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NPD
Mit "nationalem Sozialismus" an die "Westfront" PDF Drucken E-Mail
redok   
25.05.2008
Bamberg. Zum Abschluss des NPD-Parteitages versuchte sich der wiedergewählte Parteichef Udo Voigt heute dann doch noch an einer politischen Perspektive: eine "weitere Schärfung des sozialen Profils der NPD" stellte er den Delegierten in Aussicht und machte damit auch klar, in welchem Reservoir er im Trüben fischen will. "Die Linke" ist offenbar der Hauptgegner, dem er sowohl nacheifern als auch Wähler und Anhängerschaft abspenstig machen will.

Offener als je zuvor bediente sich Voigt nationalsozialistischer Begriffe. Soziale Verantwortung könne man nur in einer "Volksgemeinschaft" verwirklichen, "nationaler Sozialismus" sei machbar - so entließ Voigt die NPD-Delegierten aus Bamberg.

Zuvor war der Parteitag durchaus vom Lavieren zwischen "Weg in die Mitte" und radikalen Kampfparolen geprägt. Nach der ausführlichen Beschäftigung mit den diversen Finanzskandalen der Partei hatte Voigt sich am gestrigen Samstag auch der Frage des Umgangs mit den "Autonomen Nationalisten" angenommen. Die Antworten waren typisch für den Taktierer Voigt: einerseits verurteilte er die gewalttätigen Attacken wie am 1. Mai in Hamburg ("Wer also Polizisten attackiert, hilft den Systempolitikern, diese gegen uns aufzuhetzen", "unwürdig, sich aus der Masse heraus an einen nicht wohlgesonnenen Journalisten vergreifen zu wollen"), andererseits stritt er die Ausschreitungen ab ("wenn das überhaupt so stattgefunden hat") oder rechtfertigte sogar die rechte Gewalt ("Das ist Notwehrrecht und davon machen wir Gebrauch, wenn wir angegriffen werden"). Eigentlich blieb als Kritik an dem "Schwarzen Block" nur die angeblich "geballte Kommunistenfaust" und die "Spruchbänder mit englischen Texten", die den NPD-Chef störten.

Da war also für jeden etwas dabei, und so war es dann auch bei der Wahl des Bundesvorstands, der von 17 auf 15 Beisitzer verkleinert wurde. Nicht mehr im Vorstand sind Doris Zutt, Thomas Salomon und Erwin Kemna; der inhaftierte frühere Schatzmeister war schon vor dem Parteitag nicht mehr aufgestellt worden. Auch der Hamburger Thomas Wulff, der am 1. Mai noch die gewalttätigen Neonazis angestachelt hatte, wurde nicht wieder als Beisitzer gewählt, dafür rückte sein nicht minder radikaler Kamerad Jürgen Rieger gleich eine Stufe höher und wurde stellvertretender Vorsitzender. "Eine politische Katastrophe" sei die Rieger-Wahl, so zitiert die taz in ihrer morgigen Montagsausgabe das wiedergewählte Vorstandsmitglied Andreas Molau.

Neu im Vorstand ist Udo Pastörs, der zwar wie Rieger den radikal-militanten Neonazis zuneigt, aber am Samstag heftig mit dem Hamburger aneinander geraten war. Rieger hatte den "Kameraden" aus Mecklenburg-Vorpommern vorgeworfen, seine Wahl zum stellvertretenden Parteivorsitzenden torpediert zu haben, als er bereits beim letzten Parteitag 2006 in Berlin dafür kandidiert hatte. "Sie lügen, Herr Rieger!" schleuderte ihm darauf der dortige Landesvorsitzende Stefan Köster entgegen.

Das mit Abstand beste Wahlergebnis erzielte jedoch der letzte Neuling: der Geschichtsrevisionist Olaf Rose wurde mit 88,2 Prozent in den Parteivorstand gewählt. Der promovierte Historiker stellt wohl für viele NPD-Mitglieder die größte Hoffnung auf "intellektuelles Profil" dar, obwohl der innerparteilich durch zahlreiche Vorträge bei NPD-Kreisverbänden bekannte Rose außer seinen hinlänglich bekannten Versuchen, die Zeitgeschichte umzuschreiben, nichts Nennenswertes an intellektuellen Leistungen anzubieten hat.

Der als stellvertretender Vorsitzender abgewählte Peter Marx durfte sich mit einem Beisitzerposten im Vorstand trösten; bei der ersten Vorstandssitzung unmittelbar im Anschluss an den Parteitag wurde er gleich wieder zum Generalsekretär bestimmt. Neu im Vorstand sind nun auch nach einer Satzungsänderung kraft Amtes die Vorsitzenden der Partei-Arbeitsgemeinschaften "Kommunalpolitische Vereinigung" (KPV), Hartmut Krien, und "Ring Nationaler Frauen" (RNF), Gitta Schüßler. Damit wurden sie dem Bundesvorsitzenden der "Jungen Nationaldemokraten" (JN), Michael Schäfer, gleichgestellt, der schon zuvor kraft Amtes auch im NPD-Vorstand vertreten war.

Im Mittelpunkt der NPD-Propaganda sollen in den kommenden Jahren die sozialen Themen stehen, die Parole "Sozial geht nur national" soll als "Markenzeichen" etabliert werden. Damit hat sich Voigt nicht wenig vorgenommen, denn gemeinsam mit der DVU will er im kommenden Jahr in die Länderparlamente von Thüringen und des Saarlandes einziehen, in Sachsen und Brandenburg die bestehenden rechten Fraktionen behaupten und "spätestens 2011" im Berliner Abgeordnetenhaus vertreten sein. Dann hatte Voigt doch noch Visionen, die der NPD von einer Partei mit Ost-regionalen Erfolgen zu einer "Westfront ab 2011" verhelfen sollen: "Und dann beginnt der Sturm auf die Länderparlamente in Westdeutschland, die Bundes- und Europaebene". Offenbar hat der Erfolg der "Linken" in Westländern auch den NPD-Chef mit Hoffnung für die eigene Partei beflügelt; schließlich hatte man auch schon die frühere PDS als ostdeutsche Regionalpartei abgeschrieben. "In den Reichstag" will Voigt die NPD führen - und dann auch in die Rathäuser von Danzig, Breslau und Königsberg, die so wie Berlin seutsche Städte seien.

Bis dahin muss die NPD allerdings noch einige Probleme bewältigen, nicht zuletzt die innerparteilichen Bruchlinien zwischen den Verfechtern bürgerlicher Seriosität und militant-radikalen Neonazis kitten. Der drohende Bruch im bayerischen Landesverband wurde auf dem Bundesparteitag durch das Zurückziehen eines brisanten Antrages noch erfolgreich ignoriert, doch die ungelösten Konflikte werden bald wieder manifest werden.

Während des Parteitages hatten am Wochenende laut der Agentur ddp 5.000 Menschen in Bamberg bei mehreren Protestaktionen gegen die NPD demonstriert, die durchweg friedlich verliefen.