Ob Videos auf YouTube, Musik-Streaming oder Online-Shopping in Amerika: Deutschen Internetnutzer bleiben viele Möglichkeiten versperrt, die das Internet in anderen Ländern bietet. Eigentlich, denn die Beschränkungen lassen sich auch hierzulande umgehen.
Millionen Menschen auf der ganzen Welt erfreuen sich an den besten YouTube-Videos. Doch deutsche Internetnutzer schauen oft in die Röhre. Kurzerhand erscheint die Meldung: „Dieses Video ist in Deutschland leider nicht verfügbar, da es möglicherweise Musik enthält, für die die erforderlichen Musikrechte von der deutschen Verwertungsgesellschaft GEMA nicht eingeräumt wurden. Was bedeutet das? Die GEMA verlangt Abgaben für jeden Filmaufruf, der urheberrechtlich geschützte Musik enthält. YouTube-Betreiber Google empfindet die geforderten Gebühren als unangemessen hoch und ist nicht bereit, diese Kosten zu tragen. Solange sich Google und GEMA nicht einigen, bleiben alle betroffenen Videos gesperrt. In vielen anderen Ländern sind sie ganz normal zu sehen.
Doch es kommt Bewegung in die Sache: Am 17. Februar 2012 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass Betreiber von Filmportalen wie YouTube oder sozialen Internet-Netzwerken wie Facebook nicht gezwungen werden können, Filter gegen Urheberrechtsverstöße zu installieren. Damit ist zwar der laufende Rechtsstreit zwischen Google und GEMA nicht entschieden, das europäische Urteil könnte aber einflussreich sein. Im YouTube-Streit soll das Landesgericht Hamburg am 20. April beschließen.
Derweil ist nicht nur YouTube gezwungen, Zugriffe auf Medien einzuschränken, wenn sie aus Deutschland erfolgen. Auch die Anbieter von Musik-Streaming geraten durch die GEMA in Bedrängnis. Jüngstes Beispiel ist der beliebte Web-Dienst Grooveshark.
Grooveshark erlaubt es seinen Nutzern, beliebige Musik ins Web zu stellen, so dass sie von anderen Nutzern gehört werden kann. Dabei kann der Dienst nicht kontrollieren, ob der Anwender die Urheberrechte an der hochgeladenen Musik besitzt. Tatsächlich ist das selten der Fall – aus GEMA-Sicht ein unhaltbarer Zustand. So musste Grooveshark sein Angebot in Deutschland sperren. Doch pfiffige Programmierer haben Tools entwickelt, mit denen sich Grooveshark weiterhin nutzen lässt.
Dabei handelt sich um Erweiterungen für die Webbrowser Firefox und Chrome. Über das Add-on Grooveshark Unlocker für Firefox berichteten wir bereits. Das Pendant für Chrome trägt den Namen Grooveshark Germany Unlocker. Beide Tools arbeiten nach demselben Prinzip, mit dem sich viele Web-Einschränkungen für Deutschland umgehen lassen: Sie nutzen einen Proxy-Server mit einer IP-Adresse außerhalb Deutschlands.
Die IP-Adresse ist entscheidend
Ob ein Internetnutzer von Deutschland oder von anderswo aus aufs Web zugreift, wird anhand der IP-Adresse ermittelt. Web-Dienste können zwar die IP-Adresse des Computers nicht herausfinden, sie kennen jedoch die IP-Adresse des Providers, über den die Internetverbindung erfolgt. Damit lässt sich das Herkunftsland des Nutzers zweifelsfrei ermitteln. Schon das genügt, um Inhalte zu sperren.
Durch Umleiten des Internet-Datenstroms über einen anonymen Rechner, der sich im Ausland befindet, ist der reale Standort des Computers nach außen aber nicht mehr sichtbar. So glaubt Grooveshark etwa, der Anwender befände sich in den USA, und erlaubt den vollen Zugriff auf seinen Dienst, obwohl er weiter von Deutschland aus stattfindet.
Insbesondere das kostenlose Tool Hotspotshield bietet eine einfache und ausgezeichnete Lösung, virtuell auszuwandern und seine deutsche IP-Adresse zu verschleiern. Das Programm nimmt automatisch Kontakt mit einem Server in den USA auf und bezieht dessen IP-Adresse. Anschließend kann man wie gewohnt mit jedem beliebigen Webbrowser surfen.
Einstige Pläne der EU und der Bundesregierung, das Internet zu zensieren, sind gescheitert. Die Sperrung bestimmter Webseiten sollte durch die Provider erfolgen, indem Server vom Domain Name System (DNS) manipuliert werden. DNS-Server sind so etwas wie das Telefonbuch des Internets. Sie übersetzen Webadressen wie www.pc-welt.de in IP-Nummern wie 62.146.91.230, die einer bestimmten Website zugeordnet sind. Manipuliert man die DNS-Server, sind bestimmte IP-Adressen unerreichbar.
Bei Zweifeln oder begründeten Verdacht, dass bestimmte Webadressen nicht funktionieren, lässt sich eine mögliche DNS-Sperre leicht umgehen. Dazu muss für den eigenen Computer ein unzensierter DNS-Server festgelegt werden, der Webadressen in IP-Nummern übersetzt. Der Chaos Computer Club (CCC) liefert eine verständliche Anleitung, wie dies funktioniert. Als unzensierter DNS-Server empfiehlt sich zum Beispiel jener des „Vereins zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs“ (FoeBuD) mit der IP-Adresse 85.214.20.141.
Richtig sparen beim Online-Einkauf in den USA
So lassen sich also Websperren umgehen, doch gerade beim Interneteinkauf in Übersee gibt es noch eine andere Hürde zu nehmen. Viele US-amerikanische Online-Shops versenden ihre Waren nicht nach Deutschland, sondern nur in die USA – so zum Teil auch Amazon. Dort aber sind viele Artikel oftmals viel billiger als bei uns.
Der Ausweg: Man braucht eine Postadresse in den USA sowie einen Paketdienst, der die Waren von dort aus weiter nach Deutschland verschickt. Mittlerweile gibt es gleich eine ganze Reihe von Anbietern, die sich genau darauf spezialisiert haben. Sie bieten nicht nur Versandweiterleitung von Einzelbestellungen an, sondern auch den zusammengefassten Versand mehrerer Bestellungen sowie das Einscannen von Briefkorrespondenz. Die notwendige US-Postadresse wird von den Paketdiensten zur Verfügung gestellt – auf Wunsch inklusive US-Telefonnummer. Die bekanntesten Anbieter sind MyUS, Bongo sowie Bonvu, die mit komplett deutschsprachigen Webseiten aufwarten.
06.03.12
Ich habe als DNS-Serveradresse 204.152.184.76 eingegeben (so wie es in der Anleitung vom CCC steht), siehe Artikel http://www.pcwelt.de/ratgeber/Gesperrte-Webinhalte-Youtube-und-Co-ohne-GEMA-Sperre-4918112.html und bin dort den Link zur "verständlichen Anleitung" vom CCC gefolgt: Nada! Youtube erkennt immer noch, dass ich aus D-Land komme. Der Server it obiger IP-Adresse steht definitiv in Kalifornien, geprüft mit http://www.ip-secrets.info/land.php.
Was mache ich falsch?
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06.03.12
Der Absatz "Alles zu anonymen Proxies" hat NICHTS mit Youtube zu tun, sondern mit zensierten und unzensierten DNS-Servern.
Bitte genau lesen!
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06.03.12
die in Ihrem Artikel dargestellten Informationen vermitteln ein leicht verfälschtes Bild der tatsächlichen Problematik:
Auch wenn die eingeblendeten Meldungen auf Youtube etwas anderes suggerieren, so haben diese Sperrungen nichts mit der Klage der GEMA zu tun. Hier geht es lediglich um zwölf Musikwerke - und das sollte keinen User beeinträchtigen. YouTube schiebt die GEMA nur vor. Dabei handelt es sich um reine Stimmungsmache YouTubes gegen die GEMA. Das ist allein schon daran erkennbar, dass die Sperrungen willkürlich erfolgen und vielfach Stücke betreffen, die gar nicht von der GEMA vertreten werden.
Beim Thema Grooveshark handelt es sich um einen ähnlich gelagerten Fall: Der Anbieter Grooveshark hat seinen Dienst in Deutschland - entgegen seiner Angaben - nicht wegen unverhältnismäßig hoher Betriebskosten eingestellt. Vielmehr weigert sich Grooveshark grundsätzlich, den von ihm betriebenen Dienst überhaupt in irgendeiner Form zu vergüten. Mit der GEMA hat Grooveshark bislang auch noch keinen Kontakt aufgenommen. In Bedrängnis kommt Grooveshark allenfalls durch verschiedene Gerichtsverfahren in den USA, die von dort ansässigen Rechteinhabern wie Universal Music, Warner Music und EMI Music wegen Urheberrechtsverletzungen angestrengt wurden.
Mit besten Grüßen,
Franco Walther, GEMA
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07.03.12
Durch ProxTube ist der Zugriff jetzt gewährleistet. Auch wenn das AddOn lt. FF 10 nicht kompatibel ist, funktioniert es.
Zum Thema GEMA: Aus meiner Sicht hat die GEMA eine gewisse Existenzberechtigung und ermöglicht professionellen Musikern, mit ihrer Arbeit ein Einkommen zu erzielen. Wenn man über jemanden verärgert sein sollte, dann über YouTube, deren Seitenbetreiber eine ganze Volkswirtschaft aufgrund der Herkunft diskriminiert. Eine Ansage im Sinne "Dieses Video ist in Deinem Land nicht verfügbar" macht mir eine daumendicke Halsschlagader. Erstens: Seit wann duzen wir uns? You can say you to me, aber auch wenn Ihr YouTuben ganz D-Land für einigen Inhalte aussperrt, ist hier immer noch das "Sie" die gebräuchliche Anrede. Zweitens: Solche Praktiken kennt man aus China, Nordkorea oder anderen totalitären Regimen. YT ist ja ein Ableger von Google. "Don't be evil" war oder ist vielleicht noch ein Leitspruch dieser Firma.
In diesem Sinne vielen Dank für die Beteiligung.
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08.03.12
"Hier" ist das Internet und im Internet duzt man sich im Normalfall...
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