Eine Kooperation zwischen der türkischen Regierung und dem Internationalen Währungsfonds hat für Oliver Stönner zentrale Bedeutung.
Oliver Stönner, Investment-Stratege bei Cominvest
Von Oliver Stönner, Investment-Stratege bei Cominvest
Das aktuelle Umfeld für die türkische Wirtschaft wird nicht nur durch äußere sondern auch innere Belastungsfaktoren getrübt. D.h. neben der globalen Konjunkturabschwächung, steigenden Inflationsraten und einer Ausweitung des Leistungsbilanzdefizits wirkt erneut politische Unsicherheit belastend. Besonders sensitiv hat die Lira auf die Eintrübungen reagiert und zählt daher zu den Währungen, die seit Jahresanfang am stärksten gegenüber Euro verloren haben. Hinzu kommt, dass die Inflations- und Leistungsbilanztrends Spekulationen über Zinserhöhungen nach sich gezogen haben.
Quelle: Cominvest
Vor diesem Hintergrund kommt der weiteren Kooperation zwischen der türkischen Regierung und dem Internationalen Währungsfonds nach dem Auslaufen des Beistandsabkommens im Mai eine zentrale Bedeutung zu. Es geht hierbei jedoch weniger um die Bereitstellung von Finanzmitteln als um das klare Signal der türkischen Regierung trotz innenpolitischer Spannungen an dem eingeschlagenen wirtschafts- und finanzpolitischen Reformkurs festhalten zu wollen. Mit anderen Worten, ein Anschlussabkommen mit dem IWF sollte lediglich regelmäßige Konsultationen über die Erreichung klar definierter Ziele vorsehen.
Quelle: Cominvest
Eine Finanzierungskomponente könnte auf Notfälle begrenzt werden. Die Aussichten, dass eine Vereinbarung zwischen Regierung und IWF ausgehandelt werden kann, scheinen sich in den letzten Wochen verbessert zu haben. Dies würde das Vertrauen internationaler Finanz- und Unternehmensinvestoren in den Reformkurs der Türkei untermauern. Konjunkturseitig dürfte sich zudem die schwächere Lira positiv auf den Export auswirken. Dies impliziert wiederum positive Impulse für die Unternehmensinvestitionen insbesondere in den exportorientierten Sektoren, wie bspw. Transportausrüstungen und Textil. Hieraus ergibt sich, dass nach einem realen BIP-Wachstum von 4,5% im letzten Jahr lediglich mit einer moderaten Konjunkturabschwächung auf rund 4,0% in diesem Jahr zu rechnen ist.
Quelle: Cominvest
Im kommenden Jahr wird es vor allem darauf ankommen, wie stabil sich die wirtschaftliche Dynamik im Euroraum entwickelt. Ohne eine spürbare Verlangsamung, aber mit einer erhöhten Wettbewerbsfähigkeit könnte die türkische Wirtschaft 2008 wieder mit einer Rate von rund 5% expandieren. Dies setzt jedoch voraus, dass die Notenbank nicht doch noch gezwungen wird, die Geldpolitik deutlich zu straffen. Positiv ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass sich die Ausrichtung der Geldpolitik bislang trotz der Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten weiter an der Preisentwicklung orientieren kann.
Quelle: Cominvest
In der Vergangenheit waren die Notenbanken anfälliger Emerging Markets, wie die Türkei, in einem krisenhaften Marktumfeld häufig gezwungen, die Geldpolitik zur Stabilisierung der Devisenmärkte einzusetzen. Dass dies gegenwärtig nicht der Fall ist, kann als positive Folge der in den vergangenen Jahren deutlich verbesserten Budget- und Verschuldungssituation gewertet werden. Die Lira wird daher auf Jahressicht vermutlich nur moderat gegenüber US-Dollar verlieren und gegenüber Euro leicht zulegen. Dies verbessert zusammen mit der Bewertung und dem fundamentalen Ausblick die Perspektive für den Aktienmarkt.
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