Gespräch mit Rochus Misch
Am 06.04.2006 rief ich auf gut Glück bei Hitlers ehemaligen Telefonisten
und Leibwächter Rochus Misch in Berlin an, um ihn einige Fragen über den
Obersalzberg und dem Führerbunker zu stellen. Mein Pech war, dass am Tage
zuvor die Sendung "Hitlers Leibwächter - Der letzte Zeuge" im
MDR-Fernsehen ausgestrahlt wurde. So war den ganzen Morgen über sein Anschluß besetzt!
Als ich ihn um die Mittagszeit erreichte, berichtete er mir, dass schon
den ganzen Morgen das Telefon bei ihm nicht mehr stillsteht. Fast 95%
aller Anrufer baten um ein Treffen mit ihm, aus den verschiedensten
Gründen. Auch stand noch ein Eintreffen der BBC-London bevor. So konnte er
meiner Bitte nicht entsprechen, mit mir zu Hause bei ihm ein Interview zu
führen. Umso dankbarer war ich, dass er sich bereit fand, am Telefon auf
einige Fragen einzugehen.
Eigentlich sollten die Fragen auf das Leben am Obersalzberg abzielen. Doch
kam er immer öfter auf die letzten Tage im "Führerbunker" in Berlin zu
sprechen. Wir sprachen insgesamt 78 Minuten, doch waren die Themen sehr
wechselhaft mit Rochus Misch. So bin ich auch nicht in der Lage, hier ein
zusammenhängendes Interview zu veröffentlichen. Deshalb hier nur ein paar
fragmentarische Auszüge.
Er bat mich am Schluß des Gespräches, einige Zeit verstreichen zu lassen,
bis sich der "Trubel" um seine Person gelegt hat. Dann könne ich ein
ruhigeres Gespräch mit ihm in Berlin führen. Dem werde ich gerne
nachkommen!
Ich lasse die Aussagen von Rochus Misch unkommentiert, da sich ohnehin
jeder seine eigene Meinung bilden wird - so hoffe ich wenigstens!
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Rochus Misch, geboren
am 29. Juli 1917 in Oppeln/Oberschlesien. Leibwächter und Telefonist
in Hitlers Diensten, Mitglied in der SS-Leibstandarte Adolf Hitler
(Führerbegleitkommando)
Foto-Copyright:
Harry v. Gebhardt
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Fragen an Rochus Misch über die Ereignisse und letzten Tage im
Reichskanzlei-Bunker (Führerbunker).
HERMANN FEGELEIN:
Rochus Misch auf die Frage, was unternommen wurde, als SS-General
Hermann Fegelein nicht im Bunker auffindbar war:
"Fegelein* befand sich nicht im Bunker. Ich sollte ihn in seiner Wohnung
anrufen, bekam aber keinen Anschluss. Darauf hin wurde das Reichssicherheitskommando in
Bewegung gesetzt. Sie trafen ihn auch in seiner Wohnung an. Er erklärte
aber nur lapidar: 'Was soll ich da noch?' Darauf hin zog das Kommando
wieder ab.
Ein Kamerad erzählte mir, dass eine Frau bei Fegelein war. Es soll sich um
eine Sprecherin vom Deutschlandsender gehandelt haben. Ob das stimmt, weiß
ich nicht. So wurde es mir erzählt!
Über das was mit Fegelein geschah, kann ich wieder nur berichten
was man mir erzählte. Als Bormann davon hörte schrie er:
'Hin! Sofort! Festnehmen!' Er wurde von General Krebs und General
Burgdorf verhört. Ob noch andere oder Bormann anwesend waren
entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls wurde Fegelein wg.
Fahnenflucht zum Tode verurteilt. Angehörige vom
Reichssicherheitsdienst erzählten mir, das Kriminalrat Högl*
einem Angehörigen des RSD befahl, Fegelein zu erschießen. Es
geschah in irgend einem Teil des Bunkers. Er wurde vom dem RSD-Mann von
hinten mit einem Maschinengewehr niedergestreckt. Man erzählte mir
auch den Namen des Mannes, der ihn erschossen hatte. Ich will den Namen
hier nicht nennen".
DAS ENDE IM BUNKER:
"Ich war mit Johannes Hentschel, dem Maschinisten
des Bunkers, und Propagandaminister Joseph Goebbels einer der letzten im
Bunker, nachdem Hitler sich erschossen hatte. Zuvor hatte Hitler seine
Hündin 'Blondie'
durch den Hauptfeldwebel Fritz Tornow und Dr. Stumpfegger* Gift
verabreicht. Sie hatte kurz zuvor Welpen bekommen. Einer der Wachsoldaten
nahm sich einen Welpen und gab ihm den Namen 'Cognac'. Nachher kamen noch
Reichsjugendführer Arthur Axmann, Bärenfänger und Pfeiffer? hinzu.
Joseph
Goebbels und seine Frau Magda hatten sich entschlossen Selbstmord zu
begehen. Ihre sechs Kinder sollten mit Ihnen in den Tod gehen. Sie wurden
in meinem Bunkerraum zurecht gemacht zum sterben. Natürlich wussten sie
nichts davon. Dr. Stumpfegger gab ihnen das Gift. Später wurden die
Leichen der sechs Kinder in den Vorbunker gebracht und dort aufgebahrt.
Das verfolgt mich noch heute. Es waren wirklich sehr liebe Kinder. Immer
wenn sie an meiner Bunkerzentrale vorbei liefen, riefen sie: 'Misch,
Misch, du bist ein Fisch'.
Ich werde nie vergessen, wie Goebbels zu mir sagte: 'Wenn es nach mir
gegangen wäre, dann wären die Kinder nicht mehr hier'. Aber es kam anders. Frau Goebbels war
vielleicht noch etwas Hitler-höriger als ihr Mann und wollte ihre Kinder nicht lebend
in diese Welt entlassen.
Dann der Selbstmord von Joseph und Magda Goebbels. Er sagte: Wir haben
verstanden zu leben, wir werden auch verstehen wir zu sterben!' Dann gab
mir Goebbels die Erlaubnis, den Bunker zu verlassen.
Als ich Jahre später Hentschel besuchte, sagte er zu mir: 'Du warst
keine 5 Minuten weg, da war Goebbels tot! Dann hörte ich, wie einer
sagte: Brennt nicht, zu wenig Sauerstoff! Ich schließe daraus, dass
Joseph und Magda Goebbels sich nicht draußen das Leben nahmen, sondern im
inneren des Bunkers. Und zwar deshalb, weil an den beiden Leichen noch
Stoffreste zu erkennen waren. Bei einer Verbrennung draußen wäre genug
Sauerstoff vorhanden gewesen, nicht aber im Bunker. Außerdem entdeckte ich
später Ruß an den Bunkerwänden'.
Etwas später fand ich die Leichen von General Krebs und General Burgdorf.
Sie hatten sich eindeutig zusammen vergiftet, da keine Verwundungen oder
Blut zu sehen war.
Für mich wurde es nun Zeit, den Bunker zu verlassen und schloss mich einer
Ausbruchsgruppe an. Doch ich kam nicht weit und wurde von den Russen
gefangen genommen. Im sowjetischen Lubjanka*-Gefängnis wurde ich geschlagen
und gefoltert - das war selbstverständlich. Die Schmerzen und Demütigungen
wurden so schlimm, dass ich an Berija* schrieb, mich als Soldaten
erschießen zu lassen. Doch kam von seiner Seite nie eine Order.
1953 wurde ich in die Heimat entlassen".
ZUM HOLOCAUST
"Es war ein Schock für mich, bei meiner Heimkehr zu
erfahren was geschehen war. Während meiner Gefangenschaft bei den Russen
hat mir nie einer was gesagt. Obwohl auch jüdische Vernehmungsoffiziere
bei den Russen waren. Auch bei meinem Dienst bei Hitler erfuhr ich nichts
davon. Das es Konzentrationslager gab, wusste fast jeder, aber das dort
Vernichtung betrieben wurde.... Nein!
Ich habe mir dann viele Bücher über den Holocaust zugelegt und gelesen. Es
ist furchtbar...."
ROCHUS MISCH UND DER SPIELFILM "DER UNTERGANG"
"Die Leistungen der einzelnen Schauspieler waren in
Ordnung. Sehr enttäuscht war ich, als mich der Regisseur des Films, Bernd
Eichinger, erst besuchte, als der Film schon ca. 4 Wochen in den Kinos
lief. Er hatte sich an Joachim Fests Buch "Der Untergang" orientiert.
Dieser Schriftsteller hat mir Äußerungen in den Mund gelegt, die ich nie
gesagt habe. Weder hat er mich besucht oder mit mir telefoniert. Ich kenne
ihn gar nicht!
So entsprechen auch einige Szenen nicht der historischen Wahrheit. Traudl
Junge* konnte bei Hitlers Selbstmord überhaupt nicht den Schuß hören. Sie
schreibt selbst, dass sie sich bei Hitlers Selbstmord im Vorbunker mit den
Goebbels-Kindern aufhielt und Hitler im Hauptbunker. Dazwischen lag der
Maschinenraum. Von dem ging ein solcher Lärm aus, dass weder sie noch
eines der Kinder den Knall hören konnten".
Im Frühling 2006 erschienen die Lebenserinnerungen von Rochus Misch in
Frankreich. Der Titel des Buches: "J'étais garde du corps d'Hitler".
Leider gibt es seine Erinnerungen noch nicht in deutscher Sprache. Als
Veröffentlichung ist jetzt der Sommer oder Herbst 2008 im
Gespräch.
Weitere Äußerungen von Rochus Misch zum...
Fahrerbunker
Führerbunker
Rochus Misch im Film
Der Führerbunker (The Bunker)
USA, Frankreich 1981
Rochus Misch, gespielt von Michael Kitchen
Der Untergang
Deutschland, Italien, Österreich 2004
Rochus Misch, gespielt von Heinrich Schmieder
Die
letzte Schlacht
Deutschland 2005
Rochus Misch, gespielt von Florian Lukas
* Hermann Fegelein, General der Waffen-SS, heiratete Eva
Brauns Schwester Gretel
*
Dr. Ludwig Stumpfegger, der chirurgische Begleitarzt Hitlers
*
Peter Högl, Leiter der RSD-Dienststelle 1
*
Lawrenti Pawlowitsch Berija, Chef des gefürchteten sowjetischen
Geheimdienstes NKWD
* Lubjanka, Gefängnis des sowjetischen Geheimdienstes von 1920-1991 in
Moskau
* Traudl Junge, verh. Humbs, Sekretärin Adolf Hitlers, 1942-1945