Kulturatlas : Wiedingharde


  LancewadPlan Schleswig-Holstein
Historische Landschaftscharakterisierung
Wiedingharde
 
Karten
 
1. Überblick
2. Geologie und Geographie
3. Landschafts- und Besiedlungsgeschichte
4. Aktuelle Entwicklung und Planung
5. Gesetzliche Aspekte und Raumplanung
6. Anfälligkeiten
7. Möglichkeiten
8. Quellen
  
1. Überblick
 
Name der Landschaftseinheit:
 
Wiedingharde
Grenzen:
Begrenzt durch die Karrharde auf der Geest bei Humptrup und Uphusum im Osten, das Marschgebiet der Bökingharde im Süden, das Wattenmeer mit der Insel Sylt im Westen und die Tøndermarsch in der dänischen Landschaftseinheit der Marsch von Brede Å und Wiedau.
 
Größe:
Ca. 13 km von Süd nach Nord, ca. 15 km von Ost nach West.
 
Ort/Lage – Karte
Nördlichster Teil des Marschgebietes Nordfrieslands, Schleswig-Holstein, Deutschland.
 
Namensherkunft:
Der Name stammt von „Widhing“, den Einwohnern entlang des Flusses Widau. Er wird seit dem 17. Jahrhundert überliefert, als er die vorherige Bezeichnung „Horsbüllharde“ ersetzte.
 
Beziehungen/ Ähnlichkeiten mit anderen Landschaften:
Einzelne Hof- und Dorfwarften wie auf Pellworm, Dithmarschen
Langwarften wie im östlichen Eiderstedt
Warftreihen wie auf Föhr, Nordstrand
Moderne, geometrisch angelegte Köge wie in der Bökingharde, Nordergosharde, Süderdithmarschen
Mittelalterliche Deiche
Köge, die überwiegend Naturschutz- und Wasserspeicherfunktion haben wie in der Bökingharde, Nordergosharde, Südergosharde, Nordstrand, Dithmarschen
Bauernhausformen wie in anderen Landschaften Nordfrieslands
 
Charakteristische Elemente und Einheiten:
 
Hochmittelalterliche, verstreute Hof- und Dorfwarften
Reste mittelalterlicher Ringdeiche, mittelalterliche Deichlinien und Sietwenden
Lang gezogene Dorfwarften und Warftreihen in Marschhufendörfern
Warften als Überreste von Binnenhalligen im Gotteskoog
Lange, gerade Sielzüge und Pumpstationen im Gotteskoog
Großflächig vernässte Bereiche im Gotteskoog
Kirchen mit allein stehendem Glockenturm
Große Gehöfte im uthlandfriesischen Stil
- Teiche sowie andere Gewässer und Reste von Deichbrüchen
 
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2. Geologie und Geographie
 
2.1. Allgemein
Die eiszeitliche Basis unter der Landschaftseinheit Wiedingharde ist im Süden als sanft abfallender Hang an der Basis der Festlandgeest recht stabil, im Norden allerdings durch Schmelzwasserrinnen stark zerklüftet und tiefer liegend. Der nacheiszeitliche Meeresspiegelanstieg führte, nach einer ersten Zeit der Moorbildung, zur Überflutung des Gebiets. Dabei wurden erhebliche Mengen Sediment abgelagert, die unter dem westlichen Teil der Landschaftseinheit vor allem aus Sanden bestanden. Diese boten einen stabilen Untergrund für die im 1. Jahrtausend vor darauf auflandenden Marschen. Der Schutz dieser Marschen verhinderte ähnliche Ablagerungen im Bereich des Gotteskoogs, dessen Untergrund von marinen Sedimenten geprägt blieb. Nach einer Zeit geringen Meereseinflusses in der 2. Hälfte des 1. Jahrtausends und großflächigen Vermoorungen auf den Marschflächen im Westen folgte im hohen Mittelalter die Wattbildung durch einströmendes Meerwasser, da eine Barriere aus Sandbänken und Inseln im Westen des nordfriesischen Wattenmeeres die Nordsee bis dahin fern gehalten hatte. Der Wiedingharder Alte Koog wurde so zu einer vom Meer umschlossenen und später allseits umdeichten Insel, die kurz drauf im Norden und Süden durch weitere Deiche mit dem Festland verbunden wurde. Die Zeit der Meeressedimentation im Bereich des heutigen Gotteskooges reichte daher nicht aus, um die Höhenunterschiede auszugleichen, sodass das Niveau in Bereich des Gotteskoogs dauerhaft unter dem der benachbarten Marschen des Wiedingharder Alten Koogs blieb.
 
2.2 Gegenwärtiges Landschaftsbild
Die Landschaftseinheit besteht aus zwei großen Teilen: Die alten Marschen des Wiedingharder Alten Koogs trennen zusammen mit neueren Kögen im Westen die niedrige Marschen des heutigen Gotteskoogs mit seinen vernässten Bereichen vom Wattenmeer. Die Marschen der Wiedingharde liegen etwa einen Meter über dem Meeresspiegel im Westen und bis zu zwei Metern unter dem mittleren Tidehochwasser im Gotteskooggebiet. Sie weisen insgesamt kaum Relief auf. Straßen verlaufen im Westen zumeist gewunden oder mit rechtwinkligen Biegungen ohne erkennbare Struktur während im Osten lange gerade Streckenführungen überwiegen. Die Eisenbahnlinie nach Sylt durchschneidet zusammen mit einer parallel verlaufenden Landstraße die Landschaftseinheit von Südost nach Nordwest. Straßen, Drainagekanäle und Felder sind eher rechtwinklig und großflächig im Südosten und haben ein völlig gerades und geplantes Erscheinungsbild im Friedrich-Wilhelm—Lübke-Koog. Die Flure in den alten Kögen im Westen sind unregelmäßige, kleine Felder orientiert an gewundenen Gräben. Die Marsch wird zumeist als Weide und, in geringerem Umfang, für den Ackerbau genutzt. Kleine Gebiete im mittleren und nördlichen Gotteskoog sind dauerhaft von Wasser bedeckt.
Siedlungen im Zentrum und östlich des Wiedingharder Alten Koogs sind als Hofreihen angelegt, während die Hofwarften im Gotteskoog verstreut liegen. Diese werden durch moderne, allein stehende Höfe entlang der Straßen ergänzt. Letztere Siedlungsstruktur findet sich auch im Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog. Moderne Wohngebiete liegen vor allem in der Marsch um Neuenkirchen und Klanxbüll. Häuser sind normalerweise ein oder zwei Stockwerke hoch und oft in einem traditionellen Stil erbaut. Große Vierkanthöfe in Einzellage sind charakteristisch im Alten Koog Höhere Bauwerke sind einige Kirchen, Kornspeicher sowie Windkraftanlagen im Süden und äußersten Westen. Bäume stehen vor allem als Windschutz um Höfe und innerhalb von Dörfern Kleinere Wälder befinden sich im Gotteskoog.
 
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3. Landschafts- und Besiedlungsgeschichte
 
3.1 Vor- und Frühgeschichte, Mittelalter
Die früheste menschliche Anwesenheit konzentrierte sich in der Jungsteinzeit eher auf die Geest und nur einige wenige Spuren dieser Zeit, wie ein Feuersteinartefakt von einer Sandkuppe bei Bosbüll, konnten unter der heutigen Marschoberfläche gefunden werden. In der südlichen Hälfte des Wiedingharder Koogs kamen z. B. in Emmelsbüll-Toftum und Horsbüll Reste von Flachsiedlungen erst aus der Völkerwanderungszeitzum Vorschein, was darauf hindeutet, dass diese Marschen zu den ältesten in Schleswig-Holstein gehören. Während des frühen Mittelalters wanderten Friesen in das Gebiet ein und siedelten zu ebener Erde. Manche dieser Siedlungen wie Horsbüll wurden langsam erhöht und wuchsen zu Weilern auf Großwarften, andere wurden wieder aufgegeben. Höfe und Dörfer wie Klanxbüll, Großbombüll und Nordhörn wurden spätestens seit dem 12. Jahrhundert gezielt auf erhöhten Warften an der westlichen Küste errichtet, was die zunehmende Bedrohung durch die ständigen Sturmfluten widerspiegelt. Zu dieser halligähnlichen Landschaft wurden in einem weiteren Schritt lang gestreckte, Ost-West orientierte Warften wie Oldorf im Hinterland hinzugefügt. In spätmittelalterlicher Zeit wurden Siedlungen in langen Warftreihen wie in Rodenäs systematischer angelegt.
 
Deich an der Kirche in Emmelsbüll-Horsbüll.
Deich an der Kirche in Emmelsbüll-Horsbüll.
 
Schon früh baute man niedrige Ringdeiche, von denen der sog. Schneedeich bei Rodenäs oder eine alte Deichlinie, die das Gebiet von Hesbüll umfasst, Überreste sind. Diese mittelalterlichen Siedlungsstrukturen werden noch heute durch angedeutete Blockflure um die frühesten Dorfwarften und lange, parallele Landstreifen, die an die Reihensiedlungen angrenzen, widergespiegelt. Die Hufen eines Dorfes waren für gewöhnlich von den Gewannen anderer Dörfer durch niedrige Dämme für die Wasserregulierung, sog. Sietwenden, getrennt. Der bereits genannte Schneedeich diente vermutlich größtenteils diesem Zweck. Während der älteste überlieferte Versuch das Marschgebiet komplett einzudeichen und es mit dem Festland zu verbinden, aus dem 14. Jahrhundert bekannt ist, war die Errichtung eines Ringdeichs um die ganze Horsbüllharde erst 1465 erfolgreich. Die erste Deichlinie, bekannt als Goldener Ring, ist immer noch nochvollziehbar und teilweise existent. Die ältesten Kirchen, wie die romanischenBautenvon Aventoft und Neukirchen, wurden im 13. Jahrhundert auf eigenen Warften errichtet. Ihnen ist oft ein getrennt stehender Glockenturm aus späterer Zeit angeschlossen, wie z.B. in Rodenäs.
 
Romanische Kirche von Rodenäs mit getrennt stehendem Glockenturm aus späterer Zeit.
Romanische Kirche von Rodenäs mit getrennt stehendem Glockenturm aus späterer Zeit.
  
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3.2. Frühe Neuzeit
Östlich des im späten 15. Jahrhundert gänzlich umdeichten Wiedingharder Alten Koogs war das Land durch Staunässe sumpfig. Um die Insel endgültig mit dem Festland zu verbinden, deichte man diesen Bereich schließlich im 16. Jahrhundert mit zwei Deichlinien im Norden und Süden ein. Der so entstandene Gotteskoog, wurde von der Wiedingharde, Bökingharde und Karrharde, den drei beteiligten Verwaltungseinheiten, gemeinsam genutzt, war aber aufgrund des niedrigen und feuchten Bodens zum größten Teil unbrauchbar für die Landwirtschaft. Häufige Deichbrüche in den folgenden Jahrhunderten und Probleme mit Stauwasser aus den umliegenden Gebieten führte zu weitflächigen, lang anhaltenden Überschwemmungen während eines großen Teil des Jahres und machte eine spärliche Besiedlung nur auf erhöhten Warften möglich. Dies gab den Höfen eine Hallig ähnliche Erscheinung, wovon Ortsnamen wie Großhallig oder Hattersbüllhallig noch immer zeugen. Die zahlreichen katastrophalen Fluten hinterließen ihre Spuren in Form von Wehlen, Teiche, die in Folge von Deichbrüchen entstanden waren, wie z.B. in der Nähe von Norderhof beim Gotteskoogdeich oder das Hülltofter Tief. Der größte Teil der Gemeinde Rickelsbüll im Nordwesten des alten Koogs wurde 1615 von Sturmfluten zerstört, das Kirchspiel daraufhin niedergelegt und ausgedeicht. Wiederholte Versuche das Binnenwasser im Gotteskoogs zu drainieren misslangen, hinterließen aber großen Drainagegräben wie den Rollwagenzug und Gräslandzug aus dem 17. Jahrhundert und den Neuer Sielzug und Gotteskoogstrom als Überreste eines Versuchs im 18. Jahrhundert das Wasser um den Koog herumzuführen. Die ersten Pumpenmühlen wurden zu dieser Zeit eingeführt, was noch durch Namen wie Westermühlenhaus nahe dem Bundesgaarder See belegt wird. Auch sie konnten die Drainagesituation nicht wesentlich verbessern.
 
Frühneuzeitliche Deichlinie im Süden des Gotteskoogs bei Emmelsbüll-Horsbüll.
Frühneuzeitliche Deichlinie im Süden des Gotteskoogs bei Emmelsbüll-Horsbüll.
 
Höfe im uthlandfriesischen Stil waren lange, aus Ziegelsteinen errichtete Häuser mit Reet gedeckten Walmdächern, die üblicherweise Ost-West gerichtet waren und den Eingang an der Längsseite hatten. Geesthardenhäuser, die ursprünglich von der hohen Geest stammten, sind in der Wiedingharde seltener, aber von großer äußerer Ähnlichkeit. Da die Höfe ursprünglich für die Viehzucht genutzt wurden, erforderte die intensivierte Landnutzung eine Erweiterung der Hofgebäude zu drei- bis vierseitigen bzw. winkeligen Strukturen („in-die-Fünf“, „in-die-Sieben“ gebaut), die noch heute bei Gehöften wie dem Charlottenhof zu finden sind. Die Häuser wurden entweder aufgrund des wenigen Platzes auf den Warften dicht zusammen gedrängt errichtet oder auf sich gegenüberliegenden Grundstücken auf beiden Seiten entlang von Straßen gebaut.
 
Der Charlottenhof, ein Vierseithof im uthlandfriesischen Stil.
Der Charlottenhof, ein Vierseithof im uthlandfriesischen Stil.
 
Emmelsbüll-Toftum, der adeliger Hof Froddesen auf einer Warft.
Emmelsbüll-Toftum, der adeliger Hof Froddesen auf einer Warft.
 
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3.3 Neuzeit
Die Landschaftseinheit wurde nach dem Ersten Weltkrieg von seinem vormaligen Verwaltungszentrum Tondern in Dänemark isoliert, als die Wiedingharde sich in einem Volksentscheid entschloss, im Deutschen Reich zu bleiben, während die Gebiete im Norden für die Zugehörigkeit zu Dänemark stimmten. Dies machte die Verbesserung der Verkehrsanbildung zur neuen Kreisstadt Niebüll notwendig und förderte massive Entwicklungsprogramme für den Gotteskoog. Während des 20. Jahrhunderts veränderte sich die Drainagesituation im Gotteskoog mit der Einführung von Motor betriebenen Pumpen drastisch. Seit den 1930er Jahren reduzierten Pumpstationen wie das Schöpfwerk Verlath, das 1933 erbaut wurde, den Wasserstand weiter nachhaltig und machten in Zusammenhang mit Bodenverbesserungsmaßnahmen das Land für den Ackerbau nutzbar. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden erste Straßen gebaut und neue Höfe gegründet, aber erst die letzten Eingriffe in Verbindung mit dem Programm Nord seit den 1960er Jahren gaben dem Gotteskoog seine moderne Erscheinung als landwirtschaftlich intensiv genutztes Gebiet mit geraden Straßen und einigen neuen Höfen. Nur noch wenig erinnert an die vergangenen Zeiten einer amphibischen Landschaft mit lange andauernden und großflächigen Überschwemmungen und geringen Einkommens durch etwas Viehzucht und Reetschneiden. Nur kleine Teile der ehemaligen Gotteskoogsees, Aventofter Sees und Ruttebüller Sees sind erhalten geblieben und wurden seit den 1980er Jahren verstärkt wieder renaturiert, um wenigstens Bruchstücke der ehemaligen Landschaft zu erhalten. Das Programm Nord und die moderne industrialisierte Landwirtschaft haben ebenfalls das Aussehen der traditionell kleinen Felder und Weiden hin zu größeren, gleichförmig aussehenden Strukturen geändert, die nun im Vergleich zur ehemals extensiven Viehzucht oft intensiv bewirtschaftet werden. Der Unterschied kann mit einem Blick über die Grenze zum dänischen Tondern erfasst werden, wo die Marsch zu einem großen Teil das alte Aussehen behalten hat.
 
Der Bundesgaarder See, ein renaturierter Überrest des weitläufigen, früheren Gotteskoogsees.
Der Bundesgaarder See, ein renaturierter Überrest des weitläufigen, früheren Gotteskoogsees.
 
1927 wurde die Bahnlinie von Niebüll über den Hindenburgdamm nach Sylt gebaut, die quer durch die Wiedingharde verläuft und sie schließlich mit dem modernen Transportnetz verband. In den 1930er Jahren baute der bekannte einheimische Maler Emil Nolde seinen Wohnsitz auf einer Warft in Seebüll, der später zu dem viel besuchten Museum wurde. Bis dahin kamen nur wenige, kleine Köge, wie der Alte Friedrichskoog, der sich heute auf dänischer Seite befindet, seit der Gewinnung des Gotteskoogs neu hinzu. So deichte man 1954 das neue Vorland im Westen ein, das sich durch den Hindenburgdamm gebildet hatte. Der sog. Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog spiegelt die geplanten Strukturen des Programm Nords in seiner gleichförmigen Erscheinung von Fluren und Bauernhäuser wider. Das Design der Häuser entstand in einem Wettbewerb. Das neue Land teilte man gleichmäßig unter den Einheimischen und Kriegsflüchtlingen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten auf und nutzt es seitdem intensiv landwirtschaftlich. Der letzte Koog, der gewonnen wurde, war im Jahr 1982 in Folge von Küstenschutzmaßnahmen der Rickelsbüller Koog zusammen mit dem dänischen Margarethenkoog nördlich des Hindenburgdamms. Beide werden einzig als Natur- und Vogelschutzgebiete genutzt.
 
Die mittelalterliche Dorfwarft Althorsbüll mit Flurstruktur (rechts) und Kögen des 20. Jahrhunderts (links).
Die mittelalterliche Dorfwarft Althorsbüll mit Flurstruktur (rechts) und Kögen des 20. Jahrhunderts (links).
 
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4. Aktuelle Entwicklung und Planung
 
4.1. Landnutzung
Das Programm Nord und die moderne industrialisierte Landwirtschaft haben gleichermaßen das Bild der traditionell kleinteiligen Felder und Weiden hin zu größeren, gleichförmiger aussehenden Strukturen verändert, die nun üblicherweise intensiver bewirtschaftet werden. Trotzdem ist die Bodenqualität im Vergleich zu anderen Marschgebieten eher gering. Seit den 1980er Jahren wird in gewissem Rahmen versucht Teile der ehemaligen Feuchtgebiete im Gotteskoog wieder herzustellen. Ein aktuelles Projekt zielt auf die Rekonstruktion von Teilen der historischen Feuchtgebiete vorwiegend durch Vertragsnaturschutz und durch Kooperationen mit Deich- und Sielverbänden. So wird zum Beispiel der zuletzt eingedeichte Rickelsbüller Koog aus dem Jahr 1982 ausschließlich als Natur- und Vogelschutzgebiet genutzt.
Für die Landschaft untypische Wälder wurden auf der Kopshallig am Gotteskoogsee und in der Nähe von Aventoft angepflanzt. Einige Gemeinden wie Niebüll und Klanxbüll beabsichtigen Forste unterschiedlicher Größe in der Marsch nahe den Dörfern anzulegen.
 
4.2 Siedlungsentwicklung
Einige Siedlungen wie Neukirchen oder Klanxbüll haben sich weit über ihre historischen Grenzen hinaus ausgebreitet. Hohe Grundstückspreise auf Sylt sind vor allem verantwortlich für die gestiegene Nachfrage von Einwohnern, Pendlern und Touristen nach Neubauten. Die Wiedingharde ist Ordnungsraum für Tourismus und Erholung und der Tourismus spielt eine zunehmend wichtige Rolle für das Einkommen der Landschaftseinheit. Ein Informationszentrum in Klanxbüll und ein kleines Freilicht-Deichmuseum in Neukirchen dienen, neben dem bekannten Emil-Nolde-Museum in Seebüll, zur Information der Besucher und als Sehenswürdigkeiten.
 
4.3 Industrie und Energie
Windkraftanlagen wurden während der letzten Jahrzehnte v.a. im Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog und in der Nähe von Bosbüll errichtet. Die Gegend um Emmelsbüll und Klanxbüll ist als Vorranggebiet für Windkraftanlagen ausgewiesen, währen das Land nördlich der Eisenbahnstrecke von der Bebauung mit Windkraftanlagen frei bleiben soll. Trotzdem werden neue Windkraftanlagen in der nordöstlichen Ecke des Gotteskoogs beantragt. Eine Muschelentsandungsanlage bei Emmelsbüll ist die größte Einrichtung dieser Art in der Region.
 
4.4 Infrastruktur
Die Gegend besitzt ein Netzwerk von Straßen, die zumeist auf historischen Wegen und Verbindungen zwischen den Siedlungen beruhen und oft auf ehemaligen Deichen angelegt wurden. Viele Straßen im Gotteskoog stammen aus neuerer Zeit. Die Eisenbahnlinie durchschneidet das Gebiet und verbindet Klanxbüll mit Westerland.
 
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5. Gesetzliche Aspekte und Raumplanung
Die nördlichen Teile des Gotteskoogs erfüllen die Anforderungen an ein Landschaftsschutzgebiet. Die westlichen Teile des Wiedingharder Alten Koogs werden im Landschaftsrahmenplan als strukturreiche Landschaft angesehen. Hier gilt auch die Gegend nördlich der Eisenbahnstrecke als typische Landschaft der Region. Trotzdem ist die Einführung weiterer Schutzgebiete in Nordfriesland nicht geplant. Der Naturschutz zielt eher auf eine weitere Integration von Umweltschutzzielen in die Landwirtschaft und auf eine Förderung extensiver Viehzucht sowie des Vertragsnaturschutzes in den alten Kögen, wie etwa in den Gebieten des ehemaligen Gotteskoogssees und des Ruttebüller Sees. Weiterhin empfielt der Landschaftsrahmenplan, die Anzahl der sog. landschaftstypischen Elemente zu erhöhen und die existierenden in das Netzwerk aus Biotopen und Schutzgebieten, wie etwa den Rickelsbüller Koog, einzubinden. Er unterstützt die Einbindung von historischen Landschaftsstrukturen in die Planung. Das Tourismuskonzept für Nordfriesland fördert eine nachhaltige Entwicklung auf diesem Gebiet. Eine Verbesserung des Landschaft bezogenen Tourismus mit Reiten, Rad fahren und Wandern empfiehlt der Landschaftsrahmenplan.
 
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6. Anfälligkeiten
Alte Hofgebäude werden von zahlreichen modernen landwirtschaftlichen Gebäuden überragt. Traditionelle Flurformen und die gesamte Wirtschaftsgrundlage im Gotteskoog haben sich grundlegend durch das Programm Nord verändert. Ungeschützte Denkmäler werden häufig abgegraben oder eingeebnet. Die Renaturierung künstlicher Sielzüge durch Maßnahmen im Zuge der Wasserrahmenrichtlinie kann die Kulturlandschaft stark beeinflussen. Es gibt einzelne, lokale Pläne für Waldpflanzungen. Eine anhaltend große Nachfrage nach neuen Wohngebieten auf Sylt steigert auch die Nachfrage nach Immobilien in den bereits betroffenen Gebieten um Klanxbüll und Neukirchen und fördert damit den Landschaftswandel. Windkraftanlagen in Gebieten mit empfindlichen historischen, strukturreichen Landschaften, die bislang frei von Windparks sind, bedrohen dieses Landschaftsbild. Dies trifft auf die geplanten Wälder in einem noch höheren Ausmaß zu, da Forstgebiete nicht nur traditionell fremd in den Marschen sind, sondern auch den Blick auf die offene Landschaft versperren.
 
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7. Möglichkeiten
Als eines der ältesten Marschgebiete Nordfrieslands wird die Landschaft des Wiedingharder Alten Koogs immer noch stark von der Abfolge der verschiedenen Stadien mittelalterlicher Besiedlung und Landgewinnung geprägt. Der Gotteskoog ist ein einzigartiges Beispiel der Landschaftsvielfalt in der Wattenmeerregion, da seine ehemalige  Halliglandschaft im Binnenland unvergleichlich ist. Er verdeutlicht auch auf höchst dramatische Weise den schnellen Landschaftswandel durch moderne Techniken. Die nördlichen Teile der Landschaftseinheit sind nur wenig durch Windkraftanlagen gestört. Naturschutzgebiete gibt es in größerem Umfang im Rickelsbüllkoog und an niedrigen, unfruchtbaren Stellen des Gotteskoogs. Neubaugebiete sind auf wenige, bereits stärker veränderte Dörfer wie Klanxbüll und Neukirchen beschränkt. Das Projekt „Noldes Landschaft“ in Verbindung mit dem Museum und der angrenzenden dänischen Gemeinde versucht die amphibischen Aspekte der historischen Landschaft in der Nähe von Seebüll vom Anfang des 20. Jahrhunderts im Gotteskoog zu rekonstruieren. Die Kooperation zwischen dem Gebiet und dem angrenzenden dänischen Bereich nimmt zu. Weitere Renaturierungen von Feuchtgebieten entlang des Schmale-Kanals und in niedrig liegenden Bereichen im Gotteskoog sind geplant.
 
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8. Quellen
 
Allgemeine Literatur:
Bantelmann, Landschaft und Besiedlung Nordfrieslands in vorgeschichtlicher Zeit. (Husum 1992)
Bantelmann, Panten, Kuschert, Steensen. Geschichte Nordfrieslands. (Heide 1995)
Beseler, Kunst-Topographie Schleswig-Holstein. (Neumünster 1969)
Braun, Strehl (Hg.), Langhaus und Winkelbau. Uthlandfriesische Bauformen im 18. und 19. Jahrhundert. (Bredstedt 1989)
Fahrenkrug et. al. Regionales Entwicklungskonzept Nordfriesland (unveröffentlicht, 2003)
Gemeinsames Wattenmeer Sekretariat (Hg.). Das Wattenmeer. (Stuttgart 2005)
Gottburgsen, M., Hassenpflug, W.. Der Gotteskoog (Bad Honnef 1991)
Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein (Hg.). Regionalplan für den Planungsraum V, Fortschreibung. (Kiel 2004)
Kunz, Panten. Die Köge Nordfrieslands. (Bredstedt 1997).
Ministerium für Umwelt, Natur und Forsten des Landes Schleswig-Holstein (Hg.). Landschaftsrahmenplan für den Planungsraum V. (Kiel 2002)
Segschneider, M. Die Marschen der Insel Föhr und der Wiedingharde, Kreis Nordfriesland. Dissertation Kiel 2004
Steensen, T. (Hg.). Das große Nordfrieslandbuch. (Hamburg. 2000)
Vogel, Der nordfriesische Geestrand, die Entwicklung seiner ländlichen Siedlungen und ihrer Flurformen. (Bräist/Bredstedt 1996)
Vollmer, et. al. (Hg.). Landscape and Cultural Heritage in the WaddenSea Region – Project Report. WaddenSea Ecosystem No. 12. CommonWaddenSea Secretariat. (Wilhelmshaven 2001)
 
Karten:
Archäologisches Landesaufnahme Schleswig-Holstein und gis-Kartierung
Lancewad-Daten und gis-Kartierung
Königlich Preußische Landesaufnahme von 1879
Karte von H. du Plat, 1804/05
 
Stand 14.08.2007
 
Fotos © ALSH, Karten © LVermA-SH

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