CAPALBIO
C apalbio liegt auf einer von der Via Aurelia nicht weit
entfernten bewaldeten Anhöhe (217 in ú.d.M.). Sein Gemeindegebiet, das
bis 1960 zu Orbetello gehórte, ist der letzte Kústenstrich der
súdlichen Toskana, eine einfache Húgellandschaft, die zum Meer hin in
einen flachen Streifen úbergeht, der in lángst vergangenen Zeiten ein
von Sanddúnen begrenztes ausgedehntes Sumpfgebiet war.
In diesen Gebieten,
die in der Vergangenheit von der Malaria heimgesucht und Briganten
durchstreift wurden, haben sich vieleTier- und Pflanzenarten erhalten, die
einst die Maremmen bevólkerten. Dank seines Wildreichtums - vor allem
Wildschweine, aber auch Hasen, Wildkaninchen, Fasane und Sumpfvógel -
wird die Jagd viel gepflegt und die einheimische Gastronomie spiegelt den
Hang zur Jagd wider.
In einer Urkunde
aus dem 12, Jahrhundert wird Capalbio erstmals als Besitz der Abtei
Tre Fontane erwáhnt. Spáter ging es an die Aldobrandeschi di Santa
Fiora, die es lange Zeit Orvieto streitig, machten, und dann an die
Orsini. Im Jahre 1416 kam es an die Stadtrepublik Siena,
unter deren Verwaltung die Ortschaft eine gewisse EntwickIung
erfuhr Im Jahre 1557 wurde das Gebiet von Capalbio Teil des Großherzogitums,
Toskana, bei dem es bis 1861 verbIieb.
In den drei Jahrhunderten
großherzoglicher Verwaltung verschlechterten sich die wirtschaftlichen
Bedingungen zunehmend, was zu einer EntvóIkerung des Landes und im 19.
Jahrhundert zur Ausbreitung des Brigantenunwesens fúhrte.
Domenico
Tiburzi, der berúhmteste Brigant der Maremmen, wurde 1896 in Capalbio
getótet und begraben.
Den Ort umschließt ein doppelter sienesischer
Mauerring, auf dem man úber weite Strecken die eindrucksvollen Wehrgánge
begehen kann. Die Anlage des Ortes ist mittelalterlich: enge, nur wenig
gerade Straßen, die bis zu der von der Rocca Aldobrandescha dominierten
Hóhe hinauffúhren.
Durch die doppelbógige Porta Senese, die ein
Turm abschließt, gelangt man in den historischen Kern. Ene Marmortafel am
Tor erinnert an die1416 von der Stadtrepublik Siena gefórderte
Restaurierung der Mauern. Werin man úber den sogenannten Arco
Santo (heiliger Bogen), auf dem ein Marmorportrát des Kaisers
Hadrian zu sehen ist, hinausgelangt ist, steigt die Straße bis zur Chiesa
di San Nicola an, die am Fuße der Burg liegt und wohl aus dem 12.
Jahrhundert ist.
Die einfache Fassade weist ein Spitzportal auf, úber dem
eine Inschrift an die 1466 ausgefúhrte Erweiterung und die Restaurierung
der Kirche erinnert: lhr Inneres ist einschiffig mit quadratischer Apsis
und Seitenkapellen.
Recht interessant sind die romanischen Kapitelle mit
Tier- und Pflanzenmotiven und einige Fresken der Umbrischen Schule des 15.
und 16. Jahrhunderts. Die Rocca (Burg) von Capalbio ist im Laufe
der Jahrhunderte stándig verándert worden, wodurch sie sich allmáhlich
in einen Adelswohnsitz verwandelt hat. Der Kirche direkt gegenúlber
erhebt sich ein Turm mit quadratischem Grundriß und angeschrágtem
Unterbau. An die Nordseite des Turmes schließt sich der Palazzo
Collacchioni an, der in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts auf den
alten Mauern der Burg errichtet wurde.
Im Palast kann man einige Ráume
mit ihrer volistándigen Originaleinrichtung besichtigen; darunter sei auf
die sogenannte Sala Puccini hingewiesen, in der ein ósterreichisches Klavier
aus dem Jahre 1823 steht, auf dem der berúhmte Komponist gespielt hat.
Vor den Mauem liegt das renaissanceartige und im 19. Jahrhundert stark
veránderte kleine Oratorio della
Provvidenza.
In seinem Innem kann
man eine wertvolle Freske bewundern, die einern dem Pinturicchio-Krels
nahe stehenden Maler zugeschrieben wird und die Madonna mit dem
Kinde zwischen den Heiligen Hieronymus und Sigismund darstellt.
PESCIA FIORENTINA
im Osten von Capalbio stóßt man auf die
Gemeindefraktion Pescia Fiorentina, einst Zolistation zwischen dem Großherzogtum
und der Kirchenstaat.
Seit dem 15. Jahrhundert wurden hier Eisenhútten
errichtet, die man noch teilweise erkennen kann, auch wenn sie zu
Bauernhófen umgebaut wurden; sie nutzten die von der Strómung des Fosso
Chiarone erzeugte Energie.
In der Náhe befindet sich in Garavicchio
der Giardino
dei Tarocchi (Tarock-Garten), ein originelles Werk des
franzósischen Kúnstlers Niki De Saint Phalle: aus dem Grún des
bewaldeten Húgels ragen die polychromen SkuIpturen hervor, die mit Gias,
Keramik und Spiegeln úberzogen sind und sich an den zweiundzwanzig
hóchsten Geheimnissen des Tarocks inspirierten.
BURANO-SEE
Auf dem Weg zur Kúste erreicht man nach Capalbio Scalo
den Burano-See, einen uberrest des ausgedehnten Sumipfgebiets, das im
Altertum die gesamte Ebene einnahm und mit der Zeit infolge der
Meeressedimente und Entwásserung austrocknete.
lnmitten des schmalen
sandigen Landstegs, der den See vom Meer trennt, steht die
Torre di
Buranaccio, die die Spanier im 16. Jahrhundert zur uberwachung der
súdóstlichen Grenze des Prásidialstaates haben erbauen lassen.
Der in
privatem Besitz befindliche Turm ist ein niederer Bau mit quadratischem
Grundriß, mit einer Zugangsrampe und einer Umkrbnung mit Konsolen und
Zinnen und typologisch der Festung von Porto Santo Stefano verwandt.
Der
Burano-See liegt in der Riserva Naturale (Naturreservat)
Lago
di Burano. Auf der Provinzstraße Pedemontana erreicht man die
Anhóhe von Capalbio, die heute in das Reservat der Azienda
Agrituristico-Venatoria Capalbio mit einbezogen ist. Im Reservat kann man
die ausgedehnten Ruinen des alten, seit dem 12. Jahrhundert belegten und
1417 von den Sienesern zerstórten Castello di Tricosto besichtigen.
Im Nordosten von Capalbio sieht man auf der Anhóhe von Monteti noch
einige werige Uberreste einer mittelalterlichen Siedlung, aus der der
ulberlieferung nach die ersten Einwohner Capalbios heruntergekommen sind.
An der Via Aurelia schließlich stóßt man kurz vor der Grenze zum Latium
auf die elegante Villa Boncompagni, frúher eine pápstliche
Zolistelle, die in direkter Náhe der damaligen Staatsgrenze lag.
|