Die Ars Nobilis in Berlin

Auge in Auge mit der Angebeteten

Von Camilla Blechen, Berlin

Francis van Bossuits Elfenbein-Relief ''Judith mit dem Haupt der Holofernens'...

Francis van Bossuits Elfenbein-Relief ''Judith mit dem Haupt der Holofernens'', um 1690, 14,7 mal 10 Zentimeter, bei Albrecht Neuhaus aus Würzburg für 48.000 Euro

10. November 2008 Die Berliner Ars Nobilis bietet dieses Jahr freiere Blicke auf antike Möbel, Kunsthandwerk, Gemälde und Skulpturen. Die Anzahl der Objekte wurde zum Vorteil der Verkaufsschau reduziert. Vier der insgesamt 27 Aussteller haben ihre Schätze zuvor schon bei den „Munich Highlights“ gezeigt: Otto von Mitzlaff aus Wächtersbach präsentiert das großformatige Gemälde „Tempel von Soleb in Nubien“ des Dresdner Malers Otto Georgi.

Die Kunstkammer Georg Laue aus München, Stammgast auch auf der Tefaf in Maastricht, bietet ihre Sammlung mit Kabinettschränken und Prunkkassetten des 16. und 17. Jahrhunderts an. Die Preise der originell ausgeformten Behälter für Preziosen und Dokumente bewegen sich zwischen 10.000 und 600.000 Euro. Eine höfische Deckelschatulle aus Elfenbein, Schildpatt und Email vom Augsburger Meister Melchior Baumgartner kostet bei Laue 78.000 Euro.

Feinstes Elfenbein

Albrecht Neuhaus aus Würzburg bietet mit zwei herausragenden Elfenbeinschnitzereien einen Vorgeschmack auf die für kommende Woche angekündigte „Sculptura“ im Schlüterhof des Zeughauses. Johann Gottfried Frischs mit plastischen Szenen aus den Metamorphosen des Ovid geschmückte Schraubdose wird für 148.000 Euro angeboten, und ein Liebhaber des eindrucksvollen Reliefs „Judith mit dem Haupt des Holofernes“ des Flamen Francis van Bossuit muss 48.000 Euro aufbringen.

Dem Brückenschlag zur „Sculptura“ dient auch eine Fotoschau mit „Skulpturen in der Fotografie“. Sechs zeitgenössische Fotografen demonstrieren hier ihr Können im Umgang mit dreidimensionalen Kunstwerken: Barbara Klemm begeistert sich dort für die Skulptur im musealen Rahmen, Stefan Moses für ihre Präsenz im öffentlichen Raum, und die Berlinerin Sibylle Bergemann hält bewegend den schrittweise erfolgten Abbau des Marx-Engels-Denkmals fest.

Einlegearbeiten in Rosenform

Unter dem Angebot wertvoller Möbel fällt bei Neuse aus Bremen ein ovaler Mehrzwecktisch mit Rosen-Intarsien von David Roentgen auf (480.000 Euro). Zwei klassizistische Mahagoni-Kommoden aus dem Wiener Stadtpalais des Fürsten von Liechtenstein suchen bei Schmitz-Avila aus Bad Breisig für 110.000 Euro einen Käufer. Schlapka aus München offeriert für 22.000 Euro einen ausziehbaren Biedermeiertisch mit sechs passenden Armlehnstühlen für 36.000 Euro.

Ein mühevoll restaurierter Ofenaufsatz aus der zwischen 1772 und 1786 produktiven Stockelsdorfer Fayence-Manufaktur kostet beim Alterna Kontor aus Berlin 337.000 Euro.Von Max Liebermann kommt das teuerste Gemälde auf der Ars Nobilis: Sein schönes Bild „Blumenterrasse im Wannseegarten nach Nordosten“ aus dem Jahr 1923 bietet das Stuttgarter Kunsthaus Bühler für 750.000 Euro an. Frye & Sohn aus Münster zeigen neben anderen attraktiven Gemälden Jacob Philipp Hackerts italienische „Landschaft mit Wanderern, Maultieren und Hund“ (385.000 Euro) und Eduard Gaertners „Kloster-Ruine Lehnin“ von 1843 (250.000 Euro).

Geschwister im Glück

Eine Lanze für Gabriel von Max bricht Volker Westphal aus Berlin mit einem „Geschwisterpaar“, das sichtlich eine Mußestunde genießt (45.000 Euro).Bestens eindecken mit hochwertigem Porzellan lässt sich beim Münchner Kunsthandel Röbbig: Für 150.000 Euro posiert dort ein exotisch gewandetes Meißner „Malebarenpaar“ nach dem Modell von Johann Friedrich Eberlein. In der Fülle von Glasobjekten kann man bei Schürenberg aus Aachen zwei Daum-Vasen mit Akelei- und Mohn-Dekor für 9800 und 12 800 Euro entdecken.

In der Nachbarkoje hält Almut Wager aus München mit einer Handvoll Miniatur-Augenbroschen ein Kuriosum für die Besucher bereit. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts pflegte der englische Gentleman sein Jabot, die im Hemd befestigte Spitzenkrause, mit Kleinodien zu verzieren, aus denen dem jeweiligen Gesprächspartner das Auge der Angebeteten entgegenleuchtete.

Die verwechselten Kommoden

In unserem Bericht über die Berliner Kunstmesse Ars Nobilis war zu lesen, dass sich am Stand des Kunsthändlers Thomas Schmitz-Avila zwei klassizistische Mahagoni-Kommoden mit Provenienz des Fürsten Liechtenstein befanden, die Schmitz-Avila beim Kölner Kunsthandel Hubertus Erfurt erworben hätte. Diese Annahme ist ein Irrtum, den wir bedauern. Richtig ist, dass Schmitz-Avila die von ihm angebotenen Kommoden nicht von Erfurt erworben hat, sondern ein anderes Paar Kommoden, ebenfalls mit Liechtenstein-Provenienz, anbietet.



Text: F.A.Z.
Bildmaterial: Albrecht Neuhaus, Alterna, Frye & Sohn, Galerie Neuse, Kunstkammer Georg Laue

 
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