Kontroverse der Woche

 
Apple Special Event Januar 2012 Education

Kontroverse der Woche

Kontrovers: Apples Special Event

Apple beglückt seine Kunden und Fans schon in der dritten Januarwoche mit einem ersten Special Event. Ein Grund zur Freude, meint Peter Müller. Oder doch nur viel Rauch um nichts, wie Kollege Woods der Ansicht ist?

Von Peter Müller, Patrick Woods (13.01.2012)

Müller: Kollege Woods, Sie haben am Donnerstag Abend einen Termin! Apple lädt zur ersten wichtigen Veranstaltung des Jahres in New York ein, wir müssen auf alle Fälle auf allen Kanälen umfassend, live und in Farbe davon berichten! Schauen Sie doch mal, ob Sie noch einen Flieger bekommen, stecken Sie Kamera, Mikrofon und Macbook ein und dann ab ins Guggenheim Museum! Wir erwarten gespannt Ihren Bericht und werden weder Kosten noch Mühen scheuen, diesen ohne Zeitversatz auf unsere Website zu bringen! Woods, die Schulbuchrevolution steht an und Sie sind dabei!

Woods: Herr Müller, Sie sind leicht zu beeindrucken, achten Sie auf Ihren Dopaminspiegel! Auch wenn hier die Begriffe "Apple" und "Event" in einem Satz gefallen sind: wen soll das begeistern? Ein Bildungsevent? In Übersee? Ernsthaft? Prima, die US-Collegekids werden bald vielleicht einen Teil ihrer Lehrbücher auch auf dem iPad kaufen können. Ein Markt mehr, bei dem Apple 30 Prozent abzweigt, die Aktionäre werden sich freuen. Ich schätze, ab 2014 gibt es dann schließlich auch in "old Europe" Lehrmittel aus dem iTunes Store. Erinnern Sie mich dann noch einmal an das Thema. Apple hat in den USA einen Markt mehr, mehr wird nicht dabei herumkommen. Der Flieger nach NYC geht ohne mich!

Müller: Kollege Woods, Sie unterschätzen die Situation. Sie haben überhaupt keine Vision! Vielleicht sollten Sie mal die Steve-Jobs-Biographie von Walter Isaacson fertig lesen, gerade in den letzten Kapiteln stehen viele interessante Dinge über die Ziele die Apple und Jobs mit ihren Produkt- und Service-Strategien noch verfolgen. Der iPod hat die Welt der Musik radikal geändert, jetzt stehen die nächsten Revolutionen an. Die Welt des Journalismus beginnt das iPad bereits umzukrempeln, die Zeit der Kostenloskultur geht ihrem Ende entgegen. Gute journalistische Arbeit soll auch gut bezahlt werden, Apps bereiten den Weg dafür. Mit dem Bildungsprogramm, das Apple am Donnerstag wohl vorstellen wird, erfüllt sich eine weitere Vision von Steve Jobs: Kein Schüler soll sich mehr an Büchern krumm und bucklig schleppen müssen. Alles passt auf ein iPad und lässt sich noch dazu auf Knopfdruck aktualisieren. Da ist es fast egal, wann das in Deutschland ankommt. Zumal Apple immer schneller wird: Der iTunes Store hatte noch ein Jahr auf sich warten lassen müssen, iTunes Match nur noch wenige Wochen. Also: Richten Sie sich doch auf das Fliegen ein! Oder zumindest darauf, mit uns live die Geschehnisse zu berichten und einzuordnen!

Woods: Die Eltern von Schülern und Studenten werden sich bedanken, wenn sie statt Büchern nun "nur noch" iPads UND digitale Schulbücher kaufen sollen, Kollege Müller! Fehlt nur noch eine durchgängige Infrastruktur, mit der Schüler beispielsweise Lückentexte ausfüllen und zur Auswertung an den Lehrer senden können. Oder geben sie am Ende der Stunde ihr Filzstift-verschmiertes iPad ab? Außerdem: Ist das wirklich eine Liberalisierung, wenn die Bildungsmedien in Zukunft in der Hand von Apple UND den Bildungsverlagen sind? Sehen Sie diesen skeptischen Blick in meinen Augen, Müller? So ein iPad ist ein tolles Werkzeug und hilft bei vielen Dingen des täglichen Lebens. Aber können Sie sich vorstellen, wie Beamte in deutschen Kultusministerien schauen werden, wenn sie beurteilen sollen, ob solch ein "Tablet mit ePub-Dateien" ein ordnungsgemäßes Lernmittel ist? Und wer denkt bei dieser Geschichte eigentlich an die armen Orthopäden? Aber Sie haben Recht, oft kommt Apple doch mit Lösungen um die Ecke, die zumindest durchdacht sind. Warten wir es ab, Müller.

Müller: Woods, da haben Sie natürlich Recht. Das Beharrungsvermögen der deutschen Behörden dürfte jenes der Gema übersteigen, weshalb das Bildungs-iPad für alle noch ein wenig auf sich warten lassen könnte. Spannend dürfte aber am nächsten Donnerstag werden, welche weiteren Produkte und Services Apples Bildungsoffensive begleiten. Ich glaube nämlich nicht, dass es beim Erzählen einer netten für uns aber irrelevanten Geschichte bleibt. Denken Sie doch nur mal an die Premiere von "The Daily" vor einem Jahr: Mit der ersten Tageszeitung nur für das iPad hatte Apple erstmals ein Abo-Modell in den iTunes Store integriert. Damals war nicht einmal Apple der Gastgeber, also wird mehr zu erwarten sein. Sicherlich keine neue Hardware, aber iBooks könnte es endlich auf dem Mac schaffen: Damit würde man nämlich die zahlreichen Schüler und Studenten mit ins Boot nehmen, die lieber ein Macbook Air als ein iPad in den Unterricht, die Vorlesung und das Seminar schleppen. Und iWork - an sich ein wunderbares Tool für den Einsatz in Schule und Hochschule - könnte auch mal wieder eine Renovierung vertragen. Dann würde das auch endlich mit den Documents in the Cloud funktionieren!

Woods: Müller, Sie haben Recht! iBooks für den Mac wäre eine interessante Ergänzung. Dann könnte ich die ganzen iBooks-eBooks, die ich schon auf dem iPad nicht lese, endlich auch auf dem Mac nicht lesen! Verstehen Sie mich nicht falsch, ich hätte ja gar nichts dagegen, falls Apple-Geräte in Zukunft bessere Lernassistenten werden. Sollte Apple jedoch versuchen, den "digitalen" Bildungsmarkt durch Exklusivverträge an sein iTunes-Universum zu fesseln, fände ich das wiederum nur so mittelsympathisch. Ich glaube aber auch nicht daran, dass Apple uns am Donnerstag mit einem Knaller überraschen wird, schrauben Sie Ihre Erwartungen lieber nicht zu hoch. (Aber Sie haben sich ja auch über die alberne Cards-App gefreut, Müller!) Vielleicht wird es ein Deal mit ein paar gewichtigen US-Textbook-Verlagen, vielleicht eine neue App oder Rubrik in iBooks/iTunes, die damit einher geht. Selbst Apple stellt nicht mal eben eine komplett neue Infrastruktur mitsamt der Inhalte auf die Beine. Wie lange hat Apple noch gleich gebraucht, um Metallica und die Beatles in den iTunes Store hinein zu überreden? Egal, was es letztlich wird, Ihnen wird es doch eh mehr als gefallen, Kollege Müller!

Müller: Ich bin ja auch ein positiv denkender Mensch und grundsätzlich optimistisch, was Apples Zukunft angeht! Aber warten wir den Donnerstag ruhig ab, es schadet auch nicht, wenn das Event einfach nur zum Aufwärmen für ein heißes Produktjahr dient. Den nächsten Knaller bringt Apple am Dienstag darauf mit einer Rekordbilanz, die das Staatsdefizit so manchen EU-Staates decken könnte! Im März dann das iPad 3! Im April das Macbook Air 15 Zoll! Im August das iPhone 5! Wir werden heuer noch viel zu tun bekommen, betrachten Sie die Keynote in New York also einfach als Fingerübung.

Woods: Ich glaube ja eher, 2012 wird das Jahr des Powerbook G5! Aber gut, warten wir einfach den Donnerstag ab, lehnen uns zurück und starten das Neuheiten-Jahr langsam. Oder sehr langsam. Aber sagen Sie hinterher nicht, Apple hätte jetzt auch noch das Bildungswesen revolutioniert, weil man die Hauptsätze der Thermodynamik auf dem iPad lernen kann, Herr Optimist! Ich kann jedenfalls nur hoffen, dass in einem möglichen "Bildungsstore" nicht die gleichen Apple-Kontrolleure den Content-Türsteher spielen, die den App Store sauber und nippelfrei halten. Ansonsten versuche ich jetzt, Ihre positive Grundeinstellung zu imitieren, damit Sie einmal Ruhe geben. An Apple-Geräten mangelt es in den meisten Hörsälen ja wahrlich nicht, vielleicht können die passenden Inhalte und Werkzeuge hier tatsächlich gut einschlagen - falls Apples Ideen überzeugen.

Müller: Apple Ideen werden so überzeugen, dass das Kultusministerium freiwillig seine besten Beamten für den Bildungsstore abstellt. Übrigens, haben Sie irgendwo mein Valium gesehen? Ich fürchte, langsam lässt die Wirkung nach…

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