Zischlaute (das sind immer hohe Frequenzen) sollen gemildert werden.

Diesen Aussagen vertraue ich erstmal nur wenig. Es ist richtig, dass eine hohe Leitungsinduktivität Signale höherer Frequenz dämpft, da der induktive Leitungswiderstand steigt. Die Grenzfrequenz der Leitung verschiebt sich entsprechend ihrem Tiefpasscharakter nach tieferen Frequenzen.

Angenommen, ein Lautsprechersystem mit der Impedanz 4 Ω wird an einen Verstärker angeschlossen, wobei die Leitung für Signale um 20 kHz einen schädlichen induktiven Widerstand von nur 0,5 Ω haben soll. Die Induktivität der Leitung beträgt dann L = 4 µH. Bei tiefen Frequenzen geht der induktive Widerstand gegen Null. Den Bass ausdünnen, d. h. entweder Frequenzanteile oder den gesamten Bassbereich dämpfen, lässt sich dadurch nicht erklären. Die Serien-Blindkomponente XL ist bei tiefen Frequenzen nicht wirksam. Den Bass verlangsamen, d. h. eine negative Phasenverschiebung zu den anderen Frequenzen bewirken, ist nur möglich, wenn neben der ohmschen Komponente eine Blindkomponente wirksam ist. Die Induktivität der Leitung ist zu klein und ihr kapazitiver Widerstand für tiefe Frequenzen ist wesentlich größer als der des Zobelglieds. Die Leitungseigenschaften lassen im Hörbereich keine Phasenverschiebung erwarten. Eine Milderung der Zischlaute erfolgt durch das Herausfiltern hoher Frequenzanteile, gerade das macht die nicht korrigierte Leitung.

Die Werte beider Bauteile R und C im Zobelglied sind festgelegt. Das Filter kann seine Wirkung daher nur in einem sehr engen Frequenzbereich von ca. 5 kHz entfalten. Der Nutzen der Zusatzfilter zur Verbesserung der Leitungseigenschaften erscheint fraglich, zudem ist ihr Preis unverhältnismäßig hoch.

Messtechnische Untersuchung einer Lautsprecheranschlussleitung
Die elektrischen Eigenschaften einer normalen, flachen Doppelleitung (Kupfer-Litze) mit einem Leiterquerschnitt von 1,5 mm2 zum Anschluss von Lautsprecherboxen wurden im Labor bestimmt. Der Einsatz dieses Leitungstyps ist in der Heimelektronik weit verbreitet. Die Messungen wurden an einer 19 m langen Leitung vorgenommen. Als Signalquelle diente ein einstellbarer Sinusfrequenzgenerator. Die Strom- und Spannungsmessung erfolgte mit elektronischen Multimetern. Der Hersteller garantierte die Anzeigegenauigkeit bis 30 kHz. Eine Testmessreihe ergab korrekte Werte auch noch für 50 kHz. Die kapazitive Leitungseigenschaft wurde bei offenem Leitungsende gemessen. Die induktive Eigenschaft wurden bei kurzgeschlossenem Leitungsende bestimmt. Eine Gleichspannungs- und Strommessung bei kurzgeschlossenem Leitungsende lieferte den ohmschen Leitungswiderstand (Schleifenwiderstand).

f / kHz U / V I / mA Z / kΩ C / nF
1 5 0,035 143,00 1,11
5 5 0,270 18,50 1,72
10 5 0,360 13,90 1,15
15 5 0,530 9,43 1,12
20 5 0,715 6,99 1,14
25 5 0,875 5,71 1,11
30 5 1,100 4,55 1,17
35 5 1,270 3,94 1,16
40 5 1,460 3,42 1,16
45 5 1,650 3,03 1,17
50 5 1,810 2,76 1,15
f / kHz U / mV I / mA Z / Ω XL / Ω L / µH
1 50 100,0 0,500 0,218 34,7
5 50 78,5 0,637 0,451 14,3
10 50 52,3 0,956 0,843 13,4
15 100 75,0 1,330 1,260 13,3
20 100 58,0 1,720 1,660 13,2
25 100 46,8 2,137 2,088 13,3
30 100 39,3 2,540 2,500 13,3
35 100 33,5 2,990 2,950 13,4
40 100 26,8 3,730 3,700 14,7
45 100 23,0 4,350 4,32 15,3
50 100 20,0 5,000 4,98 15,9

Der ohmsche Schleifenwiderstand der 19 m langen Leitung wurde zu 0,45 Ω bestimmt. Dieser Wert lässt sich auch aus der Leiterlänge dem Leiterquerschnitt und der Leitfähigkeit von Kupfer errechnen. Der durchschnittliche Kapazitätswert beträgt 1,2 nF und der durchschnittliche Induktivitätswert 16 µH. Aus diesen Werten lassen sich die Belagswiderstände der Leitung angeben:

R' = 23,68 mΩ/m;     C' = 63,2 pF/m;      L' = 842,1 nH/m;     G' » 10 MΩ/m.

Die Leitungsimpedanz konnte experimentell mit einem Abschlusswiderstand ermittelt werden. Als Eingangssignal wurde ein Rechteckimpuls mit 1 MHz und einem Tastgrad vom 10% angelegt. Bei einem Widerstandswert von 110 Ω am Leitungsausgang ließ sich am Leitungseingang mit dem Oszilloskop keine Reflexion mehr erkennen. Die aus den Belagswerten errechnete Leitungsimpedanz mit ZL = 115,4 Ω steht dazu in guter Übereinstimmung.

Der Einfluss des Zobelglieds auf die Lautsprecherleitung
Bei der Simulationsmessung wurde zwischen dem Verstärkerausgang und dem Lautsprecher ein Leitungsvierpol eingefügt, wie es das folgende Schaltbild zeigt. Bei dieser Untersuchung wurde eine Leitungslänge von 10 m angenommen. Zuhause werden die Lautsprecherleitungen meistens kürzer sein. Das Simulationsprogramm soll den Einfluss des Zobelglieds auf diese Leitung zeigen. Zum Vergleich bildete erstens nur ein ohmscher Wirkwiderstand mit 8 Ω und zweitens die Lautsprecher RL-Nachbildung den Leitungsabschluss. Die Simulationsmessungen wurden mit und ohne Zobelglied durchgeführt.

Leitungsvierpol und Zobelglied
Diagramme

Ein Einfluss des Zobelglieds auf die Lautsprecherleitung ist bei rein ohmscher Belastung nicht erkennbar. Vergleicht man das rechte Diagramm mit dem weiter oben gezeigten, so macht sich das Tiefpassverhalten der Lautsprecherleitung bei Frequenzen oberhalb 20 MHz bemerkbar. Die Lautsprecherleitung hat auf die Übertragungskennlinie im Hörbereich keinen Einfluss. Eine Auswirkung des Zobelglieds auf die Lautsprecherleitung mit angeschlossenem Lautsprecher ist nicht erkennbar.

© Detlef Mietke Suchen nach ? Top