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01.08.2009

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Nigeria: Mehr als 260 Tote bei Kämpfen mit Islamisten

Tagelange Kämpfe mit Islamisten

Nigeria kommt nicht zur Ruhe

Bei Gefechten zwischen Sicherheitskräften und Islamisten im Norden Nigerias sind seit Sonntag mindestens 260 Menschen ums Leben gekommen. Präsident Umaru Yar'Adua kündigte einen harten Kampf gegen die Sekte an, deren Anhänger sich an den afghanischen Taliban orientieren.

Von Marc Dugge, ARD-Hörfunkstudio Nordwestafrika

Schwere Kämpfe in Nigeria, eine Polizeistation in Brand gesetzt. (Foto: REUTERS) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: In Bauchi überfielen Islamisten eine Polizeistation. ]
Der Norden Nigerias kommt nicht zur Ruhe: Sicherheitskräfte kämpfen mit aller Kraft gegen Anhänger einer radikalislamischen Sekte. Dabei sind seit Sonntag mindestens 260 Menschen ums Leben gekommen. Die Ausschreitungen hatten am Sonntag im Bundesstaat Bauchi begonnen, wo Islamisten eine Polizeistation überfielen - angeblich, um Waffen zu rauben. Die Polizei schlug zurück. Daraufhin weiteten sich die Kämpfe auf die ganze Region aus.

Trauernde Menschen

Uniformen, Kleidungsstücke, Patronenhülsen liegen auf der Straße. Dazwischen sitzen trauernde Menschen, die leer zu Boden blicken, konsterniert, fassungslos. Auch Ogbonna Onovo von der Polizei Maiduguri ist entsetzt vom Ausmaß der Gewalt: "Dies ist eine fanatische Organisation, die sich gegen den Staat, gegen die Menschen, gegen alles richtet. Wir sind dabei, ihre Führer zu identifizieren und festzunehmen. Und ihre Basis zu zerstören, wo sie auch sein mag."

Nigerias Präsident Umaru Yar'Adua (Foto: REUTERS) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Nigerias Präsident Umaru Yar'Adua will entschlossen gegen die Islamisten vorgehen. ]
Das Hauptquartier der Islamisten befindet sich in Maiduguri. Dorthin wurden Polizei- und Armeeeinheiten aus dem ganzen Land zusammengezogen. Sie griffen am Dienstagabend das Hauptquartier des Sektenführers Mohammed Yussuf mit Mörsern an. Rund 250 bewaffnete Islamisten verteidigten sein Anwesen, rund 1000 Anhänger sollen sich außerdem in der Stadt befinden. Der Gefechtslärm war die ganze Nacht über zu hören. Ob Yussuf bei dem Angriff ums Leben kam oder fliehen konnte, ist derzeit nicht klar. Nigerias Präsident Umaru Yar'Adua hat jedenfalls einen harten Kampf gegen die Sekte versprochen: "Diese Menschen haben es auf unsere Gesellschaft abgesehen. Sie haben Waffen gesammelt, gelernt, Sprengstoffe und Bomben zu bauen, um den Frieden in Nigeria zu zerstören. Wir setzen unsere Patrouillen im ganzen Norden fort, um diese Leute zu finden und sofort zur Verantwortung zu ziehen."

"Irregeleitete Fanatiker"

Die Sekte nennt sich "Boko Haram". Was auf deutsch soviel heißt wie: "Die Moderne Erziehung ist eine Sünde". Sie orientiert sich erklärtermaßen an den afghanischen Taliban. Und fordert, dass überall in Nigeria die Scharia gelten soll, das islamische Recht. Bisher ist das nur in einigen Staaten im Norden des Landes der Fall. Der nigerianische Moslemverband JNI hat die Aktivitäten der Sekte scharf verurteilt. Ein Sprecher nannte die Sektenanhänger "irregeleitete Fanatiker" und die Gewaltakte "unislamische" Taten. Unter den Anhängern sollen vor allem junge Männer sein: Studienabbrecher, Perspektivlose, die Hass auf den Staat und seine Autoritäten haben.

Für den nigerianischen Politikwissenschaftler Bello Gwarzo hängt das Aufkommen der Sekte mit dem Scheitern des Staates zusammen: Vermeintlich religiöse Krisen hängen damit zusammen, dass die Staatsführung nicht in der Lage ist, den Menschen Zugang zu Dienstleistungen zu verschaffen. Im Klartext: Gesundheitsversorgung und Bildung. Wenn man das alles bereitstellt, gibt es auch weniger solcher Zusammenstöße. Klar, wir beobachten hier das grandiose Scheitern der politischen Führung dieses Landes, gepaart mit einer viel zu langen Militärvergangenheit. Und dabei sind eben unglaubliche Extreme von Reichtum und Armut entstanden."

Zuflucht in Militärkasernen

Frauen und Kinder haben in einer Militärkaserne Zuflucht gesucht. (Foto: AFP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Tausende Menschen haben in Militärkasernen Zuflucht gesucht. ]
In Maiduguri hat sich die Lage allerdings noch nicht beruhigt, hier war am Vormittag noch immer der Lärm von Mörsern zu hören. Mindestens 3000 Menschen haben in Militärkasernen Zuflucht gefunden, die Mehrzahl von ihnen sind Christen. Dort müssen sie inmitten von Leichen getöteter Islamisten ausharren. Auch im Nachbarstaat Yobe kam es am Morgen zu erneuten Gefechten zwischen Sicherheitskräften und der Polizei. Dabei sollen mindestens 30 Menschen ums Leben gekommen sein. Immerhin gelang es der Armee in Maiduguri, 180 Frauen und Kinder zu befreien, die von den Islamisten als Geiseln genommen waren. Ein Ende des Albtraums ist in Maiduguri aber bisher nicht in Sicht.

Stand: 30.07.2009 12:42 Uhr
 

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