Lotusgeburt
bedeutet, dass die Nabelschnur nicht durchtrennt wird,
so dass das Baby mit seiner Plazenta verbunden bleibt,
bis sich die Nabelschnur auf natürlichem Weg vom Nabel
löst - dies geschieht meist 3 bis 10 Tage nach der
Geburt. Dieser verlängerte Kontakt kann als eine Art
verlängerte Eingewöhnungszeit angesehen werden, die
es dem Baby erlaubt, die Verbindung zum Körper seiner
Mutter langsam und vorsichtig zu lösen.
Die
Lotusgeburt ist in unserer Kultur nicht besonders
weit verbreitet und ein neues Ritual für uns. Sie
wurde benannt nach Clair Lotus Day, die die Routine
des Nabelschnur-Durchtrennens 1974 in Frage stellte.
Sie gebar ihren Sohn in einem Krankenhaus und nahm
ihn - mit intakter Nabelschnur - mit nach Hause. In
den USA wurde die Lotusgeburt durch Jeannine Parvati
Baker, in Australien durch Shivam Rachana bekannt
gemacht, die beide immer wieder über diese sanfte
Praktik informierten.
Seit
1974 sind viele Babys so geboren worden, Hausgeburten
und Krankenhausgeburten, Geburten an Land und Geburten
im Wasser, sogar Kaiserschnittgeburten. Eine Lotusgeburt
ist eine Wunderschöne und logische Erweiterung der
natürlichen Geburt und lädt uns dazu ein, die sogenannte
dritte Phase der Geburt für uns zu entdecken und die
Plazenta zu ehren, die die erste Nahrungsquelle für
das Baby ist.
Ist
eine Lotusgeburt natürlich? Hätten und haben unsere
Vorfahren sie praktiziert? Einige Hebammen haben wohl
irgendwann einmal beschlossen, die Nabelschnur kurz
nach der Geburt zu durchtrennen, weil dies wohl bei
einigen Primaten so beobachtet wurde. Haben dies unsere
Ur-Großmütter auch so getan? Ist die Lotusgeburt ein
altes Ritual? Oder ein neuerfundenes?
Leider lässt sich dies nicht mit Sicherheit sagen.
Aber, wie Michel Odent bereits sagte, wir müssen wieder
lernen, wie eine Geburt sein kann, wenn sie ungestört
verläuft. Wir können nicht-eingreifende Sachen wie
die Lotusgeburt gut dazu nutzen.
Vielleicht wird eine Hebamme der Mutter helfen, die
Plazenta zu pflegen, nachdem sie und das Baby geboren
wurden. Obwohl es viele verschiedene Wege gibt, dies
zu tun, wird wohl zumeist ein sauberes Handtuch oder
eine Stoffwindel genommen, diese mit einer Mischung
aus Meersalz und getrockneten Kräutern gefüllt und
die Plazenta darauf gelegt. Obenauf kommt noch einmal
das Kräutersalz und das Handtuch/Tuch wird ‚gesichert',
so dass man die eingepackte Plazenta mit sich tragen
kann und oder neben das schlafende Baby legen kann.
Es wird angenommen, dass zu frühes Abklemmen der Nabelschnur
dem Baby die Hälfte seines totalen Geburts-Blut-Volumens
entzieht. "Das Abklemmen der Nabelschnur vor dem ersten
Atemzug des Kindes führt dazu, dass anderen Organen
Blut entzogen wird, um die Entfaltung der Lunge in
Gang zu setzen." (Morley 1997)
Bei einem Kaiserschnitt wird das Baby über die Gebärmutter
gehoben und somit das Blut in die Plazenta zurückfließen
lassen. Kaiserschnittbabys haben daher einen größeren
Blutverlust. Ist dieser zu groß, stellen sich Atemschwierigkeiten
ein. Studien haben gezeigt, dass dies bei Kaiserschnittbabys
alltäglich ist und vermieden werden kann, wenn eine
komplette ‚Ausblutung' der Plazenta in den Blutkreislauf
den Babys zugelassen wird. (Peltonen 1981;Landau 1953)
Frühes Abklemmen der Nabelschnur führt für das Baby
eventuelle auch zu einem hohen Eisenverlust und kann
mit Anämie in Verbindung gebracht werden. (Grajeda
1997;Michaelson 1995)
Vorteile
der Lotusgeburt und des späten Durchtrennens der Nabelschnur:
- Geringere
Gefahr einer Anämie, da das Baby einen höheren Eisenspeicher
bekommt
- Weniger
Atemnot-Syndrom, besonders für Frühgeburten kann
das lebensrettend sein
- Geringere
Gefahr von Hirnschädigungen (z.B. Autismus, Schizophrenie)
- Das
Baby bekommt mehr mütterliche Antikörper
- Das
Baby hat automatisch einen höheren und stabileren
Blutdruck
- Geringerer
Bedarf an Bluttransfusionen für Frühgeborene
- Geringere
Gefahr von Organschäden bei Frühgeborenen
- Verbesserte
kindliche Nieren- und Blasenfunktion
- Mehr
Nährstoffe, Vitamine, Mineralien usw. für das Baby
- Höherer
Anteil an Stammzellen im kindlichen Blut
Robin
Lim, CPM, veröffentlicht in "Midwifery Today"
Sommer 2001 Nummer 58
Protokoll
für eine Lotusgeburt:
- Warte,
bis die Plazenta natürlich geboren wird. Lege sie
in eine Schüssel neben dem Baby. Da kann sie bleiben,
bis du bereit bist, sie in einen Durchschlag zu
legen. Du musst dich nicht beeilen, du hast bis
zu 24 Stunden Zeit.
- Wasche
die Plazenta vorsichtig in warmem Wasser, entferne
alle Blutklumpen und tupfe sie trocken.
- Wickle
die Plazenta in saugendes Material, zum Beispiel
eine Stoffwindel. Wechsle dies täglich. Benutze
Salz oder Kräuter (manche nehmen auch Kräuteröle),
um die Flüssigkeit aufzusaugen. Mache einen Plazenta-Sack,
um die Plazenta bequem transportieren zu können.
- Lege
die Plazenta nahe an das Baby, um nicht an der Nabelschnur
zu ziehen.
- Hebe
das Baby zum Stillen und Knuddeln vorsichtig hoch.
- Zieh
das Baby locker an, ein Schlafanzug mit Knöpfen
vorne funktioniert gut.
- Wenn
die Nabelschnur spröde wird, wird sie bald abfallen.
Zieh nicht daran, lass sie in ihrer eigenen Geschwindigkeit
abgehen.
- Dies
ist eine ruhige, stille Zeit für Baby und Mama.
Behandle diese Zeit wie einen Schatz.
Aus
"Lotus Birth" von Shivam Rachana
Eines
der interessantesten Dinge an einer Lotusgeburt
ist der bemerkenswerte Unterschied, der die noch
vorhandene Plazenta beim Rumreichen des Babys
an Familie und Freunde macht. Obwohl Frauen, die
sich für eine Lotusgeburt entscheiden, auch ansonsten
eine ruhige postnatale Phase (den sogenannten
‚Babymoon') bevorzugen, kann es doch ein Vorteil
sein für Frauen, die sich nicht abschotten möchten.
Sie werden so mehr Zeit mit dem Baby verbringen,
weil es einfach schwieriger ist, es herumzureichen,
solange die Plazenta noch mit ihm verbunden ist.
Dies macht die Lotusgeburt auch so AP-mässig,
denn sie sorgt für eine tiefe Verbindung sofort
nach der Geburt. Einige Internetseiten über die
Lotusgeburt beschreiben auch, wie empfindlich
das Baby für Berührungen der Plazenta ist. Eine
Tatsache, die sowohl das Argument, dass die Plazenta
ein wichtiges Organ für das Baby nach der Geburt
bleibt unterstützt als auch das Argument, dass
die Plazenta immer noch in gewisser Weise das
Baby versorgt. In diesen ersten Tagen nach der
Geburt sollte sie also möglichst ruhig und ungestört
bleiben, wie die gesamte Familie eigentlich auch.
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