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15.10.2006
 

Jugendautor Kalmuczak

"TKKG war eine Notlösung"

Rolf Kalmuczak ist der Schöpfer der TKKG-Bande und schrieb ungezählte Romane unter 104 Pseudonymen. Dem Interview-Magazin "Galore" erzählte er, was er von seinem richtigen Namen hält, warum Männer besser einparken und wieso bei TKKG Sex keine Rolle spielt.

Frage: Herr Kalmuczak, mögen Sie Ihren Namen?

Rolf Kalmuczak: Eigentlich ist er ein Verkaufshindernis. Kein Autor würde sich freiwillig so nennen. Nach dem ersten Hören hat man meinen Namen schon wieder vergessen, und ich habe auch schon die dollsten Verballhornungen gehört. Einer sprach mich beispielsweise mit 'Herr Muskatnusssack' an. (lacht)

Frage: Also musste ein anderer Name her. Oder besser: gleich eine Vielzahl. Seit 1966 haben Sie Ihre Geschichten unter 104 Pseudonymen veröffentlicht.

TKKG-Erfinder Kalmuczak: "Klischees sind nützlich"
DPA

TKKG-Erfinder Kalmuczak: "Klischees sind nützlich"

Kalmuczak: Ich stehe dafür sogar in allen Pseudonym-Lexika. Zwar auch im Guiness-Buch der Rekorde, dort aber vor allem wegen der Vielzahl meiner Veröffentlichungen. Angefangen hat alles mit meinen Kriminalkurzgeschichten, von denen rund 2700 Stück in verschiedenen Zeitschriften abgedruckt wurden. Bei einem dieser Magazine war es damals üblich, dem Leser vorzutäuschen, dass in einem bestimmten Rhythmus verschiedene Autoren auftreten. Also hieß ich mal Fred Burger, mal Rolf Reiher. Den Lesern fiel das gar nicht auf. Die Redaktion leitete Briefe an mich weiter, in denen es hieß: Machen Sie weiter so, Herr Burger, Sie schreiben viel besser als Herr Reiher. (lacht) Dieses Versteckspiel habe ich über 25 Jahre lang durchgehalten.

Frage: Als Autor der 'TKKG'-Bücher schreiben Sie unter dem Namen Stefan Wolf. Wie kam es zu diesem Pseudonym?

Kalmuczak: Kinder mögen Tiere, deshalb eignet sich für die jungen Leser am besten ein Tierpseudonym. Tom Fuchs wäre auch eine Möglichkeit gewesen. Bei der Wahl des Namens ist entscheidend, dass er so einfach wie möglich ist. Also Stefan mit f und nicht mit ph.

Frage: Mit Verlaub – die Buchstabenkombination "TKKG" (Tim, Karl, Klößchen und Gaby) klingt aber eher holprig.

Kalmuczak: Das ist richtig, der Name war aber auch nur eine Notlösung. Eigentlich wollte ich die Reihe "Die vier Freunde" nennen. Doch der Verlag lehnte mit der Begründung ab, dass es schon "Die fünf Freunde" von Enid Blyton gab. Das wusste ich damals nicht. Also setzte ich die Anfangsbuchstaben der Hauptakteure zusammen. Dieser eigenwillige Serienname hat zwar einige erwachsene Leser an den KGB erinnert, wie man mir schrieb, aber da war schon nichts mehr zu ändern. Und mich hat’s auch nicht gestört.

Frage: Warum nicht?

Kalmuczak: Weil ich in meiner beruflichen Planung eigentlich keine Jugendbücher vorgesehen hatte. Ich war immer ein Krimi- und Thriller-Autor und wollte nur ein Dutzend "TKKG"-Bücher schreiben. Was ich nicht ahnte: Dass mich die Produktion von Jugendbüchern süchtig machen würde.

Frage: Heute lässt sich das leicht belegen: Gerade erschien Buchband 106, die Hörspielserie kommt auf 153 Folgen, zudem läuft der zweite Kinofilm an. Warum ist "TKKG" so erfolgreich?

Kalmuczak: Da die Serie fleißig kopiert wurde und wird, die Nachahmer aber nicht annähernd so viel Erfolg haben, muss es wohl daran liegen, wie ich meine Geschichten schreibe. Eigentlich richtet sich die Reihe an Leser zwischen neun und 13. Die verschlingen die Bücher natürlich, weil sie spannend sind und weil sie Figuren darin finden, mit denen sie sich gerne identifizieren. Dann gibt es aber eine zweite Zielgruppe, die eigentlich nicht beabsichtigt war, mir aber ebenso die Treue hält: junge Erwachsene, die wieder oder immer noch "TKKG"-Kassetten anhören. Hinzu kommen Eltern, die sich zusammen mit ihren Kindern den Folgen widmen. Man kann das – im positiven Sinn – eine Infantilisierung der Konsumenten nennen. Für viele ist das ein Weg, in einer sonst so kaputten Welt Inseln der Ruhe und des Friedens zu finden. Bei "TKKG" triumphiert am Ende immer die Gerechtigkeit. Danach sehnen sich nicht nur Kinder.

Frage: Wie nah ist Ihnen eigentlich die heutige Jugend?

Kalmuczak: Ich schreibe für Kinder und Jugendliche, insofern sind sie mir ungemein wichtig. Und ich kann mit ihnen fühlen, weil in mir immer noch der 14-Jährige von damals steckt. Immer wieder erlebe ich, wie viele Jugendliche allein gelassen werden und den festen Stand verlieren. Gruppenverhalten pervertiert dann oft zu Mitläuferschaft. Oft geben Typen die Richtung an, für die Bier, Drogen, geile Klamotten, tolle Autos, Fun und Party bis zum Verröcheln die Würze des Lebens sind. Die Kids, die sich darauf einlassen, trifft keine Schuld, aber sie brauchen Hilfe. Ihnen wird zwar genug Konsum und Zeitvertreib mit Handy, PC und Internet geboten, aber keine inneren Stützpfeiler, die ihnen Halt fürs Leben geben.

Frage: Worin können Jugendliche denn einen sicheren Halt finden?

Kalmuczak: Zum Beispiel in Freundschaft, Treue und Ehrlichkeit. Ich kenne zum Beispiel keinen Menschen, der durch ständig wechselnde Beziehungen glücklicher geworden wäre. Dieses heute hier und morgen da – das bringt keinem was. Ich bin davon überzeugt, dass es für jeden den richtigen Partner auf der Welt gibt. Das einzige Kunststück besteht darin, sie oder ihn zu finden.

Frage: Widmen wir uns einem Themenfeld, mit dem sich die Jugend beschäftigt: der Sexualität, die in den "TKKG"- Geschichten schlicht nicht stattfindet. In dem Alter, in dem Ihre Helden sind, machen die meisten Jugendlichen ihre ersten Erfahrungen. Und immerhin sind Ihre Figuren Tim und Gaby sogar ein Paar.

Kalmuczak: Ich schreibe Spannungsromane für Jugendliche, keine Aufklärungsbücher. Spannung hat nichts mit dem Appell an sexuelle Instinkte zu tun. Natürlich können Emotionen, die aus Erotik und Leidenschaft entstehen, Motive für Untaten sein – das habe ich auch mehrfach in "TKKG"-Büchern thematisiert, aber immer ohne die geringste sexuelle Anspielung. Die frömmste Omi kann das ihrer siebenjährigen Enkelin vorlesen.

Frage: Welche Rolle ordnen Sie der Frau zu?

Kalmuczak: Eine Frau darf bei mir alles, was sie will. Sie hat alle Rechte, aber, und das ist ganz entscheidend, sie muss nicht alles tun, was auch Männer tun. Es gibt ganz klar eine Rollenverteilung, die sich auch mal umkehrt, indem Männer das Baby hüten und die Wäsche waschen. Mein Ding wäre das zwar nicht, aber wenn eine Frau die Aussicht auf einen besseren Job hätte als der Mann, dann wäre es Blödsinn, von seinem Hilfsarbeitergehalt zu leben.

Frage: Um was beneiden Sie Frauen heimlich?

Kalmuczak: Frauen haben eine viel breitere emotionale Palette, die sie besser zum Ausdruck bringen können als Männer. Eine kluge Frau ist einem ebenso klugen Mann deshalb automatisch überlegen. Wenn ich im Team arbeite, zum Beispiel bei einer Hörspielproduktion, dann arbeite ich sehr gerne mit Frauen zusammen. Sie finden immer das Tüpfelchen auf dem i, das eine Sache runder macht. Dafür fehlt Männern der Blick.

Frage: Was können Männer definitiv besser?

Kalmuczak: Männer sind mit einer größeren Nüchternheit ausgestattet und deshalb die besseren Logiker. Ihr Orientierungssinn ist besser, und sie können besser einparken.

Frage: Sie haben nichts gegen Klischees, richtig?

Kalmuczak: Klischees sind der erste Ansatzpunkt, um sich einer Sache zu nähern. Sie sind wie eine Statistik. Darin stecken Erfahrungen, die etwas Grundlegendes ausdrücken. Natürlich kann ein Klischee im Endeffekt einer Sache nie gerecht werden, andererseits können Klischees auch dienlich sein. Für meine "TKKG"-Zielgruppe muss ich beispielsweise auf sie zurückgreifen. Würde ich alle Figuren mit einem differenzierten Innenleben ausstatten, würde ich die Leser überfordern. Ich baue aber hin und wieder Nuancen ein, die am Klischee rütteln.

Das Interview führte: Sylvie-Sophie Schindler

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