Der scheidende Präsident Wladimir Putin (li.) mit seinem Nachfolger Dimitri Medwedew.
Oliver Stönner, Investment-Stratege bei Cominvest
Von Oliver Stönner, Investment-Stratege bei Cominvest
Am 7. Mai tritt Dimitri Medwedew die Nachfolge von Wladimir Putin im Präsidentenamt an. Die Berufung Putins zum neuen Ministerpräsidenten dürfte bald danach den Machtwechsel bzw. die neue Machtkonstellation in Russland vollenden. Personalentscheidungen dürften daher weitgehend abgestimmt zwischen beiden Führungspersonen getroffen werden. Das Interesse der Finanzmärkte wird sich deshalb vor allem auf die Lösungsansätze des neuen Präsidenten im Hinblick auf die drängendsten wirtschaftspolitischen Fragen konzentrieren. Im Mittelpunkt steht dabei die Dämpfung der kräftig gestiegenen Inflation, ohne die erfreulich hohe wirtschaftliche Dynamik zu gefährden.
Quelle: Cominvest
Die bislang ergriffenen administrativen und handelspolitischen Maßnahmen zur Begrenzung des Verbraucherpreisanstiegs haben nur geringe Wirkung gezeigt. Eine schnellere Aufwertung des Rubels würde zumindest den importgetriebenen Preisdruck dämpfen, aber die zusätzliche Belastung der Exportunternehmen hat die Regierung bislang einen zurückhaltenden währungs-politischen Kurs verfolgen lassen. Vor dem Hintergrund der eingetrübten globalen Konjunkturaussichten ist kaum damit zu rechnen, dass diese Strategie geändert wird.
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Eine innovative Antwort des neuen Präsidenten könnte daher in der Förderung von Investitionen in Sektoren bestehen, die einerseits aufgrund von Produktionsengpässen den Preisauftrieb verstärken und andererseits von zentraler Bedeutung für die technologische Untermauerung der Investitionsdynamik sind. Maschinen und Ausrüstungsgüter stellen mit knapp 40% den größten Importanteil dar. Der Anstieg von rund 25,5% im Jahr 2003 spiegelt die in den letzten Jahren kräftig gestiegene Investitionsdynamik wider. Gleichwohl ist das Niveau der Investitionen mit rund 21% gemessen am BIP im Emerging Market Vergleich noch eher niedrig. Eine stärkere Förderung gerade der kleinen und mittleren Betriebe könnte gesamtwirtschaftlich wichtige Impulse liefern. Der finanzpolitische Spielraum für eine stärker mittelstandsorientierte Wirtschaftspolitik besteht. Schließlich agiert die Finanzpolitik schon seit einiger Zeit expansiv, und die hohen Energiepreise lassen der Regierung vermutlich auch auf absehbare Zeit hinreichend Spielraum.
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Darüber hinaus könnte der neue Präsident die Bedeutung ausländischer Direktinvestitionen insbesondere kleiner und mittlerer Betriebe hervorheben und auf diese Weise ein Zeichen für die Verbesserung des Investitionsklimas setzen. Schließlich ist das Interesse ausländischer Unternehmen, die russischen Märkte zu erschließen, nach wie vor groß. Dies spiegelt der Anstieg des Zuflusses an ausländischen Direktinvestitionen wider, der im letzten Jahr deutlich mehr als 1% des BIP erreicht hat. Sektoral sollte vor allem eine stärkere Expansion des Dienstleistungssektors angestrebt werden, da dessen Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Produktion seit 2003 im Trend eher rückläufig ist, während der Anteil der Industrie deutlich gestiegen ist. Die Entwicklung des Dienstleistungssektors bietet nicht nur die Möglichkeit den Aufbau und die Verbreiterung technologischen Know-hows bspw. durch Investitionen in Forschung & Entwicklung zu fördern, sondern auch dauerhaft positive Beschäftigungsimpulse zu geben. Schließlich wird die Arbeitslosenrate in diesem Jahr vermutlich erstmals seit langem konjunkturbedingt wieder leicht ansteigen.
Alles in allem rechnen wir mit einer moderaten Verlangsamung der wirtschaftlichen Dynamik. Das reale BIP-Wachstum wird voraussichtlich von 8,1% im letzten Jahr auf rund 7,3% in diesem und 7,0% im nächsten Jahr nachgeben. Auch eine stärkere geldpolitische Dämpfung dürfte daher kaum die Attraktivität des russischen Aktienmarktes, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Energiepreise, untergraben. Gerade die hohe binnenwirtschaftliche Dynamik stärkt das Investorenvertrauen im Zuge der globalen Konjunkturrisiken.
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