Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i.Br.
Seminar für provinzialrömische Archäologie
Proseminar: Sacra Peregrina
WS 1993/1994
Dozentin: Dr. G. Seitz
Das Mithraeum von Dura-Europos in Syrien*
30.03.1994
© by Andreas Irmer
*hier jedoch ohne die
erläuternden Fußnoten und Dias meines Originals.
Bitte fragen Sie für die vollständige Version an:
1. Kurzdarstellung des Fundplatzes
1.3. Zeitgeschichtlicher Kontext
2. Geschichte des Mithraeums von Dura-Europos
2.2. Zeitgeschichtliche Einordnung des Mithraeums
2.3.1. Das Fundament
2.3.2. Die Wände
2.3.3. Die Podien
2.3.4. Die Dachkonstruktion
2.4. Besonderheiten der Architektur
3. Inventarien / Bemalung und andere Funde
3.1.1. Altäre im frühen Mithraeum
3.1.1.1. Der Altartisch
3.1.1.2. Der zentrale Altar
3.1.1.3 Die zwei kleineren Altäre
3.1.1.4. Besonderheiten an Tisch und Altären
3.1.2. Altäre im mittleren Mithraeum
3.1.2.1. Der Altartisch
3.1.2.2. Der zentrale Altar
3.1.2.3. Die zwei kleineren Altäre
3.1.2.4. Die Altäre im Mittelgang
3.1.3. Altäre im späten Mithraeum
3.1.3.1. Der Altarraum
3.1.3.2. Die Altäre im Mittelgang
3.2. Die Bemalung des Mithraeums
3.2.1. Die Kopfwand neben und oberhalb der Kultreliefs
3.2.1.2. Das Bild der brennenden Altäre
3.3.1. Das kleine Kultrelief und seine Inschriften
3.3.1.1. Darstellungsbeschreibung
3.3.1.2. Besonderheiten des Fundes
3.3.1.3. Die Farbgebung des kleinen Reliefs
3.3.2. Das große Kultrelief und seine Inschriften
3.3.2.1. Darstellungsbeschreibung
3.3.2.2. Besonderheiten des Fundes
3.3.2.3. Die Farbgebung des großen Reliefs
4. Datierung des Tempelgebäudes
4.1. Die Entstehung des Mithraeums
4.2. Die Bauabschnitte 210 und 240 n.Chr.
4.3. Die Zerstörung des Tempels
1. Kurzdarstellung des Fundplatzes
1.1.
Römische Provinz Regionalplan
nördlicher Naher Osten
Provinz Syria (Syrien)
1.2.
Siedlungsstatus Stadtplan
von Dura-Europos
Dura-Europos ist eine Wüstenstadt. "Dura" heißt
im assyrischen "Befestigte Stadt". Siehe Karte
"Nördlicher Naher Osten", Anlage 6.1..
1.3.
Zeitgeschichtlicher Kontext / wichtige historische
Ereignisse
Dura-Europos ist eine Stadt am westlichen Ufer des Euphrat. Im
Norden und Süden wird sie durch kleine Gebirgszüge begrenzt, im
Westen von der Wüste eingeschlossen.
Gegründet worden sein soll sie von dem Makedonier Nikanor um ca. 313-312 v.Chr..
Syrien wurde 64 v.Chr. unter Pompejus römische Provinz. Dura-Europos liegt im östlichsten Zipfel dieser Provinz und wurde von den Parthern zur Grenzbefestigung gegen die Römer ausgebaut. Nach dem Friedensvertrag mit den Parthern unter Hadrian, in welchem die von ihm eroberten Gebiete östlich des Euphrat an die Parther zurückgegeben wurden, wurde das Westufer des Euphrats mit einem Limes versehen, an welchen auch Dura-Europos angebunden war. 162-165 n.Chr. im erneuten Krieg mit den Parthern wurde Armenien, Kappadokien und Syrien von diesen besetzt. Die entscheidende Schlacht zur Rückeroberung dieser Provinzen im Jahr 163 n.Chr. bei Dura-Europos endete zugunsten der Römer. Die Stadt wurde 165 n.Chr. endgültig von den Römern besetzt. In der Zeit der Besetzung standen zu unterschiedlichen Zeiten insgesamt folgende Truppen in der Stadt: Legio IV Scythica, XVI Flavia Firma, Cohors Vigesina Palmyrenorum und Cohors II Ulpia.
Nach Zosimos zeigte man in Dura-Europos das Grab des Kaisers Gordianus III, welcher 244 n.Chr. bei einem Soldatenaufstand, der von M. Iulius Philippus gegen Gordianus III provoziert wurde, in der Nähe von Dura-Europos zu Tode kam Im Jahr 256 n.Chr. wurde Dura-Europos von Sasaniern erobert, anschließend aufgelassen und aufgegeben.
1.4.
Besonderheiten
Bemerkenswert ist neben der guten Erhaltung der Funde vor allem
der gute Erhalt vieler Gemälde in dem Palmyrene-Tempel, der
jüdischen Synagoge und dem Mithras-Tempel, sowie vieler
christlicher Gemälde. Dieser Umstand ist hauptsächlich durch
das trockene Klima dieser Region, als auch durch das plötzliche
Verlassen der Stadt zu erklären.
2. Geschichte des Mithraeums von Dura-Europos Fundansicht von Oben
2.1.
Fundumstände
Das Mithraeum wurde im Februar 1934 im Nordwesten der Stadt, nahe
bei der Umfassungsmauer, bei den planmäßigen Grabungen
innerhalb der Ruinenstadt gefunden und anschließend ergraben.
Um die hierbei gefundenen Kultreliefs und Gemälde vor möglicher Zerstörung durch Regen / Sonne oder Wandalismus zu schützen, wurden diese entfernt und ausgelagert. Durch diese Maßnahme wurde es zudem besser möglich, die jetzt freiliegenden Mauern näher zu datieren, sowie Bauabschnitte bzw. Phasen des Gebäudes festzumachen. Dem Gebäude werden bis zu seiner Zerstörung drei Bauphasen zugeordnet. In jeder dieser Phasen wurde das Mithraeum erweitert.
Das Gebäude orientiert sich in seiner Lage an der dicht hinter ihm verlaufenden Stadtmauer, die Kultnische, an der Kopfseite des Tempels, befindet sich folglich etwa im West-Südwesten. Einen anderen Anhaltspunkt für diese Fixierung konnte ich anhand des Lageplanes nicht ausmachen.
2.2.
Zeitgeschichtliche Einordnung des Mithraeums und seine drei
Phasen
Es lassen sich drei Bauphasen des Tempels festmachen.
2.2.1.
Das frühe Mithraeum Das
frühe Mithraeum
Das frühe Mithraeum ist kurze Zeit vor 168 n.Chr. errichtet
worden. Dieses lässt sich an einem kleinen Kultrelief in der
Kultnische des Hauptraumes festmachen. Eine zeitliche Deckung mit
dem endgültigen Sieg der Römer über die Parther und der
endgültigen Einnahme der Stadt ergibt sich so ebenfalls.
Der Raum des Mithras-Tempels war hier nur 4,65m lang und 5,80m breit. Auf beiden Seiten des Raumes finden sich durch Mauern abgesetzte Podien. Auf jeder dieser Mauern befindet sich eine Säule zur Unterstützung der Dachkonstruktion. Östlich vorgelagert sind zwei weitere Räume, deren größerer 5,75m lang ist. Der kleinere misst lediglich 3,50m, beide Räume sind ca. 3,50m breit.
Das Mithraeum ist in ein Wohnhaus eingegliedert, welches von einem Innenhof aus eine Tür zum mittleren Raum besaß. Hinweisen möchte ich auf den im Innenhof des Wohnhauses gezeigten eingefassten Bereich, welcher als Wasserbecken, evtl. für den Kult, gedient haben könnte.
2.2.2.
Das mittlere Mithraeum Das
mittlere Mithraeum
Das mittlere Mithraeum existierte von ca. 210-240 n.Chr.
indem das frühe Mithraeum restauriert und erweitert wurde. Die
Arbeiten wurden von römischen Soldaten unter Antonius Valentius
durchgeführt.
Hierbei wird die Wand zwischen Schreinraum und mittlerem Raum entfernt, der Schreinraum erlangt hierdurch eine Länge von 10,90m. Der kleinere Raum wird nochmals durch eine Mittelwand mit Tür abgeteilt; die Ostwand entfernt und durch zwei Säulen ersetzt. Im Süden wird ein schmaler Raum angegliedert, die Tür zum abgebrochenen Wohnhaus verschlossen. Die Podienmauern werden mit zwei weiteren Säulen verziert. Der Tempel wird weiter ausgeschmückt.
In der Türschwelle des Mithraeums ist ein schalenartiges Gefäß eingelassen. Reste einer wahrscheinlichen hölzernen Abdeckung fanden sich nicht. Hinweisen möchte ich auf das unter 2.2.1. erwähnte Becken im Hof des Wohnhauses, welches in diesem Stadium des Gebäudes wegfällt. Vielleicht ist in der Schale ein Ersatz hierfür zu sehen.
2.2.3.
Das späte Mithraeum Das
späte Mithraeum
Das späte Mithraeum wird ab dem Jahr 240 n.Chr. gesetzt und
stellt Umbau und Erweiterung seines Vorgängers dar.
Der südliche Raum geht im Podium auf, im nördlichen Teil des Tempelschiffs wird ebenfalls eine Podiumserweiterung eingesetzt. Auf beiden Seiten werden je zwei weitere Säulen hinzugefügt.
Vor dem Altarstein wird ein weiteres Podest eingefügt, welches über sieben Stufen zu betreten ist. So wird ein eigener Altarraum ausgebildet.
Durch einen Gang, welcher das rechte Podium zerschneidet, erreicht man zwei im Norden angeschlossene unegale Räume: der Vordere misst 3,25m (Breite) x 6m (Länge), der Hintere 2,50m (Breite) x 6m (Länge). Beide Räume sind, im Gegensatz zu allen anderen Wänden, nicht verputzt worden.
Die endgültige Zerstörung des Tempels wird im Jahr 256 n.Chr. bei dem Neubau eines Verteidigungswalles parallel hinter der Stadtmauer, kurz vor der Eroberung der Stadt durch die Sasanier, festgesetzt.
2.3.
Baustoffe des Mithraeums
Es wurden ausschließlich regional verfügbare Baustoffe
verwendet.
2.3.1. Das Fundament
Das Fundament des Mithraeums bilden in den (Untergrund-)Schlamm /
Lehm eingelassene Felsen und große Steine. Der Boden besteht aus
festgestocktem Lehm.
2.3.2. Die Wände
Als Baustoff für die Wände dienen Lehmziegel und Lehm mit Stroh
als Mörtel und Verputzung. Die Wände waren von minderer
Qualität, welches bedingte, dass sie fortlaufend ausgebessert
werden mussten. Dieser Vorgang erwies sich bei der Datierung der
Gebäudeteile als hinderlich.
2.3.3. Die Podien
Die Podien werden zum Mittelgang durch 0,72m hohe Seitenmauern
begrenzt. Sie sind mit Lehmboden angefüllt und zeigten bei der
Ausgrabung noch immer Spuren von aufgelegten Schilfmatten.
2.3.4. Die
Dachkonstruktion
Alle drei Bauphasen trugen vermutlich ein, in dieser Region
übliches, Flachdach. Diese Annahme lässt sich jedoch, aus
Fundmangel, nicht beweisen.
2.4.
Besonderheiten der Architektur
Der gesamte Tempel ist oberirdisch ausgeführt und besitzt den
Charakter einer Basilika, wogegen ein typischer Mithras-Tempel
eher höhlenhaft und im Boden eingegraben ausgeführt ist.
Parallelen im Baustil sind z.B. in den Mithraen von Housesteads
und Augusta Treverorum vorhanden. Modell mittleres
und spätes Mithraeum
3. Inventarien / Bemalung und andere Funde
3.1. Die
Altäre des Mithraeums
Im Befund lassen sich für die Bestandszeit des Tempels insgesamt
fünf Altäre und ein Altartisch nachweisen, wobei die Altäre im
späten Mithraeum teilweise überbaut wurden.
3.1.1.
Altäre im frühen Mithraeum
In der Kopfnische des Gebäudes ist ein Altartisch, ein zentraler
Altar und zwei kleinere Altäre festzustellen.
3.1.1.1. Der Altartisch
Der Altartisch aus Lehm ist quer an die Mauer der in die Wand
zurückgesetzten Nische eingelassen und ist 0,88m hoch und 0,41m
tief. Nordwestlich der Tischmitte war ein Becken aus Lehmputz
eingelassen. Dieses Becken ist 0,16m tief und hat einen
Durchmesser von 0,32m.
3.1.1.2. Der zentrale
Altar
Der zentrale 1,20m hohe Altar steht mittig vor dem Altartisch und
ist mit diesem verbunden. Er ist vollständig aus Lehmputz. Seine
Basis ist quadratisch. Sein von einem säulenartigen Schaft
getragener Kopfteil ist ebenfalls quadratisch und 0,73 x 0,73m
groß. Durch eine flächige Einmuldung und eingemuldete Kanten
heben sich die Ecken ab. Diese flächige Muldung war geschwärzt,
was auf einen Brand auf dem Altar hinweist. Der Schaft des Altars
ist mit Girlandenmustern, bestehend aus Rosenknospen und
Blättern, verziert.
3.1.1.3. Die zwei
kleineren Altäre
Links neben dem zentralen Altar befinden sich zwei kleinere
Altäre, beide 0,80m hoch. Sie sind ebenfalls gänzlich aus Lehm
modelliert. Die Basen und Köpfe sind quadratisch, die Ecken
heben sich ab. Die Altarsteine sind gemuldet. Die Mulde des
linken (äußeren) Altars ist mit einem Ring aus Lehm umgeben.
Die Frontseite ist geöffnet, so dass sich ein
"Hufeisen" bildet. Auf der Oberkante des Lehmbandes
befinden sich zwölf gleichmäßig geformte Höhlungen von 4mm im
Quadrat. Der rechte Altar ist mit nur einem glatten Ring ans Lehm
umgeben. Beide Altäre weisen Brandspuren in Form von
Schwärzungen auf. Nach Aussage von M. I. Rostozceff lässt aber
Ort und Material keinen kontinuierlichen Brand zu. Leider
schweigt er sich über seine Grunde aus, so dass ich sie nicht
nachvollziehen kann.
3.1.1.4. Besonderheiten
an Tisch und Altären
Im Baustoff obiger Objekte wurden keine Knochen-, Asche- oder
Opferteile gefunden. Folglich sind Sie bereits mit dem frühen
Mithraeum gebaut worden. Der zentrale Altar muss zusammen mit dem
Tisch gebaut worden sein.
3.1.2.
Altäre im mittleren Mithraeum
Der Altartisch wird verändert, zwei weitere Altäre im Gang
werden hinzugefügt.
3.1.2.1. Der Altartisch Altarisch mittleres Mithraeum im
Schnitt
Bei der Erweiterung des Mithraeums wurde der Altartisch um 0,18m,
auf insgesamt 1,06m, erhöht. Dabei wurde in die vormalige
Tischmulde ein krugartiges Gefäß eingelassen. Unter dem Gefäß
wurde eine Inschriftenplatte und darunter ein Stückchen Bronze
gefunden. An der linken Seite des Tisches wurde eine kleines
hölzernes Kästchen eingelassen. Links neben diesem Kästchen,
auf dem Tisch, wurden acht Lampen gefunden.
Im Lehm mit welchem dieser Tisch gebaut wurde, fanden sich viele Vogel- und Schalknochen, sowie viele Fischgräten, was hinreichend deutlich macht, dass hier Reste von kultischen Handlungen verbaut wurden. Vielleicht war dieses sogar eine Art von Bauopfer für den Umbau des Gebäudes.
3.1.2.2. Der zentrale
Altar
Dieser Altar aus dem frühen Mithraeum bleibt unverändert
erhalten.
3.1.2.3. Die zwei
kleineren Altäre
Diese beiden Altäre aus dem frühen Mithraeum blieben
unverändert erhalten.
3.1.2.4. Die Altäre im
Mittelgang
Auf Höhe des zweiten Säulenpaares wurde jeweils ein weiterer
kleiner Altar hinzugefügt. Diese Altäre bestanden aus
gehöhlten Ziegeln. Basen und Altarköpfe waren quadratisch, die
Schäfte rund.
3.1.3.
Altäre im späten Mithraeum
Die Altarnische wurde zu einem eigenen Altarraum ausgebaut, in
welchem der Hauptaltar und die beiden kleineren Altäre, links
neben diesem, integriert sind. Die beiden Mittelgangaltäre
bleiben erhalten.
3.1.3.1. Der Altarraum
Der Bereich des Hauptschiffes zwischen Kopfwand des Gebäudes und
dem ersten Säulenpaar, wurde auf Höhe des Altartisches auf
1,06m aufgefüllt. Folglich waren nun die beiden Altäre neben
dem Hauptaltar mit Füllmasse bedeckt, vom Hauptaltar war nur
noch der Kopf zu sehen. Am vorderen Rand dieser neuen Ebene wurde
mittig ein Krug mit kleiner Öffnung eingelassen. Das Säulenpaar
geht im Abschluss zweier seitlicher Wände parallel der Podien,
zwischen Säulenpaar und Kopfwand, auf. Die beiden Wände trugen
ein Tonnengewölbe. Nach vorne wurde der Raum durch eine
zweiteilige Holztür verschlossen, in welche Mica-Scheiben
eingesetzt waren. Vor diesem neu entstandenen separaten Altarraum
wird später mittig, ebenfalls aus Lehmziegeln, eine schmale,
siebenstufige Treppe hinzugefügt. Das die Treppe nicht direkt
mit der Schaffung des neuen Raumes zusammenhängt, zeigen
Graffitireste zwischen Treppe und Erhöhungswand des Altarraums.
3.1.3.2. Die Altäre im
Mittelgang
Diese Altäre werden aus dem mittleren Mithraeum unverändert
übernommen.
3.2. Die
Bemalung des Mithraeums Dekoration
mittleres Mithraeum
Der Tempel war reichhaltig bemalt. Dies zeigen die vielen gut
erhaltenen Gemälde, welche sich im Nischenbereich des Mithraeums
befanden und wieder zusammengesetzt werden konnten.
3.2.1.
Die Kopfwand neben und oberhalb der Kultreliefs
Die beiden Reliefs saßen mittig, ein Großes über einem etwas
Kleineren, über dem Altartisch. Umlaufend neben und über dem
großen Kultrelief waren zwölf Szenen aus dem Leben Mithras
dargestellt.
An der Außenseite dieser Umlaufbilder sprang die Mauer etwas vor. Auf der Innenseite des so ausgeführten Nischenbogens befanden sich die zwölf Tierkreiszeichen des Zodiac.
Zwischen Nischenbogen und Tonnengewölbe befanden sich drei weitere Bilder: Rechts und Links je ein "Magier", oben eine Darstellung von sieben Zypressen und sieben brennenden Altären.
Die sich gegenüberliegenden Wandinnenseiten des Schreins trugen fast identische Bilder, welche Mithras als Jäger zeigen.
Der Lehmputz des Tonnengewölbes war blau gehalten und mit weißen Sternen übersät.
3.2.1.1.
Die Magier
Auf diesen zwei gegenüberstehenden Bildern ist je eine
majestätisch im Armstuhl sitzende Person in persischer
Bekleidung und Mithrasmütze dargestellt. Beide tragen je zwei
Attribute in ihren Händen. Der Linke trägt in seiner Rechten
eine Schriftrolle und in seiner Linken einen diagonal erhobenen,
in die rechte untere Ecke weisenden, Stab. Die rechte Figur hält
in ihrer Rechten einen auf dem Boden stehenden Stock und in ihrer
Linken eine Schriftrolle. Beide Figuren sitzen frontal zum
Betrachter. Nach Rostovceff handelt es sich hierbei entweder um
zwei Patres der Gemeinde, zwei Magier oder um den großen
iranischen Propheten Zoroaster und seinen Schüler Osthanes.
Der erhobene Stock Links und der stehende, gesenkte Stock Rechts könnte auch eine Verschmelzung der Deutungsideen mit Cautes und Cautopates andeuten. Beide Bilder sind in den regional typischen warmen Farben gemalt. Die Mützen scheinen später ergänzt und stützen so die mögliche Attributübernahme in der Bedeutung der Stöcke.
3.2.1.2.
Das Bild der brennenden Altäre
Das farbige Bild zeigt sieben schlanke Zypressen und sieben
brennende Altäre, wobei der Maler einen achten brennenden Altar
nachträglich retuschieren musste.
3.2.1.3.
Mithras als Jäger Mithras
als Jäger
Farbig gezeigt wird ein reitender, bogenschießender Mithras,
welcher Gazellen und ein wolfsähnliches Tier jagt und diese
bereits mit jeweils einem Pfeil getroffen hat. Mithras wird von
einer Schlange und einem Löwen begleitet. Aufgelockert wird die
Darstellung durch mehrere Pflanzen. Diese Abbildung steht sich,
fast identisch, gegenüber.
3.2.1.4.
Die Säulen
Die Säulen tragen dasselbe Dekor, welches wir von dem Schaft des
Hauptaltares her kennen: Girlanden mit Knospen und Blättern.
3.3 Die
zwei Kultreliefs
An der Stirnwand der Kultnische, mittig oberhalb des Altartisches
sind zwei Kultreliefs in die Wand eingelassen. Vom Gebäudeboden
aufwärts ergibt sich damit folgendes Bild: Hauptaltar vor
Altartisch, darüber ein kleines Relief und darüber ein
größeres Relief.
3.3.1.
Das kleine Kultrelief und seine Inschriften
Dieses Relief ist aus weißem Gips
mit gelblichem Einschlag gefertigt. Seine Maße betragen: Höhe
0,42m x Breite 0,57m x Tiefe 0,10-0,11m. Die maximale Tiefe der
Reliefeinschnitte beträgt 3cm.
Auf dem 7,5cm hohen unteren Rand, in einer Tabula ansata, befindet sich eine dreizeilige palmyrenische Inschrift. Übersetzt lautet sie:
"Ein gutes Denkmal, gemacht von Ethpeni, Sohn des Zebde`a, Kommandant über die Bogenschützen welche in Dura stationiert sind, im Monat Adar 480".
"Kommandant" ist aus "Strategos" übersetzt, welches bei dem nichtrömischen Namen "Ethpeni" vermutlich einen städtischen Beamten bezeichnet.
Am linken Motivrand, von oben nach unten, verläuft eine einzeilige griechische Inschrift. Diese lautet übersetzt: "Er wendet sich". Gemeint ist vermutlich die Kopfdrehung des Mithras zur Gemeinde, da die Tötungsszene des Reliefs ansonsten in Seitenansicht dargestellt ist.
3.3.1.1.
DarsteIIungsbeschreibung
Zentrale Szene des Reliefs ist eine Stiertötungsdarstellung. Der
Stier wird von einem Hund, welcher aus der rechten Motivecke
hervorspringt, angesprungen. Ebenso erhebt sich, nur in Konturen,
eine Schlange in der rechten Bildhälfte. In der rechten
Bildhälfte, oberhalb des Stierkopfes, ist eine Sonne
dargestellt. In der linken Bildhälfte, oberhalb des
aufgewundenen Stierschwanzes und des wehenden Mantels Mithras,
ist eine schalenartige Mondsichel mit aufgesetztem,
neunstrahligem Stern dargestellt. Rechts daneben, links des
Mithraskopfes, befindet sich ein Rabe.
3.3.1.2.
Besonderheiten des Fundes
a) Die Darstellung des jugendlichen Mithras erfährt durch die
Haltung und teilweise scharfen Konturen eine starke Lebendigkeit.
b) Hund und Schlange sind vorhanden, der typische Skorpion fehlt jedoch.
c) Die Sonnenstrahlen der Sonnenscheibe oberhalb des Stierkopfes bilden einen "Stern" um die Sonne. Dieses ist jedoch eine häufige Abbildung in babylonischen und assyrischen Reliefs.
d) Die Zentren von Sonne, Mond-Stern und Mithrasmütze sind herausgeschnitten worden: Jeweils in der Mitte zeigt sich eine 2mm weite Bohrung. Rostovceff nimmt an, dass diese Bohrungen Halterungen für aufgesetzte Edelsteine gewesen sein könnten, welche später herausgeschnitten worden sind. Diese Behauptung lässt sich nicht beweisen, so dass hier spekuliert werden kann. Rostovceff geht also von einer späteren Beschädigung des Reliefs aus. Ich könnte mir auch Halterungen für größere nichtplane Inletts vorstellen, welche sich später in der Verschüttung gelöst haben und mit der Verfüllung bei der Ergrabung beiseite gebracht wurden. Somit wären die Reliefs später nicht absichtlich beschädigt worden.
e) Eine 3mm weite Bohrung markiert das Nasenloch des Stiers.
f) Auf einem dünnen Wulst am oberen Reliefrand fanden sich vier Löcher mit einem Durchmesser von je 1mm. Ihre Anordnung erfolgte von der linken Kante in folgenden Abständen: +0,13m (1), +0,10m (2), +0,11m (3), +0,l0m (4). Im ersten Loch war ein weißer Stein eingelassen, im Zweiten eine grüne, glasierte Töpferei. Mögliche Inletts in Löchern 3 und 4 sind nicht aufgefunden worden, sind aber anzunehmen.
Hier ist ein Bezug zu den "drei Juwelen" oder Inletts möglich. Demnach sind die vier Inletts als Repräsentanten von vier Sternen anzusehen, womit sich die "Sieben-Planeten-Zahl" ergibt.
g) In den Rändern links und rechts der Oberkante ist jeweils eine Bronzekrampe eingelassen, die einen Vorhang getragen haben könnten. Dies wurde auch den guten Erhalt der Farben im Gegensatz zum großen Kultrelief erklären, welches keinen Vorhang trug.
h) Das linke Drittel der Inschrift und die Schlange zeigen Abkratzspuren, sind aber noch immer deutlich zu erkennen.
3.3.1.3.
Die Farbgebung des kleinen Reliefs
Das gesamte Relief war farbig gehalten. Es ließen sich zwei
aufeinanderfolgende Farbschichten ausmachen, die eine spätere
Ausbesserung und Umgestaltung aufzeigen.
Im folgenden sind die Farben der älteren, ersten Farbschicht mit "1", die der neueren, zweiten mit "2" markiert:
3.3.2.
Das große Kultrelief und seine Inschriften Das große Kultrelief
Dieses Relief ist aus weißem Gips mit gelblichem Einschlag
gefertigt. Eine Abbildung dieses Reliefs ist in Artlage 6.8. zu
sehen. Seine Maße betragen: Höhe 0,76m x Breite l,05m x Tiefe
0,10-0,11m. Die maximale Tiefe der Reliefeinschnitte beträgt
7cm.
Auf dem ca. 7cm hohen unteren Rand befindet sich eine zweizeilige griechische Inschrift: "Zenobios, der [auch] der Sohn des Eiaeibos Jaribalos [ist], der Kommandant der Bogenschützen stellte dem Mithras nach zwei Jahren dieses Denkmal".
Die Angabe "nach zwei Jahren" ergibt für mich nur einen Sinn, wenn sie mit der Zeitangabe des kleinen Reliefs in Zusammenhang gebracht wird. Hierdurch ließe sich das große Relief auf das Jahr 170-171 n.Chr. datieren. Des weiteren gibt es auf dem Relief Namensinschriften.
3.3.2.1.
Darstellungsbeschreibung
Am rechten und linken Reliefrand, oberhalb der Inschrift, ist
jeweils eine runde Säule dargestellt. Diese Säulen stehen auf
quadratischen Basen, die Kapitelle zeigen keine typisch
griechischen Merkmale in ihren Ausprägungen. Die linke Säule
ist 0,40m hoch, während die Rechte 0,44m hoch ist. Die Kapitelle
tragen einen von links nach rechts geschwungenen, umlaufenden
Zodiacbogen. Die Sternzeichen des Zodiac beginnen von links mit
dem Widder, gefolgt von Stier, Zwilling, Krebs, Löwe und
Jungfrau. In der Mitte des Bogens befindet sich eine vollbärtige
Büste, welche Rostovceff einem "Himmelsgott" zuordnet.
Anschließend läuft das Zodiac über Waage, Skorpion, Schütze,
Steinbock, Wassermann und Fische zur rechten Säule weiter.
In der oberen rechten und linken Ecke des Reliefs ist jeweils ein frontaler, bekleideter Oberkörper zu sehen, dessen Kopf zur Reliefmitte gewendet und somit in Seitenansicht dargestellt ist. Rostovceff deutet diese beiden Personen als Repräsentanten der Jahreszeiten, welche auf der dazugehörigen Seite des Zodiac abgebildet sind: Frühling und Sommer links, Herbst und Winter rechts. Mir ist diese Deutung in Bezug auf die Zusammenfassung der Jahreszeiten nicht schlüssig genug. Diese Büsten könnten meiner Meinung ebenso auch mit der Abbildung der "zwei Magier" zusammenhängen und somit evtl. zwei Patres symbolisieren. Da beide Figuren aber weder Attribute noch besondere Keunzeichen aufweisen, wird eine eindeutige Erklärung nicht mehr möglich sein.
Rechts und links des "Himmelsgottes" sind Spuren von zwei Büsten zu erkennen, welche nach den Farbresten zu urteilen, nach der ersten Farbperiode abgekratzt worden sein müssen. Die rechte Büste ist noch immer klar dem Sonnengott zuzuordnen, wahrend die Zuordnung der linken Büste nicht mehr endgültig zu klären ist. Im Zusammenhang könnte sie jedoch einen Mondgott dargestellt haben.
Das Hauptmotiv dieses Kultreliefs muss in eine rechte und linke Hälfte unterteilt werden: Links von der Mitte aus ist die Stiertöterszene gezeigt, wobei, wie im kleinen Kultrelief, der Skorpion fehlt. Auch erfährt die Darstellung nicht die Lebendigkeit des ersten Reliefs. Zwischen den Vorderbeinen der Stiers befinden sich nebeneinander sieben kugelförmige Objekte, die Rostovceff als sieben Altäre deutet. Diese Kugeln besitzen jedoch keinen Altarcharakter. Vielleicht stehen sie auch für sieben Planetenkugeln, wenn auch an ungewohnter Stelle.
Die von der Mitte aus rechte Hälfte zeigt die Darstellung einer Personengruppe aus fünf Personen, von denen drei durch über oder neben den Köpfen eingeritzte Namensinschriften zu identifizieren sind:
Die größte, rechtsstehende Figur stellt den in der Inschrift erwähnten Zanobios dar. Links neben ihm, vor einem Podium, befinden sich die beiden kleinsten Figuren. Rostovceff deutet sie als Atlanten, bleibt aber eine nähere Erklärung schuldig. Möglich wäre auch die Deutung als Enkel des Zanobios. Dann allerdings fällt die Abbildung aus dem Rahmen bisher bekannter, bei denen die Kinder vorne stehen. Auf dem Podium schließlich stehen zwei größere Figuren, rechts Jaribalos, links Barnaadath. Unter Zuhilfenahme der Inschrift ergibt sich eine Deutung als Vater und Großvater des Zanobios, welcher sich so in die Tradition seiner Ahnen einreiht, die wie Jaribalos in Dura-Europos zu dieser Zeit vermutlich bekannt waren.
3.3.2.2.
Besonderheiten des Fundes
Das große Kultrelief lässt einige Fragen unbeantwortet:
a) Die Inschrift trägt rechts neben der unteren Textzeile ein Symbol, welches wie eingeklammert aussieht. Eine Deutung ist bisher nicht möglich gewesen: Handelt es sich um ein Namenszeichen? Wenn ja, von wem? 1. von Zanobios oder 2. von dem Künstler des Reliefs?
b) Kurz vor der Verschüttung wurden wesentliche Teile des Reliefs, so vor allem auch die goldene Farbgebung, mit schwarzer Farbe bedeckt. Rostovceff bietet als Grund hierfür eine Reparatur abblätternder Farbe an, damit ein einheitlicher Gesamteindruck des Reliefs erhalten bleibt. Ich möchte aber nicht ausschließen, dass die schwarze Farbe die Reliefs, besonders das scheinbar wichtigere, kleinere Kultrelief vor Plünderung sichern sollte. So hätten Plünderer ein unscheinbares, eher hässliches, oberes Relief ergraben, welches wertlos erscheint und so von dem spirituell wertvolleren, unteren Kultrelief ablenkt.
c) An den Rändern des Reliefs wurden Teile von Lehmputz gefunden, welcher rot eingefärbt war. Dies lässt vielleicht auf eine andere Erstverwendung im Mithraeum schließen, ist aber nicht gesichert.
d) Die Motive von Sonnengott und Mondgott wurden abgekratzt.
e) Das Skorpionmotiv fehlt, wie schon im anderen Relief.
3.3.2.3.
Die Farbgebung des großen Reliefs
Das gesamte Relief ist farbig gehalten. Es ließen sich trotz
schlechter Farberhaltung mindestens zwei aufeinanderfolgende
Farbschichten ausmachen, die spätere Ausbesserungen und
Umgestaltungen aufzeigen.
Im folgenden sind die Farben der älteren Schicht mit "1" die der Nachbesserungen mit "2" und die der späteren Schwärzung mit "3" markiert:
3.4.
Gebäudeinschriften
Insgesamt sind aus dem Mithraeum 230-250 größere und kleinere
Inschriften bekannt. Die meisten sind ein- bis zweizeilige
Dankesinschriften oder Bitten um Beistand.
Ansonsten gibt es eine weitere Inschriftplatte, die unter dem Gefäß des Altartisches eingelassen war, deren Beschreibung jedoch nicht erwähnt wird. Des weiteren die zwei datierten Inschriften der Kultreliefs und eine lateinische Inschrift aus den letzten Jahren des Septimius Severus um 209-211 n.Chr.. Diese Inschrift wurde zerstreut im Gebäude in vier Bruchstücken aufgefunden, ein fünftes Stück fehlt.
Die Inschrift lautet:
"Pro sal(ute) et incol(umitate) d(ominorum)
n(ostrorum) imp(eratorum)(trium) L. Sep(timi)
Severi pii Pert(inacis) et M. Aurel(i) Antonini ((et
L. Sept(imi) Geta(e))) Aug(ustorum)(trium)
tem//////////////////////////////////plum dei Solis
Invicti Mithrae sub Minic(io) Martiali proc(uratore)
Aug(usti) rest(itutum) ad Ant(onio)
Valentino (centurione) princ(ipe) pr(aeposito)
ve(x(illationum) Leg(ionum) III) I Scyt(hicae) et
XVI F(laviae) F(irmae) p(iae) f(idelis)"
3.5.
Andere Funde
Es wurden Scherben von Mica-Scheiben gefunden, welche in der Tür
des Altarraumes im späten Mithraeum vorstellbar sind. Ansonsten
ist lediglich ein weiterer Kleinfund im Mithraenbereich belegt.
Demnach wurden links neben einer kleinen Aussparung, links im
Altartisch, acht Lampen aufgefunden, wovon eine beschädigt war.
Leider ist dieser Fund nicht beschrieben worden. Andere Funde,
welche eventuell in der Wallverfüllung gewesen sein könnten,
sind nicht genannt und vermutlich während der Ausgrabung des
Mithraeums im Abraum verloren gegangen.
4. Datierung des Tempelgebäudes
4.1. Die
Entstehung des Mithraeums
Die Entstehung des Mithraeums lässt sich durch das kleinere
Kultrelief im Jahr 168 n.Chr. annehmen. Dies passt sich auch
problemlos in den geschichtlichen Kontext ein, nachdem
Dura-Europos im Jahr 165 n.Chr. in römische Hände fiel.
4.2. Die
Bauabschnitte 210 und 240 n.Chr.
Der Ausbau 210 n.Chr. wird in Verbindung zu der in fünf Segmente
zerfallenen (zerstörten?) lateinischen Inschrift gesetzt. Für
die Datierung des Ausbaus 240 n.Chr. gab es in der Literatur
keine Belege.
4.3. Die
Zerstörung des Tempels
Der Abbruch des Mithraeums erfolgte parallel zur Errichtung eines
Lehmziegelwalls auf den Grundstücken neben der
Stadtmauerstraße. Dieser Wall wurde kurz vor dem Fall der Stadt
im Jahr 265 n.Chr. als zweite Verteidigungslinie aufgeschichtet.
!ACHTUNG! Als unentbehrlich für die Mithras-Deutung hat sich mittlerweile [2000] nachfolgendes Buch etabliert:
Besonderer Dank gilt Yvonne Franz für die Übersetzung der griechischen Inschrift des großen Kultreliefs in 3.3.2.