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Die Geschichte der Murgthalbahn
Wir waren unglaublich aufgeregt, als die Eisenbahn einfuhr und die Musikkapelle spielte. So erzählte mir meine Großmutter ihre Eindrücke vom 14. Juni 1910, als Sie mit ihren Klassenkameraden im scheeweisen Komunionkleid am Bahnhof standen und jubelnd den ersten Zug der Murgtalbahn begrüßten. Alle Vereine und die Vertreter der Gemeindeverwaltungen waren zu diesem Jahrhunderterlebnis anwesend und erwiesen ihre Ehre. |
Großherzog Friedrich II wird vom Bürgermeister und den Gemeinderäten begrüßt |
Doch dem Einzug
der ersten Murgtalbahn gingen schwierige Jahre der Diskussion und Planung
voraus. Die ersten Ansätze für den Bau einer von Rastatt nach
Freudenstadt durchgehenden Murgtalbahn gingen bis in das Jahr 1852
zurück. Man befasste sich seinerzeit mit dem Gedanken, eine durchgehende
Eisenbahnstrecke über Freudenstadt und das württembergische
Hochland nach Donaueschingen zu bauen, um so den Hochschwarzwald und die
Baar zu erschließen.
Eine Petition der Stadt Gernsbach für den Bau einer durchgehenden Bahnstrecke wurde im Juli 1862 mit der Begründigung abgewiesen, dass sie auf weiten Strecken durch wenig bevölkertes württemberisches Gebiet führe und so unrentabel und zu teuer sei. |
Der Holzhandel
war von jeher die wichtigste Einnahmequelle für die Menschen im hinteren
Murgtal. Dabei wurden die Stämme durch die Flößer über
die Murg und den Rhein bis nach Holland transportiert.
Doch gingen die Holzhändler immer mehr dazu, das Holz zu höherwertige Produkten wie Bretter, Balken und Eisenbahnschwellen zu verarbeiten. Diese konnten dann nicht mehr durch die traditionelle Flößerei transportiert werden sondern wurden auf dem Straßenweg transportiert. Dazu mussten in dem engen Murgtal für viel Geld Strassen gebaut werden. Durch die in den württemberischen Tälern geplanten Eisenbahnlinien war die Konkurrenzfähigkeit des Holzhandels im Murgtal stark gefährdet so dass die Bestrebungen zumindest einer Stichbahn in Murgtal wieder aufgegriffen wurden. |
Ein am 02.
Februar 1863 in Gernsbach gebildetes Comitee
sollte die Gründung einer Zweigbahn einleiten. Dazu sollten
die Finanzmittel für den Bau der Eisenbahnstrecke aufgebracht werden
und bald hatte man Unternehmer wie Casimir Rudolf Katz, Gottlieb Klump
sowie die Murgschifferschaft von dem Projekt überzeugt.
Bereits am 06. Februar 1863 fand die erste Arbeitssitzung statt bei der Prof. Dr. Reinhard Baumeister von der Polytechnischen Schule in Karlsruhe mit dem Entwurf einer Eisenbahnlinie von Rastatt nach Gernsbach beauftragt wurde. Ein umfangreiches Arbeitspensum mußte nun erledigt werden wie die Finanzierung, dieFestlegung der endgültigen Trassenführung, Grundstücksfragen sowie die Beteiligung der Gemeinden zur Aufbringung des Gesellschafts- und Baukapitals. |
Nach ausführlicher
Behandlung in beiden Kammern des Landtags wurde am 12.
Mai 1866 das Gesetz, den Bau einer Eisenbahn
von Rastatt nach Gernsbach betreffend mit großer Zustimmung veranschiedet.
Von entscheidender Bedeutung für die Zustimmung war die Konkurrenzfähigkeit
des Murgholzhandels mit den benachbarten Tälern Enz und Nagold, denen
vom Württemberischen Landtag bereits der Bau von Eisenbahnen zugesichert
war.
Durch den zwischenzeitlich ausgebrochenen preußisch-österreichischen Krieg verzögerte sich der Baubeginn, so dass erst am 09. Mai 1868 vom Verwaltungsrat die Verträge an den Bauleiter Prof. Baumeister und die bauausführenden Ingenieure Bär und Kölbing übergeben werden konnten. |
Bereits am
08.
Mai 1868 begann man mit dem Abstecken der
Trasse und am 19. August vollzog der Baumeister Belzer aus Weisenbach den
ersten Spatenstich für die Hochbauten in Kuppenheim.
Bereits am 22. April 1869 dampfte der erste Kieszug nach Gernsbach und benötigte für diese Strecke 51min. Die Arbeiten konnten pünktlich abgeschlossen werden und so startete am 31. Mai 1869 um 12:00 Uhr der festlich geschmückte Zug mit vielen Ehrengästen zur 15,11km langen Eröffnungsfahrt nach Gernsbach. |
Noch vor der offiziellen Fertigstellung
des ersten Streckenabschnitts von Rastatt nach Gernsbach, hatte sich ua
die Murgschifferschaft der Fortsetzung der Eisenbahnstrecke nach Freudenstadt
angenommen. Ein Konzessionsgesuch, das die Interessenten Katz&Klump,
Casimir Kast und E.Geiger am 10. Februar 1872
einreichten beschrieb eine Verbindung von Gernsbach nach Freudenstadt mit
einer 1000mm Schmalspurbahn.
Bei einer am 10. Juni 1873 in Karlsruhe durchgeführten Besprechung über von Württemberg vorgeschlagene Bahnverbindungen zwischen beiden Staaten wurde jedoch erklärt, dass man derzeit kein Interesse an einer solchen Verbindung hat. Ein im Dez. 1873 abgeschlossener Staatsvertrag enthielt aber lediglich die Kinzigtalbahn von Freudenstadt nach Hausach! 1874 legten die Murgtalgemeinden eine Petition vor, in der die Notwendigkeit einer durchgehenden Staatsbahn für die gesamte Industrialisierung und dem Handel für über 10000Menschen, die in diesem Streckenabschnitt wohnten dringenmd notwendig sei. Durch die finanzielle Situation der Staatskasse und der Eisenbahnschuldentilgungskasse kam das Projekt aber für ein ganzes Jahrzehnt zum erliegen. |
Erst 1888 kam wieder Bewegung in
den Bahnbau als sich die Firma Holmann, die in Weisenbach große Anlagen
für Papier- und Holzstofffabrikation erbaute, um eine Konzession für
ein Bahnlinie von Gernsbach nach weisenbach bewarb. Der Verwaltungsrat
der Murgthal-Eisenbahngesellschaft fürchtete, dass die Interessen
in femde Hände kommen und erstellte am 03. Frebruar 1889 eine Eingabe
und bewarb sich selbst um eine Konzession für den Bau und Betrieb
einer Bahnlinie bis Weisenbach.
Am 28. November 1890 erhielt die Murgtal-Eisenbahngesellschaft eine "Konzession für den Bau und Betrieb einer Nebenbahn von Gernsbach nach Weisenbach"! Anfang Dezember 1892 lagen die Kostenvoranschläge für den Bahnbau von den beauftragten Bauunternehmen Hermann Bachstein uas Berlin und Aspirion&Cie in Überlingen vor. Bereits am 1. Mai 1894 konnte die 5,08km lange Strecke eröffnet werden. Damit bestand jetzt auch die Möglichkeit, die Werke Breitwies und Schlechtau der Firma Holtzmann durch ein Privatanschlussgleis anzuschließen was durch die Firma Aspirion&Cie am 29. Oktober 1894 fertiggestellt wurde. |
Bereits 1874
richteten die Gemeinden des oberen Murgtals eine "ehrerbietigste
Bitte um den Bau einer Eisenbahn von Freudenstadt nach Gernsbach"
an König Karl. Daraufhin wurde die Strecke Ergebnis untersucht
und man stellte fest, dass der gesamte Verkehr überwiegend in Richtung
Freudenstadt bewege. Besonders der schwierige Abstieg nach Baiersbronn
lasse ein großes Betriebsdefizit erkennen. Man befürchtete auch
einen Verlust der gewinnträchtigen Transporte in das "badische Ausland".
In den Jahren 1890 - 1894 wurden mehrere Petitionen an die Württembergische Landesregierung geschickt mit der Bitte, eine Bahnlinie von Freudenstadt bis zur Landesgrenze zu bauen. Trotz einer durchgeführten Expertiese auf Kosten einer Gruppe von Industriellen durch die Firma Bachstein&Cie zum" Bau einer Nebenbahn von Freudenstadt nach Weisenbach" kam das Projekt nicht in Gange und wurde lediglich nichtssagend "wohlwollend" geprüft. |
Am 25.
Mai 1895 wurde eine weitere Petition an die
Regierung geschickt, aber diesmal in einer "abgespeckten Version" für
eine Nebenbahn von Freudenstadt nach Baiersbronn. Diese Petition fiel auf
fruchtbaren Boden und so beschloss der Landtag am 29.
April 1897 den Bau einer Nebenbahn Freudenstadt-Baiersbronn
nachdem sich die Bahninteressierten zu erheblichen Eigenleistungen bereiterklärt
hatten.
Am 21. November 1901 wurde dann dieser erste 11,88km lange Streckenabschnitt von Freudenstadt bis nach Baiersbronn fertiggestellt. |