Der hohe Ölpreis hat weitreichende Auswirkungen auf die Finanzmärkte.
Helmut Knestel, Dachfondsmanager der GECAM AG
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Von Helmut Knestel, Dachfondsmanager der unabhängigen Vermögensverwaltung GECAM AG
Der Ölpreis beeinflusst die Märkte momentan wie selten zuvor wie ein Junkie auf seinen Dealer warten die Händler auf die tägliche Ration Brent. Kein Wunder: Die düstere Prophezeiung Hugo Chavez', 200 USD pro Fass wären in absehbarer Zeit möglich, hält heute niemand mehr nur für Wunschdenken eines Öl-Präsidenten. Angesichts neuer Rekordstände rücken Unternehmensnachrichten in den Hintergrund. Wann hört die Ölpreisrallye endlich auf? Und wie lange hält die Wirtschaft dieses Niveau noch aus? Um 32 Prozent hat der Ölpreis seit Jahresanfang zugelegt, bei Erdgas waren es sogar 73,5 Prozent.
Spritpreise drücken auf Konsum
Die hohen Kosten für Energie rauben den Konsumenten den Spielraum für höhere Ausgaben. Der Konsum wird also auch im Sommer nicht nachhaltig anziehen, der GfK-Konsumklimaindex sank überraschend stark von 5,6 auf 4,9 Punkte. Hinzu kommt, dass die Einkommenserwartungen gesunken sind, was sich vor allem negativ auf große Anschaffungen auswirken dürfte. Der erhoffte breite Aufschwung, der auch von den Privathaushalten mitgetragen werden müsste, bleibt also auf absehbare Zeit aus. Das gleiche Bild zeigt sich in den USA, wo das Verbrauchervertrauen (Consumer Confidence) statt den erwarteten 60 nur 57,2 Zähler erreichte. Der niedrige Dollarkurs ist da nicht gerade hilfreich, auch wenn er wegen besserer Exportchancen die Möglichkeit für eine Belebung der US-Wirtschaft in sich birgt.
Zweckoptimist Ackermann
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann sieht die Talsohle der Finanzkrise bereits durchschritten. Die Konsolidierung im Finanzbereich wird durch Spartenverkäufe und zahlreiche Fusionen beschleunigt, was vor allem den Übernahmekandidaten der Branche Phantasie verleiht. Unter anderem Dank Allianz & Co schaffte es der DAX im Mai zumindest wieder über die 7000-Punkte-Marke. Fluchtburgen wie Gold und Staatsanleihen wurden vor diesem Hintergrund teilweise verlassen und den Depots wieder mehr Risiko beigemischt. Dies ließ den Goldpreis von seinem Höchststand bei rd.1050 auf aktuell rd. 870 Dollar/Unze und den Bundfuture von 118 auf unter 112 zurückkommen. Angesichts steigender Inflationsraten überwiegen am Rentenmarkt vorerst noch die Abwärtsrisiken, Gold und Minenwerte bleiben weiterhin attraktiv.
Zinsen steigen weiter
Fallende Rentenkurse bedeuten steigende Zinsen. Auf Grund hoher Inflationsraten und stabiler Wirtschaftsdaten hat die Umlaufrendite von 3,6% im März auf aktuell rund 4,5% angezogen. Auch wenn die Realverzinsung, vor allem nach Steuer, nach wie vor nicht sonderlich interessant ist, so wird diese Anlageklasse gerade bei risikoaversen Anlegern ganz, ganz langsam attraktiver. Sowohl für das Investitionsverhalten als auch für die Aktienmärkte stellen diese, im langfristigen Durchschnitt immer noch niedrigen Zinsniveaus, aber noch kein Problem dar. Sollten die Renditen aber weiter so dynamisch wie zuletzt anziehen, würde der Gegenwind für die Wirtschaft sowie DAX& Co natürlich zunehmen.
Rohstoffhausse bietet Einstiegschancen
Unterstützung bekommen die globalen Märkte vor allem von den Profiteuren der hohen Öl- und Rohstoffpreise, so z.B. von den klassischen Öl- und Energieunternehmen sowie deren Herkunftsländern; Stichwort Staatsfonds / Petrodollar-Recycling. Aber auch von den indirekten Profiteuren wie z.B. der Agrarbranche (nachwachsende Rohstoffe, Düngemittel, Gentechnik), der Transportindustrie (leichter, schneller, sparsamer) und der alternativen Energieindustrie, bei der es durch die Entscheidung der Bundesregierung, nun doch an den ursprünglichen Fördersätzen festzuhalten, zu kräftigen Kurssprüngen gekommen ist.
GECAM hat frühzeitig auf die Profiteure des Ölpreisanstieges gesetzt, wobei wir da und dort bereits Übertreibungen in den Bewertungen sehen und sehr wachsam bezüglich eventueller Trendwechsel sind. Ein breit diversifiziertes, internationales Portfolio ist also gerade in diesen Tagen äußerst wichtig.
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