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Sendung vom 29.01.2002

Die Lust auf Fabrik-Vanille

Dienstag, 29. Januar 2002, 1:00 Uhr

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Die Lust auf Fabrik-Vanille

Die Nahrungsmittel-Industrie mischt der Babynahrung Fabrik-Vanille bei. So lernen Baby schon früh, diesen intensiven Geschmack zu lieben. Ein gutes Geschäft.

Das Baby lernt die Vielfalt der Aromen schon über die Muttermilch kennen. Was ein Kind im frühen Alter zu sich nimmt, schmeckt ihm auch später. Besonders gern mögen Babys Süsses. Das zeigt sich bereits im Mutterleib: Der Embryo schluckt mehr Fruchtwasser, wenn die Mutter Süsses gegessen hat, als wenn sie etwas Bitteres zu sich genommen hat.

Nahrungsmittel-Produzenten wissen das: Sie mischen darum viel Zucker in die Babynahrung. Zudem süssen sie die Milch gerne mit Vanille, dem einzigen Aroma, welches das Gesetz in Babynahrung erlaubt. Damit werden Babys schon früh geprägt: "Menschen, die mit Flaschennahrung aufgezogen wurden, essen 20 Jahre später viermal häufiger vanillinhaltige Produkte als solche, die als Säuglinge gestillt worden sind", erklärt Lebensmittelchemiker und Buchautor Udo Pollmer.

Die frühe Geschmacks- oder Futterprägung ist also ein gutes Geschäft für die Industrie. Der Aromaverbrauch hat in den letzten Jahren markant zugenommen. Bianca-Maria Exl von Nestlé bestreitet jedoch, dass Nahrungsmittelfabrikanten mit Aromen Markentreue schaffen wollen: "Wir bieten ganz verschiedene Produkte an und haben kein Interesse daran, jemanden auf eine bestimmte Geschmacksrichtung zu prägen."

Ein Experiment an 46 schwangeren Frauen in den USA belegt: Ein Kind liebt das, was seine Mutter während der Schwangerschaft gerne gegessen hat. Eine Gruppe der Frauen trank Karottensaft, die andere nur Wasser. Das Ergebnis: Die Neugeborenen, deren Mütter Karottensaft getrunken hatten, mochten Karottenbrei, die anderen lehnten den Karottengeschmack ab.
(Kassensturz vom 29.1.02)