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Weblog: Netzköpfe

Der Fürsprecher

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Von Falk Lüke 1. Mai 2008, 18:49 Uhr

Menschen machen Medien, Menschen machen das Internet. Tim Pritlove ist Podcaster, Medienkünstler, Netzaktivist und Hacker. Wie geht das alles zusammen? Portrait eines Netzkopfes.

Eine Frage kann er kaum mehr hören: »Heißen Sie wirklich so?« Ja, Tim Pritlove heißt so. 40 Jahre alt, Medienkünstler, Chaot, Podcaster, Lobbyist, Berliner mit britischem Pass und kritischem Realitätsparser.

Wie lange er schon beim Chaos Computer Club aktiv ist, das weiß Tim Pritlove schon gar nicht mehr. Er schätzt den Anfang auf Mitte der 1980er.

Der Chaos Computer Club ist längst nicht mehr so chaotisch wie früher, und daran hat auch Pritlove seinen Anteil. Als langjähriger Organisator der jährlichen Kongresse hat er mitgeholfen, dem CCC ein professionelleres Image zu geben. Aus der verschworenen Hackergemeinde wurden »Lobbyisten der guten Sache«, wie sie selbst sich gerne sehen. Die technische Expertise des Vereins ist heute von Bundestag, Bundesverfassungsgericht und weiteren zu Onlinedurchsuchung, Vorratsdatenspeicherung und anderen IT-Themen gefragt.

© Sim Sullen; CC2.0-BY-SA-Lizenz

Sein kleiner Sohn ist hungrig, will gefüttert werden. »Geschweifte Klammer auf,« sagt Pritlove. Das ist Nerdhumor, beim Programmieren werden oft geschweifte Klammern eingesetzt. Und ein lächelnder Kindermund sieht einer solchen sehr ähnlich. Pritlove liebt Technik, setzt sich kritisch mit ihr auseinander.

In seiner Wohnung im Prenzlauer Berg ist ein Studio aufgebaut, um das ihn mancher Radiojournalist beneiden dürfte. Dort produziert er Chaosradio Express*, einen Audiopodcast zu allen Themen, die ihn interessieren. Die Folgen lassen sich entweder live im Internet anhören oder auf den Computer oder MP3-Player herunterladen. Wieviele Hörer er dabei hat, weiß er nicht. Aber es sind genug, um ihn zum weitermachen zu motivieren - inzwischen ist er bei Folge 86 angelangt.

Skeptisch ist er, was die Wahrheit angeht. Er versteht sich als Hacker im weiteren Sinne, versucht hinter die nicht offensichtlichen Eigenschaften von Systemen zu schauen. Nur selten hat man das Gefühl, dass auch er dabei über das Ziel hinausschießen könnte, wie es so viele im Umfeld der Hackerszene tun. Dort ist und bleibt die einfachste Erklärung für Phänomene die Verschwörungstheorie, jene zeitsparende Form der Realitätsinterpretation, die zum Schulterzuckenden »Da kann man wohl eh nichts machen« führt.

Resignieren ist Pritloves Ding nicht. Er ist fasziniert von den Möglichkeiten der digitalen Zukunft. Skeptisch ist er, was Menschen mit ihr anstellen. Die heute eingesetzten Wahlcomputer sind für ihn zum Beispiel grober Unfug. Technik, falsch verstanden und noch falscher eingesetzt. Da müsse doch der gesunde Menschenverstand einsetzen, glaubt er.

 * Der Autor war selbst zu Gast bei Chaosradio Express Folge 66.

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Kommentare

05.05.2008,
12:00 Uhr
Peter Schink sagt:

Wie? Noch kein Kommentar hier? Na, dann mach ich den Anfang. Viel Erfolg beim Blog, wünsche ich.

05.05.2008,
19:08 Uhr
Falk Lüke sagt:

Dankeschön!

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