Immaterialgüterrechtsverstöße von Internetkontrollextremisten

Peter Mühlbauer 20.02.2012

Das Wiki Netend sammelt "Momente, in denen die Kreuzritter der Inhaltsverwerter selbst schwach wurden"

Das deutsche Immaterialgüterrecht ist so veraltet, dass eigentlich nur totale Technikverweigerer unter Schweigegelübde nicht mit ihm in Konflikt kommen können. Manche Politiker fordern deshalb eine Liberalisierung - andere dagegen eine Verschärfung. Allerdings sind auch Urheberrechtsextremisten keineswegs vor versehentlichen Verletzungshandlungen gefeit, wie das Wiki Netend zeigt. Dort werden Immaterialgüterrechtsverstöße von Politikern gesammelt, die durch besonderen Einsatz für mehr Monopol- und Verbotsrechte für die Rechteverwerterindustrie auf sich aufmerksam machten.

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Der bekannteste von ihnen ist nach einer wirren Anti-Internet-Kampfschrift im Handelsblatt Ansgar Heveling von der CDU. Er verwendete in seinem "Heveling Newsletter" mehrmals Creative-Commons-Bilder ohne die in der Lizenz geforderten Angaben - und machte sich damit potenziell des Begehens von Urheberrechtsverletzungen schuldig.

Bereits gut dokumentiert sind auch die Urheberrechtsverstöße des SPD-Rechtsausschussmitglieds Sebastian Edathy, der seine Forderung nach einer Vorratsdatenspeicherung mit einer ihm zugesandten Plastikvagina zu rechtfertigen versuchte und statt mit Dank mit Beleidigungen reagierte, als ihn ein Fotograf auf ungenehmigt verwendete Fotos in seinem Facebook-Profil aufmerksam machte.

Ähnlich große Kreise zogen die Urheberrechtsverletzungen von Edathys CDU-Kollegen Siegfried Kauder, der der Musikindustrie im Herbst einen Three-Strikes-Gesetz-Entwurf bis Dezember versprach. Nachdem aufkam, dass Kauder auf seiner Homepage zahlreiche Bilder ohne Genehmigung eingebaut hatte und mehrere Anläufe zu deren Beseitigung benötigte, stellten viele Internetnutzer die Frage, ob dem Abgeordneten nicht nach seinen eigenen Maßstäben das Internet gesperrt werden müsste. Der von ihm angekündigte Three-Strikes-Gesetzentwurf blieb möglicherweise auch aus diesen Gründen bis jetzt aus.

Weniger bekannt ist, dass auch Innenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU ein mutmaßlicher Urheberrechtsverletzer ist. Er verwendete in seinem "Brief aus Berlin" Nummer 10 vom 11. Juni 2010 (Ausgabe A) ein Pressefoto einer Petrischale von BASF ohne die erforderliche Urheberangabe. Als "verdächtig" wertet das Wiki außerdem das Foto einer Spritze in Ausgabe A der Nummer 13 vom 9. Juli 2010 (das ungenehmigt von der österreichischen Tageszeitung Der Standard übernommen sein könnte) und eine Aufnahme des Dachgeschosses von Heike Hering in Ausgabe A der Nummer 19 vom 26. November 2010, deren Verwendung wahrscheinlich gegen Punkt IV des Lizenzvertrages des Portals Pixelio.de verstößt. Mittlerweile wurden alle Links auf "Briefe aus Berlin" vor Dezember 2011 von Friedrichs Hompage entfernt.

Der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary, der in den letzten Wochen als besonders eifriger Verfechter des Internet-Kontroll-Abkommens ACTA auf sich aufmerksam machte und seine Fraktion im Ausschuss für internationalen Handel (INTA) vertritt, verwendete Netend zufolge in seiner "Europamail" vom 14. März 2011 ebenfalls ein Bild mit nicht korrekter Urheberangabe. Anstatt wie in Punkt 3 (i) der Fotolia-Lizenz gefordert "© RABE / Fotolia.com" hieß es bei ihm nur "Foto: Fotolia". Auch hier liegt deshalb eine mögliche Urheberrechtsverletzung vor.

Und Axel E. Fischer, der Vorsitzende der Enquête-Kommission Internet und digitale Gesellschaft (der unter anderem mit der Forderung nach einem "Vermummungsverbot im Internet" Aufsehen erregte) verwendete in Ausgabe 21 von Band 5 seiner Publikation "Infomail" ein vom Fotografen nicht genehmigtes Bild, das mittlerweile von seiner Homepage gelöscht wurde, aber auf cdu-waldbronn.de weiterhin mutmaßlich urheberrechtsverletzend verfügbar ist.

http://www.heise.de/tp/artikel/36/36442/1.html
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