Stellungnahme der Gruppe Zürich des Vereins Schweizerdeutsch

zum Beschluss des Bildungsrats vom 7. Februar 2005

Nein, so nicht!

Sieben Thesen zum Nur-noch-Hochdeutsch-Ukas

  1. Wir unterstützen die Forderung, dass in den Schulen vermehrt hochdeutsch gesprochen werden soll.
  2. Wir begrüßen die Anweisung, dass die gesprochene Sprache nicht mit den Maßstäben, die man an die geschriebene Sprache anlegt, gemessen werden soll. Dazu gehört auch die Aufforderung, im freien mündlichen Gespräch nicht dauernd Regelverstäße zu korrigieren.
  3. Unsere Mundart ist ein Kulturgut (sowohl im Alltagsgebrauch wie auch in ihrer Literatur). Die Pflege der Mundart ist daher eine Aufgabe, aus der sich die Schule nicht davonstehlen darf. Hochdeutsch und Mundart haben ihren jeweiligen Platz im Unterricht.
  4. Schon im Kindergarten ausschließlich hochdeutsch zu sprechen, ist sicher verfrüht. Der Übergang von der Mundart in die Hochsprache hat sukzessiv zu erfolgen, im Verlauf der ersten beiden Schuljahre, sofern wir erreichen wollen, dass Hochdeutsch zu einer selbstverständlichen Form unserer Muttersprache (und nicht zu einer Fremdsprache) werden soll.
  5. Die Mundart ist die Sprache der Wohnstube und die Sprache im Sandkasten. Kindergarten und Schule haben die Kinder dort abzuholen, wo sie stehen. Wenn die Kinder beim Schuleintritt heute zwar besser hochdeutsch verstehen (und sogar sprechen), als das früher der Fall war, so müssen wir uns doch dabei bewusst sein, dass dies für sie eine mediale Sprache und damit vorwiegend eine Sprache der Einwegkommunikation ist.
  6. Wenn die Lehrkräfte tatsächlich nicht im Stand sein sollten, zu entscheiden, wann die jeweilige Sprachform angebracht ist, so wäre es ein allzu kurzer Schluss, deswegen einfach die Mundart aus dem Unterricht zu verbannen.
  7. Auch fremdsprachige Kinder, die in der Schweiz leben, kommen nicht ohne die Mundart aus. Insbesondere Schulabgänger mit niedrigerem Schulniveau müssen sich in unserer Mundart bewerben können. Mit einer Beschränkung auf Hochdeutsch tun wir diesen einen schlechten Dienst.

Nicht dass wir einem Lehrplan allzu große Bedeutung zumessen. Dennoch wehren wir uns gegen den simplifizierenden Lösungsansatz. Die Sprachkompetenz der Schülerinnen und Schüler gewinnt vor allem dadurch, dass wir sie vermehrt zum freien Wort kommen lassen, sowohl in der Hochsprache als auch in der Mundart.

Im Übrigen empfehlen wir den Lehrkräften, sich eine Passage aus den Erörterungen der Bildungsdirektion genau anzusehen: Unterrichtssequenzen in Mundart sind möglich, sie sollen aber beschränkt sein auf anspruchsvolle und kommunikativ relevante Gesprächssituationen. Wir fragen zurück: Gibt es denn im Bereich der Schule auch noch andere als ‘anspruchsvolle und kommunikativ relevante Gesprächssituationen’?


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