Vollständige Buchausgabe

Bruno Gröning: Ich lebe, damit die Menschheit wird weiterleben können

Eine Kurzbiografie von Grete Häusler / Thomas Eich

7. völlig neu bearbeitete Auflage  

 

III. Teil:

Widerstand und Gegenkräfte

Von dem Tag an, als Bruno Gröning an die Weltöffentlichkeit gezerrt wurde, witterten viele Menschen in dem kleinen Mann aus Danzig eine fantastische Geschäftsidee. Viele hofften, durch ihn reich und berühmt zu werden. Hier war ein Mann, der Dinge vollbrachte, wie sie noch nie da gewesen waren. Auf der anderen Seite waren Tausende, Hunderttausende Hilfesuchende, die von diesem Mann Hilfe und Heilung erhofften. Wem es gelingen würde, sich zwischen beiden Seiten zu positionieren und die Hilfesuchenden mit Gröning zusammenzubringen - natürlich gegen entsprechendes Entgelt -, der hatte ausgesorgt.

Immer wieder gab es diese Menschen um Bruno Gröning, die von ihm angezogen wurden wie die Motten vom Licht und die sich mit ihrer angeblichen Hilfsbereitschaft an ihn herandrängten, ihn zeit seines Lebens umgarnten, ihm Hilfe versprachen, aber nur den eigenen Vorteil, den eigenen Profit im Sinn hatten.

Bruno Gröning hatte 1952 in einem Lebenslauf geschrieben:

"Mit den Erfolgen zeigten sich zwei negative Erscheinungen:

  1. Die Ärzteschaft und die Gesundheitsbehörden, die mir meine Tätigkeit untersagten, weil ich kein approbierter Heilpraktiker sei, und
  2. so genannte Manager, Sekretäre, ‚Helfer’ und sonstige obskure Gestalten."

Auf die erste Gruppe werden wir im vierten Teil dieses Buches noch zu sprechen kommen. Im Folgenden wollen wir uns mit Vertretern der zweiten Sorte und ihren Machenschaften befassen. Doch zunächst wenden wir uns Gröning selbst zu. Auch ihm wurde ja vorgeworfen, er wolle sich an der Not der Kranken bereichern.

1. "Die Gesundheit kann man nicht kaufen"

Am Gipfel angelangt - die ganze Welt war von seinem Wirken unterrichtet - standen Bruno Gröning zwei Wege offen: Der eine, der ihn zum reichsten Mann der Welt gemacht, der ihm Ruhm und Ehre eingebracht hätte, und der andere, der ihn weiterführte auf den steinigen und dornigen Pfaden der Demut und des Opfers.

In der Zeitschrift "Die Umkehr" heisst es 1950 in der ersten Ausgabe u. a.:

"Für Gröning wäre es ein Leichtes, der reichste Mann dieser Erde zu werden, wenn man die Gesundheit bei ihm kaufen könnte. Wahrscheinlich würde ihm dies nicht verübelt werden, denn damit läge sein Handeln ‚in der Zeit’. Dass er kein Geld haben will, dafür aber eine innere Umkehr, eine echte Lebenswende von den Kranken erwartet, die zu ihm kommen, damit sprengt er die Masse, mit denen seine Zeitgenossen messen und macht ihn jenen verdächtig, die es nicht zu begreifen vermögen, dass einem Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts Geld gänzlich uninteressant ist."

Bruno Gröning selbst sagte einmal dazu:

"Ich nehme keine Heilung auf Kauf und Verkauf vor! Der Arme und der Reiche sind im Grunde doch gleich arm. Was glauben Sie, was mir schon alles angeboten wurde? Autos, Luxuswagen, so viel ich wollte, Villen, Rittergüter, Schlösser, Geld, Gold, alles wurde mir schon zu Füssen gelegt."

Bruno Grönings eigentliches Bestreben war, zu helfen und zu heilen und die Menschen zu Gott zurückzuführen. Er sagte selbst:

"Ich möchte sie alle gut und gläubig wissen. Ich will, dass sie den wahren, göttlichen Instinkt, den sie verloren haben, wiederfinden. Das zu erreichen ist meine Aufgabe."

Angebote, Geld zu verdienen, hatte er genug. So schrieb z. B. "Die Wochenpost" am 4.5.1950 unter der Überschrift "Gröning im neuen Licht! Dollars lockten ... Gröning ging nicht!":

"Plötzlich wird die Ruhe durch Motorengeräusch unterbrochen. Ein Wagen stoppt vor der Einfahrt. Stimmen werden laut, man verlangt nach Gröning. Eine männliche Gestalt erscheint im Türrahmen und berichtet, soeben wären ein ‚Ami’ und einer vom Film angekommen, die wichtige Dinge mit ihm zu besprechen hätten. Es handelt sich um einen amerikanischen Journalisten, Vertreter einer Weltnachrichtenagentur, und um einen Herrn einer führenden deutschen Filmgesellschaft, die Bruno Gröning zu einer Amerikatournee einladen wollen. Aufmerksam hört Gröning zu und erklärt sich sofort bereit, mit den Besuchern in nähere Verhandlungen zu treten. ‚Es soll sich um einen Gastbesuch handeln, Herr Gröning!’, sagt der amerikanische Journalist einleitend und versucht, dem Herforder Wunderdoktor einen bereits ausgearbeiteten Plan zu unterbreiten. Danach soll Gröning auf einige Wochen nach Amerika reisen und dort begüterte Patienten[1] heilen. Die Einnahmen sollen ihm nachher für den Aufbau seiner geplanten Heilstätten in Deutschland dienen.

Da der Boden erst propagandistisch vorbereitet werden muss, soll Bruno Gröning kein Flugzeug zur Überfahrt benützen, sondern seine Reise mit dem Schiff antreten. Der Amerikaner überlegte kurz und fügte dann hinzu, dass er bereits dafür gesorgt habe, Gröning auf dem Schiff zufällig anwesende kranke Passagiere vorführen zu können, an denen er Heilversuche vornehmen könne.

‚Es wird ein Bombenerfolg’, meint der Produzent zu Gröning. ‚Sie haben gar keine Vorstellung, was man Ihnen bereits bei der Ankunft in New York für einen Empfang bereiten wird. Selbstverständlich müssen Sie sich verpflichten, die festgelegten Termine einzuhalten, um einen reibungslosen Ablauf Ihrer Tournee zu garantieren!’

‚Für die Massenheilungen stehen Ihnen drüben verschiedene Hallen zur Verfügung’, betont der Amerikaner, ‚so beispielsweise der Madison Square Garden in New York, in dem mehr als 20.000 Menschen Platz finden. Ein volles Haus kann man schon heute garantieren. Natürlich müssen sich die Zuschauer das auch etwas kosten lassen.’

‚Ich denke, zwischen 5 bis 30 Dollars könnte man für einen Platz verlangen’, ergänzt der Herr vom Film und fährt fort: ‚Man kann auch einen Besuch bei den Quäkern und anderen amerikanischen Hilfsorganisationen organisieren. Dass die Heilungen bei diesen Organisationen kostenlos erfolgen müssen, versteht sich von selbst, Herr Gröning. Gleichzeitig könnten wir daran gehen und eine Interessengemeinschaft in den Staaten ins Leben rufen. Wir persönlich würden dafür sorgen, dass Sie während der Dauer Ihres Aufenthaltes in den Staaten isoliert bleiben, um eine Berührung mit üblen Geschäftemachern zu verhindern!’"

Solche und ähnliche Angebote erhielt Gröning immer wieder. So erzählte er z. B. einmal in einem Vortrag:

"In diesem Freundeskreis (in Frankreich) war (...) eine junge Frau. Und ich sagte: ‚Sie haben einen Herzenswunsch.’ Zufällig konnte sie Deutsch. Sie beherrschte mehrere Sprachen. ‚Einen Herzenswunsch, und dieser Herzenswunsch ist Ihnen jetzt erfüllt. Sie brauchen nicht zu glauben, Sie haben nur eine Pflicht, sich davon zu überzeugen! Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie auch für Ihre Mutti hier geglaubt, und dass dieses Ihr einziger Herzenswunsch ist, dass die Mutti wieder einen gesunden Körper hat. Nun können Sie sich gleich überzeugen.’ Sie war erstaunt, sprang auf und sagte: ‚Ja, das stimmt, lieber Herr Gröning!’ Ich sagte: ‚Zufällig.’

Sie hat sich auch tatsächlich von dem überzeugt, hat sofort ein Telefongespräch geführt - nach Amerika rüber - und wurde davon überzeugt. Ich glaub’, über eine Stunde hat sie das Gespräch geführt. Es kommt ja nicht drauf an, wie lang; mehr hat sie nur nicht erzählen können. Sie suchte mich hernach auf und wollte mir das mitteilen. Aber erst am dritten Tag drauf ist sie mir zufällig, zufällig daselbst begegnet, so auf der Strasse.

Und diese Frau hat mir alles geboten, was sie besitzt. Nicht Millionen, sondern Milliarden von Dollar - grosse Besitztümer - alles. Ich hätte das angenommen, was ich ihr auch sagte. Unter einer Bedingung: Wenn davon mir kein Pfennig gehört, dass ich das alles für den Ärmsten der Armen - für den Kranken hergeben darf. Sagt sie: ‚Ja.’ Aber jetzt hat sie auch eine Bedingung. Sagte ich: ‚Die Bedingung, die Sie haben, darauf gehe ich nicht ein’ - dass Sie mich auf Grund des Geldes für sich haben wollte. (...)

Aber sehen Sie, ich lass’ mich nicht verlocken, auch nicht verleiten. Auch da nicht. Ja, sie ist auch eine hübsche - was Sie unter hübsch verstehen -, eine hübsche Frau. Aber das verlockt mich nicht, das verleitet mich nicht. Denn damit hätte ich mich wirklich - Sie haben es richtig erfasst -, hätte ich mich und auch Sie - das haben Sie vergessen zu sagen - mit verkauft. Vielen Dank, dass Sie das auch erkannt haben. Und ich bin nur froh und glücklich, dass ich’s nicht getan!"

Es hätte seiner innersten Überzeugung widersprochen. Er sagte an anderer Stelle einmal:

"Ich habe den Menschen zu wissen gegeben, dass ich mein Leben den Menschen dieser Erde schenke, dass ich ihnen das voll und ganz zur Verfügung stelle."

Einmal hat er sogar gesagt:

"Ich lebe, damit die Menschheit wird weiterleben können."

Um dies zu erfüllen, um diese seine Mission, allen Menschen dieser Erde, den Weg zu Gesundheit, Glück und Zuversicht zu eröffnen, brauchte er Helfer. Und viele boten ihm Hilfe an. Aber was haben sie getan?

2. Der "Gröning-Biograf" Egon Arthur Schmidt

Sobald Bruno Grönings Wirken in Herford öffentlich wurde, drängten sich nicht nur die unzähligen Kranken, sondern auch die geschäftstüchtigen Helfer an ihn heran. Im Interview mit dem "Neuen Blatt" sagte Bruno Gröning dazu:

"Sie kennen die Berichte, die damals ganz Europa, ja die ganze Welt alarmierten. Es begann ein Rummel. Ich wurde überfordert. Männer scharten sich um mich, die mehr verlangten, als ich geben konnte, und die mich missbrauchten. Ich war ihnen und den Zuständen nicht gewachsen. Mehrfach habe ich verschiedene Behörden, Dienststellen und Persönlichkeiten der Öffentlichkeit um Hilfestellung gebeten, aber das Echo und die wirkliche Hilfe waren nicht ausreichend, alles in geordnete Bahnen zu lenken."

Einer dieser Männer, die sich um Bruno Gröning scharten, war der Heidelberger Journalist Egon Arthur Schmidt. Er organisierte das Geschehen rund um den Herforder Wilhelmsplatz und betrieb eine zwielichtige Öffentlichkeitsarbeit für und gegen Gröning. 1950 beschrieb Bruno Gröning die Zustände in Herford und sein damaliges Anliegen wie folgt:
Egon Artur Schmidt Egon Artur Schmidt

"Naturgemäss entwickelte sich auch ein mit der Zeit ungeheurer Postzustrom, von Seiten der Presse, der Ärzte und vor allem der Kranken, den ich selbstverständlich nicht mehr alleine bewältigen konnte. Die Eheleute Hülsmann wie auch der dazugekommene Herr Egon Artur Schmidt erklärten sich bereit, hier Ordnung zu schaffen, d. h. mir Nebenarbeiten wie Posterledigung, Einteilung der Kranken usw. abzunehmen. Es war geplant, einen so genannten ‚Ring’ um mich zu bilden.

Da Herr Hülsmann mein Gastgeber war und mir so grosszügig seine ganze Wohnung zur Verfügung stellte, hielt ich es für richtig, ihn zu meinem Vertrauten zu machen, und ich beauftragte ihn, den Aufbau des Ringes zu fördern und zu überwachen und die erforderlichen Vorarbeiten zu leisten. Ich gab Herrn Hülsmann eine entsprechende Vollmacht und ordnete im Beisein von Herrn und Frau Hülsmann und Herrn Schmidt Folgendes an:

Es sollte ein Weg gefunden werden, die eingehende Post zu erledigen, insbesondere sollten die den Briefen oftmals beigelegten Geldsendungen von Heilungssuchenden registriert werden. Briefe sollten nie von einer Einzelperson geöffnet werden, sondern zum Zwecke der Abzeichnung in Gegenwart eines Zeugen. Die Zeugenschaft sollte auch zur Entkräftigung des Verdachtsmomentes bei Briefen dienen, in welchen Geldbeträge angezeigt, aber nicht eingelegt waren. Ich fürchtete hier Schwindler, die später nicht beigelegte Geldbeträge zurückfordern könnten.

Die ordnungsgemäss eingegangenen Gelder sollten verwendet werden für:

  • Geschäftsunkosten,
  • Heilungssuchende, die sich eine Fahrt zu mir nicht leisten konnten und hier unterstützt werden sollten.

Aus dem verbleibenden Überschuss sollte ein Sozialwerk entstehen, wie ich es mit dem Superintendenten Pfarrer Kunst aus Herford durchgesprochen hatte.

Es sollten nach und nach Heilstätten errichtet werden, in welchen die Kranken ohne Entgelt zu mir kommen sollten, um gründlich behandelt zu werden. Besonders Armen sollte überdies eine ein- oder mehrmalige Unterstützung zuteil werden.

Falls sich noch Überschüsse ergeben hätten, sollten dieselben für den Aufbau der durch den Krieg zerstörten Kirchen gleich welcher Konfession verwendet werden und als Weiteres, soweit möglich, plante ich den Bau von Siedlungshäusern, um den Ärmsten, die durch den letzten Krieg neben der Heimat auch ihr Hab und Gut verloren hatten, wieder zu einem Heim zu verhelfen."

Als Bruno Gröning Herford im Juni 1949 verlassen hatte, nahm Schmidt dort die Zügel endgültig in die Hand. Bruno Gröning schreibt dazu in seinem Lebenslauf:

"In dieser Zeit, in der ich mich nicht mehr in Herford aufhielt, blieb allein Herr Egon Artur Schmidt (...) zurück, der von mir beauftragt war, sich für die ordnungsmässige Erledigung aller Formalitäten einzusetzen, die erforderlich waren, um den mir von ihm selbst und Hülsmann gemachten Vorschlag, den Verein ‚Ring der Freunde Bruno Grönings’ zu gründen, so zu verwirklichen, dass der Verein in keinem Falle von irgendeiner Seite angegriffen werden konnte. Bei diesem ‚Ring der Freunde Bruno Grönings’ gingen täglich 6.000 bis 7.000 Briefe ein. (...)

Dieser Verein ‚Ring der Freunde’ wurde zwar ins Leben gerufen, erfüllte jedoch nie den erwarteten Zweck so, wie ich es für richtig hielt. Ich konnte feststellen, dass von den in den Briefen enthaltenen Geldern, die sich bei Eingang von über 1 Million Briefen auf mehrere 100.000 DM belaufen mussten, nichts mehr vorhanden war. (...)

Zu diesen Missständen konnte es nur kommen, weil Egon Arthur Schmidt sein mir gegebenes Versprechen, nach meinen ausdrücklichen Anordnungen alles in geordnete Bahnen zu lenken, nicht gehalten hat. Nach Angaben von Zeugen wusste er alles so gut zu managen, dass er durch die Geldeingänge von Kranken ‚gesund’ geworden ist. Um sich selbst jeder Verantwortung entziehen zu können, übertrug er den Vorsitz des Vereins ‚Ring der Freunde Bruno Grönings’ einem gewissen Professor Berndt und verstand es bei vielen polizeilichen Vernehmungen, alle Schuld auf diesen Vorsitzenden abzuwälzen (Beweise liegen mir vor). Als gerissener Journalist verstand Schmidt es, seine Presseartikel pro und contra unterzubringen, hieraus auch Geld zu machen, mich ausserdem durch seine Artikelserie in ein so schlechtes Licht zu bringen, dass ich als einer der schlechtesten, schmutzigsten Menschen angesehen werden musste, so dass selbst die Behörden durcheinander gebracht wurden, und mir nachher vorzutäuschen, dass er, der Unschuldsengel, nicht gewusst habe, dass die Presse die Artikel so herausstellen würde. Meine ihm gemachten Vorhaltungen waren völlig in den Wind gesprochen."

1950 schrieb Bruno Gröning über Schmidt weiter:

"Schmidt hat jedenfalls die grösste Raffinesse angewandt, sein eigentliches Wirken auch Herrn Hülsmann gegenüber zu verschleiern und die Dinge so zu verdrehen, dass Hülsmann sich immer wieder von der angeblichen Ehrlichkeit Schmidts überzeugen liess.

Ich selbst habe Herrn Schmidt die strikte Anweisung gegeben, nichts ohne mein Wissen und meinen Willen zu tun. Auch habe ich mir vorbehalten, Aufklärungsschriften, Aufbauarbeiten, Kartotheken usw. zu begutachten und für meine eigene Sicherheit abzuzeichnen. Herr Schmidt war mit all meinen Vorschlägen einverstanden, es kam aber anders. (...)

Schmidt soll nach Angaben der Polizei, wie mir später bekannt wurde, Dienststellen in verschiedenen Städten Deutschlands errichtet haben, um dort Mitglieder zu werben. Laut polizeilicher Mitteilung soll Schmidt grosse Geldbeträge, die er aufgrund der Werbung mit meinem Namen erhalten hatte, nach eigenem Gutdünken verwendet haben. (...)

Ich selbst habe von den bisher vereinnahmten Geldern keinen Pfennig erhalten. Mein grösstes Bestreben war und ist es heute noch, eine Heilstätte zu haben, um meiner Tätigkeit in geordneten Verhältnissen nachgehen zu können."

Noch 1949 trennte sich Bruno Gröning von Schmidt, doch 1952 drängte der Journalist sich erneut an ihn heran. Bruno Gröning schreibt dazu in seinem Lebenslauf von 1956:

"Im Oktober 1952 begegnete ich wieder E. A. Schmidt in Herford, und zwar deshalb, weil er brieflich alles darangesetzt hatte, mit mir ein Treffen herbeizuführen. E. A. Schmidt bat mich inständig, alles wieder gutmachen zu dürfen, was er bisher schlecht getan hatte, und gab mir das Versprechen, jetzt nur noch korrekt handeln zu wollen. Ich selbst war trotz seiner festen Zusicherung sehr misstrauisch, wollte ihm aber doch eine Chance geben, sich - der mehr oder weniger Alleinschuldige - zu rehabilitieren. Er selbst war es, der mir bittend anbot, das Buch ‚Die Wunderheilungen des Bruno Gröning’, das er schon verfasst hatte, mit den darin enthaltenen wahrheitsgetreuen Schilderungen, die doch unwiderruflich seien - wie er sich ausdrückte -, zu veröffentlichen, um damit zum Ausdruck bringen zu können, was er von mir hielte (...). Da Schmidt von seinem Vorhaben nicht abliess, sich vielmehr direkt an mich hängte und mir immer wieder die Versicherung gab, dass er alles daransetzen wolle, mein Werk so aufzubauen, wie es von Anfang an gedacht und geplant war, und mündlich und schriftlich mit neuen Vorschlägen an mich herantrat, kam ich nach und nach doch wieder mit ihm zusammen und nahm schliesslich doch seine Angebote an. Aber bald - trotzdem er mir gegenüber die positive Seite zeigte - lancierte er doch wieder, wie ich nachweisen konnte, einige sehr schmutzige Artikel über mich in die Zeitungen. Nachdem ich ihm wieder schwerste Vorhaltungen deswegen machte, entschuldigte er sich wieder damit, er habe nicht gewusst, dass die Zeitungen das so herausstellen würden. Nach meiner Auffassung und wie ich in vielen Fällen feststellen konnte, ist auch für all die in der damaligen (Herforder) Zeit entstandenen Wirrnisse allein E. A. Schmidt verantwortlich zu machen, denn er ist allein daran schuld.

Als ich ihm erneut die schwersten Vorhaltungen machte und ihm klarmachte, dass ich unmöglich auf dieser Basis länger mit ihm zusammenarbeiten könne, zog er sich endlich zurück, und nachdem auch der gesamte Vorstand des Gröning- Bundes[4], bei dem er den Geschäftsführerposten an sich reissen wollte, ihn ablehnte, zeigte er sein wahres Gesicht. Er macht jetzt Prozesse gegen mich anhängig auf Grund frei erlogener Anschuldigungen und erstattet Anzeigen gegen mich, die sich auf unwahre Behauptungen stützen und versucht hiermit, die Gerichte irrezuführen und mir grösste Schwierigkeiten zu bereiten."

3. Geschäftstüchtige Wissenschaftler

Auch die massgeblich an den Heidelberger Untersuchungen beteiligten Ärzte witterten in Bruno Gröning ein gutes Geschäft, wollten ihn sich zunutze machen und an seinen Fähigkeiten kräftig abkassieren. Bruno Gröning schrieb dazu:

"Die von Herrn Professor F. in diesem Zusammenhang mir gestellten finanziellen Bedingungen usw. waren so gehalten, dass sie für mich unannehmbar waren. Natürlich wurden hierüber viele Besprechungen geführt, auch mit Herren, die dieses Werk finanzieren wollten. Ich habe mich mit den Vorschlägen von Herrn Professor F. nicht einverstanden erklären können und sie abgelehnt deshalb, weil ich

  1. über keinen Pfennig Geld verfügte. So konnte ich ihm gegenüber auch keine finanziellen Verpflichtungen übernehmen, denen ich nicht hätte nachkommen können,
  2. nie daran gedacht habe, aus dem ganzen Vorhaben ein Geschäft zu machen.

Es war dieses alles daher für mich ein unmögliches Verlangen. Ausserdem wollte ich nur das tun, wie es mir durch meine Berufung gegeben: den Hilfesuchenden helfen und mich deshalb den Ärzten wie Psychotherapeuten zur Verfügung zu stellen, aber niemals ein Geschäft aus der ganzen Sache machen.

Herr Professor F. hat mir nach der ganzen Klausur versichert, dass ich ein positives Gutachten von ihm sowie von Herrn Professor W. erhalten werde. Ein solches Gutachten ist mir nie ausgehändigt worden. Im Gegenteil hat man mir alles zu meinen Ungunsten ausgelegt.

Auch hier musste ich wiederum feststellen, dass man der geschäftlichen Seite den grössten Wert beimass. Wo blieb für mich das fest versprochene Freimachen des Weges, damit ich frei wirken konnte?

Zu meinem ersten Prozess im Jahre 1951 wurde von der Staatsanwaltschaft ein Gutachten von der bereits genannten Heidelberger Klinik angefordert. Mit diesem Gutachten konnte das Gericht deswegen nichts anfangen, weil die Beantwortung der vom Gericht gestellten Fragen durchaus nicht zu entnehmen war. Dieses Gutachten gibt mir wieder einmal den Beweis, dass für mich die negative Seite gut genug war, weil das Vorhaben in geschäftlicher Beziehung nicht so zustande gekommen war, wie die Herren es sich gedacht hatten. Das Gutachten wurde vom grünen Tisch aus angefertigt, in das man alles, auch Negatives, das sich beim Gericht über mich angesammelt hatte und das noch nicht einmal aufgeklärt war, mit hineinflocht. Mit diesem Gutachten haben sich die so genannten Gutachter keine Ehre eingelegt, sondern mir wieder einmal den Beweis dafür gegeben, wie Menschen sein können. Ausserdem hat man hiermit weder der Medizin noch der Psychotherapie zur Ehre verholfen. Selbstverständlich zähle ich nicht zu den Menschen, die nun alles über einen Kamm scheren, sondern dieses als Ausfälle betrachte und hier gut zu unterscheiden weiss.

Durch die Handlungsweise der oben genannten Herren der Medizin und Psychotherapie hatte die Presse nun erst recht Gelegenheit, den ihr hier zur Verfügung stehenden Stoff nach der negativen Seite hin zu beleuchten."

In einem Interview für das "Vegetarische Universum" bezog Bruno Gröning Stellung zu dem angesprochenen Gutachten von 1951:

"Die Herren beamteten Wissenschaftler haben es sich ziemlich leicht gemacht und auf 73 Seiten ein mühselig zusammengefasstes und bestimmt recht kostspieliges Obergutachten niedergelegt. Mein ganzes bisheriges Leben, vom Säugling angefangen, wurde unter die Lupe genommen, und dann wurden daraus Schlüsse gezogen, die, das darf ich hier wohl offen aussprechen, meines Erachtens einfach haarsträubend sind. Arme Wissenschaft! Dafür ist Zeit und Geld da. Aber Millionen Menschen schmachten in Krankheit und Leiden, und es gelang bisher nicht einmal, die so genannten grossen Volkskrankheiten wie Rheuma, Gicht, Tuberkulose, Multiple Sklerose, Krebs und andere mehr auch nur entfernt erfolgreich zu bekämpfen. Ich schnüffle ja auch nicht im Privatleben jener Herren herum; sie führen ganz bestimmt auch eines, aber das interessiert mich nicht einmal. Ich verbringe mein Leben so, wie ich es vor Gott und denen, die meine Hilfe erwarten, verantworten kann. Im Übrigen habe ich viele Hunderte Beweise meiner Fähigkeiten geliefert. Aber davon haben jene Herren keine Notiz genommen; sie wollen dies anscheinend auch gar nicht. Vielleicht fehlt ihnen das Organ dafür, andere Dinge zu verstehen und zu begreifen - oder sie sind verhärtet im fachmännischen Hochmut, der es nicht zulässt, dass es Aussenseiter gibt, die in ihrer Art auch etwas leisten können."

1952 äusserte Bruno Gröning sich noch einmal zu diesem Gutachten:

"Dieses zweite vom grünen Tisch ausgestellte Gutachten ist aus dem Schmutz und Dreck zusammengesetzt, wovon Menschen übelster Sorte gegen mich ausgestellt. Dieser Gerichtsakt wurde den Ärzten, d. h. diesen zwei Herren Obergutachtern zur Entnahme, um hier ein Gutachten zu fällen, herausgezogen, das ja hierfür den besten Beweis erbringt, dass die Schulmedizin von sich aus nichts unversucht lässt, mich endgültig erledigt zu wissen. Und daher haben diese beiden Menschen darauf ja gut hinzusteuern gewusst."

4. Geschäftemacher am Traberhof

Die Geschehnisse am Traberhof zogen neben Zehntausenden Heilungssuchenden auch viele geschäftstüchtige Gauner an, die sich an Gröning oder besser gesagt an der Not der Kranken bereichern wollten.

In einem Rückblick auf sein öffentliches Wirken schrieb Bruno Gröning 1950 dazu:

"Ich lud daraufhin die in- und ausländische Presse zu einer Konferenz ein und bat sie dringend, von der Herausgabe von Sensationsartikeln Abstand zu nehmen, da die Zustände in dieser Form unhaltbar seien und ich Zeit bräuchte, Heilstätten einzurichten, um die Kranken in geordneten Verhältnissen heilen zu können. Die Presse achtete jedoch meine Wünsche und Bitten nicht, es lag ihr im Gegenteil nur daran, durch gross angelegte Sensationsartikel Geld zu verdienen.

Die zweiten Geldverdiener waren Menschen, die durch irgendwelche Vermittlung sich Zutritt zu mir verschafft hatten und von Heilungssuchenden Geldbeträge forderten, um die Kranken bevorzugt zu mir zu bringen.

Wieder andere erwarben sich Gelder, indem sie sich meinen wenigen Mitarbeitern als Hilfe anboten. Ein gewisser Herr Kamschek bot sich als Türschliesser an, er sagte meinen damaligen Mitarbeitern, Herr Kuhlmann und Fräulein Wolfrum, zu, niemanden ins Haus zu lassen, der dazu nicht berechtigt sei. Fräulein Wolfrum war Heilungssuchende und bot sich zum Dank für die Heilung als ehrenamtliche Mitarbeiterin an (Sommer 49). Kuhlmann, den ich aus Dillenburg kannte, traf ich wieder in Herford, ich nahm sein Anerbieten, mich zu unterstützen, an und behielt ihn in meiner Begleitung.

Der Türschliesser Kamschek soll, wie mir später bekannt wurde, nur Heilungssuchende zu mir gelassen haben, die ihm für den Zutritt Geldbeträge boten. Zu Anfang war dies niemandem aufgefallen. Später in Wiessee, wo er dasselbe Gewerbe ausüben wollte, wurde mir bekannt, dass er sich von einem Patienten[1] DM 1.200,- für den Einlass geben lies. Ich verlangte daraufhin, Kamschek in polizeilichen Gewahrsam zu nehmen, Kamschek aber verschwand spurlos.

Frau Hülsmann las mir auch eines Tages den Brief eines Heilungssuchenden vor, nach dessen Inhalt sich Kamschek Dritten gegenüber als mein Freund ausgegeben hatte, der alle seine Anordnungen befolgte. Dem Brief war zu entnehmen, dass der Heilungssuchende Kamschek einen grösseren Geldbetrag gegeben habe. Ich solle aber trotz Kamscheks Machinationen den Kranken nicht fallen lassen. Dieser Brief muss in Händen von Frau Hülsmann sein.

Eine weitere Geschäftemacherei bestand darin, dass Leute behaupteten, durch gute Bekanntschaft zu meinen Mitarbeitern eine bevorzugte Behandlung[1] herbeiführen zu können. Den Heilungssuchenden soll hierfür Geld abgenommen worden sein. Herr Hülsmann sprach mir einmal davon und ich setzte mich daraufhin sofort mit der Kriminalpolizei München (Krim. Oberins. Martin) in Verbindung. Was ich von Herrn Hülsmann über diese Art Geschäftemacherei erfuhr, gab ich sofort zu Protokoll der Polizei. Dies war im Spätherbst 1949.

Ich selbst habe immer wieder zu verstehen gegeben, dass ich alle Arten von Geschäftemacherei ablehne, keine Propaganda wünsche, mir keine Reichtümer verschaffen möchte, sondern, wie schon wiederholt erwähnt, in geordneten Verhältnissen wirken wolle.

Eines Tages tauchte der eingangs erwähnte Herr Prof. Berndt auf und bat mich um meine Anwesenheit anlässlich einer von ihm einberufenen Versammlung seines Vereins. Ich sagte zu und als er mich am Schluss der Versammlung bat, ein paar Worte zu den Anwesenden zu sprechen, kam ich seinem Wunsche nach, umso lieber, als ich gesehen hatte, dass sehr viele Kranke unter den Anwesenden waren. Als mich aber daraufhin Herr Prof. Berndt bat, am selben Tag noch eine andere Veranstaltung und am nächsten Tag sogar zwei unter freiem Himmel zu besuchen, lehnte ich dies entschieden ab. Prof. Berndt beschwor mich inständig, ihn doch nicht im Stich zu lassen. Als ich jedoch erfahren musste, dass Berndt Eintrittsgelder von DM 3,-- bis 10,-- für den Einlass forderte, blieb ich erst recht bei meiner Ablehnung und suchte noch am selben Tag meinen damaligen Anwalt Dr. Rödel auf, um offiziell meine Ablehnung zum Verhalten Berndt klarzulegen.

Ferner beauftragte ich Herrn Sietek, die Kampfansage gegen Sensations- und Geschäftemacherei über Presse und Rundfunk gehen zu lassen. Von da ab gab es so nach und nach eine Wende pro und contra. Sietek stellte sich bei mir als Journalist des Innenministeriums vor, von dem er den Auftrag haben wollte, über meine Tätigkeit genauen Bericht zu erstatten. Ich legte Sietek nichts in den Weg, sondern betonte ausdrücklich, dass ich nichts zu verheimlichen habe. So gesellte sich Sietek immer mehr an meine Seite. Er fühlte sich in meiner Nähe scheinbar sehr wohl und sicherte mir zu, dass er alles schriftlich festhalten werde, um gegen unwahre Presseangaben einzuschreiten.

Er wollte auch alle Unwahr- und Unklarheiten aufdecken um der Regierung berichten zu können. Sicherheitshalber bat ich Herrn Hülsmann, über Sietek Erkundigungen bei der Regierung einzuziehen, wurde aber von Hülsmann von Tag zu Tag bezüglich einer solchen Aufklärung hingehalten. Ich vermute, Hülsmann liess sich damals von Sietek den Kopf verdrehen durch Sieteks grossspurige Angaben, mir mit Hilfe einzelner Minister und einiger Amerikaner zum Ziele zu verhelfen. Aus all dem wurde aber nichts. Von Sieteks Tätigkeit konnte ich lediglich als bleibende Erinnerung feststellen, dass er sich durch Frau Hülsmann meine persönlichen Negative (104 Stück) geben liess, Photoaufnahmen machte, die er mir aufbewahren wollte, er aber selbstverständlich unter eigenen Gewahrsam nahm. Wichtiges Adressmaterial ging in Sieteks Hände, Heilungsberichte, Schriftenmaterial über meine Gegner, die ich der Polizei überantworten wollte. Ich bin überzeugt, dass Sietek Dank- und Heilungsberichte für sich behielt, damit ich nie einen Nachweis über die Art und Zahl meiner Heilungen erbringen könnte. Sietek wollte wohl nur ohne Gegenleistung möglichst rasch und möglichst viel Geld durch mich verdienen.

Ich konnte mich jedoch seinerzeit in Anbetracht meiner Überbeanspruchung in der Heiltätigkeit nicht um diese Dinge kümmern und meinen wenigen anständigen Mitarbeitern wie Hülsmanns, Frl. Wolfrum und Herrn Kuhlmann ging es ebenso.

Obwohl ich betonen möchte, dass ich sofort, als ich nach München kam, dem damaligen Polizeipräsidenten Herrn Pitzer und einigen anderen Herren, z. B. Herrn Vizepolizeipräsidenten Weitzmann und Herrn Harwarth im Beisein von Herrn Hülsmann und Herrn Dr. Trampler meine Bitte aussprach, sich dafür einzusetzen, dass mir gute, ehrliche Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden. Leider blieben meine Vorstellungen ohne Widerhall. Ich wurde vielmehr von Geschäftemachern überstürmt, verwies diese an Hülsmann, aber auch dieser konnte dem Ansturm, wie er mir selbst gegenüber zugab, nicht mehr Herr werden. (...)

Der Traberhofrummel (wie ich ihn nannte) nahm nicht mehr tragbare Formen an. Besonders Tüchtige erwarben sich ihren Lebensunterhalt, indem sie ‚Aufnahmen von Gröning’ an die Wartenden verkauften, Wartestühle für die Übermüdeten anboten und Speisen und Getränke an den Mann zu bringen versuchten. Die Wirtin der Traberhofgaststätte Frau Hagen machte meines Erachtens ihre besten Geschäfte während dieser Zeit.

Mir wurde nicht einmal eine Mitteilung des roten Kreuzes zugestellt, dass dasselbe Zelte dort errichtet habe, um die Schwerkranken zu pflegen, bis sie zu mir Zutritt hatten bzw. bis ich wieder einmal dort anwesend war. Erst als ich einmal fragte, was die Zelte auf dem Gelände zu bedeuten hätten, erfuhr ich von der Anwesenheit der Pfleger des Roten Kreuzes und nahm mich daraufhin auch sofort dieser Schwerstkranken an."

Auch zunächst loyale Mitarbeiter Grönings verfielen der Versuchung, Geld an ihm zu verdienen. Bruno Gröning in seinem Lebenslauf von 1956:

"Mein früherer Gastgeber Hülsmann war inzwischen ein eifriger ‚Geschäftsmann’ hinter meinem Rücken geworden. Alle drängten sich vor mit dem Versprechen, mir die Heilgenehmigung zu verschaffen, verschwanden aber als mehr oder weniger entlarvte Gangster wieder, nachdem ihre Geschäfte abgewickelt waren und mir ein zweifelhaftes Renommee hinterlassen hatten, was von der Presse gierig aufgefangen wurde."

Hülsmanns haben sich kurz darauf von Bruno Gröning getrennt. Später hat Frau Hülsmann Bruno Gröning auf Mietzahlung für die Räumlichkeiten in Herford und auf Lohnzahlung für ihre Arbeit für ihn verklagt. Und das obwohl die Hülsmanns Bruno Gröning ihr Haus ursprünglich kostenlos zur Verfügung gestellt und sich unentgeltlich für ihn engagiert hatten. Bruno Gröning verlor den Prozess und musste bis an sein Lebensende monatliche Raten an Frau Hülsmann zahlen. Der ursprünglich in Herford geheilte Sohn der Familie Hülsmann ist später wieder an Muskeldystrophie erkrankt und Mitte der fünfziger Jahre gestorben.

Das Ehepaar Hülsmann Das Ehepaar Hülsmann

Auch ein Dokumentarfilm, der zur Traberhofzeit über Bruno Gröning gedreht und ab Oktober 1949 in den Kinos gezeigt wurde, diente nur dem Zweck, aus dem Phänomen Gröning Kapital zu schlagen. Bruno Gröning hatte sich dem Projekt von Filmproduzent Rolf Engler ganz zur Verfügung gestellt. Doch das Ergebnis war nicht in seinem Sinne. Später sagte er einmal in einem Zeitungsinterview über den Film:

"Es handelt sich ja nur um eine Äusserlichkeit und um Geschäft. Vom Film wurden gerade die wesentlichsten Teile herausgeschnitten und so der Film (...) entstellt. Ich bin ja schon so viel betrogen worden, wie kein Zweiter. Ich sage auch hier: Dreht und kurbelt so viel ihr wollt. Wenn man aber etwas von mir festhalten will, so sollte man mich selbst das Richtige dazugeben lassen. Man liess es mir zum Teil ja geschehen, hat aber, wie gesagt, das Wichtigste wieder herausgeschnitten. Die Welt ist schon so."

Auch die diversen Angebote zur Gründung von Heilstätten, wie Bruno Gröning sie seit Herford anstrebte, wurden nicht aus Mitge fühl mit den Kranken gemacht oder um Gröning zu helfen, sondern aus handfesten Geschäftsinteressen. Auch hierzu hat Bruno Gröning sich geäussert:

"Dem Traberhofrummel konnte ich nicht Einhalt gebieten. Ich bat daher Herrn Hülsmann dringend, den diversen Heilstättenangeboten nachzugehen, um günstige Angebote prüfen zu können.

So wurde ich eines Tages auf Empfehlung des Filmproduzenten Engler zum Schloss Elmau gefahren. Engler wollte hier die besten Beziehungen und Angebote haben. Ich konnte aber nur feststellen, dass auch an der Aussage Englers nichts Positives war.

Ich hörte, dass laufend Leute kamen, die angeblich besonders günstige Angebote gemacht hätten oder in Vorschlag bringen wollten. Geredet wurde viel, geschafft gar nichts. Beweis, dass ich von keinem günstigen Angebot einer Heilstätte Näheres erfahren habe. Ich hörte nur immer die Worte: ’s wird schon werden, es liegt sehr günstig, die Angebote sind gross und da und dort stehen wir oder ich, vom Einzelnen aus gesehen, in Verhandlungen. (...)

Einladung vorwiegend privater Natur erfolgten am laufenden Band. Es handelte sich meist um Hotels, Gaststätten oder Pensionen (Schwerzenbach, Wiessee, Inhaberin Frau Beil) und manche andere. In keinem der aufgesuchten Plätze blieb es aus, dass dort sofort Heilungssuchende in grosser Zahl auftauchten. Soweit mir bekannt, wurde in jener Zeit von den Gastgebern kein Geld für Unterkunft und Verpflegung gefordert. Hülsmann lag mir nur dauernd in den Ohren, dass er sich den Kopf zerbrechen müsse, wie wir die Fahrten zu den Schwerkranken finanzieren könnten. Ich erfuhr dann wieder, dass man uns den Sprit bzw. anfänglich auch einen Wagen gerne und unentgeltlich zur Verfügung gestellt habe.

Die Heilstättenerrichtung scheiterte letzten Endes immer an der finanziellen Seite. Die Anbietenden erwarteten sich durch mein Wirken ein volles Haus und für sich selbst natürlich volle Kassen. An mich und mein Wirken haben sie wohl zu allerletzt gedacht und auch nicht an die vielen Kranken, die ohne Finanzen zu mir in grosser Not kamen und sich die letzte Hilfe von mir versprachen, eben dass sie wieder ihre Gesundheit erlangen."

5. Der Journalist Dr. Michael Graf Soltikow

Eine Zunft, die Bruno Gröning ganz besonders geschadet und zur Steigerung ihrer Auflagenhöhe ausgenutzt hat, war die Presse. Den meisten Journalisten ging es weder um eine objektive Berichterstattung noch darum, den Kranken zu helfen. Einziges Interesse war auch hier, aus dem Geschehen um Bruno Gröning Kapital zu schlagen. Sensationsartikel und Sonderausgaben wurden zuhauf herausgegeben, Lügen, Verleumdungen und übelste Beschimpfungen wurden veröffentlicht. Die "Schmetterlingssammlung", wie Bruno Gröning sie nannte und in der er sämtliche Presseveröffentlichungen über sich gesammelt hat, umfasst mehr als 15 Aktenordner. Bruno Gröning sagte dazu traurig:

"Über mich wurde sehr viel geschrieben und berichtet, leider waren 95% davon pure Unwahrheit und Lüge. Und die 5% aus Unwissenheit auch noch verdrehte Wahrheit!"
Dr. Michael Graf Soltikow Dr. Michael Graf Soltikow

Einer der skrupellosesten Journalisten, die sich zur Traberhofzeit an Bruno Gröning herangedrängt hatten, war ein gewisser Dr. Michael Graf Soltikow. Nachdem er zunächst versucht hatte, sich in den Mitarbeiterkreis um Gröning zu drängen, hat er ein äusserst ehrenrühriges Flugblatt herausgegeben unter dem Titel: "Extrablatt - Gröning entlarvt". Damit versuchte er unter Berufung auf den damals schon aus dem Mitarbeiterkreis Bruno Grönings ausgeschiedenen Egon Arthur Schmidt den Eindruck zu erwecken, Bruno Gröning und seine Mitarbeiter hätten sich verschiedener strafrechtlicher Tatbestände schuldig gemacht. Bruno Gröning ist sofort strafrechtlich gegen Soltikow vorgegangen. Es stellte sich heraus, dass sämtliche Vorwürfe unhaltbar waren. Bruno Grönings Ruf aber war schwer beschädigt, zumal von nun an viele Journalisten dazu übergingen, Lügen und Verleumdungen über Bruno Gröning in die Welt zu setzen.

Soltikows Interesse an dem ganzen Geschehen um Gröning war einzig finanzieller Natur. So hatte er vor diesem Extrablatt bereits Sonderausgaben unter dem Titel "Hier spricht Gröning" herausgegeben. Dabei gab er sich als Pressestelle Bruno Grönings aus, was zu einem Rechtsstreit mit dem Herausgeber des "Gröning-Ruf" führte, der sich ebenfalls als Einziger autorisiert fühlte, für Bruno Gröning zu sprechen. Für das negative Extrablatt hat Soltikow über 50 000 DM kassiert. Bruno Gröning schrieb über die Geschehnisse um Soltikow:

"Soltikow ist nie Mitarbeiter gewesen. Unser erstes Zusammentreffen geschah auf dem Traberhof, wo er mir durch Herrn Hülsmann (auf sein - Soltikows - Drängen) vorgestellt wurde und zwar als ‚Graf und Journalist’. Soltikow schlug mir vor, als ich ihn auf dem Traberhof während weniger Minuten sprach, eine positive Broschüre über mein Wirken schreiben zu wollen und zwar aufgrund von unzähligen Heilungsberichten, die er selbst gesammelt, in seinen Besitz gebracht hatte. Hierbei sagte er, dass er diese Broschüre ganz gross herausstellen wolle unter Aufziehung entsprechender Reklame. Er erklärte auch, wie er diese Propaganda bewerkstelligen wollte. Meine Antwort hierzu war wörtlich: ‚Mir persönlich ist es wurscht, wie Sie dies anstellen, auch ob Sie positiv oder negativ schreiben, Letzteres müssen Sie selbst verantworten.’ Im Anschluss daran sagte Soltikow, dass er das Angebot eines Verlages erhalten habe, worin er gebeten wird, nicht positiv, sondern um eines guten Geschäftes willen mal negativ zu schreiben. Der Verleger soll bemerkt haben, dass das eines der besten Geschäfte sein würde und er biete ihm dafür DM 50 000. Auch hier habe ich zu Soltikow gesagt, er solle das tun, was er für richtig hält. Ich werde ihn in keiner Weise beeinflussen, aber bei gegebener Zeit - falls er negativ schreiben würde - ihn gerichtlich belangen müsste.

Für seine beabsichtigte Broschüre bat er mich, dass ich ihm einige Auslandsbriefe zur Verfügung stellen sollte und er mir dieselben (20 Stück) wieder zurückerstatten wollte. Soltikow betonte, dass er niemals negativ schreiben wolle und könnte, da er mit positivem Material derart überschüttet wäre und damit mehr als eine Broschüre schreiben könnte. (...)

Auf mein Befragen, warum er sich überhaupt für mich so einsetzen wolle, erwiderte Soltikow: ‚Herr Gröning, ich will durch Sie populär werden.’"

Mit der Broschüre des Grafen Soltikow brach ein Damm in der Berichterstattung der Medien. Er war der erste, der Bruno Gröning in einer Art und Weise diffamierte, wie es vorher kaum vorstellbar war. Doch nun wandten sich weite Teile der Presse dieser Art der Berichterstattung zu. Selbst vermeintlich seriöse Magazine wie der "Spiegel" griffen die Vorwürfe Soltikows bereitwillig auf und traten sie genüsslich breit. Entsprechend gross war der Schaden für den Ruf Bruno Grönings und für das Vertrauen der Heilungssuchenden zu ihm, das ja eine Grundvoraussetzung für die Heilung ist.

6. Der KZ-Kommandant Otto Meckelburg

Nach der Traberhofzeit bot ein gewisser Otto Meckelburg Bruno Gröning seine Hilfe bei der Errichtung von Heilstätten an. Bruno Gröning dazu:

"Nachdem ich einige Tage in Bad Wiessee war, erschien ein Herr Meckelburg mit seiner Frau. Ich erfuhr von ihm, dass seine Frau früher sehr schwer krank gewesen sei und u. a. von Prof. Sauerbruch aufgegeben worden sei. Bei einem Besuch der Frau Meckelburg in Schwärzenbach sei sie geheilt worden. Dies sei ohne meine Anwesenheit erfolgt. Er - Herr Meckelburg - sei zahlreichen Heilungen nachgegangen. Er hätte festgestellt, dass an meiner Methode etwas dran sei. Herr Meckelburg erklärte mir, dass er sich die Mühe gemacht hätte, Pläne für eine Heilstätte aufzustellen, in der ich mit behördlicher Genehmigung und unter Aufsicht von Ärzten heilen könnte. Herr Meckelburg hatte diese Pläne bereits bei sich."

Otto Meckelburg
Otto Meckelburg

In seinem Lebenslauf von 1956 schrieb Bruno Gröning über diese Zeit:

"Nachweislich ist auch Herr Meckelburg an den Missständen in meiner Umgebung aus der damaligen Zeit mitschuldig. Er rief, wie er mir versprochen, nach Absprache mit Rechtsanwälten - die schriftlich niedergelegt wurden - einen ‚Verein zur Erforschung Gröning’scher Heilmethoden’ ins Leben. Dies hat er in betrügerischer Weise für sich so auszuschlachten gewusst, indem er mehr als 100.000 DM für sich einbehielt, ohne mir auch nur einen Pfennig davon abzugeben. Im Gegenteil, ich musste dem Finanzamt München Steuern zahlen für Gelder, die Schmidt und auch Meckelburg vereinnahmt hatten und verschwinden liessen und wovon ich nichts gesehen hatte. (...)

Frühjahr 1950 ging ich auf Wangerooge. Wieder dasselbe: Ein Strom von Heilungssuchenden, Massenheilungen, feindliche Haltung der Gesundheitsbehörden. Inzwischen hatten sich in Bayern die Bemühungen um Erlangung der Heilgenehmigung zerschlagen, auch aus dem Grunde, weil mein damaliger so genannter ‚Manager’ Meckelburg wegen Steuerhinterziehung und übler Geschäfte verhaftet und eingesperrt worden war."

In einer Stellungnahme zur Anklageschrift im grossen Prozess[5] berichtete Bruno Gröning über Meckelburg:

"Meckelburg hatte mir, wie er häufig woanders erzählte, Geschenke gemacht, für die ich aber später die Rechnungen erhielt und sie dann selbst bezahlen musste. Auch das Finanzamt meldete sich, allerdings nicht bei Otto Meckelburg oder seinem Verein, sondern bei mir persönlich, und ich durfte später dafür, dass ich angeblich anstelle von Barzuwendungen täglich 1 Pfund Kaffee und 100 Zigaretten verbrauchte, noch mehr als 1.500,- DM Steuern bezahlen! Richtig ist, dass der Meckelburg-Verein und damit Meckelburg selbst, der sich als Vereinsvorsitzender sogleich selbst zum Geschäftsführer mit einem Monatsgehalt in Höhe einer vierstelligen Zahl ernannte und dementsprechend ‚standesgemässe’ Spesen machte, in skrupellosester Weise die Hilfesuchenden ausgesucht hatte, wie sie finanziell leistungsfähig waren.

Ich jedoch fragte nie nach Rang und Namen, nie nach Herkunft und Vermögen! Für mich war ein Hilfesuchender, mochte er herkommen, aussehen, heissen oder besitzen wie oder was immer: Mensch blieb für mich Mensch!!

Aus dieser meiner Einstellung wussten Otto Meckelburg und sein Anhang gründlichst Kapital zu schlagen. Er war mit seiner Frau schliesslich anfangs gekommen, um sich für empfangene ‚Heilung’ zu bedanken - ich hatte auch nach seiner Vorgeschichte nicht gefragt. Erst viel später erfuhr ich seinen sehr bedenklichen politischen Werdegang und seine Funktion als Leiter gewisser anrüchiger Lager ...; erst als Meckelburg gegen mich mit Methoden vorging, die einer unrühmlichen jüngeren Zeitepoche in Deutschland nachgesagt werden und für die er als ehemaliger KZ-Kommandant schon beste charakterliche Voraussetzungen mitgebracht hatte, interessierte ich mich für seine Vorgeschichte. Es mag dem Prozessverlauf vorbehalten bleiben, dass hierzu noch Einzelheiten ausgesagt und erörtert werden, um die Persönlichkeit Meckelburgs ins rechte Licht zu rücken - jedenfalls hat er schon 1951/52 dem Münchener Gericht bestätigen müssen:

‚Gröning hat nicht einen Pfennig erhalten!’

Dafür, dass ich nicht ‚hintenherum’ mir Einnahmen verschaffen konnte, hatte Meckelburg durch ein Überwachungs- und Kontrollsystem, aber auch mit typischen Gangstermethoden vorgesorgt! Auch dafür musste ihm der Fall Kuhfuss und das spätere tragische Ende dieser beiden braven Menschen herhalten, was darin zum Ausdruck kam, dass er wiederholt dritten Personen erklärt hatte:

‚Den Gröning werde ich schon kleinkriegen - ich breche ihm alle Gräten!’ (...)

Am 10. Juni 1950 löste ich mich vom Ehepaar Meckelburg. Es war eine unerhört bittere Zeit für mich, reich an Lehren und Erfahrungen, was Menschen anzustellen in der Lage sind, wenn sie nach anfänglich vielleicht noch gutem Wollen dann doch darin verfallen, nur noch materiell und nur noch ‚in Geld’ und ‚in Geldmachen’, egal wie, zu denken. Was sich im Laufe der Meckelburg-Epoche abgespielt hat, wird bei dem gegen mich angestrengten Prozess eine hintergründige, aber doch sehr spürbare Rolle spielen."

7. Der Heilpraktiker Eugen Enderlin und der "Wunderheiler" Dr. Kurt Trampler

Kurz danach bot der Münchener Heilpraktiker Eugen Enderlin Bruno Gröning seine Hilfe an. Dazu Bruno Gröning in seinem Lebenslauf:

"Ein Ausweg aus dieser Hetze von allen Seiten schien vorübergehend meine Tätigkeit beim Heilpraktiker Enderlin in München im Sommer 1950 zu sein. Aber nicht anders als Schmidt und Meckelburg ist der Heilpraktiker Enderlin verfahren. Er hatte mir über meinen Rechtsanwalt, Herrn Dr. Reuss, die Versicherung gegeben, dass er mir ein amtliches Dokument ausstellen wollte, das beweisen sollte, dass meine Tätigkeit mit der durch Gesetz geschützten Heilpraktikertätigkeit nichts gemein hätte, so dass ich mit den Gesetzen nicht in Konflikt kommen konnte. Dieses Versprechen hat Herr Enderlin nicht gehalten. Dafür aber hat er Unsummen von Geldern für sich vereinnahmt, von denen ich nicht einen Pfennig erhalten habe, so dass er später für das Geld aus diesen Einnahmen sich in Feldafing eine Villa kaufen und neu einrichten konnte."

Nachdem Bruno Gröning sich von Enderlin getrennt hatte, schrieb Enderlin die Heilungssuchenden und Geheilten an und teilte ihnen mit, wenn sie weitere Heilungen bräuchten, sollten sie sich an ihn, Enderlin, wenden, er könne auch, was Gröning kann.

In seinem Lebenslauf von 1952 schrieb Bruno Gröning über seine Situation Ende 1950:

"Im Herbst 1950 kam die offizielle Anzeige gegen mich wegen ‚Verstosses gegen das Heilpraktikergesetz’. Die Bundesbahn, die Bundespost, das Gaststättengewerbe, die Hotels, Zwischenvermittler, Manager usw. hatten Millionen an mir verdient. Zu Tausenden hatten kranke Menschen wieder ihre Gesundheit erlangt. Ich dagegen kam im Oktober / November mit einem Koffer voll Bekleidung und Wäsche, ohne Geld oder sonstige Rücklagen zu Dr. Trampler. Dieser begann in kleinem Rahmen für mich eine Vortragstätigkeit zu organisieren. Es war dies die einzige Möglichkeit, zu kranken Menschen sprechen zu können.

In dieser Zeit hatte ich Gelegenheit, in geordnetem Rahmen auch Kranke zu überwachen, ihren wiederholten Besuch anzuregen, falls mir dies nötig schien. (...)

Während der Zeit bei Dr. Trampler versuchte die Ärzteschaft von Gräfelfing gegen mich anzugehen, was jedoch in zäher Kleinarbeit wieder abgewendet werden konnte."

Eugen Enderlin

Eugen Enderlin

Trampler hatte Gröning am Traberhof kennen gelernt, ein eindrucksvolles Buch über die Geschehnisse dort geschrieben und sich auch in der Folgezeit immer wieder für Bruno Gröning eingesetzt. Die beiden Männer verband ein ganz besonderes Freundschaftsbündnis.

Doch auch Trampler wandte sich gegen Gröning. Bei den Vorträgen, die er organisierte, kassierte er Eintrittsgelder, und eines Tages erklärte er den Hilfesuchenden, sie bräuchten Gröning nicht mehr, er könne das Gleiche. Er sagte sogar:

"Bruno Gröning ist ein Waisenknabe gegen mich."

Trampler machte die Heilpraktikerprüfung, trat selbst als Heiler auf und begann, Bruno Gröning öffentlich zu diffamieren und zu verleumden. Sein Ziel: Die Heilungssuchenden von Gröning abzuziehen und an sich selbst zu binden.

Bruno Gröning hat nichts gegen Trampler unternommen und ihr besonderes Freundschaftsverhältnis von seiner Seite aus eingehalten. Im Gegenteil, auf die Frage verwirrter Heilungssuchender, zu wem sie jetzt gehen sollten, zu Gröning oder zu Trampler, antwortete er:

"So lange die Menschen zu mir den Zugang noch nicht haben können, gebe ich ihm die Kraft."

8. Der Geschäftemacher Rudolf Bachmann

Bruno Gröning hat nie aufgegeben, einen Weg zu finden, um in geordneten Bahnen und ohne mit dem weltlichen Gesetz in Konflikt zu kommen wirken und den Menschen helfen zu können. So teilte er seinen Freunden am 9. Juni 1953 u. a. Folgendes mit:

"Meine Freunde, zahllose Hilferufe erreichen mich täglich aus aller Welt. Allen zu folgen, ist mir leider unmöglich. Es muss daher eine Heilstätte errichtet werden, an der ich in geordneten Verhältnissen wirken kann. Viel Geld wurde mir hierzu angeboten, aber ich musste es ablehnen, mein Werk verträgt keine Geschäftemacher. Nur von Menschen, die reinen Herzens sind, darf ich Hilfe annehmen. Deshalb habe ich mich entschlossen, unter meinem Namen eine Gesellschaft (GmbH) zu gründen, die nach meinen Angaben und unter meiner Mitwirkung Heilmittel herstellt. So kann Kranken in aller Welt geholfen werden und auf diese Weise kann ich die Mittel zur Errichtung der Heilstätte beschaffen.

Zur Herstellung dieser Heilmittel steht mir ein Laboratorium mit allen modernen Hilfsmitteln sowie ein Stab wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Verfügung. Nach meinen Angaben wurden bereits eine Reihe Heilmittel hergestellt, mit denen bisher nie dagewesene Erfolge erzielt worden sind. Ausser von zahlreichen Ärzten wurden diese neuen Wirkstoffe auch von der Universitätsklinik München erprobt und bestens begutachtet. Das bayerische Staatsministerium des Innern hat daraufhin die Lizenz zur Herstellung dieser Heilmittel erteilt. Die pharmazeutische Industrie hat grosses Interesse an diesen Präparaten: Ausländische Fabriken wollen den Vertrieb übernehmen, namhafte Firmen der Bundesrepublik erboten sich, einzelne Rezepte zu kaufen."

Rudolf Bachmann

Rudolf Bachmann

Wieder geschah das Wunderbare, wie in allem, was Bruno Gröning für die Hilfesuchenden tat - Es heilte. Atteste und ärztliche Gutachten wiesen die grosse Wirksamkeit der Präparate "L 52" und "G 52" nach. Aber auch dieses Unternehmen scheiterte, weil sich herausstellte, dass die Menschen, die ihm versprachen zu helfen, es letztlich nur für ihren eigenen finanziellen Vorteil taten. Im Nachhinein schrieb Bruno Gröning über diese Zeit:

"Herr Rudolf Bachmann machte mir im Jahre 1953 das Angebot, dass er mich und mein Werk tatkräftig unterstützen wolle. Er selbst, Herr Bachmann, hatte die in der Anlage aufgeführten Mittel hergestellt und wollte damit - wie er sagte - mir eine finanzielle Grundlage schaffen, so dass ich hierdurch die Gelegenheit hätte, mein Werk (für Hilfe suchende Kranke zu gründende Heilstätten) finanzieren zu können. Um zu erfahren, wie die von Bachmann hergestellten Mittel von fachmedizinischer Seite beurteilt wurden, setzte ich mich mit Herrn Dr. med. Höcht, München, in Verbindung, der mir die feste Versicherung gab, dass das Mittel einwandfrei sei. Aufgrund dieser Versicherung gab ich mei nen Namen für das Laboratorium her, so dass es die Bezeichnung: ‚Bruno-Gröning-Laboratorium’ erhielt.

Herr Bachmann wollte diese Präparate privat unterbringen und zwar aus dem einfachen Grunde, weil er den Gross- und Zwischenhandel (Apotheken) nicht unterstützen wollte. Mit diesem seinem Vorschlag war ich niemals einverstanden und verlangte, dass diese Präparate nur an die Apotheken abgegeben werden sollten. Meinem Verlangen kam Herr Bachmann nicht nach; er war ein sehr eifriger Geschäftsmann. Er machte mir nun den Vorschlag, den Gröning-Bund ins Leben zu rufen. Dieses akzeptierte ich und so wurde der Gröning-Bund im Jahre 1953 gegründet. Hier erst recht wurde Herr Bachmann ohne meine Einwilligung geschäftstüchtig, indem er die Präparate meinen schon lange bestehenden Gemeinschaften anbot und diese bat, die Präparate den Freunden (Hilfesuchenden) weiter anzubieten. Dadurch kam es zu weiteren Auseinandersetzungen zwischen mir und Herrn Bachmann, so dass ich Herrn Bachmann sagte, dass es paradox sei, dass gerade ich meinen Freundeskreisen Präparate anböte, denn das, was er jetzt dort tue, gehe doch auf meinen Namen. Herr Bachmann - immer schlagfertig - wusste es ganz anders hinzustellen. (...)

Alles in allem möchte ich hier noch kurz betonen, dass ich

  • einmal kein Geschäft damit zu machen gedachte,
  • zum anderen ist das Ergebnis (Abgabe der Präparate) gleich null gewesen,

denn Herr Bachmann hat mich durch seine schlechte Handlungsweise so weit hereingelegt, dass ich tausende von D-Mark schon bezahlen musste und noch zu bezahlen habe. Herr Bachmann hat für die Errichtung des Laboratoriums sehr viel Geld gebraucht. Dieses wurde in Form von Darlehen von meinen Freunden zusammengebracht, die ich nun zurückzahlen muss. Herr Bachmann ist im vergangenen Jahr verstorben. Er kann also seine Verpflichtungen hierzu nicht mehr erfüllen. Da er nichts hinterlassen hat, bin ich hierbei erst recht der Leidtragende."

9. Der Gröning-Bund

Am 22.11.1953 wurde - unter Mitwirkung von Egon Arthur Schmidt und Rudolf Bachmann - in Murnau der "Gröning-Bund" gegründet. Bruno Gröning setzte grosse Hoffnung in den Bund. Er versprach sich von ihm einen Schutz nach aussen, um endlich in geordneten Bahnen wirken zu können. In den Ortsgemeinschaften des Bundes sollte er nur als Redner auftreten, nicht als Heiler. Er wollte lediglich Glaubensvorträge halten, nicht mehr. Damit sah er sich nicht in Konflikt mit dem Heilpraktikergesetz und empfand diese Tätigkeit auch durch § 16 des Grundgesetzes, dem Recht auf freie Meinungsäusserung, abgedeckt. Auf der Gründungsversammlung des Bundes richtete er ein paar Worte an die Anwesenden:

"Meine lieben Freunde! Liebe Gäste!

Ich freue mich, dass Sie heute meinem Wunsch nachgekommen sind und bedanke mich herzlichst dafür, dafür aber habe ich heute nicht nur was, sondern das zu sagen, warum ich fast fünf Jahre für Sie gewartet habe, bis es alles an den Tag gebracht wurde, wie Menschen heute überhaupt nur böse sein können. Warum habe ich diese 5 Jahre gewartet? Als ich am 15. März in Herford zum ersten Mal auftauchte, wusste ich, was mir noch bevorsteht und wie hart es sein wird, den Menschen diese Hilfe zu geben.

Leider waren es Menschen, die ja ihre eigenen Ziele verfolgten, Menschen, die sich von materiellen Dingen auch heute noch nicht lösen können, und die mich zu diesen in einen Topf warfen. Ich bin diesen Weg gegangen, um den Menschen den Beweis zu geben, wie Menschen auch heute noch sind. Bei Menschen, die Hilfe brauchen, da kann der Weg nicht hart genug sein. (...)

Ich habe mich heute entschlossen, einen Bund zu gründen. Ich will das Zurückliegende begraben, und will auch diesen Menschen nicht böse sein, denn diese Menschen sind dem Bösen verfallen. Sie können nichts dafür, denn der böse Mensch kommt von seinem Bösen nicht ab. Dieser Bund soll jedem Menschen Gelegenheit geben, um den Menschen den Weg zu seiner Gesundheit zu zeigen. (...)

Was ich in den letzten fünf Jahren gelernt habe, habe ich kurz geschildert, darüber habe ich noch viel, viel mehr zu sagen. Es würde zu weit führen, wie gut und hart diese Schule gewesen ist. Ich weiss, dass man früher die grössten Schauermärchen herausstellte. Ich habe schon von vornherein erkannt, was man alles hier anstellen wird, um mich kleinzukriegen. Bis heute ist es keinem Menschen geglückt. Die Wahrheit siegt! Ich habe es nicht nötig, Menschen zu belügen noch Menschen zu betrügen. Was ich nötig habe und immer für nötig halte ist, den Menschen zu helfen. Näheres werden Sie aus den Satzungen zu hören bekommen.Weil der Bund sich die Aufgabe gestellt hat, den Weg zu den hilflosen Menschen freizubekommen und den Menschen die Sicherheit zu geben, dass ihm auch geholfen werden kann."

Die Einzelheiten des Gröning-Bundes hier zu schildern, würde den Rahmen sprengen, deshalb beschränken wir uns auf einen kleinen Auszug aus einer über 50-seitigen "Bilanz über die Tätigkeit des Bundes", die Bruno Gröning im Oktober 1957 verfasste:

"Wenn ich nun heute Vergleiche ziehe zwischen meiner früheren Umgebung (den Geschäftemachern: Meckelburg, Enderlin, Schmidt und Hülsmann) und meiner heutigen Umgebung (Bundesvorstandsmitglieder), dann komme ich zu demselben Endresultat: Heute wie damals ist im Endergebnis das Gleiche geschehen. Heute ist durch die, die meine grössten, engsten und besten Freunde sein wollen, nichts anderes geworden als damals. Damals haben schmutzige Handwerker mich betrogen. Heute haben Freunde versagt, indem sie ruhig mit ansehen konnten, dass ich durch Prozesse, durch Verurteilung, dadurch, dass ich keine Hilfe bekam, dadurch dass ich meine Gemeinschaften nicht aufsuchen konnte ohne Wagen, dadurch dass man nichts gegen die Pressehetze unternahm, dadurch dass man nur Verwirrung anrichtete, dadurch, dass man einfach nicht für mich da war, wenn ich Menschen brauchte, die nach ihrem Schulwissen und ihrer Stellung im weltlichen Leben mich hätten unterstützen können und müssen, es nicht zu dem kommen konnte, wozu ich nun einmal auf dieser Erde bin.

Keiner von diesen Freunden hat sein Ich eingesetzt, um mich freizukämpfen, keiner hatte den Mut, wirklich für mich einzutreten. Nichts ist geschehen. Kleinlich bürokratisch hat man Beschlüsse über Beschlüsse gefasst. Keiner ist wirklich für mich eingetreten, keiner hat wirklich alles darangesetzt mit seinem ganzen Einsatz, dass er mir endlich alle diese Kämpfe in den Prozessen, gegen die Presse, um eine Hilfskraft, um den Wagen, der kaputt war, gegen Schmutz und Verleumdung abnahm usw. usw. und sich vor mich stellte, damit ich das tun konnte, wozu ich da bin auf dieser Erde, den Menschen die Kraft des Lebens zu übermitteln und die Menschen zum Glauben zu führen.

Dass ich dazu die Ruhe brauche und nicht immer und immer wieder durch weltliche äussere Einflüsse gehindert werden darf, dass ich einen wirklichen Schutzwall brauche, um ungestört das wirken zu lassen, was mir gegeben, daran hat niemand gedacht, niemand von meinen Freunden, von denen, die meine Freunde sein wollen. Und das ist das Beschämende und für mich das Enttäuschende:

Die Geschäftemacher haben ihren Nutzen ziehen wollen, sie sind als schlechte Menschen erkannt; Freunde vom Gröning- Bund sind zu lau, zu gleichgültig, zu bequem, ich will nicht sagen böswillig. Und das Ergebnis ist dasselbe: Ich bin 115 nicht frei geworden. Viele Freunde vom Bundesvorstand haben ihr Versprechen nicht gehalten. Man hat mich durch alle Massnahmen nur geknebelt."

Warum hat Bruno Gröning sich immer wieder mit Menschen umgeben, die ihm absichtlich oder unabsichtlich geschadet haben? Warum zog er immer wieder Menschen an sich, die ihn entweder ausnutzen oder ihn in ihr System pressen wollten? Warum hat er sich diese Menschen nicht vom Leibe gehalten? Warum ist er ihnen nicht aus dem Weg gegangen? Er konnte die Menschen doch durchschauen, wusste, welch Geistes Kind sie waren.

In einem Vortrag am 31. August 1950 in München äusserte Bruno Gröning sich zu dieser Frage:

"Was Menschen bisher nicht unversucht gelassen haben, ist das gewesen, an diesem kleinen Mann mit seinem Wissen und Können Geld zu verdienen. Sie glaubten, eine Goldgrube gefunden zu haben. Sie haben auch zum Teil die Möglichkeit gehabt, Geld zu verdienen, aber einen Nutzen haben sie Gott sei Dank nicht. Auch diese Menschen musste es geben, und zwar deshalb, um herauszustellen, wer der Mensch ist, dass der Mensch über Leichen geht und nicht danach fragt, ob dem Kranken geholfen wird oder nicht. Es gibt Menschen, die über Leichen gehen, die können einen Kranken ruhig liegen sehen. Diese Menschen haben nie danach gefragt, sie haben nichts unversucht gelassen, in meiner Nähe zu sein. Ich weiss, es wird hier und dort die Frage aufgeworfen, ja, wenn der Mann so viel weiss, warum hat er nicht das gewusst, vielleicht weiss er nichts. Ob und inwieweit ich etwas weiss, werden Sie nach und nach zu wissen bekommen. Aber dieses musste sein. Dieses Material hat zu diesem Aufbau gefehlt, um für Sie alle den Weg freizumachen."

Einige Jahre später erlebte Grete Häusler folgende Begebenheit:

"Als ich einmal beim Abschied Herrn Gröning alles Gute wünschte und sagte: ‚Herr Gröning, ich wünsche Ihnen, dass Sie nun Ruhe zum Wirken haben mögen und von keinem falschen Mitarbeiter angegangen werden’, antwortete er mir zum grössten Erstaunen: ‚Ganz falsch, das muss so sein!’ Ich verstand das damals nicht, aber er erklärte mir, warum er dies alles tun und aushalten musste. Er gab mir damit ein grosses Geheimnis kund: ‚Ich weiss, was ein Mensch in sich trägt. Wenn ich aber den Menschen sagen würde: ‚Das ist ein Lügner, das ist ein Betrüger, ein Dieb, dann würde mir das niemand glauben. Was muss ich tun? Ich muss diese Menschen an mich ziehen, sie das Gute lehren, sie zur Umkehr bewegen und dann ihnen die Gelegenheit geben zum Lügen, zum Betrügen und zum Stehlen. Wenn sie es jetzt trotzdem tun, dann weiss jeder, wer sie sind. Dann lass ich sie ganz an mich herankommen und bin nicht feige, dann kämpfe ich.’"  
'Überall Menschen, die Hilfe, Heilung suchen am laufenden Band.' "Überall Menschen, die Hilfe, Heilung suchen am laufenden Band. Mir tut es in der Seele Leid, wenn ich dann immer wieder das eine Wörtchen vor mir sehe: Verbot! Wie mir da zumute sein muss und gewesen ist, brauche ich wohl nicht zu erwähnen."

[1] siehe zu den Begriffen Behandlung, Patient etc. das Kapitel "Patienten, Behandlung, Experiment", II. Teil, Kapitel 7

[4] siehe hierzu "Der Gröning-Bund", III. Teil, Kapitel 9

[5] siehe hierzu "Der grosse Prozess, IV. Teil, Kapitel 5