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Sie befinden sich hier: > WDR.de > WDR Fernsehen > Wissen > Quarks & Co > Sendung vom 14. April 2009 > Einer Region wird das Wasser abgegraben


Einer Region wird das Wasser abgegraben

Der Tagebau schädigt Natur und Städte für Jahrzehnte

  • SendeterminDienstag, 14. April 2009, 21.00 - 21.45 Uhr .
  • WiederholungsterminSamstag, 18. April 2009, 12.00 - 12.45 Uhr (Wdh.).
Ein Baum im Feuchtbiotop entlang der Niers steht nur noch in einer
Pfütze; Rechte: WDR
Ohne künstliche Bewässerung würden die Feuchtbiotope im Naturpark Schwalm-Nette austrocknen

Für den Tagebau müssen nicht nur Menschen, Häuser, Bäume und Straßen weichen, sondern auch das Wasser unter der Erde. Das Grundwasser am Niederrhein sammelt sich seit Jahrhunderten an vielen Stellen nur wenige Meter unter der Erdoberfläche. Die rheinischen StichwortBraunkohlenflöze dagegen liegen in einer Tiefe von bis zu 450 Metern. Damit die Tagebau-Grube nicht vollläuft, muss in der gesamten Region das Grundwasser künstlich abgesenkt werden. Diese „StichwortSümpfung“ ist ein großer Eingriff in den Wasserhaushalt und hat für die Natur und die Städte im Umkreis verheerende Folgen.

Pumpen arbeiten jahrzehntelang rund um die Uhr

Grafik mit Querschnitt: Pumpen fangen rund um die Tagebaugrube das
Grundwasser ab; Rechte: WDR
Pumpen halten wie Staumauern das Wasser zurück

Braunkohle kann nur trocken gefördert werden. Das Grundwasser rund um den Tagebau muss deshalb bis unter die tiefste Abbaustufe gesenkt werden. Hunderte von Pumpen bilden mehrere Ringe um die Gruben. Die äußeren Pumpen saugen zunächst das Oberflächenwasser ab. Je näher sie am Bagger stehen, desto tiefer müssen sie saugen - in Garzweiler bis in eine Tiefe von 230 Metern und in Hambach sogar bis zu 450 Meter tief. Zum Einsatz kommen dort meist Tauchpumpen, die pro Minute 32.000 Liter Wasser fördern können. Sie bilden zusammen einen sogenannten Sümpfungstrichter, der weit über den Tagebau hinaus das Grundwasser beeinflusst. Allein in Garzweiler werden Jahr für Jahr weit über 100 Millionen Kubikmeter Wasser abgepumpt, Tendenz steigend. Das entspricht etwa dem sechsfachen Wasserbedarf der Großstadt Mönchengladbach.

Mönchengladbach sackt im Süden ab

Ein Bauarbeiter überquert die Straße mit einem biegsamen
Rohr über der Schulter; Rechte: WDR
Biegsame Gasanschlüsse schützen vor Explosionen

Die Pumpen graben auch der Stadt Mönchengladbach das Wasser ab. Das Wasserschloss Wickrath wäre ein Landschloss, wenn nicht der Wassergraben mit abgesenktem Wasser aus dem Tagebau künstlich gespeist würde. Mönchengladbach grenzt im Süden an die Tagebaugrube Garzweiler II. Aber die Stadt profitiert nicht von dem Tagebau, sondern ihr entstehen nur Kosten. Die Senkung des Grundwasserspiegels führte zum Beispiel dazu, dass das Wasserwerk Hoppbruch mit teuren Filtern nachgerüstet werden musste. Das Trinkwasser sammelt sich dort nicht mehr ausschließlich in der unbebauten und umzäunten Schutzzone, sondern auch außerhalb, in einem Gebiet, dessen Erdreich durch eine chemische Reinigung verseucht wurde. Durch die Sümpfung im Tagebaubereich hat das Grundwasser nämlich seine Fließrichtung verändert.

Auch Risse an Gebäuden, die auf Böden mit einem hohen Humusanteil stehen, machen der Stadt zu schaffen. Durch die Entwässerung schrumpfen diese Bodenschichten. Die Häuser sacken und das Mauerwerk reißt. Besonders drastisch zeigt sich das entlang des Rheindahlener Sprungs - einem circa zehn Kilometer langen Riss in der Erdkruste, der von West nach Ost quer durch Mönchengladbach verläuft. Im Tagebau-nahen Südteil der Stadt sinkt der Boden stärker ab als im Nordteil. Das führt zu Bergschäden. Deswegen musste hier schon ein Haus abgerissen werden. In der Talstraße, die direkt über dem Rheindalener Sprung liegt, tauschte der Gasversorger sicherheitshalber die starren Rohre gegen biegsame aus. Es soll so verhindert werden, dass im Falle einer Senkung ein Gasrohr reißt und eine Explosion auslöst.

Feuchtgebiete hängen am Tropf

Eine Sickergrubenanlage auf dem Feld verhindert das weitere
Absinken des Grundwasserspiegels; Rechte: WDR
Sickergruben verhindern das weitere Absinken des Grundwasserspiegels

Auf die Grundwasserabsenkungen reagieren besonders empfindlich Feuchtgebiete und Moore, die in den Niederungen der Flüsse und Bäche liegen. Die Pflanzen dort sind auf hohe Wasserstände angewiesen. Sinkt der Grundwasserspiegel nur um wenige Zentimeter, kippt das Ökosystem. Der Boden trocknet aus. Der Naturpark Schwalm-Nette ist ein solches Biotop. Er liegt nördlich von Garzweiler und muss wegen des Tagebaus inzwischen künstlich bewässert werden. Das in Garzweiler abgepumpte Wasser wird dazu über ein weitverzweigtes und rund 125 Kilometer langes Rohrleitungssystem in die Feuchtgebiete zurückgeführt. Über Sickerbrunnen und -schlitze gelangt es wieder in den Boden und sorgt dafür, dass der ehemalige Wasserpegel künstlich aufrechterhalten wird. Selbst wenn in Zukunft die Braunkohle schon längst abgebaggert ist, wird das Feuchtgebiet noch am Tropf hängen. Ökologen rechnen damit, dass die Natur rund 50 Jahre braucht, um sich vollkommen von der Senkung des Grundwasserspiegels zu erholen.

Entschädigungen sind einkalkuliert

Weil der Eingriff in den Wasserhaushalt so weitreichende Folgen hat, überwachen der Braunkohlentagebaubetreiber, das Landesumweltamt und die betroffenen Kreise und Städte gemeinsam die betroffenen Gebiete. An rund 3.400 Messstellen kontrollieren Techniker regelmäßig Wasserstand und -qualität. Biologen zählen an ausgewählten Flächen die Pflanzenarten und beobachten ihre Entwicklung. Das Warnsystem dient dazu, auch die kleinsten Veränderungen zu erkennen und rechtzeitig gegenzusteuern. Die Kosten dafür übernimmt, genauso wie im Falle von nachweisbaren Bergschäden, der Braunkohlentagebaubetreiber. Er hat die Kosten im Strompreis einkalkuliert. Insofern ist unsere Stromrechnung streng genommen auch eine Wasserrechnung.

Stichwörter

1 Braunkohlenflöze
Braunkohle war früher einmal Torf und besteht damit wie andere Kohlesorten aus Pflanzenresten. Über viele Millionen Jahre wurde der Torf überlagert und zusammengepresst - so entstand eine dicke Schicht Braunkohle. Diese Schicht bezeichnet man als Flöz. Heute muss man 25 bis 280 Meter tief bohren, um an ein Braunkohlenflöz zu gelangen. Das dickste Flöz im rheinischen Revier war stellenweise einmal 100 Meter dick, bevor es abgebaut wurde. Zurück zum Absatz
2 Sümpfung
Um die bis zu 450 Meter tief liegende Kohle zu gewinnen, muss zunächst eine enorme Menge Abraum beseitigt werden. Da Löcher in diesen Tiefen unweigerlich voll Grundwasser laufen würden, muss parallel hierzu das Grundwasser abgepumpt werden bis auf ein Tiefe unterhalb der Tagebausohle, also unter die unterste Arbeitsebene im Tagebau. Das erledigen Pumpen in Entwässerungsbrunnen. Zurück zum Absatz
Autor:

Michael Ringelsiep

Stand: 14.04.2009


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Sendung vom 14.04.2009


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Große Bagger und dicke Luft

Das Bergwerk zum Anklicken; Rechte: WDR

Der Braunkohlen-Tagebau zum Anklicken


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