III. Teil:
Widerstand und Gegenkräfte
Von dem Tag an, als Bruno Gröning an die Weltöffentlichkeit gezerrt
wurde, witterten viele Menschen in dem kleinen Mann aus Danzig eine
fantastische Geschäftsidee. Viele hofften, durch ihn reich und berühmt
zu werden. Hier war ein Mann, der Dinge vollbrachte, wie sie noch nie da
gewesen waren. Auf der anderen Seite waren Tausende, Hunderttausende
Hilfesuchende, die von diesem Mann Hilfe und Heilung erhofften. Wem es
gelingen würde, sich zwischen beiden Seiten zu positionieren und die
Hilfesuchenden mit Gröning zusammenzubringen - natürlich gegen
entsprechendes Entgelt -, der hatte ausgesorgt. Immer wieder gab es
diese Menschen um Bruno Gröning, die von ihm angezogen wurden wie die
Motten vom Licht und die sich mit ihrer angeblichen Hilfsbereitschaft an
ihn herandrängten, ihn zeit seines Lebens umgarnten, ihm Hilfe
versprachen, aber nur den eigenen Vorteil, den eigenen Profit im Sinn
hatten. Bruno Gröning hatte 1952 in einem Lebenslauf geschrieben:
"Mit den Erfolgen zeigten sich zwei negative Erscheinungen:
- Die Ärzteschaft und die Gesundheitsbehörden, die mir meine
Tätigkeit untersagten, weil ich kein approbierter Heilpraktiker sei,
und
- so genannte Manager, Sekretäre, ‚Helfer’ und sonstige obskure
Gestalten."
Auf die erste Gruppe werden wir im vierten Teil dieses Buches noch zu
sprechen kommen. Im Folgenden wollen wir uns mit Vertretern der zweiten
Sorte und ihren Machenschaften befassen. Doch zunächst wenden wir uns
Gröning selbst zu. Auch ihm wurde ja vorgeworfen, er wolle sich an der
Not der Kranken bereichern.
1. "Die Gesundheit kann man nicht kaufen"
Am Gipfel angelangt - die ganze Welt war von seinem Wirken
unterrichtet - standen Bruno Gröning zwei Wege offen: Der eine, der ihn
zum reichsten Mann der Welt gemacht, der ihm Ruhm und Ehre eingebracht
hätte, und der andere, der ihn weiterführte auf den steinigen und
dornigen Pfaden der Demut und des Opfers. In der Zeitschrift "Die
Umkehr" heisst es 1950 in der ersten Ausgabe u. a.: "Für Gröning wäre
es ein Leichtes, der reichste Mann dieser Erde zu werden, wenn man die
Gesundheit bei ihm kaufen könnte. Wahrscheinlich würde ihm dies nicht
verübelt werden, denn damit läge sein Handeln ‚in der Zeit’. Dass er
kein Geld haben will, dafür aber eine innere Umkehr, eine echte
Lebenswende von den Kranken erwartet, die zu ihm kommen, damit sprengt
er die Masse, mit denen seine Zeitgenossen messen und macht ihn jenen
verdächtig, die es nicht zu begreifen vermögen, dass einem Menschen des
zwanzigsten Jahrhunderts Geld gänzlich uninteressant ist." Bruno
Gröning selbst sagte einmal dazu: "Ich nehme keine Heilung auf Kauf
und Verkauf vor! Der Arme und der Reiche sind im Grunde doch gleich arm.
Was glauben Sie, was mir schon alles angeboten wurde? Autos, Luxuswagen,
so viel ich wollte, Villen, Rittergüter, Schlösser, Geld, Gold, alles
wurde mir schon zu Füssen gelegt." Bruno Grönings eigentliches
Bestreben war, zu helfen und zu heilen und die Menschen zu Gott
zurückzuführen. Er sagte selbst:
"Ich möchte sie alle gut und gläubig wissen. Ich will, dass sie den
wahren, göttlichen Instinkt, den sie verloren haben, wiederfinden. Das
zu erreichen ist meine Aufgabe." Angebote, Geld zu verdienen, hatte
er genug. So schrieb z. B. "Die Wochenpost" am 4.5.1950 unter der
Überschrift "Gröning im neuen Licht! Dollars lockten ... Gröning ging
nicht!": "Plötzlich wird die Ruhe durch Motorengeräusch unterbrochen.
Ein Wagen stoppt vor der Einfahrt. Stimmen werden laut, man verlangt
nach Gröning. Eine männliche Gestalt erscheint im Türrahmen und
berichtet, soeben wären ein ‚Ami’ und einer vom Film angekommen, die
wichtige Dinge mit ihm zu besprechen hätten. Es handelt sich um einen
amerikanischen Journalisten, Vertreter einer Weltnachrichtenagentur, und
um einen Herrn einer führenden deutschen Filmgesellschaft, die Bruno
Gröning zu einer Amerikatournee einladen wollen. Aufmerksam hört Gröning
zu und erklärt sich sofort bereit, mit den Besuchern in nähere
Verhandlungen zu treten. ‚Es soll sich um einen Gastbesuch handeln, Herr
Gröning!’, sagt der amerikanische Journalist einleitend und versucht,
dem Herforder Wunderdoktor einen bereits ausgearbeiteten Plan zu
unterbreiten. Danach soll Gröning auf einige Wochen nach Amerika reisen
und dort begüterte Patienten[1] heilen. Die Einnahmen sollen ihm nachher
für den Aufbau seiner geplanten Heilstätten in Deutschland dienen. Da
der Boden erst propagandistisch vorbereitet werden muss, soll Bruno
Gröning kein Flugzeug zur Überfahrt benützen, sondern seine Reise mit
dem Schiff antreten. Der Amerikaner überlegte kurz und fügte dann hinzu,
dass er bereits dafür gesorgt habe, Gröning auf dem Schiff zufällig
anwesende kranke Passagiere vorführen zu können, an denen er
Heilversuche vornehmen könne. ‚Es wird ein Bombenerfolg’, meint der
Produzent zu Gröning. ‚Sie haben gar keine Vorstellung, was man Ihnen
bereits bei der Ankunft in New York für einen Empfang bereiten wird.
Selbstverständlich müssen Sie sich verpflichten, die festgelegten
Termine einzuhalten, um einen reibungslosen Ablauf Ihrer Tournee zu
garantieren!’ ‚Für die Massenheilungen stehen Ihnen drüben
verschiedene Hallen zur Verfügung’, betont der Amerikaner, ‚so
beispielsweise der Madison Square Garden in New York, in dem mehr als
20.000 Menschen Platz finden. Ein volles Haus kann man schon heute
garantieren. Natürlich müssen sich die Zuschauer das auch etwas kosten
lassen.’ ‚Ich denke, zwischen 5 bis 30 Dollars könnte man für einen
Platz verlangen’, ergänzt der Herr vom Film und fährt fort: ‚Man kann
auch einen Besuch bei den Quäkern und anderen amerikanischen
Hilfsorganisationen organisieren. Dass die Heilungen bei diesen
Organisationen kostenlos erfolgen müssen, versteht sich von selbst, Herr
Gröning. Gleichzeitig könnten wir daran gehen und eine
Interessengemeinschaft in den Staaten ins Leben rufen. Wir persönlich
würden dafür sorgen, dass Sie während der Dauer Ihres Aufenthaltes in
den Staaten isoliert bleiben, um eine Berührung mit üblen
Geschäftemachern zu verhindern!’" Solche und ähnliche Angebote erhielt
Gröning immer wieder. So erzählte er z. B. einmal in einem Vortrag:
"In diesem Freundeskreis (in Frankreich) war (...) eine junge Frau. Und
ich sagte: ‚Sie haben einen Herzenswunsch.’ Zufällig konnte sie Deutsch.
Sie beherrschte mehrere Sprachen. ‚Einen Herzenswunsch, und dieser
Herzenswunsch ist Ihnen jetzt erfüllt. Sie brauchen nicht zu glauben,
Sie haben nur eine Pflicht, sich davon zu überzeugen! Ich danke Ihnen
von ganzem Herzen, dass Sie auch für Ihre Mutti hier geglaubt, und dass
dieses Ihr einziger Herzenswunsch ist, dass die Mutti wieder einen
gesunden Körper hat. Nun können Sie sich gleich überzeugen.’ Sie war
erstaunt, sprang auf und sagte: ‚Ja, das stimmt, lieber Herr Gröning!’
Ich sagte: ‚Zufällig.’ Sie hat sich auch tatsächlich von dem
überzeugt, hat sofort ein Telefongespräch geführt - nach Amerika rüber -
und wurde davon überzeugt. Ich glaub’, über eine Stunde hat sie das
Gespräch geführt. Es kommt ja nicht drauf an, wie lang; mehr hat sie nur
nicht erzählen können. Sie suchte mich hernach auf und wollte mir das
mitteilen. Aber erst am dritten Tag drauf ist sie mir zufällig, zufällig
daselbst begegnet, so auf der Strasse. Und diese Frau hat mir alles
geboten, was sie besitzt. Nicht Millionen, sondern Milliarden von Dollar
- grosse Besitztümer - alles. Ich hätte das angenommen, was ich ihr auch
sagte. Unter einer Bedingung: Wenn davon mir kein Pfennig gehört, dass
ich das alles für den Ärmsten der Armen - für den Kranken hergeben darf.
Sagt sie: ‚Ja.’ Aber jetzt hat sie auch eine Bedingung. Sagte ich: ‚Die
Bedingung, die Sie haben, darauf gehe ich nicht ein’ - dass Sie mich auf
Grund des Geldes für sich haben wollte. (...) Aber sehen Sie, ich
lass’ mich nicht verlocken, auch nicht verleiten. Auch da nicht. Ja, sie
ist auch eine hübsche - was Sie unter hübsch verstehen -, eine hübsche
Frau. Aber das verlockt mich nicht, das verleitet mich nicht. Denn damit
hätte ich mich wirklich - Sie haben es richtig erfasst -, hätte ich mich
und auch Sie - das haben Sie vergessen zu sagen - mit verkauft. Vielen
Dank, dass Sie das auch erkannt haben. Und ich bin nur froh und
glücklich, dass ich’s nicht getan!" Es hätte seiner innersten
Überzeugung widersprochen. Er sagte an anderer Stelle einmal: "Ich
habe den Menschen zu wissen gegeben, dass ich mein Leben den Menschen
dieser Erde schenke, dass ich ihnen das voll und ganz zur Verfügung
stelle." Einmal hat er sogar gesagt:
"Ich lebe, damit die Menschheit wird weiterleben können." Um dies zu
erfüllen, um diese seine Mission, allen Menschen dieser Erde, den Weg zu
Gesundheit, Glück und Zuversicht zu eröffnen, brauchte er Helfer. Und
viele boten ihm Hilfe an. Aber was haben sie getan? 2. Der "Gröning-Biograf"
Egon Arthur Schmidt
Sobald Bruno Grönings Wirken in Herford öffentlich wurde, drängten
sich nicht nur die unzähligen Kranken, sondern auch die
geschäftstüchtigen Helfer an ihn heran. Im Interview mit dem "Neuen
Blatt" sagte Bruno Gröning dazu: "Sie kennen die Berichte, die damals
ganz Europa, ja die ganze Welt alarmierten. Es begann ein Rummel. Ich
wurde überfordert. Männer scharten sich um mich, die mehr verlangten,
als ich geben konnte, und die mich missbrauchten. Ich war ihnen und den
Zuständen nicht gewachsen. Mehrfach habe ich verschiedene Behörden,
Dienststellen und Persönlichkeiten der Öffentlichkeit um Hilfestellung
gebeten, aber das Echo und die wirkliche Hilfe waren nicht ausreichend,
alles in geordnete Bahnen zu lenken." Einer dieser Männer, die sich um
Bruno Gröning scharten, war der Heidelberger Journalist Egon Arthur
Schmidt. Er organisierte das Geschehen rund um den Herforder
Wilhelmsplatz und betrieb eine zwielichtige Öffentlichkeitsarbeit für
und gegen Gröning. 1950 beschrieb Bruno Gröning die Zustände in Herford
und sein damaliges Anliegen wie folgt:
Egon Artur Schmidt |
"Naturgemäss entwickelte sich auch ein mit der Zeit ungeheurer
Postzustrom, von Seiten der Presse, der Ärzte und vor allem der Kranken,
den ich selbstverständlich nicht mehr alleine bewältigen konnte. Die
Eheleute Hülsmann wie auch der dazugekommene Herr Egon Artur Schmidt
erklärten sich bereit, hier Ordnung zu schaffen, d. h. mir Nebenarbeiten
wie Posterledigung, Einteilung der Kranken usw. abzunehmen. Es war
geplant, einen so genannten ‚Ring’ um mich zu bilden. Da Herr Hülsmann
mein Gastgeber war und mir so grosszügig seine ganze Wohnung zur
Verfügung stellte, hielt ich es für richtig, ihn zu meinem Vertrauten zu
machen, und ich beauftragte ihn, den Aufbau des Ringes zu fördern und zu
überwachen und die erforderlichen Vorarbeiten zu leisten. Ich gab Herrn
Hülsmann eine entsprechende Vollmacht und ordnete im Beisein von Herrn
und Frau Hülsmann und Herrn Schmidt Folgendes an: Es sollte ein Weg
gefunden werden, die eingehende Post zu erledigen, insbesondere sollten
die den Briefen oftmals beigelegten Geldsendungen von Heilungssuchenden
registriert werden. Briefe sollten nie von einer Einzelperson geöffnet
werden, sondern zum Zwecke der Abzeichnung in Gegenwart eines Zeugen.
Die Zeugenschaft sollte auch zur Entkräftigung des Verdachtsmomentes bei
Briefen dienen, in welchen Geldbeträge angezeigt, aber nicht eingelegt
waren. Ich fürchtete hier Schwindler, die später nicht beigelegte
Geldbeträge zurückfordern könnten. Die ordnungsgemäss eingegangenen
Gelder sollten verwendet werden für:
- Geschäftsunkosten,
- Heilungssuchende, die sich eine Fahrt zu mir nicht leisten konnten
und hier unterstützt werden sollten.
Aus dem verbleibenden Überschuss sollte ein Sozialwerk entstehen, wie
ich es mit dem Superintendenten Pfarrer Kunst aus Herford
durchgesprochen hatte. Es sollten nach und nach Heilstätten errichtet
werden, in welchen die Kranken ohne Entgelt zu mir kommen sollten, um
gründlich behandelt zu werden. Besonders Armen sollte überdies eine ein-
oder mehrmalige Unterstützung zuteil werden. Falls sich noch
Überschüsse ergeben hätten, sollten dieselben für den Aufbau der durch
den Krieg zerstörten Kirchen gleich welcher Konfession verwendet werden
und als Weiteres, soweit möglich, plante ich den Bau von
Siedlungshäusern, um den Ärmsten, die durch den letzten Krieg neben der
Heimat auch ihr Hab und Gut verloren hatten, wieder zu einem Heim zu
verhelfen." Als Bruno Gröning Herford im Juni 1949 verlassen hatte,
nahm Schmidt dort die Zügel endgültig in die Hand. Bruno Gröning
schreibt dazu in seinem Lebenslauf: "In dieser Zeit, in der ich mich
nicht mehr in Herford aufhielt, blieb allein Herr Egon Artur Schmidt
(...) zurück, der von mir beauftragt war, sich für die ordnungsmässige
Erledigung aller Formalitäten einzusetzen, die erforderlich waren, um
den mir von ihm selbst und Hülsmann gemachten Vorschlag, den Verein
‚Ring der Freunde Bruno Grönings’ zu gründen, so zu verwirklichen, dass
der Verein in keinem Falle von irgendeiner Seite angegriffen werden
konnte. Bei diesem ‚Ring der Freunde Bruno Grönings’ gingen täglich
6.000 bis 7.000 Briefe ein. (...) Dieser Verein ‚Ring der Freunde’
wurde zwar ins Leben gerufen, erfüllte jedoch nie den erwarteten Zweck
so, wie ich es für richtig hielt. Ich konnte feststellen, dass von den
in den Briefen enthaltenen Geldern, die sich bei Eingang von über 1
Million Briefen auf mehrere 100.000 DM belaufen mussten, nichts mehr
vorhanden war. (...) Zu diesen Missständen konnte es nur kommen, weil
Egon Arthur Schmidt sein mir gegebenes Versprechen, nach meinen
ausdrücklichen Anordnungen alles in geordnete Bahnen zu lenken, nicht
gehalten hat. Nach Angaben von Zeugen wusste er alles so gut zu managen,
dass er durch die Geldeingänge von Kranken ‚gesund’ geworden ist. Um
sich selbst jeder Verantwortung entziehen zu können, übertrug er den
Vorsitz des Vereins ‚Ring der Freunde Bruno Grönings’ einem gewissen
Professor Berndt und verstand es bei vielen polizeilichen Vernehmungen,
alle Schuld auf diesen Vorsitzenden abzuwälzen (Beweise liegen mir vor).
Als gerissener Journalist verstand Schmidt es, seine Presseartikel pro
und contra unterzubringen, hieraus auch Geld zu machen, mich ausserdem
durch seine Artikelserie in ein so schlechtes Licht zu bringen, dass ich
als einer der schlechtesten, schmutzigsten Menschen angesehen werden
musste, so dass selbst die Behörden durcheinander gebracht wurden, und
mir nachher vorzutäuschen, dass er, der Unschuldsengel, nicht gewusst
habe, dass die Presse die Artikel so herausstellen würde. Meine ihm
gemachten Vorhaltungen waren völlig in den Wind gesprochen." 1950
schrieb Bruno Gröning über Schmidt weiter: "Schmidt hat jedenfalls die
grösste Raffinesse angewandt, sein eigentliches Wirken auch Herrn
Hülsmann gegenüber zu verschleiern und die Dinge so zu verdrehen, dass
Hülsmann sich immer wieder von der angeblichen Ehrlichkeit Schmidts
überzeugen liess. Ich selbst habe Herrn Schmidt die strikte Anweisung
gegeben, nichts ohne mein Wissen und meinen Willen zu tun. Auch habe ich
mir vorbehalten, Aufklärungsschriften, Aufbauarbeiten, Kartotheken usw.
zu begutachten und für meine eigene Sicherheit abzuzeichnen. Herr
Schmidt war mit all meinen Vorschlägen einverstanden, es kam aber
anders. (...) Schmidt soll nach Angaben der Polizei, wie mir später
bekannt wurde, Dienststellen in verschiedenen Städten Deutschlands
errichtet haben, um dort Mitglieder zu werben. Laut polizeilicher
Mitteilung soll Schmidt grosse Geldbeträge, die er aufgrund der Werbung
mit meinem Namen erhalten hatte, nach eigenem Gutdünken verwendet haben.
(...) Ich selbst habe von den bisher vereinnahmten Geldern keinen
Pfennig erhalten. Mein grösstes Bestreben war und ist es heute noch,
eine Heilstätte zu haben, um meiner Tätigkeit in geordneten
Verhältnissen nachgehen zu können." Noch 1949 trennte sich Bruno
Gröning von Schmidt, doch 1952 drängte der Journalist sich erneut an ihn
heran. Bruno Gröning schreibt dazu in seinem Lebenslauf von 1956: "Im
Oktober 1952 begegnete ich wieder E. A. Schmidt in Herford, und zwar
deshalb, weil er brieflich alles darangesetzt hatte, mit mir ein Treffen
herbeizuführen. E. A. Schmidt bat mich inständig, alles wieder gutmachen
zu dürfen, was er bisher schlecht getan hatte, und gab mir das
Versprechen, jetzt nur noch korrekt handeln zu wollen. Ich selbst war
trotz seiner festen Zusicherung sehr misstrauisch, wollte ihm aber doch
eine Chance geben, sich - der mehr oder weniger Alleinschuldige - zu
rehabilitieren. Er selbst war es, der mir bittend anbot, das Buch ‚Die
Wunderheilungen des Bruno Gröning’, das er schon verfasst hatte, mit den
darin enthaltenen wahrheitsgetreuen Schilderungen, die doch
unwiderruflich seien - wie er sich ausdrückte -, zu veröffentlichen, um
damit zum Ausdruck bringen zu können, was er von mir hielte (...). Da
Schmidt von seinem Vorhaben nicht abliess, sich vielmehr direkt an mich
hängte und mir immer wieder die Versicherung gab, dass er alles
daransetzen wolle, mein Werk so aufzubauen, wie es von Anfang an gedacht
und geplant war, und mündlich und schriftlich mit neuen Vorschlägen an
mich herantrat, kam ich nach und nach doch wieder mit ihm zusammen und
nahm schliesslich doch seine Angebote an. Aber bald - trotzdem er mir
gegenüber die positive Seite zeigte - lancierte er doch wieder, wie ich
nachweisen konnte, einige sehr schmutzige Artikel über mich in die
Zeitungen. Nachdem ich ihm wieder schwerste Vorhaltungen deswegen
machte, entschuldigte er sich wieder damit, er habe nicht gewusst, dass
die Zeitungen das so herausstellen würden. Nach meiner Auffassung und
wie ich in vielen Fällen feststellen konnte, ist auch für all die in der
damaligen (Herforder) Zeit entstandenen Wirrnisse allein E. A. Schmidt
verantwortlich zu machen, denn er ist allein daran schuld. Als ich ihm
erneut die schwersten Vorhaltungen machte und ihm klarmachte, dass ich
unmöglich auf dieser Basis länger mit ihm zusammenarbeiten könne, zog er
sich endlich zurück, und nachdem auch der gesamte Vorstand des Gröning-
Bundes[4], bei dem er den Geschäftsführerposten an sich reissen wollte,
ihn ablehnte, zeigte er sein wahres Gesicht. Er macht jetzt Prozesse
gegen mich anhängig auf Grund frei erlogener Anschuldigungen und
erstattet Anzeigen gegen mich, die sich auf unwahre Behauptungen stützen
und versucht hiermit, die Gerichte irrezuführen und mir grösste
Schwierigkeiten zu bereiten." 3. Geschäftstüchtige Wissenschaftler
Auch die massgeblich an den Heidelberger Untersuchungen beteiligten
Ärzte witterten in Bruno Gröning ein gutes Geschäft, wollten ihn sich
zunutze machen und an seinen Fähigkeiten kräftig abkassieren. Bruno
Gröning schrieb dazu: "Die von Herrn Professor F. in diesem
Zusammenhang mir gestellten finanziellen Bedingungen usw. waren so
gehalten, dass sie für mich unannehmbar waren. Natürlich wurden hierüber
viele Besprechungen geführt, auch mit Herren, die dieses Werk
finanzieren wollten. Ich habe mich mit den Vorschlägen von Herrn
Professor F. nicht einverstanden erklären können und sie abgelehnt
deshalb, weil ich
- über keinen Pfennig Geld verfügte. So konnte ich ihm gegenüber
auch keine finanziellen Verpflichtungen übernehmen, denen ich nicht
hätte nachkommen können,
- nie daran gedacht habe, aus dem ganzen Vorhaben ein Geschäft zu
machen.
Es war dieses alles daher für mich ein unmögliches Verlangen.
Ausserdem wollte ich nur das tun, wie es mir durch meine Berufung
gegeben: den Hilfesuchenden helfen und mich deshalb den Ärzten wie
Psychotherapeuten zur Verfügung zu stellen, aber niemals ein Geschäft
aus der ganzen Sache machen. Herr Professor F. hat mir nach der ganzen
Klausur versichert, dass ich ein positives Gutachten von ihm sowie von
Herrn Professor W. erhalten werde. Ein solches Gutachten ist mir nie
ausgehändigt worden. Im Gegenteil hat man mir alles zu meinen Ungunsten
ausgelegt. Auch hier musste ich wiederum feststellen, dass man der
geschäftlichen Seite den grössten Wert beimass. Wo blieb für mich das
fest versprochene Freimachen des Weges, damit ich frei wirken konnte?
Zu meinem ersten Prozess im Jahre 1951 wurde von der Staatsanwaltschaft
ein Gutachten von der bereits genannten Heidelberger Klinik angefordert.
Mit diesem Gutachten konnte das Gericht deswegen nichts anfangen, weil
die Beantwortung der vom Gericht gestellten Fragen durchaus nicht zu
entnehmen war. Dieses Gutachten gibt mir wieder einmal den Beweis, dass
für mich die negative Seite gut genug war, weil das Vorhaben in
geschäftlicher Beziehung nicht so zustande gekommen war, wie die Herren
es sich gedacht hatten. Das Gutachten wurde vom grünen Tisch aus
angefertigt, in das man alles, auch Negatives, das sich beim Gericht
über mich angesammelt hatte und das noch nicht einmal aufgeklärt war,
mit hineinflocht. Mit diesem Gutachten haben sich die so genannten
Gutachter keine Ehre eingelegt, sondern mir wieder einmal den Beweis
dafür gegeben, wie Menschen sein können. Ausserdem hat man hiermit weder
der Medizin noch der Psychotherapie zur Ehre verholfen.
Selbstverständlich zähle ich nicht zu den Menschen, die nun alles über
einen Kamm scheren, sondern dieses als Ausfälle betrachte und hier gut
zu unterscheiden weiss. Durch die Handlungsweise der oben genannten
Herren der Medizin und Psychotherapie hatte die Presse nun erst recht
Gelegenheit, den ihr hier zur Verfügung stehenden Stoff nach der
negativen Seite hin zu beleuchten." In einem Interview für das
"Vegetarische Universum" bezog Bruno Gröning Stellung zu dem
angesprochenen Gutachten von 1951: "Die Herren beamteten
Wissenschaftler haben es sich ziemlich leicht gemacht und auf 73 Seiten
ein mühselig zusammengefasstes und bestimmt recht kostspieliges
Obergutachten niedergelegt. Mein ganzes bisheriges Leben, vom Säugling
angefangen, wurde unter die Lupe genommen, und dann wurden daraus
Schlüsse gezogen, die, das darf ich hier wohl offen aussprechen, meines
Erachtens einfach haarsträubend sind. Arme Wissenschaft! Dafür ist Zeit
und Geld da. Aber Millionen Menschen schmachten in Krankheit und Leiden,
und es gelang bisher nicht einmal, die so genannten grossen
Volkskrankheiten wie Rheuma, Gicht, Tuberkulose, Multiple Sklerose,
Krebs und andere mehr auch nur entfernt erfolgreich zu bekämpfen. Ich
schnüffle ja auch nicht im Privatleben jener Herren herum; sie führen
ganz bestimmt auch eines, aber das interessiert mich nicht einmal. Ich
verbringe mein Leben so, wie ich es vor Gott und denen, die meine Hilfe
erwarten, verantworten kann. Im Übrigen habe ich viele Hunderte Beweise
meiner Fähigkeiten geliefert. Aber davon haben jene Herren keine Notiz
genommen; sie wollen dies anscheinend auch gar nicht. Vielleicht fehlt
ihnen das Organ dafür, andere Dinge zu verstehen und zu begreifen - oder
sie sind verhärtet im fachmännischen Hochmut, der es nicht zulässt, dass
es Aussenseiter gibt, die in ihrer Art auch etwas leisten können."
1952 äusserte Bruno Gröning sich noch einmal zu diesem Gutachten:
"Dieses zweite vom grünen Tisch ausgestellte Gutachten ist aus dem
Schmutz und Dreck zusammengesetzt, wovon Menschen übelster Sorte gegen
mich ausgestellt. Dieser Gerichtsakt wurde den Ärzten, d. h. diesen zwei
Herren Obergutachtern zur Entnahme, um hier ein Gutachten zu fällen,
herausgezogen, das ja hierfür den besten Beweis erbringt, dass die
Schulmedizin von sich aus nichts unversucht lässt, mich endgültig
erledigt zu wissen. Und daher haben diese beiden Menschen darauf ja gut
hinzusteuern gewusst." 4. Geschäftemacher am Traberhof
Die Geschehnisse am Traberhof zogen neben Zehntausenden
Heilungssuchenden auch viele geschäftstüchtige Gauner an, die sich an
Gröning oder besser gesagt an der Not der Kranken bereichern wollten.
In einem Rückblick auf sein öffentliches Wirken schrieb Bruno Gröning
1950 dazu: "Ich lud daraufhin die in- und ausländische Presse zu einer
Konferenz ein und bat sie dringend, von der Herausgabe von
Sensationsartikeln Abstand zu nehmen, da die Zustände in dieser Form
unhaltbar seien und ich Zeit bräuchte, Heilstätten einzurichten, um die
Kranken in geordneten Verhältnissen heilen zu können. Die Presse achtete
jedoch meine Wünsche und Bitten nicht, es lag ihr im Gegenteil nur
daran, durch gross angelegte Sensationsartikel Geld zu verdienen.
Die zweiten Geldverdiener waren Menschen, die durch irgendwelche
Vermittlung sich Zutritt zu mir verschafft hatten und von
Heilungssuchenden Geldbeträge forderten, um die Kranken bevorzugt zu
mir zu bringen. Wieder andere erwarben sich Gelder, indem sie sich
meinen wenigen Mitarbeitern als Hilfe anboten. Ein gewisser Herr
Kamschek bot sich als Türschliesser an, er sagte meinen damaligen
Mitarbeitern, Herr Kuhlmann und Fräulein Wolfrum, zu, niemanden ins Haus
zu lassen, der dazu nicht berechtigt sei. Fräulein Wolfrum war
Heilungssuchende und bot sich zum Dank für die Heilung als ehrenamtliche
Mitarbeiterin an (Sommer 49). Kuhlmann, den ich aus Dillenburg kannte,
traf ich wieder in Herford, ich nahm sein Anerbieten, mich zu
unterstützen, an und behielt ihn in meiner Begleitung. Der
Türschliesser Kamschek soll, wie mir später bekannt wurde, nur
Heilungssuchende zu mir gelassen haben, die ihm für den Zutritt
Geldbeträge boten. Zu Anfang war dies niemandem aufgefallen. Später in
Wiessee, wo er dasselbe Gewerbe ausüben wollte, wurde mir bekannt, dass
er sich von einem Patienten[1] DM 1.200,- für den Einlass geben lies.
Ich verlangte daraufhin, Kamschek in polizeilichen Gewahrsam zu nehmen,
Kamschek aber verschwand spurlos. Frau Hülsmann las mir auch eines
Tages den Brief eines Heilungssuchenden vor, nach dessen Inhalt sich
Kamschek Dritten gegenüber als mein Freund ausgegeben hatte, der alle
seine Anordnungen befolgte. Dem Brief war zu entnehmen, dass der
Heilungssuchende Kamschek einen grösseren Geldbetrag gegeben habe. Ich
solle aber trotz Kamscheks Machinationen den Kranken nicht fallen
lassen. Dieser Brief muss in Händen von Frau Hülsmann sein. Eine
weitere Geschäftemacherei bestand darin, dass Leute behaupteten, durch
gute Bekanntschaft zu meinen Mitarbeitern eine bevorzugte Behandlung[1]
herbeiführen zu können. Den Heilungssuchenden soll hierfür Geld
abgenommen worden sein. Herr Hülsmann sprach mir einmal davon und ich
setzte mich daraufhin sofort mit der Kriminalpolizei München (Krim. Oberins. Martin) in Verbindung. Was ich von Herrn Hülsmann über diese
Art Geschäftemacherei erfuhr, gab ich sofort zu Protokoll der Polizei.
Dies war im Spätherbst 1949. Ich selbst habe immer wieder zu verstehen
gegeben, dass ich alle Arten von Geschäftemacherei ablehne, keine
Propaganda wünsche, mir keine Reichtümer verschaffen möchte, sondern,
wie schon wiederholt erwähnt, in geordneten Verhältnissen wirken wolle.
Eines Tages tauchte der eingangs erwähnte Herr Prof. Berndt auf und bat
mich um meine Anwesenheit anlässlich einer von ihm einberufenen
Versammlung seines Vereins. Ich sagte zu und als er mich am Schluss der
Versammlung bat, ein paar Worte zu den Anwesenden zu sprechen, kam ich
seinem Wunsche nach, umso lieber, als ich gesehen hatte, dass sehr viele
Kranke unter den Anwesenden waren. Als mich aber daraufhin Herr Prof.
Berndt bat, am selben Tag noch eine andere Veranstaltung und am nächsten
Tag sogar zwei unter freiem Himmel zu besuchen, lehnte ich dies
entschieden ab. Prof. Berndt beschwor mich inständig, ihn doch nicht im
Stich zu lassen. Als ich jedoch erfahren musste, dass Berndt
Eintrittsgelder von DM 3,-- bis 10,-- für den Einlass forderte, blieb
ich erst recht bei meiner Ablehnung und suchte noch am selben Tag meinen
damaligen Anwalt Dr. Rödel auf, um offiziell meine Ablehnung zum
Verhalten Berndt klarzulegen. Ferner beauftragte ich Herrn Sietek, die
Kampfansage gegen Sensations- und Geschäftemacherei über Presse und
Rundfunk gehen zu lassen. Von da ab gab es so nach und nach eine Wende
pro und contra. Sietek stellte sich bei mir als Journalist des
Innenministeriums vor, von dem er den Auftrag haben wollte, über meine
Tätigkeit genauen Bericht zu erstatten. Ich legte Sietek nichts in den
Weg, sondern betonte ausdrücklich, dass ich nichts zu verheimlichen
habe. So gesellte sich Sietek immer mehr an meine Seite. Er fühlte sich
in meiner Nähe scheinbar sehr wohl und sicherte mir zu, dass er alles
schriftlich festhalten werde, um gegen unwahre Presseangaben
einzuschreiten. Er wollte auch alle Unwahr- und Unklarheiten aufdecken
um der Regierung berichten zu können. Sicherheitshalber bat ich Herrn
Hülsmann, über Sietek Erkundigungen bei der Regierung einzuziehen, wurde
aber von Hülsmann von Tag zu Tag bezüglich einer solchen Aufklärung
hingehalten. Ich vermute, Hülsmann liess sich damals von Sietek den Kopf
verdrehen durch Sieteks grossspurige Angaben, mir mit Hilfe einzelner
Minister und einiger Amerikaner zum Ziele zu verhelfen. Aus all dem
wurde aber nichts. Von Sieteks Tätigkeit konnte ich lediglich als
bleibende Erinnerung feststellen, dass er sich durch Frau Hülsmann meine
persönlichen Negative (104 Stück) geben liess, Photoaufnahmen machte,
die er mir aufbewahren wollte, er aber selbstverständlich unter eigenen
Gewahrsam nahm. Wichtiges Adressmaterial ging in Sieteks Hände,
Heilungsberichte, Schriftenmaterial über meine Gegner, die ich der
Polizei überantworten wollte. Ich bin überzeugt, dass Sietek Dank- und
Heilungsberichte für sich behielt, damit ich nie einen Nachweis über die
Art und Zahl meiner Heilungen erbringen könnte. Sietek wollte wohl nur
ohne Gegenleistung möglichst rasch und möglichst viel Geld durch mich
verdienen. Ich konnte mich jedoch seinerzeit in Anbetracht meiner
Überbeanspruchung in der Heiltätigkeit nicht um diese Dinge kümmern und
meinen wenigen anständigen Mitarbeitern wie Hülsmanns, Frl. Wolfrum und
Herrn Kuhlmann ging es ebenso. Obwohl ich betonen möchte, dass ich
sofort, als ich nach München kam, dem damaligen Polizeipräsidenten Herrn
Pitzer und einigen anderen Herren, z. B. Herrn Vizepolizeipräsidenten
Weitzmann und Herrn Harwarth im Beisein von Herrn Hülsmann und Herrn Dr.
Trampler meine Bitte aussprach, sich dafür einzusetzen, dass mir gute,
ehrliche Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden. Leider blieben meine
Vorstellungen ohne Widerhall. Ich wurde vielmehr von Geschäftemachern
überstürmt, verwies diese an Hülsmann, aber auch dieser konnte dem
Ansturm, wie er mir selbst gegenüber zugab, nicht mehr Herr werden.
(...) Der Traberhofrummel (wie ich ihn nannte) nahm nicht mehr
tragbare Formen an. Besonders Tüchtige erwarben sich ihren
Lebensunterhalt, indem sie ‚Aufnahmen von Gröning’ an die Wartenden
verkauften, Wartestühle für die Übermüdeten anboten und Speisen und
Getränke an den Mann zu bringen versuchten. Die Wirtin der
Traberhofgaststätte Frau Hagen machte meines Erachtens ihre besten
Geschäfte während dieser Zeit. Mir wurde nicht einmal eine Mitteilung
des roten Kreuzes zugestellt, dass dasselbe Zelte dort errichtet habe,
um die Schwerkranken zu pflegen, bis sie zu mir Zutritt hatten bzw. bis
ich wieder einmal dort anwesend war. Erst als ich einmal fragte, was die
Zelte auf dem Gelände zu bedeuten hätten, erfuhr ich von der Anwesenheit
der Pfleger des Roten Kreuzes und nahm mich daraufhin auch sofort dieser
Schwerstkranken an." Auch zunächst loyale Mitarbeiter Grönings
verfielen der Versuchung, Geld an ihm zu verdienen. Bruno Gröning in
seinem Lebenslauf von 1956: "Mein früherer Gastgeber Hülsmann war
inzwischen ein eifriger ‚Geschäftsmann’ hinter meinem Rücken geworden.
Alle drängten sich vor mit dem Versprechen, mir die Heilgenehmigung zu
verschaffen, verschwanden aber als mehr oder weniger entlarvte Gangster
wieder, nachdem ihre Geschäfte abgewickelt waren und mir ein
zweifelhaftes Renommee hinterlassen hatten, was von der Presse gierig
aufgefangen wurde." Hülsmanns haben sich kurz darauf von Bruno Gröning
getrennt. Später hat Frau Hülsmann Bruno Gröning auf Mietzahlung für die
Räumlichkeiten in Herford und auf Lohnzahlung für ihre Arbeit für ihn
verklagt. Und das obwohl die Hülsmanns Bruno Gröning ihr Haus
ursprünglich kostenlos zur Verfügung gestellt und sich unentgeltlich für
ihn engagiert hatten. Bruno Gröning verlor den Prozess und musste bis an
sein Lebensende monatliche Raten an Frau Hülsmann zahlen. Der
ursprünglich in Herford geheilte Sohn der Familie Hülsmann ist später
wieder an Muskeldystrophie erkrankt und Mitte der fünfziger Jahre
gestorben.
Das Ehepaar Hülsmann |
Auch ein Dokumentarfilm, der zur Traberhofzeit über Bruno Gröning
gedreht und ab Oktober 1949 in den Kinos gezeigt wurde, diente nur dem
Zweck, aus dem Phänomen Gröning Kapital zu schlagen. Bruno Gröning hatte
sich dem Projekt von Filmproduzent Rolf Engler ganz zur Verfügung
gestellt. Doch das Ergebnis war nicht in seinem Sinne. Später sagte er
einmal in einem Zeitungsinterview über den Film: "Es handelt sich ja
nur um eine Äusserlichkeit und um Geschäft. Vom Film wurden gerade die
wesentlichsten Teile herausgeschnitten und so der Film (...) entstellt.
Ich bin ja schon so viel betrogen worden, wie kein Zweiter. Ich sage
auch hier: Dreht und kurbelt so viel ihr wollt. Wenn man aber etwas von
mir festhalten will, so sollte man mich selbst das Richtige dazugeben
lassen. Man liess es mir zum Teil ja geschehen, hat aber, wie gesagt,
das Wichtigste wieder herausgeschnitten. Die Welt ist schon so." Auch
die diversen Angebote zur Gründung von Heilstätten, wie Bruno Gröning
sie seit Herford anstrebte, wurden nicht aus Mitge fühl mit den Kranken
gemacht oder um Gröning zu helfen, sondern aus handfesten
Geschäftsinteressen. Auch hierzu hat Bruno Gröning sich geäussert:
"Dem Traberhofrummel konnte ich nicht Einhalt gebieten. Ich bat daher
Herrn Hülsmann dringend, den diversen Heilstättenangeboten nachzugehen,
um günstige Angebote prüfen zu können. So wurde ich eines Tages auf
Empfehlung des Filmproduzenten Engler zum Schloss Elmau gefahren. Engler
wollte hier die besten Beziehungen und Angebote haben. Ich konnte aber
nur feststellen, dass auch an der Aussage Englers nichts Positives war.
Ich hörte, dass laufend Leute kamen, die angeblich besonders günstige
Angebote gemacht hätten oder in Vorschlag bringen wollten. Geredet wurde
viel, geschafft gar nichts. Beweis, dass ich von keinem günstigen
Angebot einer Heilstätte Näheres erfahren habe. Ich hörte nur immer die
Worte: ’s wird schon werden, es liegt sehr günstig, die Angebote sind
gross und da und dort stehen wir oder ich, vom Einzelnen aus gesehen, in
Verhandlungen. (...) Einladung vorwiegend privater Natur erfolgten am
laufenden Band. Es handelte sich meist um Hotels, Gaststätten oder
Pensionen (Schwerzenbach, Wiessee, Inhaberin Frau Beil) und manche
andere. In keinem der aufgesuchten Plätze blieb es aus, dass dort sofort
Heilungssuchende in grosser Zahl auftauchten. Soweit mir bekannt, wurde
in jener Zeit von den Gastgebern kein Geld für Unterkunft und
Verpflegung gefordert. Hülsmann lag mir nur dauernd in den Ohren, dass
er sich den Kopf zerbrechen müsse, wie wir die Fahrten zu den
Schwerkranken finanzieren könnten. Ich erfuhr dann wieder, dass man uns
den Sprit bzw. anfänglich auch einen Wagen gerne und unentgeltlich zur
Verfügung gestellt habe. Die Heilstättenerrichtung scheiterte letzten
Endes immer an der finanziellen Seite. Die Anbietenden erwarteten sich
durch mein Wirken ein volles Haus und für sich selbst natürlich volle
Kassen. An mich und mein Wirken haben sie wohl zu allerletzt gedacht und
auch nicht an die vielen Kranken, die ohne Finanzen zu mir in grosser
Not kamen und sich die letzte Hilfe von mir versprachen, eben dass sie
wieder ihre Gesundheit erlangen." 5. Der Journalist Dr. Michael Graf Soltikow
Eine Zunft, die Bruno Gröning ganz besonders geschadet und zur
Steigerung ihrer Auflagenhöhe ausgenutzt hat, war die Presse. Den
meisten Journalisten ging es weder um eine objektive Berichterstattung
noch darum, den Kranken zu helfen. Einziges Interesse war auch hier, aus
dem Geschehen um Bruno Gröning Kapital zu schlagen. Sensationsartikel
und Sonderausgaben wurden zuhauf herausgegeben, Lügen, Verleumdungen und
übelste Beschimpfungen wurden veröffentlicht. Die
"Schmetterlingssammlung", wie Bruno Gröning sie nannte und in der er
sämtliche Presseveröffentlichungen über sich gesammelt hat, umfasst mehr
als 15 Aktenordner. Bruno Gröning sagte dazu traurig: "Über mich wurde
sehr viel geschrieben und berichtet, leider waren 95% davon pure
Unwahrheit und Lüge. Und die 5% aus Unwissenheit auch noch verdrehte
Wahrheit!"
Dr. Michael Graf Soltikow |
Einer der skrupellosesten Journalisten, die sich zur Traberhofzeit an
Bruno Gröning herangedrängt hatten, war ein gewisser Dr. Michael Graf
Soltikow. Nachdem er zunächst versucht hatte, sich in den
Mitarbeiterkreis um Gröning zu drängen, hat er ein äusserst
ehrenrühriges Flugblatt herausgegeben unter dem Titel: "Extrablatt -
Gröning entlarvt". Damit versuchte er unter Berufung auf den damals
schon aus dem Mitarbeiterkreis Bruno Grönings ausgeschiedenen Egon
Arthur Schmidt den Eindruck zu erwecken, Bruno Gröning und seine
Mitarbeiter hätten sich verschiedener strafrechtlicher Tatbestände
schuldig gemacht. Bruno Gröning ist sofort strafrechtlich gegen Soltikow
vorgegangen. Es stellte sich heraus, dass sämtliche Vorwürfe unhaltbar
waren. Bruno Grönings Ruf aber war schwer beschädigt, zumal von nun an
viele Journalisten dazu übergingen, Lügen und Verleumdungen über Bruno
Gröning in die Welt zu setzen. Soltikows Interesse an dem ganzen
Geschehen um Gröning war einzig finanzieller Natur. So hatte er vor
diesem Extrablatt bereits Sonderausgaben unter dem Titel "Hier spricht
Gröning" herausgegeben. Dabei gab er sich als Pressestelle Bruno
Grönings aus, was zu einem Rechtsstreit mit dem Herausgeber des "Gröning-Ruf"
führte, der sich ebenfalls als Einziger autorisiert fühlte, für Bruno
Gröning zu sprechen. Für das negative Extrablatt hat Soltikow über 50
000 DM kassiert. Bruno Gröning schrieb über die Geschehnisse um Soltikow:
"Soltikow ist nie Mitarbeiter gewesen. Unser erstes Zusammentreffen
geschah auf dem Traberhof, wo er mir durch Herrn Hülsmann (auf sein -
Soltikows - Drängen) vorgestellt wurde und zwar als ‚Graf und
Journalist’. Soltikow schlug mir vor, als ich ihn auf dem Traberhof
während weniger Minuten sprach, eine positive Broschüre über mein Wirken
schreiben zu wollen und zwar aufgrund von unzähligen Heilungsberichten,
die er selbst gesammelt, in seinen Besitz gebracht hatte. Hierbei sagte
er, dass er diese Broschüre ganz gross herausstellen wolle unter
Aufziehung entsprechender Reklame. Er erklärte auch, wie er diese
Propaganda bewerkstelligen wollte. Meine Antwort hierzu war wörtlich:
‚Mir persönlich ist es wurscht, wie Sie dies anstellen, auch ob Sie
positiv oder negativ schreiben, Letzteres müssen Sie selbst
verantworten.’ Im Anschluss daran sagte Soltikow, dass er das Angebot
eines Verlages erhalten habe, worin er gebeten wird, nicht positiv,
sondern um eines guten Geschäftes willen mal negativ zu schreiben. Der
Verleger soll bemerkt haben, dass das eines der besten Geschäfte sein
würde und er biete ihm dafür DM 50 000. Auch hier habe ich zu Soltikow
gesagt, er solle das tun, was er für richtig hält. Ich werde ihn in
keiner Weise beeinflussen, aber bei gegebener Zeit - falls er negativ
schreiben würde - ihn gerichtlich belangen müsste. Für seine
beabsichtigte Broschüre bat er mich, dass ich ihm einige Auslandsbriefe
zur Verfügung stellen sollte und er mir dieselben (20 Stück) wieder
zurückerstatten wollte. Soltikow betonte, dass er niemals negativ
schreiben wolle und könnte, da er mit positivem Material derart
überschüttet wäre und damit mehr als eine Broschüre schreiben könnte.
(...) Auf mein Befragen, warum er sich überhaupt für mich so einsetzen
wolle, erwiderte Soltikow: ‚Herr Gröning, ich will durch Sie populär
werden.’" Mit der Broschüre des Grafen Soltikow brach ein Damm in der
Berichterstattung der Medien. Er war der erste, der Bruno Gröning in
einer Art und Weise diffamierte, wie es vorher kaum vorstellbar war.
Doch nun wandten sich weite Teile der Presse dieser Art der
Berichterstattung zu. Selbst vermeintlich seriöse Magazine wie der
"Spiegel" griffen die Vorwürfe Soltikows bereitwillig auf und traten sie
genüsslich breit. Entsprechend gross war der Schaden für den Ruf Bruno
Grönings und für das Vertrauen der Heilungssuchenden zu ihm, das ja eine
Grundvoraussetzung für die Heilung ist. 6. Der KZ-Kommandant Otto Meckelburg
Nach der Traberhofzeit bot ein gewisser Otto Meckelburg Bruno Gröning
seine Hilfe bei der Errichtung von Heilstätten an. Bruno Gröning dazu:
"Nachdem ich einige Tage in Bad Wiessee war, erschien ein Herr
Meckelburg mit seiner Frau. Ich erfuhr von ihm, dass seine Frau früher
sehr schwer krank gewesen sei und u. a. von Prof. Sauerbruch aufgegeben
worden sei. Bei einem Besuch der Frau Meckelburg in Schwärzenbach sei
sie geheilt worden. Dies sei ohne meine Anwesenheit erfolgt. Er - Herr
Meckelburg - sei zahlreichen Heilungen nachgegangen. Er hätte
festgestellt, dass an meiner Methode etwas dran sei. Herr Meckelburg
erklärte mir, dass er sich die Mühe gemacht hätte, Pläne für eine
Heilstätte aufzustellen, in der ich mit behördlicher Genehmigung und
unter Aufsicht von Ärzten heilen könnte. Herr Meckelburg hatte diese
Pläne bereits bei sich."
|
Otto Meckelburg |
In seinem Lebenslauf von 1956 schrieb Bruno Gröning über diese Zeit:
"Nachweislich ist auch Herr Meckelburg an den Missständen in meiner
Umgebung aus der damaligen Zeit mitschuldig. Er rief, wie er mir
versprochen, nach Absprache mit Rechtsanwälten - die schriftlich
niedergelegt wurden - einen ‚Verein zur Erforschung Gröning’scher
Heilmethoden’ ins Leben. Dies hat er in betrügerischer Weise für sich so
auszuschlachten gewusst, indem er mehr als 100.000 DM für sich
einbehielt, ohne mir auch nur einen Pfennig davon abzugeben. Im
Gegenteil, ich musste dem Finanzamt München Steuern zahlen für Gelder,
die Schmidt und auch Meckelburg vereinnahmt hatten und verschwinden
liessen und wovon ich nichts gesehen hatte. (...) Frühjahr 1950 ging
ich auf Wangerooge. Wieder dasselbe: Ein Strom von Heilungssuchenden,
Massenheilungen, feindliche Haltung der Gesundheitsbehörden. Inzwischen
hatten sich in Bayern die Bemühungen um Erlangung der Heilgenehmigung
zerschlagen, auch aus dem Grunde, weil mein damaliger so genannter
‚Manager’ Meckelburg wegen Steuerhinterziehung und übler Geschäfte
verhaftet und eingesperrt worden war." In einer Stellungnahme zur
Anklageschrift im grossen Prozess[5] berichtete Bruno Gröning über
Meckelburg: "Meckelburg hatte mir, wie er häufig woanders erzählte,
Geschenke gemacht, für die ich aber später die Rechnungen erhielt und
sie dann selbst bezahlen musste. Auch das Finanzamt meldete sich,
allerdings nicht bei Otto Meckelburg oder seinem Verein, sondern bei mir
persönlich, und ich durfte später dafür, dass ich angeblich anstelle von
Barzuwendungen täglich 1 Pfund Kaffee und 100 Zigaretten verbrauchte,
noch mehr als 1.500,- DM Steuern bezahlen! Richtig ist, dass der
Meckelburg-Verein und damit Meckelburg selbst, der sich als
Vereinsvorsitzender sogleich selbst zum Geschäftsführer mit einem
Monatsgehalt in Höhe einer vierstelligen Zahl ernannte und
dementsprechend ‚standesgemässe’ Spesen machte, in skrupellosester Weise
die Hilfesuchenden ausgesucht hatte, wie sie finanziell leistungsfähig
waren. Ich jedoch fragte nie nach Rang und Namen, nie nach Herkunft
und Vermögen! Für mich war ein Hilfesuchender, mochte er herkommen,
aussehen, heissen oder besitzen wie oder was immer: Mensch blieb für
mich Mensch!! Aus dieser meiner Einstellung wussten Otto Meckelburg
und sein Anhang gründlichst Kapital zu schlagen. Er war mit seiner Frau
schliesslich anfangs gekommen, um sich für empfangene ‚Heilung’ zu
bedanken - ich hatte auch nach seiner Vorgeschichte nicht gefragt. Erst
viel später erfuhr ich seinen sehr bedenklichen politischen Werdegang
und seine Funktion als Leiter gewisser anrüchiger Lager ...; erst als
Meckelburg gegen mich mit Methoden vorging, die einer unrühmlichen
jüngeren Zeitepoche in Deutschland nachgesagt werden und für die er als
ehemaliger KZ-Kommandant schon beste charakterliche Voraussetzungen
mitgebracht hatte, interessierte ich mich für seine Vorgeschichte. Es
mag dem Prozessverlauf vorbehalten bleiben, dass hierzu noch
Einzelheiten ausgesagt und erörtert werden, um die Persönlichkeit
Meckelburgs ins rechte Licht zu rücken - jedenfalls hat er schon 1951/52
dem Münchener Gericht bestätigen müssen: ‚Gröning hat nicht einen
Pfennig erhalten!’ Dafür, dass ich nicht ‚hintenherum’ mir Einnahmen
verschaffen konnte, hatte Meckelburg durch ein Überwachungs- und
Kontrollsystem, aber auch mit typischen Gangstermethoden vorgesorgt!
Auch dafür musste ihm der Fall Kuhfuss und das spätere tragische Ende
dieser beiden braven Menschen herhalten, was darin zum Ausdruck kam,
dass er wiederholt dritten Personen erklärt hatte: ‚Den Gröning werde
ich schon kleinkriegen - ich breche ihm alle Gräten!’ (...) Am 10.
Juni 1950 löste ich mich vom Ehepaar Meckelburg. Es war eine unerhört
bittere Zeit für mich, reich an Lehren und Erfahrungen, was Menschen
anzustellen in der Lage sind, wenn sie nach anfänglich vielleicht noch
gutem Wollen dann doch darin verfallen, nur noch materiell und nur noch
‚in Geld’ und ‚in Geldmachen’, egal wie, zu denken. Was sich im Laufe
der Meckelburg-Epoche abgespielt hat, wird bei dem gegen mich
angestrengten Prozess eine hintergründige, aber doch sehr spürbare Rolle
spielen." 7. Der Heilpraktiker Eugen Enderlin und der "Wunderheiler"
Dr. Kurt Trampler
Kurz danach bot der Münchener Heilpraktiker Eugen Enderlin Bruno
Gröning seine Hilfe an. Dazu Bruno Gröning in seinem Lebenslauf: "Ein
Ausweg aus dieser Hetze von allen Seiten schien vorübergehend meine
Tätigkeit beim Heilpraktiker Enderlin in München im Sommer 1950 zu sein.
Aber nicht anders als Schmidt und Meckelburg ist der Heilpraktiker
Enderlin verfahren. Er hatte mir über meinen Rechtsanwalt, Herrn Dr.
Reuss, die Versicherung gegeben, dass er mir ein amtliches Dokument
ausstellen wollte, das beweisen sollte, dass meine Tätigkeit mit der
durch Gesetz geschützten Heilpraktikertätigkeit nichts gemein hätte, so
dass ich mit den Gesetzen nicht in Konflikt kommen konnte. Dieses
Versprechen hat Herr Enderlin nicht gehalten. Dafür aber hat er Unsummen
von Geldern für sich vereinnahmt, von denen ich nicht einen Pfennig
erhalten habe, so dass er später für das Geld aus diesen Einnahmen sich
in Feldafing eine Villa kaufen und neu einrichten konnte." Nachdem
Bruno Gröning sich von Enderlin getrennt hatte, schrieb Enderlin die
Heilungssuchenden und Geheilten an und teilte ihnen mit, wenn sie
weitere Heilungen bräuchten, sollten sie sich an ihn, Enderlin, wenden,
er könne auch, was Gröning kann. In seinem Lebenslauf von 1952 schrieb
Bruno Gröning über seine Situation Ende 1950: "Im Herbst 1950 kam die
offizielle Anzeige gegen mich wegen ‚Verstosses gegen das
Heilpraktikergesetz’. Die Bundesbahn, die Bundespost, das
Gaststättengewerbe, die Hotels, Zwischenvermittler, Manager usw. hatten
Millionen an mir verdient. Zu Tausenden hatten kranke Menschen wieder
ihre Gesundheit erlangt. Ich dagegen kam im Oktober / November mit einem
Koffer voll Bekleidung und Wäsche, ohne Geld oder sonstige Rücklagen zu
Dr. Trampler. Dieser begann in kleinem Rahmen für mich eine
Vortragstätigkeit zu organisieren. Es war dies die einzige Möglichkeit,
zu kranken Menschen sprechen zu können. In dieser Zeit hatte ich
Gelegenheit, in geordnetem Rahmen auch Kranke zu überwachen, ihren
wiederholten Besuch anzuregen, falls mir dies nötig schien. (...)
Während der Zeit bei Dr. Trampler versuchte die Ärzteschaft von
Gräfelfing gegen mich anzugehen, was jedoch in zäher Kleinarbeit wieder
abgewendet werden konnte."
|
Eugen Enderlin |
Trampler hatte Gröning am Traberhof kennen gelernt, ein
eindrucksvolles Buch über die Geschehnisse dort geschrieben und sich
auch in der Folgezeit immer wieder für Bruno Gröning eingesetzt. Die
beiden Männer verband ein ganz besonderes Freundschaftsbündnis.
Doch auch Trampler wandte sich gegen Gröning. Bei den Vorträgen, die er
organisierte, kassierte er Eintrittsgelder, und eines Tages erklärte er
den Hilfesuchenden, sie bräuchten Gröning nicht mehr, er könne das
Gleiche. Er sagte sogar: "Bruno Gröning ist ein Waisenknabe gegen
mich." Trampler machte die Heilpraktikerprüfung, trat selbst als
Heiler auf und begann, Bruno Gröning öffentlich zu diffamieren und zu
verleumden. Sein Ziel: Die Heilungssuchenden von Gröning abzuziehen und
an sich selbst zu binden. Bruno Gröning hat nichts gegen Trampler
unternommen und ihr besonderes Freundschaftsverhältnis von seiner Seite
aus eingehalten. Im Gegenteil, auf die Frage verwirrter
Heilungssuchender, zu wem sie jetzt gehen sollten, zu Gröning oder zu
Trampler, antwortete er: "So lange die Menschen zu mir den Zugang noch
nicht haben können, gebe ich ihm die Kraft."
8. Der Geschäftemacher Rudolf Bachmann
Bruno Gröning hat nie aufgegeben, einen Weg zu finden, um in
geordneten Bahnen und ohne mit dem weltlichen Gesetz in Konflikt zu
kommen wirken und den Menschen helfen zu können. So teilte er seinen
Freunden am 9. Juni 1953 u. a. Folgendes mit: "Meine Freunde, zahllose
Hilferufe erreichen mich täglich aus aller Welt. Allen zu folgen, ist
mir leider unmöglich. Es muss daher eine Heilstätte errichtet werden, an
der ich in geordneten Verhältnissen wirken kann. Viel Geld wurde mir
hierzu angeboten, aber ich musste es ablehnen, mein Werk verträgt keine
Geschäftemacher. Nur von Menschen, die reinen Herzens sind, darf ich
Hilfe annehmen. Deshalb habe ich mich entschlossen, unter meinem Namen
eine Gesellschaft (GmbH) zu gründen, die nach meinen Angaben und unter
meiner Mitwirkung Heilmittel herstellt. So kann Kranken in aller Welt
geholfen werden und auf diese Weise kann ich die Mittel zur Errichtung
der Heilstätte beschaffen. Zur Herstellung dieser Heilmittel steht mir
ein Laboratorium mit allen modernen Hilfsmitteln sowie ein Stab
wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Verfügung. Nach meinen Angaben wurden
bereits eine Reihe Heilmittel hergestellt, mit denen bisher nie
dagewesene Erfolge erzielt worden sind. Ausser von zahlreichen Ärzten
wurden diese neuen Wirkstoffe auch von der Universitätsklinik München
erprobt und bestens begutachtet. Das bayerische Staatsministerium des
Innern hat daraufhin die Lizenz zur Herstellung dieser Heilmittel
erteilt. Die pharmazeutische Industrie hat grosses Interesse an diesen
Präparaten: Ausländische Fabriken wollen den Vertrieb übernehmen,
namhafte Firmen der Bundesrepublik erboten sich, einzelne Rezepte zu
kaufen."
|
Rudolf Bachmann |
Wieder geschah das Wunderbare, wie in allem, was Bruno Gröning für
die Hilfesuchenden tat - Es heilte. Atteste und ärztliche Gutachten
wiesen die grosse Wirksamkeit der Präparate "L 52" und "G 52" nach. Aber
auch dieses Unternehmen scheiterte, weil sich herausstellte, dass die
Menschen, die ihm versprachen zu helfen, es letztlich nur für ihren
eigenen finanziellen Vorteil taten. Im Nachhinein schrieb Bruno Gröning
über diese Zeit: "Herr Rudolf Bachmann machte mir im Jahre 1953 das
Angebot, dass er mich und mein Werk tatkräftig unterstützen wolle. Er
selbst, Herr Bachmann, hatte die in der Anlage aufgeführten Mittel
hergestellt und wollte damit - wie er sagte - mir eine finanzielle
Grundlage schaffen, so dass ich hierdurch die Gelegenheit hätte, mein
Werk (für Hilfe suchende Kranke zu gründende Heilstätten) finanzieren zu
können. Um zu erfahren, wie die von Bachmann hergestellten Mittel von
fachmedizinischer Seite beurteilt wurden, setzte ich mich mit Herrn Dr.
med. Höcht, München, in Verbindung, der mir die feste Versicherung gab,
dass das Mittel einwandfrei sei. Aufgrund dieser Versicherung gab ich
mei nen Namen für das Laboratorium her, so dass es die Bezeichnung: ‚Bruno-Gröning-Laboratorium’
erhielt. Herr Bachmann wollte diese Präparate privat unterbringen und
zwar aus dem einfachen Grunde, weil er den Gross- und Zwischenhandel
(Apotheken) nicht unterstützen wollte. Mit diesem seinem Vorschlag war
ich niemals einverstanden und verlangte, dass diese Präparate nur an die
Apotheken abgegeben werden sollten. Meinem Verlangen kam Herr Bachmann
nicht nach; er war ein sehr eifriger Geschäftsmann. Er machte mir nun
den Vorschlag, den Gröning-Bund ins Leben zu rufen. Dieses akzeptierte
ich und so wurde der Gröning-Bund im Jahre 1953 gegründet. Hier erst
recht wurde Herr Bachmann ohne meine Einwilligung geschäftstüchtig,
indem er die Präparate meinen schon lange bestehenden Gemeinschaften
anbot und diese bat, die Präparate den Freunden (Hilfesuchenden) weiter
anzubieten. Dadurch kam es zu weiteren Auseinandersetzungen zwischen mir
und Herrn Bachmann, so dass ich Herrn Bachmann sagte, dass es paradox
sei, dass gerade ich meinen Freundeskreisen Präparate anböte, denn das,
was er jetzt dort tue, gehe doch auf meinen Namen. Herr Bachmann - immer
schlagfertig - wusste es ganz anders hinzustellen. (...) Alles in
allem möchte ich hier noch kurz betonen, dass ich
- einmal kein Geschäft damit zu machen gedachte,
- zum anderen ist das Ergebnis (Abgabe der Präparate) gleich null
gewesen,
denn Herr Bachmann hat mich durch seine schlechte Handlungsweise so
weit hereingelegt, dass ich tausende von D-Mark schon bezahlen musste
und noch zu bezahlen habe. Herr Bachmann hat für die Errichtung des
Laboratoriums sehr viel Geld gebraucht. Dieses wurde in Form von
Darlehen von meinen Freunden zusammengebracht, die ich nun
zurückzahlen muss. Herr Bachmann ist im vergangenen Jahr verstorben.
Er kann also seine Verpflichtungen hierzu nicht mehr erfüllen. Da er
nichts hinterlassen hat, bin ich hierbei erst recht der Leidtragende."
9. Der Gröning-Bund
Am 22.11.1953 wurde - unter Mitwirkung von Egon Arthur Schmidt und
Rudolf Bachmann - in Murnau der "Gröning-Bund" gegründet. Bruno
Gröning setzte grosse Hoffnung in den Bund. Er versprach sich von ihm
einen Schutz nach aussen, um endlich in geordneten Bahnen wirken zu
können. In den Ortsgemeinschaften des Bundes sollte er nur als Redner
auftreten, nicht als Heiler. Er wollte lediglich Glaubensvorträge
halten, nicht mehr. Damit sah er sich nicht in Konflikt mit dem
Heilpraktikergesetz und empfand diese Tätigkeit auch durch § 16 des
Grundgesetzes, dem Recht auf freie Meinungsäusserung, abgedeckt. Auf
der Gründungsversammlung des Bundes richtete er ein paar Worte an die
Anwesenden: "Meine lieben Freunde! Liebe Gäste! Ich freue mich,
dass Sie heute meinem Wunsch nachgekommen sind und bedanke mich
herzlichst dafür, dafür aber habe ich heute nicht nur was, sondern das
zu sagen, warum ich fast fünf Jahre für Sie gewartet habe, bis es alles
an den Tag gebracht wurde, wie Menschen heute überhaupt nur böse sein
können. Warum habe ich diese 5 Jahre gewartet? Als ich am 15. März in
Herford zum ersten Mal auftauchte, wusste ich, was mir noch bevorsteht
und wie hart es sein wird, den Menschen diese Hilfe zu geben. Leider
waren es Menschen, die ja ihre eigenen Ziele verfolgten, Menschen, die
sich von materiellen Dingen auch heute noch nicht lösen können, und die
mich zu diesen in einen Topf warfen. Ich bin diesen Weg gegangen, um den
Menschen den Beweis zu geben, wie Menschen auch heute noch sind. Bei
Menschen, die Hilfe brauchen, da kann der Weg nicht hart genug sein.
(...) Ich habe mich heute entschlossen, einen Bund zu gründen. Ich
will das Zurückliegende begraben, und will auch diesen Menschen nicht
böse sein, denn diese Menschen sind dem Bösen verfallen. Sie können
nichts dafür, denn der böse Mensch kommt von seinem Bösen nicht ab.
Dieser Bund soll jedem Menschen Gelegenheit geben, um den Menschen den
Weg zu seiner Gesundheit zu zeigen. (...) Was ich in den letzten fünf
Jahren gelernt habe, habe ich kurz geschildert, darüber habe ich noch
viel, viel mehr zu sagen. Es würde zu weit führen, wie gut und hart
diese Schule gewesen ist. Ich weiss, dass man früher die grössten
Schauermärchen herausstellte. Ich habe schon von vornherein erkannt, was
man alles hier anstellen wird, um mich kleinzukriegen. Bis heute ist es
keinem Menschen geglückt. Die Wahrheit siegt! Ich habe es nicht nötig,
Menschen zu belügen noch Menschen zu betrügen. Was ich nötig habe und
immer für nötig halte ist, den Menschen zu helfen. Näheres werden Sie
aus den Satzungen zu hören bekommen.Weil der Bund sich die Aufgabe
gestellt hat, den Weg zu den hilflosen Menschen freizubekommen und den
Menschen die Sicherheit zu geben, dass ihm auch geholfen werden kann."
Die Einzelheiten des Gröning-Bundes hier zu schildern, würde den Rahmen
sprengen, deshalb beschränken wir uns auf einen kleinen Auszug aus einer
über 50-seitigen "Bilanz über die Tätigkeit des Bundes", die Bruno
Gröning im Oktober 1957 verfasste: "Wenn ich nun heute Vergleiche
ziehe zwischen meiner früheren Umgebung (den Geschäftemachern:
Meckelburg, Enderlin, Schmidt und Hülsmann) und meiner heutigen Umgebung
(Bundesvorstandsmitglieder), dann komme ich zu demselben Endresultat:
Heute wie damals ist im Endergebnis das Gleiche geschehen. Heute ist
durch die, die meine grössten, engsten und besten Freunde sein wollen,
nichts anderes geworden als damals. Damals haben schmutzige Handwerker
mich betrogen. Heute haben Freunde versagt, indem sie ruhig mit ansehen
konnten, dass ich durch Prozesse, durch Verurteilung, dadurch, dass ich
keine Hilfe bekam, dadurch dass ich meine Gemeinschaften nicht aufsuchen
konnte ohne Wagen, dadurch dass man nichts gegen die Pressehetze
unternahm, dadurch dass man nur Verwirrung anrichtete, dadurch, dass man
einfach nicht für mich da war, wenn ich Menschen brauchte, die nach
ihrem Schulwissen und ihrer Stellung im weltlichen Leben mich hätten
unterstützen können und müssen, es nicht zu dem kommen konnte, wozu ich
nun einmal auf dieser Erde bin. Keiner von diesen Freunden hat sein
Ich eingesetzt, um mich freizukämpfen, keiner hatte den Mut, wirklich
für mich einzutreten. Nichts ist geschehen. Kleinlich bürokratisch hat
man Beschlüsse über Beschlüsse gefasst. Keiner ist wirklich für mich
eingetreten, keiner hat wirklich alles darangesetzt mit seinem ganzen
Einsatz, dass er mir endlich alle diese Kämpfe in den Prozessen, gegen
die Presse, um eine Hilfskraft, um den Wagen, der kaputt war, gegen
Schmutz und Verleumdung abnahm usw. usw. und sich vor mich stellte,
damit ich das tun konnte, wozu ich da bin auf dieser Erde, den Menschen
die Kraft des Lebens zu übermitteln und die Menschen zum Glauben zu
führen. Dass ich dazu die Ruhe brauche und nicht immer und immer
wieder durch weltliche äussere Einflüsse gehindert werden darf, dass ich
einen wirklichen Schutzwall brauche, um ungestört das wirken zu lassen,
was mir gegeben, daran hat niemand gedacht, niemand von meinen Freunden,
von denen, die meine Freunde sein wollen. Und das ist das Beschämende
und für mich das Enttäuschende: Die Geschäftemacher haben ihren Nutzen
ziehen wollen, sie sind als schlechte Menschen erkannt; Freunde vom
Gröning- Bund sind zu lau, zu gleichgültig, zu bequem, ich will nicht
sagen böswillig. Und das Ergebnis ist dasselbe: Ich bin 115 nicht frei
geworden. Viele Freunde vom Bundesvorstand haben ihr Versprechen nicht
gehalten. Man hat mich durch alle Massnahmen nur geknebelt." Warum hat
Bruno Gröning sich immer wieder mit Menschen umgeben, die ihm
absichtlich oder unabsichtlich geschadet haben? Warum zog er immer
wieder Menschen an sich, die ihn entweder ausnutzen oder ihn in ihr
System pressen wollten? Warum hat er sich diese Menschen nicht vom Leibe
gehalten? Warum ist er ihnen nicht aus dem Weg gegangen? Er konnte die
Menschen doch durchschauen, wusste, welch Geistes Kind sie waren. In
einem Vortrag am 31. August 1950 in München äusserte Bruno Gröning sich
zu dieser Frage: "Was Menschen bisher nicht unversucht gelassen haben,
ist das gewesen, an diesem kleinen Mann mit seinem Wissen und Können
Geld zu verdienen. Sie glaubten, eine Goldgrube gefunden zu haben. Sie
haben auch zum Teil die Möglichkeit gehabt, Geld zu verdienen, aber
einen Nutzen haben sie Gott sei Dank nicht. Auch diese Menschen musste
es geben, und zwar deshalb, um herauszustellen, wer der Mensch ist, dass
der Mensch über Leichen geht und nicht danach fragt, ob dem Kranken
geholfen wird oder nicht. Es gibt Menschen, die über Leichen gehen, die
können einen Kranken ruhig liegen sehen. Diese Menschen haben nie danach
gefragt, sie haben nichts unversucht gelassen, in meiner Nähe zu sein.
Ich weiss, es wird hier und dort die Frage aufgeworfen, ja, wenn der
Mann so viel weiss, warum hat er nicht das gewusst, vielleicht weiss er
nichts. Ob und inwieweit ich etwas weiss, werden Sie nach und nach zu
wissen bekommen. Aber dieses musste sein. Dieses Material hat zu diesem
Aufbau gefehlt, um für Sie alle den Weg freizumachen." Einige Jahre
später erlebte Grete Häusler folgende Begebenheit: "Als ich einmal
beim Abschied Herrn Gröning alles Gute wünschte und sagte: ‚Herr Gröning,
ich wünsche Ihnen, dass Sie nun Ruhe zum Wirken haben mögen und von
keinem falschen Mitarbeiter angegangen werden’, antwortete er mir zum
grössten Erstaunen: ‚Ganz falsch, das muss so sein!’ Ich verstand das
damals nicht, aber er erklärte mir, warum er dies alles tun und
aushalten musste. Er gab mir damit ein grosses Geheimnis kund: ‚Ich
weiss, was ein Mensch in sich trägt. Wenn ich aber den Menschen sagen
würde: ‚Das ist ein Lügner, das ist ein Betrüger, ein Dieb, dann würde
mir das niemand glauben. Was muss ich tun? Ich muss diese Menschen an
mich ziehen, sie das Gute lehren, sie zur Umkehr bewegen und dann ihnen
die Gelegenheit geben zum Lügen, zum Betrügen und zum Stehlen. Wenn sie
es jetzt trotzdem tun, dann weiss jeder, wer sie sind. Dann lass ich sie
ganz an mich herankommen und bin nicht feige, dann kämpfe ich.’"
|
"Überall Menschen, die Hilfe, Heilung
suchen am laufenden Band. Mir tut es in der Seele Leid, wenn ich
dann immer wieder das eine Wörtchen vor mir sehe: Verbot! Wie mir da
zumute sein muss und gewesen ist, brauche ich wohl nicht zu
erwähnen." |
[1] siehe zu den Begriffen Behandlung, Patient etc. das Kapitel
"Patienten, Behandlung, Experiment", II. Teil,
Kapitel 7
[4] siehe hierzu "Der Gröning-Bund", III. Teil,
Kapitel 9
[5] siehe hierzu "Der grosse Prozess, IV. Teil,
Kapitel 5 |