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Von Wolfgang Winkel
Gerhard Schröder tat’s und Alfred Biolek, Papst Johannes Paul II und Pamela Anderson, Günter Grass und Marcel Reich Ranicki, Dieter Bohlen, Heino und Daniel Küblböck. Die Eitlen tun’s gern selber. Bescheidenere überlassen es anderen: von ihrem Leben berichten. Ein absolutes Muss derzeit. Und nun also Hansi Schmidt. Noch eine Biografie. Muss das sein? Ja, durchaus. Johann Steiners 352 Seiten starkes Buch «Hansi Schmidt. Weltklasse auf der Königsposition. Biographie eines Handballers hat tatsächlich etwas mitzuteilen.
Vor allem für Menschen, die ihre Heimat verloren haben. Kein Zufall, dass Steiner und Schmidt bei ihrer Lesereise durch die Republik Station im «Haus der Heimat in Nürnberg-Langwasser gemacht haben. Der Ort, seit gut zehn Jahren Treffpunkt der Vertriebenen aus Osteuropa, ist mit Bedacht gewählt und macht ein großes Lebensthema des Hansi Schmidt deutlich. Zudem hat er als «Nonplusultra des Deutschen Handballs (der 82-jährige Fernsehmoderator Herbert Kranz) Sportgeschichte geschrieben. Integration und Sport - ein Spannungsfeld in Schmidts Leben.
«Mordskerl mit Verspätung
Größe und Bescheidenheit ein Weiteres: Und es verbirgt sich schon hinter seinem Vornamen: Hansi - eigentlich Hans-Günter - ist mit seinen 1,96 m eine imposante Erscheinung. Steiner schreibt in seiner ausgeprägten Liebe zum Detail, dass «Hansi schon bei seiner Geburt ein Mordskerl war, auch wenn er mit Verspätung kam. Schmidt, der Handballriese auf der Königsposition Rückraum Mitte, ist privat eher abwartend und zurückhaltend. Typisch, dass er, der Ausnahmesportler der 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts, zu seiner Biografie erst überredet werden musste. «So wichtig bin ich gar nicht, sagt Schmidt noch heute. Gut, dass Johann Steiner, Journalist und Schicksalsgenosse aus dem Banat, nicht locker ließ.
Herausgekommen ist ein mit viel Akribie und Herzblut recherchiertes, reich bebildertes Werk, das das ereignisreiche Leben des Banater Schwaben Hansi Schmidt sensibel und spannend einfängt. Das Buch kommt stellenweise poetisch daher: «Es war einmal ein wunderschöner Herbsttag, der 24. September 1942, als Hansi Schmidt das Licht der Welt im rumänischen Marienfeld erblickte. Stellenweise ist es amüsant: So erfährt der Leser, dass Hansi als Baby sehr behaart war und Mutter Rosa ihn stets zudeckte, «damit das nicht auffällt.
Stellenweise aber auch dramatisch: Steiner beschreibt die Repressalien, denen der deutschstämmige Schmidt-Clan im kommunistischen Rumänien ausgesetzt war. Und natürlich die Flucht: Am 23. November 1963, dem Tag als Sepp Herberger seinen Rücktritt als Fußball-Bundestrainer angekündigt hatte, reist der junge Hansi mit der rumänischen Juniorennationalmannschaft zu einem Turnier nach Deutschland (Steiner flicht immer wieder interessante zeitgeschichtliche Bezüge ein). Genau eine Woche später wird sich Schmidt von der rumänischen Delegation absetzen. Und seine erste Nacht in Freiheit im Hotel Vierbaum in Köln-Ehrenfeld verbringen. 8,50 Mark betrugen damals die Übernachtungskosten. Die Rechnung hat er bis heute aufbewahrt.
Sportlich startet eine Karriere der Superlative. Hansi Schmidt übernimmt das Handball-Regiment beim Provinzklub VfL Gummersbach - der Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Siebenmal wird er Deutscher Meister, viermal Europapokalsieger, fünfmal hintereinander Bundesliga-Torschützenkönig. 18 Länderspiele bestritt er für Rumänien, gar 98 für Deutschland, in denen er 484 Tore wirft. Legendär ist sein verzögerter Sprungwurf, übrigens das Resultat einer ausgekugelten Schulter. Steiner lässt nochmals Herbert Kranz zu Wort kommen: «Hansi ist der einzige Handballer, der in der Luft stehen kann.
Wichtiger noch ist ihm der angemessene Platz auf dem Erdboden: «Gummersbach ist meine zweite echte Heimat, sagt der 64 Jahre alte Hauptschullehrer, der im September pensioniert wurde. Ein großer bescheidener Mann, der gefunden hat, wonach er sein Leben lang suchte.
m Steiner, Johann: Hansi Schmidt. Weltklasse auf der Königsposition. Biografie eines Handballers. Verlag Gilde & Köster, 19,90 Euro.
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