30. Tribune Co.

Umsatz 2007: US-Dollar 5,063 Mrd. (€ 3,674 Mrd.)

Überblick

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Die Tribune Company ist ein diversifiziertes Medienunternehmen, das sich fast ausschließlich in den USA engagiert. Mitarbeiter stellen ihren Konzern gern als transparent und sozial verantwortlich dar und ist als Arbeitgeber offenbar bei Medienschaffenden sehr beliebt. Die Kernkompetenz der Tribune Company liegt in der Produktion und im Vertrieb publizistischer Inhalte quer durch alle Medienformen, wobei durch die Übernahme von Times Mirror und diverser Umstrukturierungen das Gewicht eher wieder im Zeitungsbereich liegt. Entsprechend ist der Geschäftbereich Publishing für den Löwenanteil der Umsätze verantwortlich.

Basisdaten

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Hauptsitz:
435 N. Michigan Avenue, Chicago IL 60611, USA
Telefon: 001-312-222-9100
Telefax: 001-312-222-9670
Internet: www.tribune.com

Branche: Zeitungen, Fernsehsender, TV-Sendestationen, TV-Produktion, Internet, Radio, Merchandising, Sportvereine
Rechtsform: Aktiengesellschaft (wird von der Börse genommen)
Geschäftsjahr: 01.01. - 31.12.
Gründungsjahr: 1847 (Chicago Daily Tribune), 1861 (Chicago Tribune)

Tab. I: Ökonomische Basisdaten

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

Umsatz (in Mio. US-Dollar)

5.063

5.517

5.511,3

5.726,2

5.594,8

5.384,5

5.253,4

Gewinn nach Steuern (in Mio. US-Dollar)

87,0

594,0

534,6

573,3

891,3

443,0

111,1

Aktienkurs (in US-Dollar, Jahresende)

33,07

30,78

30,26

42,08

50,45

44,47

37,74

Dividende (pro Aktie in US-Dollar

k.A.

0,72

0,72

0,48

0,44

0,44

0,44

Beschäftigte

20.000

20.000

20.000

23.200

22.600

23.900

25.600

Langfristige Verbindlichkeiten (Mrd. US-Dollar, Ende 2007): 11,8


Tab. II: Umsatz nach Geschäftsfeldern (in Mio. US-Dollar)

2007

2006

2005

2004

2003

2002

Publishing

3.665

4.092,6

4.096,8

4.129,9

4.036,9

3.940,5

Broadcasting and Entertainment

1.398

1.425,1

1.414,4

1.596,4

1.557,9

1.444,0

Geschäftsführung

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Geschäftsführung / Vorstand:

  • Samuel Zell, Chairman & CEO
  • Randy Michaels, EVP & CEO Interactive and Broadcasting
  • Gerald Spector, EVP & CAO
  • Lee Abrams, SVP & CIO Publishing
  • Chandler Bigelow, CFO
  • Marc Chase, President Tribune Interactive
  • Scott Smith, President Tribune Publishing
  • Ed Wilson, President Tribune Broadcasting


Besitzverhältnisse:
      
Seit 20.12.2007 in Privatbesitz: Samuel Zell (Eigentümer), Brian L. Greenspun (Minderheitsbeteiligung)

Geschichte und Profil

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Das heutige Flaggschiff des Medienkonzerns, die Traditionszeitung Chicago Tribune, wurde 1847 von James Kelly, John Wheeler und Joseph Forrest als Chicago Daily Tribune gegründet. Entscheidend für die Entwicklung der Tageszeitung war allerdings der 1855 in die Firma eingetretene Chefredakteur und Miteigentümer Joseph Medill. Unter dem überzeugten Republikaner Medill wurde die Chicago Tribune zu einer der wichtigsten konservativen Tageszeitungen des Landes. 1914 übernahmen dann seine beiden Enkel, Robert McCormick und Joseph Patterson, die Leitung des Unternehmens. Während Patterson 1919 nach New York ging, um die New York News (später Daily News, wurde 1991 verkauft) zu gründen, baute McCormick die Tribune weiter zu „World‘s Greatest Newspaper“ aus, wie das Unternehmen propagiert. Das Akronym WGN wurde dann später zu dem Kürzel der verschiedenen Tribune Radio- und Fernsehstationen. Die erste WGN-Radiostation wurde 1924 Teil des Unternehmens. 1948 kam die erste Fernsehstation hinzu. McCormick hinterließ bei seinem Tod im Jahr 1955 ein Unternehmen, das über feste Standbeine im Fernseh- und Zeitungssektor verfügte.

Der Konzern baute seine Fernsehaktivitäten durch den Ankauf weiterer TV-Stationen kontinuierlich aus (Denver 1965, New Orleans 1983, Atlanta 1984 und Los Angeles 1985). Außerdem übernahm die Tribune Company 1981 vom Kaugummimillionär William Wrigley das legendäre Traditions-Baseballteam Chicago Cubs. In den 90er Jahren konzentrierte sich der Konzern auf die Diversifizierung und erschloss sich den Bildungsbereich durch den Ankauf der Verlage Contemporary Books (1993), The Wrig Group (1994) und Educational Publishing (1996). Mit dem Aufkommen des Internets beteiligte sich Tribune gezielt in dieser neuen Wachstumsbranche. 1995 engagierte sich der Konzern am WB Network (Warner Bros. Network) (interner Link zu Time Warner), das damals noch in den Kinderschuhen steckte – eine Investition die sich für Tribune in der Zwischenzeit mehr als bezahlt gemacht hat. Der Konzern übernahm 1997 Renaissance Communications für 1,13 Mrd. $ und tätigte weitere Ankäufe einzelner Fernsehstationen. Im Jahr 2000 holte Tribune zu der größten Akquisition der Unternehmensgeschichte aus und übernahm den Konkurrenten Times Mirror (mit seinem Flaggschiff Los Angeles Times) zu einem Preis von etwa 8,3 Mrd. $. Gleichzeitig trennte man sich von seiner Bildungssparte, die für 686 Mio. $ an McGraw-Hill Companies verkauft wurde. Mit der Übernahme von Times Mirror zeichnete sich außerdem in der Führungsetage ein klarer Generationswechsel ab. Der Konzern ist im US-amerikanischen Zeitungsmarkt mit 16 Tageszeitungen und 26 Fernsehstationen heute einer der Riesen. 

Management

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1999 fügte das Tribune-Management seine Internetaktivitäten unter dem neuen Dach der Tribune Interactive zusammen. Im Rahmen der Neustrukturierung und dem Verkauf des Geschäftsbereiches Education im Jahr 2000 sollte Interactive zur dritten Säule neben Produktion und Vertrieb werden. Doch reintegrierte man Anfang 2003 Interactive wieder in den Verlagsbereich. Zeitgleich führten massive Sparmassnahmen zu einem drastischen Rückgang der Mitarbeiterzahl. Außerdem verabschiedete sich Tribune von fast allen seinen Radiostationen. Neue Marktchancen im klassischen Zeitungsverlagsbereich in den USA ergeben sich heute für Tribune vor allem durch die wachsenden Latino- und Hispanic- Bevölkerungsgruppen. Tribune erkannte die Zeichen der Zeit und investierte stark in diesen Bereich, so dass der Konzern heute einer der großen Anbieter von spanischensprachigen Tageszeitungen ist. Hier setzt man vor allem auf das aus Europa importierte Free Daily Format (u. a. Hoy in New York, Los Angeles und Chicago). Der allzeit gute Ruf von Tribune nahm 2004 ernsthaften Schaden durch einen Auflagenskandal. Eine Gruppe von Werbekunden verklagte den Konzern wegen falscher Angaben zu zirkulierten Auflagen. Die entsprechend eingeleitete Untersuchung der amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde SEC endete im Frühjahr 2006 mit einem Vergleich, wobei Tribune ohne Schuldbekenntnis davon kam, aber einige Köpfe rollten. Zudem verpflichtete man sich zur Rückzahlung von 90 Mio. $ and Werbekunden.
Im Laufe des Jahres 2006 zeichneten sich existentiellere Probleme beim amerikanischen Medienriesen ab. Die sich verändernde Mediennutzung und entsprechend schrumpfende Werbeeinahmen lasten schwer auf dem sich seit 2004 auf Kellerfahrt befindenden Aktienkurs. Zur Vermeidung feindlicher Übernahmen und zur Stabilisierung des Kurses startete der Konzern umfangreiche Aktienrückkaufprogramme. Zeitgleich entfachte im Aufsichtsrat ein Machtkampf zwischen den beiden Hauptaktionären, wobei der Chandler Trust die Rückkaufstrategie nicht mit tragen wollte und eine Filetierung des Konzerns propagiert. Im Tagesgeschäft werden einschneidende Sparmaßnahmen durchgeführt, vor allem im Personalbereich. Bei den mittelgroßen Regionalzeitungen des Konzerns heißt das unter anderem, drastische Kürzungen bei der Auslandsberichterstattung. Man argumentiert, dass sich im Internetzeitalter und angesichts des Überflusses an Informationsquellen die Tageszeitungen eher auf die lokale/nationale Berichterstattung konzentrieren sollten.

Der Sparkurs trifft auf massiven Widerstand bei den Medienschaffenden. Es kommt zum Eklat beim Flagschiff des Konzerns, der Los Angeles Times, dem profitabel arbeitenden Teil des Konzerns. Herausgeber Johnson und Chefredakteur Baquet weigerten sich, dass Kostensenkungsprogramm mitzutragen. So trennte Tribune sich von den beiden Herren. Teil des Sparpaketes ist auch der Verkauf einiger kleinere Tageszeitungen (u.a. Gratiszeitung Hoy New York) und Fernsehstationen. Auch wird laut über die Zukunft des Traditionsbaseballteams Chicago Cups nachgedacht. Nach Knight Ridder könnte Tribune die zweite große börsennotierte amerikanische Zeitungsgruppe werden, die auf Grund der Unzufriedenheit der Aktionäre zerschlagen wird.

Vor der Entscheidung über die beiden möglichen Optionen, den Verkauf des gesamten Konzerns einerseits oder die Zerschlagung andererseits, lagen 2007 fünf Angebote vor. Die Investorengruppe Carlyle interessierte sich vor allem für das Broadcasting/Entertainment Segment. Das Gebot der Chandler Familie (bereits Großaktionär) zielte anscheinend darauf ab, das gesamte Unternehmen zu privatisieren und sich darauf von besagtem Broadcasting/Entertainment Segment zu trennen. Es wurde außerdem vermutet, dass Rupert Murdoch (Newscorp in der Mediendatenbank) am Angebot der Chandler Familie beteiligt war. Hollywood Tycoon David Geffen wiederum interessierte sich hauptsächlich für die Los Angeles Times. Das aufsehenerregendste Angebot kam von zwei milliardenschweren lokalpatriotischen Philanthropen aus Los Angeles, dem Versicherungsunternehmer und Projektentwickler Eli Broad und dem Supermarktkönig Ron Burkle. Ihnen lag, ähnlich wie Geffen, die lokale Verwurzelung der Los Angeles Times am Herzen. Zu später Stunde gab auch der Chicagoer Immobilienmagnat Sam Zell ein Angebot für die Privatisierung des gesamten Konzerns ab. Anfang April 2007 ging US-Immobilienmagnat Samuel Zell bei der Übernahmeschlacht um Tribune als Sieger hervor. Der Kaufpreis betrug rund 8,2 Milliarden Dollar, Tribune-Anteilseigner sollten dabei 34 Dollar je Aktie erhalten.

Der 65-jährige Zell steuerte zur Transaktion selbst 315 Millionen Dollar bei. Tribune wurde von der Börse genommen. Nach Beendigung der Transaktion wird ein Aktienfonds der Tribune-Mitarbeiter sämtliche Anteile halten. Zell wird eine nachgeordnete Schuldverschreibung und ein Bezugsrecht für 40 Prozent der Tribune-Stammaktien bekommen. Er wird Verwaltungsratsmitglied und nach dem Zusammenschluss Vorsitzender des Aufsichtsgremiums. 
Die Transaktion wird in zwei Stufen durchgeführt. Zunächst wird ein Barangebot für 126 Millionen Tribune-Aktien gemacht. Die Transaktion wird auf Pump finanziert. Zell steuert 250 Millionen Dollar bei. In der zweiten Stufe werden die restlichen Aktionäre im 4. Quartal 2007 ebenfalls 34 Dollar je Aktie angeboten, wobei Zell weitere 65 Millionen Dollar beisteuern wird.

Geschäftsfelder

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Der ehemalige reine Zeitungskonzern ist heute in zwei Geschäftseinheiten untergliedert: Tribune Publishing und Tribune Broadcasting and Entertainment. Der Löwenanteil des Umsatzes wird in den Verlagen erwirtschaftet.

Cross-Ownership-Strategy nennt CEO Dennis FitzSimons das Modell, das Tribune vor allem in Chicago sehr erfolgreich umsetzt. Mit seiner Strategie des vernetzten Medienangebotes, das sich aus Medien wie der Chicago Tribune, RedEye, WGN (TV und Radio) und Magazinen wie Hoyl Chicago, dem 24-Stunden Nachrichtensender CLTV der Directmailing-Sparte Tribune Direct sowie mit der starken Online-Präsenz (Chicagosports.com und Metromix.com) zusammensetzt, erreicht der Konzern 90% des dortigen Medienmarktes oder 6,4 Mio. Menschen. Köpfe und Mediendatenträger Chicagos müssten fast bis zum Anschlag mit Inhalten aus dem Hause Tribune Co. angefüllt sein, wenn Dennis FitzSimons Recht hat.

Zeitungen und Verlagsgeschäft: Tribune vertreibt 11 Tageszeitungen, darunter Los Angeles Times, Chicago Tribune, Newsday, The Baltimore Sun, Orlando Sentinel (Sp.) und El Sentinel (Sp.). Außerdem betreibt Tribune mit Tribune Media Service einen eigenen Vertrieb von Entertainment Listings, Comics, Features und Kolumnen), JDTV für Programminformationen sowie diverse Nischenpublikationen.

Fernsehen und Programmproduktion: Über Tribune Broadcasting & Entertainment betreibt der Konzern 23 Fernsehstationen (hauptsächlich im CW-Senderverbund), zudem 1 Radiostation (WGN-AM Chicago), Tribune Entertainment Company Los Angeles (Entwicklung und Distribution von Programmen), Tower Distribution (Video). Bis  zur Fusion der Senderverbände WB Network und UPN-Network (Herbst 2006) war Tribune auch am WB Television Network beteiligt (22%), hält aber keine Anteile am durch die Fusion neu entstandenen CW Senderverbund.
Weitere Tribune-Beteiligungen sind: TV Foodnetwork (31%), Comcast Sportsnetwork (25%).
Tribune betreibt mit CLTV News einen Kabelsender. CLTV ist ein lokaler/regionaler Kabelnachrichtensender (nur über Kabel in Chicago empfangbar), der allerdings im Gegensatz zu den 23 Fernsehstationen in der Konzernstruktur nicht über die Broadcasting & Entertainment Division betrieben wird, sondern über die Publishing Division (Tribune Publishing) läuft.

Internet: Über Tribune Publishing publiziert Tribune im Internet u.a. Zeitungs-Homepages, und unterhält Tribune Seiten zu Unterhaltungs-, Karriere und Nischenthemen.

Sport: Über Tribune Entertainment engagiert sich der Konzern für das Baseballteam Chicago National League Ball Club, Inc. (Chicago Cubs).

Aktuelle Entwicklungen

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Die Nachbeben der spektakulären Übernahme des Konzerns durch Samuel Zell machen sich vor allem durch kleinere und größere Personalveränderungen bemerkbar. Wie vereinbart verabschiedete sich die Chandler Familie (über Chandler Trust) von seinem Aktienpaket und aus dem Aufsichtsrat. In einem Interview mit der New York Times äußerte sich Sam Zell in der Richtung, dass er eine Sanierung des Konzerns vor allem über erfolgreicheres Agieren auf den Werbemärkten angehen will.
Trotz kritischer Zwischentöne stimmte im August 2007 eine überwältigende Mehrheit der Aktionäre dem Übernahmeangebot von Zell zu. Eine weitere formelle Hürde für den Mega-Deal ist u.a. auch noch die bisher ausstehende Zustimmung der amerikanischen Medienaufsichtsbehörde FCC. Tribune’s Vorstandsvorsitzender FitzSimons gibt sich optimistisch und geht davon aus, dass die Übernahme vor Ende 2007 abgeschlossen werden kann.

Der angekündigte Verkauf des Baseballteams Chicago Cups wird sich nach Pressestimmen wohl noch hinauszögern, eher aufgrund konzerninterner Vorgänge als aus mangelndem Käuferinteresse. Da zum Verkaufspaket nicht nur das Team sondern auch das Wrigley Stadium und ein 25 Prozent Anteil am Comcast Sportsender gehören, wird spekuliert, dass der potentielle Erlös bei bis zu 1 Mrd. USD liegen könnte.
Tribune hatte im Rahmen der Übernahme durch Immobilienmagnat Sam Zell versichert, dass weitere Verkäufe wertvoller Liegenschaften und anderer Aktiva nicht anstehen würde. Ende August 2007 wurde allerdings bekannt, dass der historische Tribune Studio-Komplex am Sunset Blvd. in Hollywood veräußert werden soll. Dort wurde 1927 mit der Warner Brothers Produktion ‚The Jazz Singer’ das Zeitalter des Tonfilms eingeläutet. Heute beherbergt es die Tribune Fernsehstation KTLA, außerdem werden dort u.a. Tribune Entertainment TV Formate wie ‚Judge Judy’ produziert.

Bevor Zells Übernahme der Tribune Co. am 20. Dezember 2007 Fakt wurde, gab es noch ein nicht unproblematisches Intermezzo mit der Medienaufsichtsbehörde FCC [www.fcc.gov]. Hierbei ging es vor allem um eine Fortsetzung der Befreiung von Cross-Media-Konzentrationsaufflagen bezüglich fünf lokaler Medienmärkte (u.a. Chicago, Los Angeles, New York), in denen Tribune sowohl mit Zeitungen wie auch mit Fernsehstationen aktiv ist. Entsprechend hätte die FCC ihre Zustimmung auch verweigern bzw. an strenge Auflagen binden können. Allerdings gibt es derzeit in den USA auf medienpolitischer Ebene starke Bestrebungen, die Cross-Media-Konzentrationsauflagen zumindest für die 20 größten Medienmärkte etwas zu liberalisieren. Zu diesem Thema sind die Meinungen zwischen den fünf FCC Kommissaren sehr verteilt. Letztendlich entschied man mit knapper Mehrheit, Tribune in Chicago grundsätzlich und in den vier anderen Märkten für 2 Jahre weiterhin vorläufig von besagten Konzentrations-Auflagen zu befreien.

Nach der FCC Entscheidung konnte die Übernahme dann doch noch planmäßig und endgültig vor Ende 2007 über die Bühne gehen. Gleichzeitig wurde auch die neue Führungsetage des reprivatisierten Konzerns bekannt. Sam Zell vereinigt dabei die Rolle von Aufsichtsratsvorsitzenden und Vorstandvorsitzenden auf sich. Entsprechend hat sein Vorgänger FitzSimmons angekündigt, den Konzern zu verlassen. Eine Überraschung war die Benennung von Brian L. Greenspun als Aufsichtsratsmitglied. Er hat nach Konzernangaben eine „maßgebliche“ Minderheitsbeteiligung und ist somit neben Zell der einzige private Investor. Greenspun ist erfolgreicher Medienunternehmer und Eigentümer/Chefredakteur der Las Vegas Sun. Er scheint allerdings nicht ganz unumstritten zu sein. Seine Kritiker beschuldigen ihn, bei Gelegenheit die Sun zu benutzen, um seine Interessen und die seiner Geschäftspartner durchzusetzen. Greenspuns Vater übernahm die von streikenden Mitarbeitern des Konkurrenzblattes Las Vegas Review Journal gegründete Zeitung in den Fünfziger Jahren. Den Pressestimmen nach hatte Greenspun Senior einen sehr farbenfrohen Werdegang. Seinen Start in Las Vegas verdankte er Mobster „Bugsy“ Siegel, für den er ursprünglich die Pressearbeit für seine Casinos und Hotels machte. Er war auch dafür bekannt, sich äußerst gerne mit den Mächtigen der Stadt, insbesondere Howard Hughes, der CIA, und dem FBI, anzulegen. Entsprechend rühmt sich die Las Vegas Sun auch damit, als erste US-Amerikanische Zeitung Senator McCarthy als „machthungrigen Demagogen“ entlarvt zu haben.

Im Frühjahr 2008 wird deutlich, dass sich die wirtschaftliche Lage des Zeitungssegments, insbesondere durch massive Einbrüche bei den Werbeumsätzen weiter verschlechtert hat. Angesichts der monströsen Schuldenlast, die durch die Übernahme auf dem Konzern lastet, mehren sich auch die Gerüchte, dass Zell entgegen seinen früheren Äußerungen den Verkauf einiger Publikationen (u.a. auch der Los Angeles Times) in Betracht zieht. Der Verkauf des Baseballteams Chicago Cups allein wird wahrscheinlich nicht reichen um seinen finanziellen Verpflichtungen bei den Banken gerecht zu werden. Im April bestätigt der Konzern, dass es Gespräche mit potentiellen Käufern für die profitable Tageszeitung Newsday (Long Island) gibt. Es wird spekuliert, dass ihr Verkauf eine bitter benötigte Finanzspritze von über 500 Mio. US-Dollar bringen könnte. Nach Pressestimmen gehören zu den Kaufinteressenten Rupert Murdochs News Corporation; Mortimer B. Zuckerman (Eigentümer der Daily News); und die Observer Media Group (Eigentümer des New York Observer).

Newsday ging aber letztendlich an Cablevision für die unerwartet hohe Summe von ca. 630 Mio. US-Dollar. Diese Finanzspritze braucht Zell dringend, um seinen finanziellen Verpflichtungen den Banken gegenüber gerecht zu werden. Im Laufe des Sommers 2008 wird auch immer deutlicher, dass der Newsday-Erlös zusammen mit dem noch ausstehenden Verkauf der Chicago Cups nicht ausreichen wird, um den Konzern aus der finanziellen Misere zu retten. Entsprechend greift Sam Zell mit einem massiven Kostensparprogramm hart durch. Es werden u.a. Seitenumfang der Tageszeitungen verkleinert und der Personalbestand deutlich verringert. Im Oktober 2008 kündigt Tribune sogar an, zukünftig auf die (kostenintensiven) Dienste der Kooperative AP zu verzichten. Was der Verzicht auf die Zusammenarbeit mit einem Nachrichtendienst für Qualitätszeitungen wie die Chicago Tribune und die Los Angeles Times bedeutet, bleibt abzuwarten.

Weder die im November 2008 publizierten Zahlen des dritten Quartals, noch die Sammelklage einer hochkarätigen Gruppe von aktuellen und ehemaligen Journalisten und Redakteure der Los Angeles Times, verheißen für 2009 Gutes für Tribune. Die Gruppe beschuldigt Zell und den Vorstand von Tribune, die Übernahme finanziell unverantwortlich und leichtsinnig gestaltet zu haben, mit dem Ziel, sich auf Kosten der Angestellten persönlich zu bereichern.

Literatur

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-   Ahrens, F. (2006, 8 November). L.A. Times Editor Fired as Tribune Co. Remakes Itself. The Washington Post, D01 (Washington Post: kostenpflichtiges Archiv)

-   Atkinson, C. (2006, 6 November). Privatization ‘tsunami’ sweeps old media; Cablevision, Tribune Co., many others consider a future apart from Wall St. Advertising Age, p.3 (Adage: kostenpflichtiges Archiv)

-   Klinenberg, E. (2007). Fighting for Air. Metropolitan Books, New York.

-   Mulligan, T.; Rainey, J.; Hiltzik, M. (2006, 22 September). Tribune Co. to Explore Sale or Breakup of Firm. Los Angeles Times, p.1 (LA Times: kostenpflichtiges Archiv)

-  Nocera, J. (2007, 23 Juni). A Lifeline Of Sorts To Newspapers. The New York Times, Section C, p.1 (New York Times: kostenpflichtiges Archiv)

-  Puzzanghera, J. (2007, 5 Juli). Tribune faces key tests to seal deal; The company's move to go private must first resolve cross-ownership and financing issues, Business Section C, p.1 (LA Times: kostenpflichtiges Archiv)