01.02.2001: medientheoretische reflexion  

merkmale der hypertextualität

copyright © by werner scheibmayr zuletzt geändert am 9. februar 2001

ein hypertext kann als ein medium im sinne von niklas luhmann beschrieben werden:

  • der hypertext ist als medium ein raum gleichzeitig gegebener möglichkeiten, der operativ nicht als ganzer simultan aktualisierbar oder linearisierbar ist und auch noch keine semantik hat.
  • die einzelnen texteinheiten des hypertexts sind wie die elemente eines mediums (durch die links) nur lose gekoppelt: der autor eines hypertexts gibt als struktur nur eine selektion des selegierbaren und kombinierbaren vor, aber keine bereits fest fixierte form. die strukturelle form, die er anbietet, ist das medium, in dem der nutzer bei der navigation seine temporäre form einprägt.
  • die nutzung eines hypertexts ist eine aktive und notwendig selektive aktualisierung seiner möglichkeiten: bei jeder aktivierung eines links werden zwei texteinheiten miteinander relationiert, so dass eine form entsteht.
  • erst durch diese selektive formbildung generiert der nutzer überhaupt einen text, der eine bestimmte struktur, bestimmte merkmale mit bestimmter semantik und sinn aufweist.
  • die selektiv hervorgebrachte aktuelle textstruktur ist eine nutzerrelative und in der zeit flüchtige prozessstruktur und kein bleibendes, von autor zu verantwortendes merkmal des "textes an sich"
  • in der regel wiederholt sich der sinnbildende selektionszwang auf jeder neuen textseite, so dass während der formbildung im medium des hypertexts eine art interaktivität zwischen text und nutzer entsteht. in hypertexten ist das internet ein kaltes medium.
  • die aktuell-konkreten formalen oder inhaltlichen merkmale des gesamttexts, also die in ihm mitgeteilten informationen, sind nicht "objektiv" der rezeption vorgegeben, sondern werden in ihr erst durch die jeweils vollzogenen selektionen konstituiert.
  • dadurch wird die sozialdimension dominant, da jede konkrete textbildung relativ zum jeweiligen nutzer ist und nicht mehr für alle nutzer gleichermaßen dem autor zugerechnet werden kann. dies bedeutet eine starke pragmatisierung des texts, dessen aktuelle kommunikative merkmale wie mitteilung, information oder thema der sachdimension erst bei der nutzung gewählt und zu einer festen form kondensiert werden.