10.06.1941 (T). Im
UFA-Palast am Berliner Zoo wird in einer öffentlichen Veranstaltung erstmals ein mit
Hochfrequenz-Vormagetisierung aufgenommenes Tonband vorgeführt (Entwicklung Dr. Walter
Weber im Labor der Reichsrundfunkgesellschaft RRG. Das Patent J. von Braunmühl/Weber
wurde von der AEG aufgekauft). Tonbandgerät: K 4/HF: Begrüßung: Direktor Dr.-Ing. Hans
Heyne vom Vorstand der AEG und Technische Einführung: Dr.-Ing. Schepelmann, AEG.
Mitwirkende: Heinrich George, Erna Sack, Fehse-Quartett und das Orchester der Städtischen Oper Berlin-Charlottenburg unter Ltg.
von Staatskapellmeister Lutze.24.09. 1941 (W). Die Siemens & Halske AG und
die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft AEG schließen einen Vertrag, demzufolge die
AEG die bisher S & H gehörende Hälfte der Telefunken-Geschäftsanteile übernimmt
und die "Telefunken-Gesellschaft für drahtlose Telegraphie mbH" künftig auf
eigene Kosten und eigenes Risiko führt. In diesem Zusammenhang sollen, so heißt es in
der Vertragspräambel, durch Tausch von Beteiligungen auch bei anderen Gesellschaften
klare Verhältnisse geschaffen werden. Im einzelnen sieht der umfangreiche Vertrag vor,
daß S & H ihre Geschäftsanteile von insgesamt nom. 20 Mio. RM an Telefunken an die
AEG abtritt. Sodann tritt die AEG an S & H folgende ihr gehörige Geschäftsanteile
ab: nom. 4 Mio. RM an der Vereinigten Eisenbahn-Signal-Werke GmbH Berlin (VES), nom. 1,35
Mio. RM Geschäftsanteil an der KlangfiIm-Gesellschaft mbH, 312 500 RM Geschäftsanteil an
der Deutschen Betriebsgesellschaft für drahtlose Telegraphie (DEBEG). Zur
Telefunken-Transaktion wird erklärt: "Infolge der Entwicklung der Technik ist es von
Jahr zu Jahr schwieriger geworden, das von Telefunken bearbeitete Sachgebiet einwandfrei
von dem Arbeitsgebiet der Stammfirmen zu trennen. Die durch den gegenwärtig zwischen den
Stammfirmen und Telefunken bestehenden Vertrag gebotene Rücksichtnahme jeder der drei
Firmen auf die anderen hat vielfach zur Folge gehabt, daß bei der Zuweisung dringender
Arbeiten an Telefunken oder eine der Stammfirmen Entscheidungen technischer oder
fabrikatorischer Art nicht immer mit der wünschenswerten Schnelligkeit getroffen werden
konnten. Hierdurch und ferner durch den wachsenden Umfang der Telefunken obliegenden
Aufgaben wird es im Interesse der Allgemeinheit und insbesondere der Wehrwirtschaft
notwendig, daß sich künftig eine der Stammfirmen zusätzlich und unabhängig von
Telefunken auf diesem Gebiet betätigt." Das bedeutet, daß S & H auf dem
gesamten bisherigen Arbeitsgebiet von Telefunken Entwicklung und Fabrikation sowie Vertrieb auf eigene Kosten und eigenes
Risiko übernimmt und die hierfür erforderlichen Anlagen und Einrichtungen errichtet.
1942/43 (W). Der auf vier Seiten
geschrumpfte Geschäftsbericht
der AEG umfaßt lediglich noch die namentliche Nennung der Vorstands- und der
Aufsichtsratsmitglieder, die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung und 1/3 Seite Angaben
über den Geschäftsverlauf mit der schon zuvor benutzten Formulierung, daß die Fabriken
und die gesamte übrige Organisation "alle Kräfte angespannt haben, um den ihnen
gestellten besonderen Anforderungen zu genügen". Das gilt seit Ende der dreißiger
Jahre ganz selbstverständlich vor allem für die Rüstungsproduktion. Das
Geschäftsjahr schließt mit einem Reingewinn von 13,2 Mio. RM, aus dem der Vorstand die
Verteilung einer Dividende von 5 %
vorschlägt.
1942/43 (W). Im Verlauf einer großen
Transaktion kommt es zur ^ Verschmelzung der AEG mit der "Gesellschaft für
elektrische Unternehmungen AG" (Gesfürel), Berlin, einer Gesellschaft, die 1894 von
der "Union Elektricitäts-AG. " (gegr. 1922) als Organ der Bankengruppe der
Union ins Leben gerufen worden war. Die Fusion wird von den ao. Hauptversammlungen beider
Gesellschaften am 19. Februar 1942 genehmigt. Dadurch erwirbt die AEG nom. 40 Mio. RM
eigene Aktien, deren Einziehung im Wege der Kapitalherabsetzung vorgeschlagen wird. Im
Zusammenhang mit der Transaktion erhöht die AEG ihr Grundkapital um 100 Mio.RM und setzt
es dann um die genannten 40 Mio. RM herab. Durch die unter Führung des
AEG-Vorstandsvorsitzenden Dr. Bücher vollzogene Verschmelzung mit der Ges fürel gewinnt die AEG wertvolle Beteiligungen, u.a.
an Hirsch-Kupfer, Norddeutsche Kabelwerke, Amper-Werke München, Neckarwerke Eßlingen und
an der Elektrizitäts- und Verkehrsgesellschaft Koblenz. Als Ziel der Fusion wird die
erreichbare höhere technische
Leistung genannt.
Durch Aufsichtsratsbeschluß vom 02. März 1943
wird das Grundkapital auf Basis der Dividendenabgabe-Verordnung vom 12. Juni 1941 erneut
dahingehend berichtigt, daß es nach der im Vorjahr beschlossenen Herabsetzung auf 220
Mio. RM um 44 Mio. RM auf 264 Mio. RM erhöht wird. Die Mittel hierfür werden aus der
gesetzlichen Rücklage n und aus der Zuschreibung zu Beteiligungen gewonnen.
1943/44 (W). Wie bereits im
vorangegangenen Geschäftsjahr weist die AEG auch in diesem Jahr erneut einen Reingewinn
von 13,2 Mio. RM aus und bleibt dabei, die Verteilung einer Dividende von 5 % vorzuschlagen.
Dieser Geschäftsbericht datiert aus dem März 1945. Er gleicht auch im Textteil fast
wörtlich dem des Geschäftsjahres 1942/43 und ist der letzte Geschäftsbericht vor Ende
des Zweiten Weltkrieges .
1945 (W). Die AEG nach dem Zweiten
Weltkrieg: Durch den Zusammenbruch am Kriegsende ist die AEG in ganz außergew öhnlichem Maße und schwerer als irgend ein anderes
größeres Unternehmen der deutschen Elektroindustrie betroffen worden. Der dadurch
insgesamt erlittene Substanzverlust beträgt ein Mehrfaches des seinerzeitigen
Aktienkapitals. "Der beträchtliche Umfang der weiteren uns noch nach Einstellung der
Kampfhandlungen zugefügten Schäden ist in erster Linie auf die politische Entwicklung
nach dem Zusammenbruch in Berlin und Ostdeutschland zurückzuführen", ist im
Geschäftsbericht für die ersten Nachkriegsjahre zu lesen. "Nach einer
jahrzehntelangen Entwicklung waren bei Kriegsausbruch 90 % unserer Fabrikationsstätten in
Berlin und in der Umgebung Berlins im heute russisch besetzten Gebiet konzentriert,
während in West- und Süddeutschland lediglich Fabriken in Nürnberg, Stuttgart und
Mühlheim/Ruhr betrieben wurden. Bei dieser Struktur ist unsere Gesellschaft mit dem
weitaus größten Teil ihres Vermögens zunächst von der Ausräumung durch die russische
Besatzungsmacht und später von den Zwangsmaßnahmen in Ost-Berlin und in der Ostzone
betroffen worden. Auch unsere
Wiederaufbauarbeiten wurden durch die besondere Situation Berlins und durch die Blockade
wesentlich erschwert und verzögert."
Aus dem Rückblick des AEG-Vorstandes im Jahre
1951 auf das Kriegsende und die
erste Zeit danach seien noch folgende Ereignisse und Entwicklungen hervorgehoben:
- Durch unmittelbare Kampfhandlungen vor Kriegsende in Berlin wird das Gebäude der
AEG-Hauptverwaltung am Friedrich-Karl-Ufer mit nahezu allen Unterlagen vernichtet.
- Durch das Kriegsende und die anschließende Gesetzgebung geht das gesamte Vermögen im
Ausland verloren. Alle nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufgebauten wertvollen
Auslandsgesellschaften, der gesamte ausländische Patentbesitz und weitere wertvolle
Beteiligungsgesellschaften verfallen der Beschlagnahme.
- An Stammfabriken in Ost-Berlin und der damaligen Ostzone, heute DDR, und dem Gebiet
östlich der Öder-Neiße-Linie verliert die AEG das Draht-, Kabel- und Metallwerk
Oberspree, das Transformatoren- und Schalterwerk, die Röhrenfabrik sowie die Fernmelde-
und Apparatefabrik, sämtlich in Oberschöneweide, die Apparatefabrik Treptow, die Fabrik
für Gerätebau Oberspree, die Fabriken Hennigsdorf (Bau von Dampf- und elektrischen
Lokomotiven usw.), die Fabrik Wildau und die Fabriken für Installationsmaterial in
Annaberg im Erzgebirge.
- Die Bankkonten der AEG in Berlin mit Guthaben in Höhe von rd. 132 Mio. RM werden
blockiert. Dazu frieren die Forderungen der Gesellschaft aus Lieferungen und Leistungen
gegen das Reich oder andere öffentliche Auftraggeber in Höhe von rd. 275 Mio. RM ein. Der Gesamtverlust der Gesellschaft an
effektiven Vermögenswerten, und zwar überwiegend an Sachwerten, ist unabhängig von der
Einzelbewertung, die wegen des Verlustes vieler Unterlagen bei der Zerstörung des
Verwaltungsgebäudes nicht mehr möglich war, auf weit über 1 Mrd. RM zu beziffern.
- Alles in allem war die Fabrikationsnutzfläche der AEG durch die Kriegseinwirkungen und
-folgen auf rd. 10 % gegenüber dem Stand bei Kriegsausbruch zurückgegangen.
1945- 1951 (W).
"Trotz des gewaltigen Schadensumfanges und der hoffnungslos erscheinenden Lage gingen
Geschäftsleitung und Belegschaft überall unverzüglich an die Beseitigung der
katastrophalen Kriegsfolgen", berichtet die AEG 1951 rückschauend. "Dabei
mußten wir infolge der anfangs vollständigen Zonentrennung in Berlin und im Westen
getrennt vorgehen. Sobald es die Verhältnisse gestatteten, nahmen wir die Verbindung
wieder auf, stimmten die beiderseitigen Aufbauarbeiten und -plane aufeinander ab und
stellten die Einheitlichkeit der Verwaltung wieder her.
Es wird ein "mit Vorsicht und auf lange Sicht"
geplantes Fabrikationsprogramm entworfen, das alle wesentlichen von der AEG in der
Vergangenheit bearbeiteten Gebiete der Elektrotechnik umfaßt, wobei die Gesellschaft auf
, die Errichtung neuer Fabriken für Drähte und Kabel sowie für Installationsmaterial im
Hinblick auf die beschränkten Mittel verzichtet.
Da es in Berlin anfangs nicht möglich ist,
die seit jeher schwierige und
von vielen Vorstufen abhängige Fertigung von Elektromaterial aufzunehmen, werden zu
nächst einfache Not- und Übergangsfabrikationen eingerichtet. Auf diese Weise kann
wenigstens ein Teil der alten Stammbelegschaft in den Berliner Fabriken wieder arbeiten
und den Übergang zur eigentlichen Fertigung vorbereiten. Wieder aufgebaut werden in
Berlin (West) folgende Produktionsstätten: Turbinenfabrik Huttenstraße,
Maschinenfabriken Brunnenstraße, Apparatefabrik Drontheimer Straße, Zählerfabrik
Ackerstraße, Technisch-Physikalische-Werkstätte und die Wissenschaftlichen Laboratorien
in Reinickendorf, Apparatefabrik Cuvrystraße. Neu errichtet wird in der Sickingenstraße
eine Röhrenfabrik. Im Westen verfügt das Unternehmen für den Aufbau über die Guthaben
der dort nicht gesperrten Bankkonten. Zunächst werden die zum Teil fast völlig
zerstörten alten Fabriken in Nürnberg, Stuttgart und Mülheim/Ruhr wieder einigermaßen
produktionsfähig gemacht und später unter Hinzunahme neuer Fabrikationsgebiete
ausgebaut. Als Ersatz für die verlorenen Ostbetriebe werden neu errichtet:
Schaltergerätefabrik Neumünster, Fabrik für Kleinmotoren Oldenburg, Zählerfabrik
Hameln, Fabrik für Reparatur und Bau von Turbinen und Kompressoren Essen, Fabrik für Hochspannungsschaltgeräte und
Isoliermaterial Kassel, Meßinstrumentefabrik Heiligenhaus, Fernmeldefabrik
Backnang/Wttbg., Gleichrichterfabrik Belecke und Fabrik für Bergwerksbedarf in
Mülheim/Saarn.
Dieser Aufbau kann sich wie bei allen
anderen Unternehmen nur im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftslage und der politischen
Entwicklung vollziehen und ist bis zum Zeitpunkt der Währungsreform nur zum Teil
abgeschlossen. Besonders schwierig gestalten sich die Wiederaufbauarbeiten in Berlin
(West), wo sie zusätzlich noch durch die Auswirkungen der Berliner Blockade erschwert
werden.
Die AEG berichtet: "Trotz aller
Schwierigkeiten haben wir unter vollem Einsatz der bis dahin wieder geschaffenen
Produktionskraft auch nach der Währungsreform den Aufbau in Berlin (West) und im Westen
fortgesetzt. Eine wesentliche, wenngleich auch nicht ausreichende Hilfe brachten die in
den folgenden Jahren gewährten Wiederaufbaukredite, die uns zunächst im Westen eine
Beschleunigung des Ausbaues unserer Fabriken ermöglichten. Später standen derartige
Kredite zu günstigen Bedingungen auch unseren Berliner Werken zur Verfügung."
Die AEG beschäftigt 1950
bereits wieder 27 400 Mitarbeiter (1945: 9 600) und erzielt einen Umsatz von 270 Mio.DM (1945/46: 87 Mio. RM).
Hier aus den Aufzeichnungen des Unternehmens
für die Zeit von 1945-1950 noch einige bemerkenswerte Angaben:
- August 1945: Telefunken nimmt in Berlin die Fabrikation von Rundfunkgeräten, in erster
Linie für Besatzungsmächte, wieder auf. Erstes Gerät: T 1365 GWK =
"Schreibmaschine", ein Geradeausempfänger. Fertigung im August bereits 139
Stück, Preis: 290 RM.
- 1946: Konstruktion des AEG-ZEISS-Elektronenmikroskops in den Süddeutschen Laboratorien
(SDL) aufgenommen.
- 1946: Die Nationale Automobil-Gesellschaft AG (NAG), Berlin, eine hundertprozentige
Tochtergesellschaft der AEG, gründet die Elektro-Mechanik GmbH, Wendenerhütte, in
Olpe/Westfalen für Herstellung und Vertrieb von Geräten der Antriebs-, Steuerungs- und
Regeltechnik.
- 1947: Wiederbeginn der
Telefunken-Röhrenfertigung, jetzt in Ulm/Donau.
- 1947: Beginn der Fabrikation von
Telefunken-Rundfunkgeräten in der Fabrik Hannover, Göttinger Chaussee 76. Erstes Gerät:
"Standard Super".
- März 1949: Telefunken liefert den ersten FM-UKW-Sender, mit dem der damalige
Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) von Hannover aus vom 01. März an ein regelmäßiges
Versuchsprogramm auf UKW ausstrahlt.
- 1949: Die Fertigung von AEG-Kühlschränken wird in geringem Umfange aufgenommen.
- 10.03.1950: Die Telefunken Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H., Berlin, und
die Decca Holding Co. (Ltd.), Vaduz, gründen die TELDEC Telefunken-Decca Schallplatten
GmbH., Hamburg. Stammkapital: 600 000 DM. Beide Gründergesellschaften sind an der TELDEC
zu je 50% beteiligt. |