Entschlossen gegen Gewalt
26.08.2011Liebe Leserinnen und Leser, zwei persönliche Begegnungen haben mich in diesem Sommer besonders berührt: Bei der Übergabe der neuen zentralen Gedenkstätte für die im Dienst getöteten Polizistinnen und Polizisten in Selm-Bork traf ich Elisabeth Reckels. Die heute 80-Jährige verlor vor 36 Jahren ihren Sohn Michael.
Er hatte damals gerade seine Polizeiausbildung beendet und starb im Einsatz bei der Verfolgung eines Straftäters.
Kaum zwei Wochen später konnte ich mich mit Michael Frehn unterhalten, der vor einem Jahr im Dienst in Mönchengladbach fast erschlagen worden wäre. Die beiden Begegnungen haben mir erneut sehr eindrücklich klar gemacht, wie groß und auch gefährlich der Einsatz ist, den Polizeibeamte in unserer Gesellschaft leisten. Ich halte es für unerträglich, dass diejenigen, die uns schützen, angegriffen werden. In dieser Streife geht es schwerpunktmäßig auch darum.
Gegen die wachsende Gewalt, gegen solche hinterhältigen und verabscheuungswürdigen Taten wie gegen Michael Frehn müssen und werden wir entschlossen ankämpfen. Der mutige Polizeihauptkommissar hat mich nicht nur dadurch beeindruckt, dass er bereits wieder in den Polizeidienst zurückgekehrt ist. Er hegt auch
keinen persönlichen Hass gegen den jugendlichen Täter. Er sagt, dass wachsende Gewalt in der Gesellschaft nicht mit höheren Strafen bekämpft werden kann, sondern dass die Gesellschaft und die Politik darauf reagieren muss. Die Ursachen dieser steigenden Gewaltbereitschaft gehen uns alle an und dürfen von uns nicht toleriert werden. Der zunehmenden Verrohung von Sitten und dem weiteren Absinken von Hemmschwellen müssen wir gemeinsam entschlossen entgegentreten.
Der Leitsatz der neuen Gedenkstätte lautet: » Den Getöteten zum Gedenken und den Lebenden zum Schutz «. Der Künstler Anatol kennt Verantwortung und Risiken des Polizeiberufs aus eigener Erfahrung. Sein » Wächter « setzt in Selm- Bork dauerhaft ein sichtbares Zeichen dafür, dass Polizistinnen und Polizisten ihre Gesundheit und ihr Leben früher, jetzt und in Zukunft für die Sicherheit der Bürger dieses Landes und zum Schutz der Demokratie geben. » Der Wächter kommt und nimmt die Angst «, sagt Anatol.
Das Denkmal kann Elisabeth Reckels ihren Sohn Michael nicht ersetzen, es kann den Freunden und Angehörigen der getöteten Polizisten weder Schmerz noch Trauer nehmen. Aber diese Gedenkstätte kann
unserer Trauer einen Raum geben. Hier können wir innehalten und uns unserer Verstorbenen erinnern.
Ihr Ralf Jäger
Die Ausgabe 8-9 zum Download im pdf-Format - 2,7 MB
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