09.03.2012, 11:59

Benj Edwards

IBM 402 & Co.

Diese Uralt-Technik ist noch immer in Gebrauch

Der C64 ist ein Klassiker unter den Technik-Dinosauriern ©Commodore

Manchmal überdauern IT-Dinos den Fortschritt. Zum Beispiel Militär-Minicomputer aus den 70ern und IBM-Lochkartenmaschinen vom Typ IBM 402. Wir zeigen Ihnen diese und weitere Überbleibsel aus der Technik-Steinzeit.
Wie gerne schwelgt man in nostalgischen Erinnerungen - an seinen ersten Apple IIe zum Beispiel, oder die alten Mainframes, die nur mit Lochkarten funktionierten. Aber niemand würde diese alten Schätzchen heutzutage noch verwenden, um ein Geschäft zu betreiben – geschweige denn ein modernes Waffensystem - oder??
 
Stimmt nicht! Während ein Großteil der Technik-affinen Nutzer bereits ein zwei Jahre altes Smartphone als hoffnungslos überholt ansieht, verlassen sich einige Anbieter von Transport- und militärischer Infrastruktur, manche modernen Unternehmen und sogar ein paar Computer-Programmierer noch immer auf Technologien, die vor Jahrzehnten von neuen Produkten abgelöst wurden. Wenn Sie in der New Yorker U-Bahn beispielsweise schon einmal ein Ticket gekauft oder an einem US-Automaten Bargeld abgehoben haben, werkelte im Hintergrund dieser Transaktion vermutlich IBMs OS/2 - ein Betriebssystem, das vor 25 Jahren veröffentlicht wurde und schon kurz danach wieder den Tod fand. Eigentlich.

Sogar der "Secret Service", die Leibwache des US-Präsidenten, benutzt ein Mainframe-Computer-System aus den 80ern - noch dazu eines, das nur in 60 Prozent aller Einsätze wirklich zuverlässig funktioniert. Bleibt nur zu hoffen, dass wenigstens die antiken Minicomputer des US-Verteidigungsministeriums, die das interkontinentale Raketensystem, die Kampf-U-Boote der Navy, Kampfjets und andere Waffenprogramme steuern, bessere Dienste leisten. Nach Angaben der Berater, die diese Systeme am Laufen halten, sollen sie noch wenigstens bis Mitte dieses Jahrhunderts verwendet werden.
 
Wir erzählen Ihnen im folgenden diese und andere Geschichten über Computer, die die Zeit vergessen hat und deswegen noch heute in Benutzung sind.
 
IBM 402: Lochkarten-Buchhaltung
 
Die Firma Sparkler Filters aus Conroe, Texas, bewirbt sich selbst mit dem Slogan, sie sei der Weltmarktführer für chemische Filterprozesse. Wer bei Sparkler einen automatischen Nutsche-Filter kauft, dessen Transaktion wird auf einem "Computer" festgehalten, der womöglich älter ist als er selbst: Baujahr 1948. Sparklers IBM 402 ist kein Computer im traditionellen Sinne, sondern eine automatisierte, elektromechanische Tabelliermaschine. Sie kann so programmiert (oder besser gesagt angeschlossen) werden, dass sie bestimmte, verschlüsselte Ergebnis-Werte auf 80-spaltigen Hollerith-Lochkarten ausdruckt.
Firmen benutzten den IBM 402 zur damaligen Zeit vor allem für Buchhaltung, da die Maschine auch sehr lange Listen von Zahlen addieren und einen detaillierten, schriftlichen Report ausdrucken konnte. Im Grunde genommen also so etwas wie eine 1.500-Kilogramm-Spreadsheet-Maschine.Und genau so benutzt Sparkler Filters seinen IBM 402 auch - vielleicht der letzte funktionsfähige IBM 402 auf diesem Planeten. Seit über einem halben Jahrhundert leistet die Maschine gute Dienste und die Filter-Firma führt nach wie vor alle Buchhaltungs-Aufgaben (Gehaltsabrechnungen, Verkäufe und Inventur) über den IBM 402 aus.
 
Natürlich müssen die Daten, bevor sie in den 402 wandern, in Lochkartenstapeln verschlüsselt werden. Eine große IBM-029-Lochkartenmaschine übernimmt diese Aufgabe. Carl Kracklauer, dessen Vater Sparkler Filters im Jahr 1927 gründete, schreibt für gewöhnlich die Daten auf die Lochkarten. Die Firma hält vor allem deswegen am 402 fest, weil es sich dabei um ein vertrautes Gerät handelt: die Angestellten wissen, wie sie es zu benutzen haben, und das seit über 60 Jahren.
10 Projekte mit Zukunftstechnik

Der IBM 402 und die Lochkartenmaschine sind aber nicht die einzigen Urzeit-Monster im Arsenal von Sparkler. Der 402 ist außerdem mit einer IBM-514-Reproduziermaschine verbunden, die aber seit drei Jahren defekt ist. Würde das Gerät funktionieren, würde es "Zusammenfassungs-Lochkarten" ausspucken, die üblicherweise den Output der Operationen des IBM 402 (zum Beispiel Totalsummen) enthalten - für die spätere Nutzung. Sparkler lagert alle seine Lochkarten-Daten - insgesamt sind es viele Tausend - stapelweise in Kisten.
 
Die Firma besitzt weiterhin Dutzende von "Programmen" für den IBM 402 in Form von IBM-Stecktafeln. Das "Programmieren" von Computern in den 1940er Jahren bestand im Wesentlichen daraus, Hunderte einzelner Kabel an ganz bestimmten Steckplätzen anzubringen. Ein Vorgang, der heutige Software-Ingenieure zur Verzweiflung bringen würde. Im Falle des IBM 402 bestimmt ein Spaghetti-artiges Kabelwirrwarr mit Hunderten Anschlüssen auf jeder Stecktafel, welche Aufgabe die Maschine erfüllt. Unterschiedliche Stecktafeln sind dabei in etwa vergleichbar mit unterschiedlichen Software-Programmen auf CDs und DVDs. Beispielsweise ruft eine Stecktafel Kundendaten ab, eine andere übernimmt die Inventur-Verwaltung.
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Sparklers 402 ist ein so unglaubliches Computer-Relikt, dass das Museum für Computergeschichte in Mountain View, Kalifornien, im vergangenen Jahr eine Delegation zu Sparkler schickte, um die Verantwortlichen dazu zu überreden, auf ein neueres System umzusteigen und den 402 dem Museum zu stiften. Eines Tages wird das tatsächlich ein angemessener Ruheplatz für den 402 sein. Doch solang die Maschine noch ihren Pflichten nachkommt, will die texanische Firma ihren digitalen Dinosaurier am Leben erhalten.


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