Markus Zschaber, V.M.Z. Vermögensverwaltung
Der globale Mechanismus der Währungsmärkte gilt in Bezug auf die Liquidität als der größte bzw. voluminöseste Markt der Welt. Das Umsatzvolumen übersteigt das Transaktionsniveau an den Aktienmärkten bzw. an den Anleihenmärkten um ein vielfaches. 24 Stunden am Tag wird ein Transaktionsvolumen von ca. zwei Billionen US-Dollar bewegt. Der Vorteil eines solchen Marktvolumens ist, dass die Wahrscheinlichkeit der Kursbeeinflussung bzw. bewusste Trendkoordination durch spekulative Marktteilnehmer extrem gering ist und somit die klassische Markteffizienz als sehr hoch einzustufen ist. Das bedeutet, dass die Währungsmärkte, anders als zum Beispiel einzelne Aktienmärkte, nur sehr marginal durch gesonderte Einflüsse wie beispielsweise unvollkommene Markttransparenz beeinflusst werden können und somit als besonders opportun für eine reale Markteinschätzung einzustufen sind.
Verzerrungen in den Kursbewegungen sind hierbei somit nahezu ausgeschlossen, so dass durch die Bewertungsmerkmale an den Währungsmärkten ein sehr reales Bild der gegenwärtigen Marktverfassung gegeben bzw. die gesamtvolkwirtschaftliche Einschätzung der Marktteilnehmer widergespiegelt wird. Aufgrund der starken Zunahme des kapitalistischen Wirtschaftssystems der offenen Volkswirtschaften in den vergangenen dreißig Jahren, sind die Wechselkurse nach meiner Überzeugung eine sehr wichtige messbare wirtschaftliche Größe. Hauptverantwortlich für diese Entwicklung sind meiner Auffassung nach der rasant angestiegene Globalisierungsprozess in den Unternehmensstrukturen sowie das dynamische Wachstum des weltweiten Handels gegenüber dem nationalen Handelsvolumen, in Kombination mit der Mobilität der internationalen Kapitalströme. Die Möglichkeit, Währungen ohne Hürden und Hindernisse frei tauschen zu können, gilt somit aus meiner Sicht auf das ökonomische Wertschöpfungsmuster als eine dominante Komponente des konjunkturellen Zyklus.
Währungsmarkt - Die Erwartung ist entscheidend
Warum der Währungsmarkt für alle Investorengruppen so wichtig ist, ist meiner Meinung nach, der gesamtwirtschaftliche Hintergrund: Die Wechselkurse wirken sich auf nahezu jede ökonomische Größe wie z.B. Inflation, Wachstum, Produktivität, Zinsen etc. aus. Die aktuellen und voraussichtlichen bzw. zu erwarteten Kursentwicklungen bilden einen signifikanten Impulsgeber für wirtschaftspolitische und notenbankpolitische Entscheidungsaktivitäten. Daraus resultiert, dass der Devisenhandel in seiner Funktionalität die zu erwartende ökonomische Verfassung vorweg nehmen kann. Im Kontext bedeutet dies, dass die Kursbewegungen am Devisenmarkt gesamtwirtschaftliche Veränderungen, wie z.B. Leitzinssenkungen oder auch Bilanzereignisse von systemrelevanten Unternehmen, meist vor Bekanntgabe der eigentlichen Information widerspiegeln und frühzeitig einpreisen.
Genau diese Entwicklung, mit dem Hintergrund einer sehr effizienten Marktransparenz, ist nach meiner Überzeugung eine sehr wichtige Konstante für eine fundierte Markteinschätzung. Das bedeutet, dass wenn die Währung einer Nation oder eines Währungsraums gegenüber anderen systemrelevanten Währungen (z.B. EUR, USD, YEN, CHF, GBP) Stärke dokumentiert, die ökonomische Wertschöpfungskette dieser Nation bzw. des Währungsraums ebenfalls in einer komfortableren Verfassung ist, als die der Vergleichsökonomie. Hieraus abgeleitet sind Devisenkurse, welche stark gegenüber anderen systemrelevanten Währungen abwerten, ein Indikator für eine sich verschlechternde volkswirtschaftliche Verfassung. Aufgrund der Transparenz und Effizienz der Währungsmärkte werden oftmals dort ökonomische Veränderungsprozesse ersichtlich, die in anderen Kapitalmärkten noch nicht erkannt werden können. Meine Empfehlung an jeden Investor, ob Privat oder Institutionell, ist, sich vor und während einer Investition, in welche Anlageklasse auch immer, detailliert mit den einzelnen Währungsmärkten auseinanderzusetzen, um mögliche Schwächen oder auch Stärken einer Volkswirtschaft frühzeitig erkennen zu können.
Ein empirisches Beispiel
Zu Beginn der Finanzmarktkrise im Juli 2007 war das Wechselkursverhältnis zwischen dem britischen Pfund und dem Euro wie folgt: Für ein britisches Pfund bekam ein Investor 1,4967 Euro. Im Verlauf der Finanzmarktkrise entwickelte sich das Wechselkursverhältnis stark negativ. Für einen britischen Pfund bekommt der Investor heute ca. 1,0795 Euro, was einer Kursentwicklung von über - 27 Prozent bedeutet. Der Markt interpretiert bis heute, dass der ökonomische Abschwung bzw. die Finanzmarktkrise in Großbritannien besonderen Schaden verursachen sollte und strafte das britische Pfund entsprechend ab.
Interessanterweise konnte bereits im zweiten Halbjahr 2007 erkannt werden, dass die britische Volkswirtschaft im Gesamtkontext einer höheren ökonomischen Problematik ausgesetzt sein würde als die Eurozone, da das britische Pfund gegenüber dem Euro bereits zu diesem Zeitpunkt stark abwertete (-10,27%).
Ein vorausschauender europäischer Investor reduzierte mit diesen Erkenntnissen spätestens zu diesem Zeitpunkt (Ende 2007) seine Investments in Großbritannien. In den heute vorliegenden Daten kann diese Hypothese bereits bestätigt werden. Das Wirtschaftswachstum in Großbritannien, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, reduzierte sich in 2008 um nahezu -2 Prozent während sich das Wirtschaftswachstum in der Eurozone um -1,3 Prozent reduzierte. Außerdem reduzierte die britische Notenbank seit September 2008 die Leitzinsen von 5 Prozent auf 0,5 Prozent.
Übrigens, seit Beginn der Finanzmarktkrise bis zu dem Zeitpunkt der ersten Zinssenkung in Großbritannien, entwickelte sich der Wechselkurs zwischen dem britischen Pfund und dem Euro bereits um über -16 Prozent negativ, so dass auch diese zinspolitische Aktivität mit einer hohen Wahrscheinlichkeit frühzeitig anhand der Wechselkursentwicklung zu erkennen war. Ich bin mir sicher, dass der europäische volkswirtschaftliche Leistungsprozess zeitnäher aus der Krise finden wird als der britische. Genau dieses Bild dokumentiert nämlich ein signifikanter Indikator - die Wechselkursentwicklung.
Ihr Markus Zschaber
Markus C. Zschaber ist leitender Fondsmanager der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft (www.zschaber.de) in Köln. Nach seinem BWL-Studium ließ er sich in den USA bei der Chase Manhattan Bank zum Fondsmanager ausbilden und kehrte danach wieder zurück in seine Wahlstadt Köln. Bereits mehrfach ausgezeichnet für sein Portfoliomanagement, zuletzt als "Bester Fondsverwalter 2008"durch den "Handelsblatt-Elite-Report", kennen ihn die n-tv-Zuschauer seit 1997 als Experte unter anderem in der Telebörse, dem Investment-Check, Börse@n-tv oder dem Geldanlagecheck. Zwei seiner Fachbücher konnten Leser bereits in den Bestseller-Listen finden, zuletzt das Buch "Der Börse voraus" als Gemeinschaftsproduktion mit dem Nachrichtensender n-tv.
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