40 Jahre Ausländersendungen in Deutschland © Dr. Hj. Biener 0108
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»Zwei kleine Italiener« - »Gastarbeiter« für das »Wirtschaftswunder«
Von zwei kleinen Italienern sang Conny Froboess und holte sich den Sieg bei den deutschen Schlagerfestspielen am 17. Februar 1962. Sechs Wochen lang stand ihr Titel an der Spitze der deutschen Hitparade, und obwohl die 19-jährige beim Luxemburger Grand Prix nur den sechsten Platz belegte, kam er auch in Englisch, Französisch, Italienisch und Niederländisch heraus. Doch eigentlich passte die Fröhlichkeit der Melodie gar nicht zum Inhalt. Denn Texter Georg Buschor hatte genau hingesehen und gespürt, wie es den Gastarbeitern in Deutschland erging.
»Zwei kleine Italiener - am Bahnhof, da kennt man sie.
Sie kommen jeden Abend zum D-Zug nach Napoli
Zwei kleine Italiener, die schau'n hinter drein;
eine Reise in den Süden ist für andre schick und fein,
doch die beiden Italiener möchten gern zu Hause sein.« 
Einsamkeit, Heimweh, fehlende Treffpunkte - Gastarbeiterschicksal im Wirtschaftswunderland. 
Der wirtschaftliche Aufschwung hatte in den 50er Jahren nach der Massenarbeitslosigkeit der Nachkriegszeit »Vollbeschäftigung« gebracht und einen Arbeitskräftebedarf in Industrie, Bau und Bergwerken, der nur durch Anwerbung im Ausland zu decken war. 1955 richtete die Bundesrepublik in Italien die erste Anwerbestelle ein, und wenig später kamen die ersten »Gastarbeiter«. Doch wie ein berühmtes Zitat feststellt: »Wir riefen Gastarbeiter, und es kamen Menschen«. Und sie wurden kaum so zuvorkommend behandelt wie »Gäste«. Immerhin erkannten die ARD-Sender die Versorgung der Gastarbeiter als neue Aufgabe. 
Die ersten Gastarbeitersendungen
In jenen Jahren war der UKW-Rundfunk erst im Aufbau und die Nutzung von Mittel- und Kurzwelle noch weit verbreitet. So war zu erwarten, dass Gastarbeiter auf der Radioskala nach Heimatsendern suchen würden. Aber dieser Versuch war nur für bestimmte Sender überhaupt aussichtsreich. Die ausländischen Rundfunkorganisationen begannen mit umfangreichen Kurzwellensendungen, und die RAI kaufte sogar Sendezeit bei Radio Luxemburg für eine italienische Informationssendung. Aber auch der Ostblock bemühte sich um die Gastarbeiter in der Bundesrepublik. Dies geschah durch die normalen Auslandsdienste dieser Staaten wie etwa Radio Berlin International, aber auch durch die Bereitstellung von Sendezeit für Untergrundsender. Besonders zu erwähnen ist hier Bizim Radio, das mehr als 25 Jahre in Türkisch von mehreren osteuropäischen Standorten sendete und dabei auch nach einer Hörerschaft in der Bundesrepublik suchte.
Anfangs hatten die ARD-Anstalten eine Zulieferung der Sendungen durch Rundfunkorganisationen der Heimatländer erwogen. Trotzdem entschloss man sich nicht dazu. Die Programme sollten nicht nur mit der Heimat verbinden, sondern bei der Orientierung in der Bundesrepublik helfen. Berichterstattung über das Heimat- und das Gastland, allgemeine und aktuelle Informationen über die deutsche Gesellschaft, das Rechts- und Steuersystem in der Bundesrepublik, das konnte nur der Rundfunk im Gastland bieten. Zugleich wurde mit der Produktion in deutschen Funkhäusern ein heikles Problem umgangen: Wollte man wirklich Sendern aus nicht-demokratischen Staaten Sendemöglichkeiten in Deutschland geben. Italien war ja die große Ausnahme unter den Anwerbeländern, wenn man die Nachkriegsgeschichte von Portugal, Spanien, Jugoslawien, Griechenland, Türkei, Marokko und Tunesien vergleicht. 
In rascher Folge begannen 1961 Sendungen für die größte Einwanderergruppe, die über 120000 Italiener. Der Saarländische Rundfunk brachte ab dem 21. Oktober 1961 samstags die halbe Stunde »Mezz'ora Italiana«, der Bayerische Rundfunk sendete ab 4. November 1961 samstagmorgens 30-Minuten »Buon giorno, Collega«. Der für das Ruhrgebiet zuständige Westdeutsche Rundfunk brachte ab dem 1. Dezember täglich 15 Minuten eine »Sendung für die Italiener in Deutschland« (»Trasmissione per gli ltaliani in Germania«). Weitere Fremdsprachen folgten. Am 13. Februar 1962 folgten Viertelstunden für Griechen und Spanier, und am 1. Juni 1964 begann der Westdeutsche Rundfunk mit zwei Sendungen wöchentlich in Türkisch. Zum selben Zeitpunkt wurden die Sendungen für Italiener, Spanier und Griechen ausgebaut. Köln und München wurden die beiden wichtigsten Produktionsstätten für Gastarbeiterprogramme. Der Bayerische Rundfunk führte am 21. Dezember 1963 zehn Minuten wöchentlich in Griechisch ein. Am 6. Juli 1964 weitete er die Programme für Italiener, Griechen und Spanier aus. 
Gastarbeitersendungen als Gemeinschaftsaufgabe
Schon früh entwickelten sich Kooperationen. Im Sommer 1964 führten Verhandlungen der ARD-Anstalten zu einer umfassenden Neuregelung. Seit 1. November 1964 sind die Gastarbeitersendungen ein gemeinsames Unternehmen innerhalb der ARD. Den Kern bildeten nun die täglich 45-minütigen Sendungen in Italienisch, Griechisch, Spanisch und Türkisch. Der Westdeutsche Rundfunk produzierte sie für Türken und Italiener. Der Bayerische Rundfunk betreute die Sendungen in Spanisch und Griechisch, behielt aber auch seine italienische Sendung bei. Der Hessische Rundfunk produzierte ab dem 2. Januar 1966 die Sonntagssendung »Rendezvous in Deutschland. Internationale Rhythmen, serviert in fünf Sprachen« hinzu (12.00-15.00 Uhr). Das war ein erster Versuch, bei Hörergruppen verschiedener Sprache gegenseitiges Interesse zu wecken. Die Abendsendungen aus München und Köln und das Frankfurter Sonntagsprogramm wurden als Gemeinschaftsaufgabe finanziert. 
Die anderen Rundfunkanstalten schlossen sich nach der Größe der im Sendegebiet ansässigen Ausländergruppen durch Übernahmen an. Daneben gab es bei einzelnen Sendern weitere Produktionen, so zum Beispiel beim Bayerischen Rundfunk Wunschkonzerte in drei Sprachen und die tägliche Sendung »Musik ist International. Stars und Schlager«. 
Die Ausländerprogramme erreichten bald außergewöhnliche Einschaltquoten, denn sie richteten sich an hoch isolierte Bevölkerungsgruppen. Mehr als 50 Prozent der ausländischen Arbeitnehmer schalteten die Sendungen täglich ein, weitere 25 Prozent wenigstens mehrmals in der Woche. Vor allem für Griechen und Türken war durch Lese- und Sprachschwierigkeiten ein Radioprogramm, das auf ihre Informationsbedürfnisse einging, lebenswichtig. 
In den 60er Jahren erhielten die Kölner und die Münchner Redaktionen monatlich mindestens 2000 Briefe und Karten aus Deutschland und dem benachbarten Ausland. Die Anfragen und Hilfeersuchen machten dann ziemlich gut sichtbar, welche Themen für die Sendungen dran waren. Zum Beispiel Sprachkurse: Nach dem Vorläufer »Scuola Fraterna« 1962/63 vom Westdeutschen Rundfunk brachte der Bayerische Rundfunk 1965 »Deutsch ist gar nicht so schwer« für Italiener, Spanier und Griechen und 1966 die Sprachkurse »Impariamolo insieme«, »Digalo Vd. en Aleman« und »Deutsch für Griechen«, zu denen es dann auch Handbücher gab. In diesem Umfeld einer »Radiovolkshochschule« entstanden auch Serien wie »Italienisch für Italiener«, »Spanische Grammatik« und »Unsere aktuelle Enzyklopädie« für die Griechen und Sendereihen über die Geschichte des eigenen Landes und über Staatsverfassungen mit Schwerpunkt Demokratie sowie literarische Sendungen.

Die Vorderseiten "historischer" Werbekarten aus den 80er Jahren
Ausländerprogramme des Evangeliums-Rundfunks
Außer den ARD-Anstalten brachte ab 1974 auch der Evangeliums-Rundfunk (Wetzlar) Sendungen für Gastarbeiter in Deutschland. Der ERF ist eine protestantische Radioarbeit, die sich aus Spenden finanziert und von 1961 bis zur Öffnung des deutschsprachigen Raums für Privatfunk auf die Mittel- und Kurzwellen von Radio Monte Carlo angewiesen war. Das erste Jahrzehnt galt dem Aufbau des täglich mehrstündigen deutschen Programms, im zweiten wurde der Anteil der vom Evangeliums-Rundfunk finanzierten Fremdsprachensendungen gesteigert. Schon 1968 und 1969 wurden in den ERF-Studios Sendungen in Litauisch und Polnisch produziert, und im Oktober 1974 begann ein spezielles Angebot für ausländische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutschland.
Den Initiator Hans-Dieter Quandt (1930-1985) hatte es nach dem Zweiten Weltkrieg nach Italien verschlagen, wo er Italienisch, Russisch und Spanisch lernte. Wieder in Deutschland arbeitete er in Essen als Übersetzer, und kümmerte sich nach einem Bekehrungserlebnis unterstützt von der Heilsarmee in Essen um die Betreuung von italienischen Arbeitnehmern. 
Ab 1972 gestaltete Quandt eine Sendung im deutschsprachigen ERF-Programm, um Interesse für das Schicksal ausländischer Mitbürger zu wecken. Sein Leitwort bezog er aus der Bibel (Deuteronomium 10, 18 - 20): "Gott hat den Fremdling lieb ... darum sollt auch ihr die Fremdlingelieben." In der Reihe "Gastarbeiter unter uns", später "Ausländische Mitbürger und wir", rief der ehemalige  Betriebsdolmetscher die Christen auf, sich um die fremdsprachige Mitmenschen zu kümmern. Am 5. Oktober 1974 brachte der ERF seine erste Sendung für italienische Gastarbeiter, eine Deutschlektion nach Bibeltexten. astarbeiterprogramme mit Liedgrüßen, Berichten, Interviews und Tipps für den Umgang mit Behörden kamen wenig später auch in Serbokroatisch und Spanisch, Türkisch und Griechisch. 
2009 beteiligt sich der ERF finanziell an Sendungen in 45 Sprachen im In- und Ausland, so der jetzige Leiter Thorsten Grahn. Für den deutschsprachigen Raum produziert der ERF neun fremdsprachige Radioprogramme. Außerdem kann man über Telefon und Internet www.erf.de Andachten in 24 Sprachen hören. Bei der Produktion der fremdsprachigen Angebote arbeitet ERF Medien mit dem Arbeitskreises für Migration und Integration (AMIN) der Deutschen Evangelischen Allianz zusammen.
Die ARD-Ausländerprogramme nach dem Anwerbestopp: Bittere Tropfen im Griechischen Wein
Als am 1. Mai 1970 eine ARD-Sendung für Arbeitnehmer aus Jugoslawien hinzukam, war der langjährige Stand von 40 Minuten in Italienisch, Griechisch, Serbokroatisch, Spanisch und Türkisch erreicht. In den 70er Jahren hatte sich die Situation der ausländischen Mitbürger und Mitbürgerinnen verändert war doch auch gleich geblieben.
»Griechischer Wein - ist so wie das Blut der Erde.
Komm schenk dir ein, und wenn ich dann traurig werde,
liegt es daran, dass ich immer träume von daheim.«
In seinem Hit »Griechischer Wein« spürt Udo Jürgens 1974 immer noch Fremdheit, aber längst gibt es auch eine Infrastruktur von Gaststätten und anderen Treffpunkten. Auch teilen nicht mehr alle die Sehnsucht nach der Heimat: Längst gibt es Gastarbeiterkinder, die weniger von Italien, Griechenland oder der Türkei kennen als von Deutschland. Gerade sie aber befanden sich in den 70er Jahren in einer schwierigen Situation: Die wirtschaftliche Krise führte im November 1973 zum Anwerbestopp. Unter den  4 Mio. ausländischen Mitbürgern und Mitbürgerinnen waren nun Türken und Jugoslawen die größte Gruppe. 
Aus den Gastarbeitersendungen für alleinstehende junge Männer, die mit einer befristeten Perspektive nach Deutschland gekommen waren, waren mit zunehmenden Jahren Sendungen geworden, die auch Angehörige der zweiten und dritten Generation versorgen mussten. Aus Programmen, die Einsamkeit und Kulturschock verkraften halfen, mussten Sendungen werden, die Kindern und Kindeskindern ein Echo der Herkunft erhielten und allen zusammen den Kulturschock bei der Rückkehr abmildern würden. Neben der Betreuung der fremdsprachigen Sendungen übernahmen die Mitarbeitenden auch eine Rolle für das deutschsprachige Publikum. Die längste Tradition hat das 1966 begonnene und bis heute bestehenden Programm »Rendezvous in Deutschland« des Hessischen Rundfunks, das in Deutsch und fünf Zuwanderersprachen sendet. Weitere Schritte zur Fachredaktion für interkulturelle Fragen waren im November 1989 das »Gesellschaftsforum« zum Zusammenleben von Mehrheit und Minderheiten in Deutschland und im Dezember 2000 der Wochenüberblick »Blickpunkt Europa« zur Einigung Europas. In ähnlicher Weise begann die SDR-Ausländerredaktion am 1. Mai 1998 mit einem deutschsprachigen Magazin am Wochenende, das sich mit Problemen der zweiten und dritten Einwanderergeneration beschäftigt und auch die Fusion mit dem Südwestfunk überdauerte. 
Die Verdrängung der Gastarbeiterprogramme
Mit dem Aufbau der verschiedenen UKW-Ketten wanderten auch die Ausländerprogramme. Immer wenn eine Kette flächendeckend arbeitete und mit einem Vollprogramm belegt wurde, wechselten die fremdsprachigen Sendungen auf ein neu aufzubauendes Sendernetz. Das war so, als die ARD-Anstalten in den 70er Jahren ihre dritten Programme eröffneten und in den 80er Jahren vierte Frequenzen für Regionalrundfunk belegten, und setzte sich in den 90er Jahren je nach Station fort. Dass nicht flächendeckend gesendet wurde, ließ sich mit der Konzentration des Ausländeranteils auf Ballungsgebiete begründen. Zuletzt wurden die Ausländersendungen bei immer mehr Stationen auf die Mittelwelle verlegt, die in den Hörgewohnheiten weitgehend von UKW mit seiner besseren Audio-Qualität verdrängt worden ist. An dieser Stelle kann man dann schon fragen, ob den Gebührenzahlern ausländischer Herkunft noch ein adäquates Angebot gemacht wird, erst recht wenn zum Beispiel Fußballspiele und andere Sonderprogramme zur gelegentlichen Absetzung der Programmübernahmen führen.
Als Beispiel für die Wanderschaft der Ausländersendungen mag der Bayerische Rundfunk dienen, der immerhin eine Tradition als Produktionsstätte für Italienisch, Spanisch und Griechisch hat: Am 1. November 1964 nahm der Bayerische Rundfunk eine dritte UKW-Kette zur Ausstrahlung der ARD-Sendungen für Ausländer in Betrieb. Ab dem 1. April 1971 sendete Bayern 3 tagsüber als Autofahrerwelle auf den sieben UKW-Sendern, die etwa zwei Drittel Bayerns abdeckten. Mitte der 70er Jahre wurden nur noch einzelne Sender der dritten Kette abends mit den Gastarbeitersendungen belegt und der Aufbau einer vierten Kette begann. Als diese zwei Drittel des Bundeslandes abdeckte, eröffnete der Bayerische Rundfunk am 4. Oktober 1980 das erste Klassik-Programm der Bundesrepublik. Bayern 4 Klassik verband tagsüber Eigenprogramme und klassische Musik aus dem zweiten Programm. Am 5. Oktober 1985 wurde das Programm bis 24.00 Uhr ausgedehnt, und die Ausländerprogramme wurden auf eine fünfte UKW-Kette gelegt. Am 6. Mai 1991 begann auf diesen und auf Mittelwelle B5-aktuell als erstes Spartenprogramm Information im deutschen Hörfunk. Die bayernweit hörbare Mittelwelle 801 kHz wurde aber für die Ausländerprogramme benötigt. So strahlen die Sender München und Nürnberg seit dem 1. März 1993 wieder Bayern 1 bzw. abends das Ausländerprogramm aus.
Vom Gastarbeiterprogramm zu Multikulti
Der Sender Freies Berlin trat dem ARD-Gemeinschaftsprojekt Gastarbeitersendungen im Dezember 1966 bei. Am 6. Mai 1974 führte er  zusätzliche Viertelstunden für türkische und jugoslawische Arbeitnehmer ein. Die Informationsprogramme brachten 10 Minuten Nachrichten über Berlin sowie Musik und Werbung. Bei einer Programmreform am 30. April 1990 kamen das Sonntagmittagsprogramm »Rendezvous in Deutschland« und die abendlichen Gastarbeitersendungen auf die Mittelwelle.
In den 90er Jahren ist die dritte Generation längst selber deutschen Musikbusiness erfolgreich. Doch die Integrationsaufgabe bleibt. Am 18. September 1994 startete der Sender Freies Berlin ein Metropolenradio, das den multikulturellen Anspruch schon im Namen trug. Radio Multikulti sendete nun tagsüber auf 106,8 MHz ein multikulturell orientiertes Programm in Deutsch und abends 12 Fremdsprachen. Den Anstoß gaben 1993 die Grünen in den SFB-Gremien. Das Programm war dementsprechend umstritten, passte aber nach  ausländerfeindlichen Brandanschlägen und Ausschreitungen in die politische Landschaft. Ganz abgesehen davon war etwa jeder siebte bis achte Berliner Ausländer oder Ausländerin. Starthilfe kam von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Inzwischen ist Radio Multikulti mehrfach preisgekrönt.
Die Überwindung der klassischen Gastarbeitersendung als Fremdsprachenformat hängt auch mit der Sondersituation des Berliner Radiomarkts zusammen. Zum einen führten die Sender der Alliierten ihre Sendungen auf neuer Rechtsbasis fort, so die BBC London, Radio France Internationale und die Stimme Russlands. Zum anderen gab es mehrere Versuche, einen türkischen Sender aufzubauen. Seit Mitte 1999 will Radyo Metropol mit viel Musik und wenig Wort jugendliche türkische Zuhörer ansprechen. Bei Radio Multikulti wird zwar mehr gesprochen und weniger Musik gesendet, doch nur eine Stunde täglich in Türkisch.
Zu den fast 20 Sprachen, mit denen sich Radio Multikulti an die gut 400000 ausländischen Mitbürger und Mitbürgerinnen in der Stadt richtet, gehören neben den klassischen Gastarbeitersprachen unter anderem Arabisch, Kurdisch, Polnisch und Russisch, wobei die beiden letztgenannten Sprachen inzwischen zum ARD-Gemeinschaftsprogramm gestoßen sind. Die meisten Fremdsprachen werden vom Sender Freies Berlin betreut, aber natürlich gibt es auch in- und ausländische Kooperationspartner.
Krise
1997 und 1998 führten die ARD-Anstalten eine Grundsatzdebatte über die Zukunft der muttersprachlichen Sendungen. Eine Arbeitsgruppe schlug eine Ver-kürzung auf 20 Minuten pro Sprache und die Einführung von deutschsprachig präsentierten Sendungen für Einwanderer vor, was aber auf  Widerstand bei einzelnen ARD-Stationen und in der Öffentlichkeit stieß. 1998 kündigte der Sender Freies Berlin, der in Radio Multikulti sein eigenes Konzept verfolgte, die Mitarbeit. Schließlich wurde dann aber ein Kompromiss gefunden: Zum 1. Januar 1999 wurden die Sendungen für ausländische Mitbürger und Mitbürgerinnen neu zusammengestellt. Der Sender Freies Berlin lieferte nun neu Sendungen in Russisch und Polnisch zum Gemeinschaftsprogramm zu, während die anderen Fremdsprachen Sendezeit abgeben mussten. Außerdem vereinbarten der BR und WDR eine vertiefte Kooperation bei den italienischen Sendungen, Damit ergab sich nun folgende Programmverteilung
19.00-19.30 Uhr Italienisch (vom WDR und BR)
19.30-20.00 Uhr Türkisch (vom WDR)
20.00-20.30 Uhr Radioforum in Sprachen des früheren Jugoslawien (vom WDR)
20.30-21.00 Uhr Griechisch (vom BR)
21.00-21.20 Uhr Spanisch (vom BR)
21.20-21.40 Uhr Russisch (vom SFB)
21.40-22.00 Uhr Polnisch (vom SFB)
WDR Funkhaus Europa
Bei einer großen Programmreform wurde 1991 WDR-5 als NRW-Welle mit acht regionalen Fensterprogrammen und abends den Ausländersendungen konzipiert. Am 30. August 1998 zog der Westdeutsche Rundfunk vom fünften Programm die weitreichende UKW-Frequenz 103,3 MHz ab und eröffnete das multikulturelle Funkhaus Europa. Die vom WDR betreuten Ausländersendungen und die von Radio Multikulti produzierte Weltnacht bildeten den Kern des Projekts. Zunächst wurde abends und nachts 18.00-6.00 Uhr gesendet, ab dem 5. Mai 1999 dann rund um die Uhr. Umgekehrt wurden die fremdsprachigen Sendungen im landesweiten UKW-Programm WDR-5 eingestellt. In Nordrhein-Westfalen war in den 90er Jahren jeder neunte bis zehnte Einwohner Ausländer. Mehr als ein Viertel aller in Deutschland lebenden ausländischen Mitbürger und Mitbürgerinnen lebten in diesem Bundesland.
Hauptpartner des Westdeutschen Rundfunks bei Produktion und Verbreitung des multikulturellen Programms in 17 Sprachen sind Radio Bremen und SFB 4 Multikulti. Radio Bremen schloss sich am 4. Mai 1999 mit seiner Mittelwelle und Nachrichten und weiteren Produktionen für das Tagesprogramm von Funkhaus Europa an. Laut Intendant Karl-Heinz Klostermeier sicherte diese neue Zusammenarbeit Arbeitsplätze beim Sender und erschloss der Übernahme-bedrohten kleinen Anstalt Radio Bremen im ARD-Verbund neue Tätigkeitsfelder.

 
Das Ende
Nach mehr als 40 Jahren gemeinsamer fremdsprachiger Sendungen für Einwanderer nach Deutschland kam es im Sommer 2002 zum Ende der Zusammenarbeit. Der Südwestrundfunk, der bisher 1 Mio. der 4,8 Mio. Euro für die Gemeinschaftsaufgabe beisteuerte, kündigte die Beteiligung am ARD-Fremdsprachenprogramm. Der Beschluss des SWR sei sorgfältig vorbereitet, intensiv und gewissenhaft diskutiert worden. Der Vorsitzende des SWR-Rundfunkrats, Pfarrer Hans Lambert: „Wir verstärken unsere Angebote für Migranten künftig qualitativ und quantitativ. Dass unser Weg der Richtige ist, darin wurden wir in den letzten Wochen auch von Vertretern der Migranten nachhaltig bestätigt.“ (SWR-Pressemitteilung  17.07.2002)

Im Gefolge des SWR kündigten auch der Saarländische Rundfunk und der Norddeutsche Rundfunk ihre Beteiligung und schließlich beschlossen die beteiligten ARD-Anstalten am 27. November 2002 die Beendigung der Gemeinschaftsaufgabe Ausländerprogramme. Zum 1. Januar 2003 sortierte sich der Fremdsprachenfunk für Zuwanderer in Süd- und Norddeutschland neu. Die ARD-Anstalten in den ostdeutschen Bundesländern hatten sich ohnehin nie an der Gemeinschaftsaufgabe beteiligt.

Der Bayerische Rundfunk gab sein Fremdsprachenangebot ganz auf und überlässt etwa im mittelfränkischen Großraum das Fremdsprachenfeld dem linksalternativen Radio Z. Vergeblich setzte sich etwa der bayerische Landesvorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Josef Falbisoner, beim BR-Intendanten Thomas Gruber den Erhalt der muttersprachlichen Ausländerprogramme in der ARD und beim Bayerischen Rundfunk ein. Die Gemeinschaftsprogramme für Ausländer seien zur Förderung der Integration und als kulturelle Brücke zwischen Zugewanderten und Einheimischen unverzichtbar. Der publizistische und kulturelle Versorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erstrecke sich aber auch auf die in Deutschland lebenden Ausländer. Deutschsprachige Sendungen für Ausländer seien kein geeigneter Ersatz, da sie der doppelsprachigen Identität der Ausländer, besonders in der ersten Generation, nicht Rechnung trügen.
Das zuletzt nur auf der im Vergleich zur UKW-Audioqualität unattraktiven Mittelwelle ausgestrahlte ARD-Fremdsprachenprogramm hatte inzwischen viel an Hörerschaft eingebüßt, was bei den ARD-Anstalten aber nicht mit den Sendeplätzen auf Mittelwelle begründet wird, sondern mit der größeren Nutzung deutschsprachiger Medien und der Präsenz von Satellitensendern der jeweiligen Heimatländer. 
 
 
 
 
 

 

Multikulti nach Art des SWR: Alles in Deutsch
Die multikulturelle Redaktion des Südwestrundfunks sendet seit dem 1. Januar 2003 allein in Deutsch und stützt ihre Programme mit fremdsprachigen Seiten im Internet ab. Seit dem 1.1.2003 sendet die multikulturelle Redaktion von SWR International montags bis freitags 16.10-16.30 und 19.10-19.30 Uhr MEZ und samstags 8.30-9.00 Uhr im Rahmen des ContRa-Programms. Damit wird das deutschsprachige Programm erheblich ausgeweitet, während die bisher 19.00-22.00 Uhr ausgestrahlten muttersprachlichen Sendungen komplett gestrichen wurden. Laut Homepage-Text „steht der Redaktion zehnmal mehr Sendezeit als bislang zur Verfügung. ‚Jetzt haben wir endlich die Möglichkeit, die Vielzahl an Themen für und über Einwanderer, Einheimische und Hiergebliebene aufzugreifen und ihnen den angemessenen Raum zu geben‘, freut  sich Karl-Heinz Meier-Braun, Leiter von SWR International. (...) Ab Januar berichtet SWR International unter anderem über die Arbeit internationaler Ausschüsse im Land, das neue Integrationskonzept der Stadt Stuttgart und ein Partnerschaftsmodell mit der Schweiz im Südbadischen. Hinzu kommen umfangreiche Informationen zu regionalen und landesweiten Veranstaltungen, dem lokalen Vereins- und Verbandsleben, Reportagen aus dem Ausland und Serien zu Schwerpunktthemen wie die im Januar startende Reihe über die zehn neuen Beitrittsländer der Europäischen Union. SWR International stellt nicht nur die Länder vor, sondern auch Menschen aus diesen Ländern, die in Baden-Württemberg leben und arbeiten. (...) Für die Entwicklung von SWR International als eigenständiger Fachredaktion im SWR bedeuten die neuen Sendungen und das mehrsprachige Internetangebot eine Aufwertung. Zugleich ergeben sich durch den Ausbau für junge Journalistinnen und Journalisten mit Migrationshintergrund deutlich mehr Möglichkeiten für Moderation, Redaktion und Reporterdienste.“ (www.swr.de/international/de/2003/01/01/beitrag1.html) Auf www.swr.de/international/ werden für die großen Zuwanderungsgruppen Informationen und Links in deutscher, englischer, französischer, italienischer, türkischer, kroatischer, spanischer und griechischer Sprache angeboten. Angebote in Polnisch und Russisch folgen. 

Das multikulturelle Team der Fachredaktion betreut die breite Palette von Themen aus dem Gebiet der Einwanderung, des Zusammenlebens von Menschen aus verschiedenen Ländern, der Integration und Migration. Im Radio bietet SWR International täglich von Montag bis Freitag ein multikulturelles Magazin an. Die Erstsendung kommt seit 1. Januar 2004 16.05-16.30 Uhr, die Wiederholung 19.05-19.30 Uhr. "Best of"-SWR International bietet jeden Samstag zwischen 8.30 und 9.00 Uhr einen Rückblick mit den Themen der Woche und einem Ausblick auf die multikulturelle Agenda der nächsten Woche.

Multikulti nach Art des WDR: 
Das eine tun, das andere nicht lassen
Dagegen setzte der WDR, der schon bisher ein Hauptproduzent muttersprachlicher Sendungen war, in Kooperation mit SFB Radio Multikulti und dem Hessischen Rundfunk die Sendungen in Italienisch, Türkisch, Spanisch, Griechisch, Polnisch und Russisch fort. Erhalten bleibt auch die wöchentliche Sendung in Kurdisch. Zusätzlich zu weiteren bestehenden Fremdsprachen werden Sendungen in Arabisch und Portugiesisch für 120000 bzw. 50000 Menschen aus diesen Sprachräumen begonnen, so dass jedenfalls in Nordrhein-Westfalen alle größeren Migrantengruppen mit muttersprachlichen Sendungen bedient werden. 
(WDR-Radioprogramm 30.12.2002-12.1.2003 via Dr. Hj. Biener)


 
Websites
Sender Freies Berlin / Radio Multikulti www.multikulti.de
Hessischer Rundfunk www.hr-online.de/allgemein/auslaenderprogramm/
Südwestrundfunk www.swr.de/international/
Westdeutscher Rundfunk  / Funkhaus Europa www.funkhauseuropa.de

Am 2. Mai 2005 modifiziert das multikulturell orientierte WDR-Funkhaus Europa sein Programm durch eine neue Morgenschiene und neue Wochenendformate. „Der WDR nimmt Hörerinnen und Hörer mit Einwanderungshintergrund ernst und baut sein Angebot für sie weiter aus“, erklärt Funkhaus Europa-Chefin Jona Teichmann. Dies bedeutet unter anderem am Wochenende einige neue zweisprachige Formate.
Die größte Neuerung betrifft Köln Radyosu. Bislang gab es sonntags bis freitags 19.30-20.00 Uhr eine halbe Stunde in Türkisch. In Zukunft gibt es außerdem eine Frühsendung 6.05-7.00 Uhr. „Unser Ziel ist es, der türkischen und damit der größten ausländischen Community ein besseres Angebot am Morgen zu machen. Mit der Frühausgabe von Köln Radyosu haben wir jetzt auch morgens ein ausführliches Angebot zur besten Sendezeit“, sagt Jona Teichmann. Die Morgensendung bringt aktuelle Informationen über die wichtigsten Ereignisse in der Türkei und Deutschland. Die erweiterte Sendezeit bietet aber auch Raum für unterhaltende Elemente, Alltags-orientierte Serviceteile, Hörerbeteiligung und Musik. Mit den Veränderungen reagiert die Redaktion nicht nur auf die aktuelle politische Diskussion über Integrationsprobleme, sondern auch auf Akzeptanzverluste bei den muttersprachlichen Sendungen am Abend. „Wir wissen - auch durch den Erfolg unserer jungen türkischen Sendungen Çilgin und Cafe Alaturka - dass unsere ausländischen Hörer- und Hörerinnen auch mit anderen als politischen Themen angesprochen werden wollen“, so die Funkhaus Europa-Chefin. „Diese lebensnahen Alltagsthemen sind bislang in den muttersprachlichen Sendungen zu kurz gekommen, da einfach kein Platz dafür da war. Mit der Frühausgabe von Köln Radyosu wird sich das ändern.“ Die Stimmen der neuen türkischsprachigen Morgensendung sind die Moderatoren Aydin Üstünel und Çelik Akpÿnar sowie die Moderatorinnen Hülya Topcu und Tuba Tuncak. Sie gehören meist zur neuen Generation deutsch-türkischer Journalisten, die damit auch Karrierevorbilder sein können.
Die Sendungen für türkisch-stämmige Einwanderer begannen 1964 und sind eine der ältesten muttersprachigen Sendungen im WDR-Hörfunk. Zeitweise wurden sie fast bundesweit im Rahmen der ARD-Gemeinschaftsaufgabe Ausländersendungen ausgestrahlt. Nach mehr als 40 Jahren gemeinsamer fremdsprachiger Sendungen für Einwanderer nach Deutschland kam es im Sommer 2002 zum Ende der ARD-Zusammenarbeit; der WDR setzte die Produktion und Ausstrahlung fremdsprachiger Sendungen im Rahmen von WDR-Funkhaus Europa. Das 1998 begonnene multikulturelle Programmformats wendet sich vorwiegend an Menschen mit Migrationshintergrund und internationaler Lebenspraxis. Das Programm wird in Nordrhein-Westfalen auf der weitreichenden UKW-Frequenz 103,3 MHz ausgestrahlt, sowie in Bremen und Bremerhaven auf 96,7 bzw. 92,1 MHz. Europaweit ist es analog und digital im Astra-Satellitensystem zu hören. Benutzt wird jeweils der Transponder 36 von Phoenix auf 11,009 GHz vertikal. Eine weltweite Empfangsmöglichkeit bietet das Internet unter www.wdr5.de/funkhauseuropa. (Dr. Hj. Biener)
 
© Dr. Hansjörg Biener 
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