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Verfassungs- und Verwaltungsrecht

Das Bundesministerium des Innern ist – wie auch das Bundesministerium der Justiz – Verfassungsressort. Diese Stellung resultiert aus dem besonderen Widerspruchsrecht gem. § 26 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Bundesregierung.


Verfassungs- und Verwaltungsrecht

Das Bundesministerium des Innern ist – wie auch das Bundesministerium der Justiz – Verfassungsressort.

Diese Stellung resultiert aus dem besonderen Widerspruchsrecht gem. § 26 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Bundesregierung: Ist ein Gesetz- oder Verordnungsentwurf oder eine Maßnahme der Bundesregierung mit geltendem Verfassungsrecht nicht vereinbar, so können der Bundesminister des Innern und die Bundesministerin der Justiz Widerspruch erheben.
Die Angelegenheit darf nur durchgeführt werden, wenn das Kabinett den Widerspruch mit Mehrheit in Anwesenheit des Widerspruchsführers überstimmt.

Diese Regelung hat eine besondere verfassungsrechtliche Verantwortung des Bun­desministers des Innern und der Bundesministererin der Justiz zur Folge. Das Widerspruchsrecht stellt eine verfassungsorganisationsrechtliche Regelung dar, die die Grundrechtsbindung (Artikel 1 Absatz 3 Grundgesetz) und die Verfassungsbindung (Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz) der Exekutive konkretisiert (Grundrechtsschutz/ Verfassungsschutz durch Verfahren). Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, überprüfen in beiden Ressorts besondere Verfassungsrechtsabteilungen Gesetzgebungs-, Verordnungsvorhaben und alle sonstigen Maßnahmen auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin.
 
Die Doppelzuständigkeit von zwei Ministerien hat sich bewährt, in ihr kommt die besondere Verfassungsbindung der Regierung zum Ausdruck. Wäre nur ein Ressort Verfassungsministerium, so könnte das Widerspruchsrecht politisch instrumentalisiert werden. 

Recht der Verfassungsorgane

Die Prüfungsaufgaben im Recht der Verfassungsorgane betreffen vor allem die Frage, ob Gesetzes- und sonstige Vorhaben mit den Artikeln 38 bis 69 Grundgesetz vereinbar sind. Diese Bestimmungen regeln insbesondere die rechtliche Stellung des Deutschen Bundestages, des Bundesrates, des Bundespräsidenten und der Bundesregierung. Da das Grundgesetz dem Deutschen Bundestag umfassende Rechte zur Kontrolle der Regierungstätigkeit einräumt, ist für die Bundesregierung aus der Sicht ihrer eigenen Interessen häufig die Frage von Bedeutung, ob und in welcher Weise sie einem Auskunftsbegehren des Deutschen Bundestages, seiner Ausschüsse oder Mitglieder entsprechen muss. Auch die Frage, wie weit innerhalb der Bundesregierung die Organisationsgewalt des Bundeskanzlers bzw. der Bundesminister über ihren eigenen Geschäftsbereich reicht, ist im politischen Leben von Bedeutung.

Verteidigungs- und Notstandsverfassungsrecht

Im Verteidigungs- und Notstandsverfassungsrecht ist insbesondere seit den Ereignissen des 11. September 2001 in den USA die Rolle der Bundeswehr verstärkt ins Blickfeld gerückt. Nach Artikel 87a Absatz 2 Grundgesetz dürfen die Streitkräfte außer zur Verteidigung nur eingesetzt werden, soweit das Grundgesetz es ausdrücklich zulässt. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Bundeswehr zur Gefahrenabwehr im Innern eingesetzt werden darf und wie dies gegebenenfalls gesetzlich geregelt werden kann, ist daher ein praktisch wichtiger Bestandteil der verfassungsrechtlichen Prüfung. Ähnliches gilt für die Auslandseinsätze der Bundes­wehr, deren Bedeutung in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Diese Einsätze finden im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit (vgl. Artikel 24 Absatz 2 Grundgesetz) statt und bedürfen grundsätzlich der vorherigen Zustimmung des Deutschen Bundestages. Bevor die Bundesregie­rung einen Auslandseinsatz oder seine Verlängerung beschließt, ist daher von den Verfassungsressorts zu prüfen, ob die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für den geplanten Einsatz gegeben sind und den Beteiligungsrechten des Deutschen Bundestages Genüge getan ist.
 

Finanzverfassungsrecht

Das Finanzverfassungsrecht ist in den Artikeln 104a bis 115 Grundgesetz geregelt.
 
Es geht um die Abgrenzung der Finanzhoheit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Dazu gehören

  • die Frage, wer welche Ausgaben zu tragen hat (Ausgabenlastverteilung),
  • die Steuergesetzgebungszuständigkeit,
  • die Verteilung der Einnahmen des Staates (des Steuerertrags) zwischen Bund, Ländern und Gemeinden (vertikaler Finanzausgleich) und unter den Ländern (horizontaler Finanzausgleich),
  • die Kompetenzen zur Steuerverwaltung und die Finanzgerichtsbarkeit.

Für die Aufstellung und den Vollzug der Haushalte (Haushaltswirtschaft) enthält das Grundgesetz zudem Maßgaben für allgemeine Grundsätze, z.B. die Berücksichtigung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts und von Konjunkturschwankungen oder die Mehrjährigkeit der Finanzplanung; auch verpflichtet das Grundgesetz Bund und Länder gemeinsam zur Einhaltung der EU-rechtlich vorgegebenen Haushaltsdisziplin, etwa des Staatsverschuldungslimits. Ansonsten regeln die Länder im Rahmen ihrer Haushaltshoheit ihre eigene Haushaltswirtschaft jeweils selbstständig. So beziehen sich die Regelungen des Grundgesetzes zum Haushaltsplan und zur Haushaltsführung allein auf den Bund.
 
Im Grundsatz folgt das Grundgesetz dem Modell der Trennung der Finanzierungsverantwortung und -sphären (so genanntes Trennungssystem).
Es gilt die Grundregel, dass die Finanzierungskompetenz der Verwaltungskompetenz folgt oder anders ausgedrückt: Die Ausgaben folgen den (Vollzugs-)Aufgaben (so genanntes Konnexitätsprinzip).
Infolge dessen gilt: So wie die Mischverwaltung ganz allgemein zwecks klarer und transparenter Zuordnung und demokratischer Legitimation nur im Falle ausdrücklicher verfassungsrechtlicher Zulassung in Ausnahmefällen zulässig ist, so gilt für den Regelfall das Verbot der Mischfinanzierung.

Als punktuelle Durchbrechung gehören zur Finanzverfassung jedoch auch die Gemeinschaftsaufgaben (Artikel 91a und 91b Grundgesetz), in denen der Grundsatz der Auf- und Ausgabentrennung zwischen Bund und Ländern auf einigen gesamtstaatlich bedeutsamen Gebieten wie der regionalen Wirtschaftsstruktur, dem Küstenschutz oder der Forschungsförderung durchbrochen werden darf. Weitere ausnahmsweise vom Grundgesetz zugelassene Mischfinanzierungstatbestände finden sich bei den Geldleistungsgesetzen sowie den Finanzhilfen des Bundes für Investitionen.
 
Die praktische Bedeutung der Finanzverfassung liegt auf der Hand, gilt doch, dass ohne Geld die vielfältigen Aufgaben des Staates nicht bewältigt werden können. Die einzelnen Glieder des föderalen Gefüges der Bundesrepublik Deutschland, also der Bund und die Länder, auch jedes für sich betrachtet, sind in der ihnen jeweils zustehenden Eigenständigkeit und ihrem komplexen Zusammenwirken auf eine jeweils angemessene Finanzausstattung angewiesen: So müssen die Länder einerseits auf ihre Kosten – neben ihrem eigenen Staatshandeln - die Hauptlast des Vollzugs der Bundesgesetze tragen und somit den administrativen Aufwand hierfür auch finanzieren. Andererseits muss den Ländern seitens des Bundes genug Luft zum Atmen verbleiben, so dass sie genügend finanzielle Ressourcen und Spielraum haben, um neben den bundesrechtlich zugewiesenen „Pflichtaufgaben“ auch eigenständig agieren zu können. Entsprechendes gilt für die Gemeinden. Die angemessene Finanzausstattung war und ist – auch angesichts der teils historisch bedingten unterschiedlichen Größe, Zusammensetzung und Leistungsfähigkeit der einzelnen Länder – Gegenstand einer Reihe von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gewesen.
 
Die erste Stufe der Föderalismusreform, die mit umfangreichen Änderungen des Grundgesetzes 2006 abgeschlossen wurde, hat unter anderem das Verbot der Übertragung von Aufgaben auf Gemeinden oder Gemeindeverbände durch Bundesgesetz (so genanntes Durchgriffsverbot) eingeführt. Diese kompetenziellrechtliche Vorschrift ist zugleich eine Schutznorm für die Kommunen im Hinblick auf das Konnexitätsprinzip: Dem Bund wird hierdurch verwehrt, die Gemeinden – als direkte systembedingte Folge der Aufgabenübertragung - mit Ausgaben zu befrachten.
 
Zurzeit befasst sich die zweite Stufe der Föderalismusreform insbesondere mit einer Überprüfung und ggf. Überarbeitung der Finanzverfassung. Im Interesse der Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit wird insbesondere nach Auswegen aus der Staatsverschuldung (Stichwort: „Schuldenbremse“) gesucht.

Verfassungsrecht des öffentlichen Dienstes

Die beamtenverfassungsrechtliche Prüfung erfolgt unter dem Blickwinkel des Artikel 33 Absatz 2, 4 und 5 Grundgesetz. Diese Bestimmungen regeln den Zugang zu öffentlichen Ämtern, den Funktionsvorbehalt zur Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse und die Grundsätze des Berufsbeamtentums. Die beamtenverfassungsrechtliche Prüfung ist  insbesondere von  Bedeutung, wenn im Dienstrecht Änderungen geplant sind. Hier bildet  Artikel 33 Absatz 5 Grundgesetz einen herausgehobenen Prüfungsmaßstab, an dem alle Vorhaben verfassungs­rechtlich gemessen werden, die die Rechtsverhältnisse der Beamten und Richter betreffen. Alle Änderungen im Dienstrecht sind an den hergebrachten Grundsätzen des Berufbeamtentums zu messen.

Letzte Änderung: 22.10.2008


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