Schon Anfang des Monats kursierte die Meldung durch die Medien, die Münchner Spieleschmiede Reality Twist wolle für ihr Adventure Generation Zero die Erlaubnis erkämpfen, Hakenkreuze in ihrem Nachkriegsszenario abzubilden.

IGN bat nun Producer Sebastian Grünwald zum Gespräch und ließ sich erklären, warum die Abbildung des Nazisymbols einen so zentralen Punkt im Gesamtkonzept von Generation Zero darstellt:
Inhaltlich spielt Generation Zero unmittelbar nach der Kapitulation der Nazis und behandelt die Welt der Jugendlichen, die in diesem zerstörten Deutschland aufwachsen und lernen, mit den veränderten politischen Verhältnissen umzugehen. (...) Damals gab es noch überall Nazisymbole in Deutschland. Das Thema, also auch der politische Umgang mit Nazisymbolen - konkret also deren Demontage -, ist ja auch ein Lernprozess in Deutschland gewesen, den wir gerne, natürlich neben anderem, behandeln wollen. Wenn wir die Symbole aber nicht zeigen dürfen, wird das schwierig.
Dabei sehen sich Reality Twist zwar als Hersteller klassischer Adventures, nehmen gleichzeitig aber ihren Bildungsauftrag ernst, was sich in akribischer Recherche und der Ambition niederschlägt, die Spielszenarien so authentisch wie möglich zu gestalten.
Wir legen viel Wert auf die korrekte Aufarbeitung der Historie und wollen, dass der Spieler davon auch was mitnimmt. Wir recherchieren relativ viel über diese Zeit, sprechen mit Zeitzeugen und halten uns sehr exakt an Foto- und Filmaufnahmen, wenn wir unsere Szenen entwickeln. Und da sind wir, wie gesagt, über die Hakenkreuzsache gestoßen und finden es schon merkwürdig, wenn wir den Anhalterbahnhof in Berlin zwar eins zu eins nachbauen dürfen, aber die Hakenkreuze, die dort in den ersten Tagen noch hingen, unterschlagen müssen. Dabei gehört das zur deutschen Geschichte eben einfach dazu.
Vor diesem Hintergrund machten Reality Twist nun Anfang des Monats ihr Ansinnen publik, und brachten das Thema aufs politische Tablett. Immerhin ist es laut deutscher Rechtslage in Ausnahmefällen erlaubt, nationalsozialistische Symbole zu zeigen, wenn es der Förderung von Kunst und Wissenschaft oder der politischen Aufklärung im Sinne der Verfassung dient. Warum also soll einem Computerspiel verwehrt bleiben, was im Kino und TV seit Jahrzehnten alltägliche Praxis ist? Vielleicht, weil kein großer Publisher dem Projekt den Rücken stärkt? Grünwald sieht das eher als Vorteil und äußert sich zuversichtlich:
Wir sind bereits mit einigen Leuten im Gespräch und eigentlich sind fast alle, auch die Juristen, der Ansicht, dass wir das machen können. Am Ende wird in unserem Fall vermutlich die Güte des Inhalts im Spiel entscheiden - also ob wir unserem Bildungsauftrag gerecht werden. Wir sind uns sehr sicher, dass wir das tun. Die Förderung des FilmFernsehFonds Bayern, mit deren Hilfe Generation Zero produziert wurde, ist direkt daran gekoppelt, dass das fertige Produkt pädagogisch wertvoll sein muss. Bei der Abnahme des Prototypen hat man uns das auch noch einmal bestätigt. Ein pädagogisches Konzept, das wir erstellt haben, kommt zu dem gleichen Schluss. Kurz gesagt: Ich denke, dass wir im Falle einer Gerichtsverhandlung sehr gute Karten und einige recht prominente Fürsprecher gefunden haben. Was die Publisher betrifft: Dass wir keinen haben, ist eher ein Vorteil. Wir wissen, dass viele Publisher darüber nachdenken, das zu tun, wohin wir gerade vorstoßen, aber noch nicht den Mumm dazu hatten. Wäre Generation Zero jetzt schon an einen großen Publisher gebunden, müssten wir hier viel Abstimmungsarbeit leisten. Jetzt hoffen wir natürlich, dass die Publisher realisieren, dass die Branche und auch die Spieler hier gerne einmal einen Präzedenzfall sehen würden, und wir glauben, dass das die Videospielkultur an sich und den Spielestandort Deutschland durchaus nach vorne bringen könnte.