Die Angst vor dem weißen Blatt – das größte Grauen für Kreative: Kein Gedanke will fließen, kein neues Kapitel sprießen. Ein einziger Albtraum, der sich für den Schriftsteller Alan Wake aber wie der Himmel auf Erden anfühlen würde. Denn Alans Feinde lauern in der Finsternis auf ihn, um sein Lebenslicht auszuknipsen…

Nach dem Horror-Hit „Alan Wake“ war die Enttäuschung groß, als die Entwickler von Remedy ankündigten, mit „Alan Wake’s American Nightmare“ die eingeschlagenen Gruselpfade zu verlassen und auf mehr Action zu setzen. Allerdings wurde dieser Richtungsschwenk rechtzeitig kommuniziert, sodass lange Gesichter im Pferdestall bleiben: Shooter statt Schocker ist die neue Devise und allen Unkenrufen zum Trotz geht dieses Konzept auf. Wenn ihr hingegen wissen wollt, bei welchen Games es euch eiskalt den Rücken runterläuft, werft einfach einen Blick in unserer Special „Die gruseligsten Spiele aller Zeiten“.

Alan hat es in eine typische amerikanische Kleinstadt verschlagen, irgendwo im Nirgendwo. Dort spielt sich das Leben in einem tristen Dreieck zwischen Autokino, Sternwarte und Motel ab, den Handlungsorten von Alan Wake’s American Nightmare. Allerdings besucht ihr diese drei Schauplätze mehrmals, denn die Autoren haben sich eine ebenso irre wie wirre Story ausgedacht, die vor Zeitsprüngen nur so wimmelt. Was auf der großen Leinwand in Filmen wie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ großartig gelingt, verkommt bei Spielen allerdings zu billigem Budenzauber: Immer wieder wird der Eindruck erweckt, dass Remedy geschickt kaschiertes Level-Recycling betreibt.

Das hohe Erzähltempo, mit dem ihr durch die krude Geschichte um Alans bösen Doppelgänger Mr. Scratch gepeitscht werdet, lässt aber langes Nachdenken nicht zu. Bereits nach wenigen Minuten hat American Nightmare seine Action-Messlatte gelegt, unter der es in den nächsten Stunden nicht mehr geht. Außerdem werden immer wieder neue Gebiete innerhalb der einzelnen Schauplätze freigeschaltet, sodass ihr nicht permanent auf bekannten Pfaden wandelt. Durch die offene Levelarchitektur könnt ihr jederzeit nach versteckten Manuskriptseiten stöbern, mit denen ihr wiederum Waffenkisten öffnen und euer Arsenal aufstocken könnt.

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Die Dunkelheit ist euer größter Feind – und eure Taschenlampe euer bester Freund: Wie ein Wasserstrahl spült sie die Finsternis von euren Gegnern und macht sie verwundbar für Kugel, Nägel, Bolzen oder Feuer. Bei der Wahl der Waffen ist Alan wenig zimperlich und setzt auf Fackeln und Armbrust ebenso wie auf Schrotflinten, Granaten und Jagdgewehr. Bis an die Zähne bewaffnet ist es deshalb kein Wunder, dass ihr bei American Nightmare nicht mit den Zähnen schlottert.

Für wohligen Grusel bleibt kein Platz, denn das ist der Preis, den Remedy für die explosive Action gezahlt hat. Zwar verfehlen einige prägnant platzierte Schockeffekte nicht ihre Wirkung, doch unter die Haut geht das Spiel nicht. Das Gefühl der Hilflosigkeit angesichts mehrerer Gegner ist gewichen und Angriff ist die beste Verteidigung: Wenn ihr eure Leuchtpistole abfeuert und die Action in Zeitlupe abläuft, dann fühlt ihr euch schon beinahe übermächtig. Der Schwierigkeitsgrad von Alan Wake’s American Nightmare ist zunächst im unteren Bereich angesiedelt, bevor er im letzten Drittel schlagartig anzieht: Wenn euch hünenhafte Gegner mit Kettensäge fein säuberlich zerlegen wollen, dann helfen nur noch flinke Finger und messerscharfe Reflexe.  

Dem arcadelastigen Hauptspiel zollen auch die anderen Spielmodi ihren Tribut: Im „Fight till Dawn“-Modus schwappen ständig neue Gegnerwellen über euch herein. Wenn ihr es zehn Minuten lang schafft, nicht von ihnen überflutet zu werden, rettet auch die aufgehende Morgensonne das Leben – ein enorm befriedigendes und befreiendes Gefühl, das sofort für die nächste Runde motiviert.

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