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Stand: 7.10.2009
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Biografische
Informationen über Axel W. Bauer
Das Fach Geschichte der Medizin hat (mindestens) zwei unterschiedliche
Aufgaben:
Zum Einen ist der Medizinhistoriker
Hochschullehrer an einer Medizinischen Fakultät, seine Studenten sind vor allem
angehende Ärztinnen und Ärzte. Die Geschichtswissenschaft dient hier als Mittel
der ärztlichen Ausbildung; sie muss historische Fragestellungen aufgreifen und
Methoden bereitstellen, denen für die theoretische und die klinische Medizin
Relevanz zukommt. Der Medizinhistoriker befindet sich hier in einer
vergleichbaren Lage wie der Medizinische Psychologe, der Medizinische Soziologe
oder der Medizinische Biometriker. Diese Aufgabe nenne ich History in
Medicine. Klassische Themenschwerpunkte der History in Medicine sind
ereignis-, prozess- und strukturgeschichtliche Wandlungen der soziokulturellen
Grundlagen der Medizin, des ärztlichen Denkens, Wissens und Handelns sowie
Veränderungen salutogenetischer und pathogenetischer Konzepte im Verlauf der
durch Quellen erschließbaren Zeiträume.
Zum Anderen ist die Medizingeschichte
zugleich eine Sonderdisziplin der Allgemeinen Geschichtswissenschaft. Hier steht
nicht die historische Methode im Dienst der ärztlichen Ausbildung, vielmehr
wird das System Medizin zum Objekt der historischen Analyse. Diese
Aufgabe bezeichne ich als History of Medicine. Wichtige Impulse sind
hier seit den 1980er Jahren vor allem von der Historischen Sozialforschung, der
Mentalitätsgeschichte, der Allgemeinen Kulturgeschichte und von der Politischen
Geschichte ausgegangen. Dieser zweite Aspekt bedingt eine Kooperation der
Medizingeschichte mit den übrigen historischen Disziplinen und deren Methoden,
zu denen die qualitative Hermeneutik
ebenso gehört wie quantitative Verfahren aus dem Bereich der Sozialgeschichte.
Da die Medizingeschichte ein
Querschnittsfach ist, das nicht einfach additiv zu den übrigen Disziplinen
innerhalb der ärztlichen Ausbildung hinzukommt, sondern zu dessen Gegenstand
früher oder später die gesamte Medizin der Vergangenheit bzw. die gesamte
Vergangenheit der Medizin wird, entwickelt das Fach selbst keine autonomen Kriterien
für Wissenschaftlichkeit in der Medizin.
Die Funktion des Historikers besteht vielmehr darin, menschliches Handeln diachron in seinen jeweiligen
zeitlichen Kontext zu stellen und es aus diesem heraus verständlich zu machen, das heißt es zu
"historisieren." Mit der Historisierung ist jedoch eine Tendenz zur
Relativierung verbunden, die es nicht als angemessen erscheinen lässt, absolute,
normative Kriterien aufzustellen, die man aus einer anachronen Gegenwartsperspektive gewinnen würde. Die
Wissenschaftsphilosophen Karel Lambert und Gordon G. Brittan haben indessen
auch die Grenzen der historistischen
Theorienauffassung beschrieben, die es zu beachten gilt, damit der
Wissenschaftshistoriker nicht den zum Teil antiwissenschaftlichen Konzepten der
sogenannten "Postmoderne" erliegt. Zu diesem speziellen Themenkomplex
bietet das Virtual Office einige vertiefende theoretische Texte zur Medizingeschichte, Wissenschaftstheorie und Bioethik
an. Wenn das Ziel wissenschaftlicher Naturforschung darin besteht, nach
Regelmäßigkeiten der Erscheinungen zu suchen, dann wird deutlich, warum der
(Wissenschafts-)Historiker kein Naturforscher sein kann: Er beschreibt nicht
experimentell wiederholbare mechanische Abläufe, sondern prinzipiell einmalige
Ereignisse, Prozesse und Strukturen, wie sie für menschliches Denken und
Handeln charakteristisch sind.
Theorie der Medizin und Medizinische Ethik
sind eigenständige Disziplinen, die jetzt in der Ärztlichen Ausbildung stärker
berücksichtigt werden. Die Approbationsordnung
für Ärzte vom 27. Juni 2002 schreibt im Rahmen des klinischen Studiums den
Querschnittsbereich Geschichte,
Theorie, Ethik der Medizin als benotete Pflichtlehrveranstaltung vor.
Der Unterricht in diesem Querschnittsbereich sollte so angelegt sein, dass er
weder zu einer Themen einengenden Ethik-Fixierung der Medizingeschichte noch zu
einer oberflächlichen Historisierung der Medizinischen Ethik führt. Denn
erstens sind längst nicht alle medizinhistorisch interessanten Fragestellungen
medizinethischer Provenienz, und zweitens gibt es keine eindeutige normative
Konsequenz, die wir aus der Betrachtung der Vergangenheit für unser eigenes
Handeln in Gegenwart und Zukunft ziehen können.
Dieser zweite Befund hat zwei Gründe, einen
wissenschaftstheoretischen und einen pragmatischen. Der
wissenschaftstheoretische Grund ist der sogenannte naturalistische
Fehlschluss, dessen Beschreibung auf den schottischen Philosophen David
Hume (1711-1776) in der Mitte des 18. Jahrhunderts zurück geht und dessen
Benennung 1903 durch George Edward Moore (1873-1958) erfolgte: Es wäre demnach
ein schwerer logischer Fehler, wollte man aus der bloßen Feststellung
biologischer oder auch historischer Tatsachen sicher (deduktiv) darauf schließen, dass diese Tatsachen auch im
ethischen Sinne empfehlenswert wären. Wert- wie auch Unwerturteile können nicht
hinreichend darauf gegründet werden, dass etwas heute existiert oder früher
einmal existiert hat. Aus dem Sein folgt unmittelbar weder das Sollen
noch das Nicht-Dürfen.
Der pragmatische Grund hat mit einer
Eigenart der Geschichte und der sie beschreibenden Wissenschaft zu tun: Je nach
dem, welche früheren Ereignisse und Prozesse der heutige Historiker in den
Vordergrund seiner Rekonstruktion und seiner Erzählung rückt, kann er eine
Mehrzahl unterschiedlicher "geschichtlicher Lehren" für die Ethik
herauspräparieren. Da es nicht eine einzige, objektive Geschichte gibt, sondern
da der Historiker die Tatsachen stets unter einem bestimmten, subjektiven
Blickwinkel beschreibt und sie damit zumindest modifiziert, kann es also schon
aus diesem pragmatischen Grund keine allgemein verbindliche moralische Norm
geben, die gleichsam automatisch aus der Vergangenheit für Gegenwart und
Zukunft erwachsen würde. Wer unter einer ethischen Perspektive in der
Geschichte nach eindeutigen Antworten auf aktuelle Fragen sucht, der erhält zu
viele und nicht etwa zu wenige alternative Lösungen.
Folgt daraus nun, dass die historische
Retrospektive für die Bildung unseres eigenen Standpunkts überflüssig wäre?
Friedrich Nietzsche (1844-1900) beklagte 1874 in seinem Traktat Vom Nutzen
und Nachteil der Historie für das Leben die "immer größere Last des
Vergangenen", gegen die sich der Mensch stemme und die seinen Gang
"als eine unsichtbare und dunkle Bürde" beschwere. Nietzsche sah die
Ambivalenz des historischen Wissens recht treffend: "Erst dadurch, dass
der Mensch denkend, überdenkend, vergleichend, trennend, zusammenschließend
jenes unhistorische Element einschränkt, [...] erst durch die Kraft, das
Vergangene zum Leben zu gebrauchen [...], wird der Mensch zum Menschen; aber in
einem Übermaße von Historie hört der Mensch wieder auf, und ohne jene Hülle des
Unhistorischen würde er nie angefangen haben und anzufangen wagen. Wo finden
sich Taten, die der Mensch zu tun vermöchte, ohne vorher in jene Dunstschicht
des Unhistorischen eingegangen zu sein?".
Das Virtual Office for History,Theory,and Ethics in
Medicine versucht - nicht nur durch die farbliche Differenzierung des
Hintergrundes in Gelb,Violett und Orange-Rot - Berührungspunkte aufzuzeigen, aber nicht zuletzt
auch Unterschiede zwischen den drei Gebieten deutlich zu machen. Vor allem in
der Medizinischen Ethik soll dabei auf einen intensiven Gedankenaustausch mit
den Nutzern dieses Dienstes Wert gelegt werden, denn ethische Fragen bedürfen
in einer pluralistischen Gesellschaft der transparenten öffentlichen
Diskussion. Das World Wide Web kann hier den Dialog in besonderer Weise
fördern.
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