3. Infektionen des Gastrointestinaltrakts

3.1 Entzündliche Darmerkrankungen

Erreger: Salmonellen, Shigellen, obligat pathogene E. coli, Yersinien, Campylobacter spp., Aeromonaden, Vibrio cholerae, Clostridium difficile, Giardia lamblia, Entamoeba histolytica

Material: Stuhl (bei Verdacht auf septische Enteritis auch Blutkultur)

Nachweis:
I. mikroskopisch:

nach Anreicherung und Färbung bei Protozoen

II. kulturell:

durch Anzucht des Erregers aus dem Stuhl;

Differenzierung der Erreger:

a) biochemisch (bunte Reihe)

b) serotypisch (bei Salmonellen, Yersinien, E. coli)

c) lysotypisch

III. serologisch:

Antikörpernachweis im Serum möglich bei Salmonella spp., Yersinia spp., Campylobacter spp. (Widal)

IV: Toxinnachweis:

z. B. bei Clostridium difficile (ELISA)

 

 

3.2 Gastritis, Ulcus duodeni und Ulcus ventriculi

Erreger: Helicobacter pylori

Material: Magenbiopsien

Nachweis:

a) Urease-Schnelltest (Umschlag des Farbindikators Bromthymolblau von blau-grau nach grün bei Freisetzung von NH3 und CO2 aus Harnstoff durch das Enzym Urease)


(Links Negativkontrolle)

b) kulturell durch Erregeranzucht auf antibiotikahaltigem Spezialnährboden

c) histologisch

d) serologisch

e) 13C-Harnstoff-Atemtest

Versuch: Untersuchung von Stuhl auf Salmonellen

Die Keime der normalen Stuhlflora werfen erhebliche Probleme für die Isolierung eines pathogenen Keimes wie z.B. Salmonella oder Shigella auf, dessen Keimdichte nur einen geringen Prozentsatz der gesamten Stuhlflora ausmacht. Es war deshalb notwendig, nach Anzüchtungsbedingungen zu suchen, die das Wachstum der normalen Stuhlflora unterdrücken, das Wachstum der pathogenen Keime jedoch nicht beeinträchtigen, sondern eher noch fördern. Gleichzeitig soll dem Untersucher aber schon eine Verdachtsdiagnose ermöglicht werden, ob die gewachsenen Keime pathogen sind oder zur normalen Stuhlflora gehören.


Dazu sind zahlreiche Selektiv- und Indikatornährböden entwickelt worden. Dabei stellt das Unvermögen der Salmonellen und Shigellen, Laktose zu spalten, ein wichtiges diagnostisches Kriterium gegenüber den lactosespaltenden E. coli-Keimen dar. Die Lactosespaltung wird durch Indikatorumschlag kenntlich gemacht.


Als flüssiges Anreicherungsmedium hat sich die Selenitbouillon und als feste Selektivnährböden der McConkey und der Xylose-Lysin-Desoxycholat-(XLD)-Agar gut bewährt. Die Selenitbouillon hemmt das Wachstum der Begleitflora und fördert das Wachstum der pathogenen Darmbakterien, insbesondere der Salmonellen. Im McConkey-Agar enthaltene Gallensalze und Kristallviolett hemmen weitgehend die grampositive Flora. Laktose dient zusammen mit dem pH-Indikator Neutralrot zum Nachweis des Laktoseabbaus.


Beim XLD-Agar wird der Abbau von Xylose, Lactose und Saccharose durch Umschlag des Indikators Phenolrot von rot nach gelb angezeigt. Thiosulfat und Eisen-(III)-Salz zeigen Schwefelwasserstoffbildung an durch Ausfällung schwarzen Eisensulfids in den Kolonien. Der Abbau von Lysin ist erkennbar an der purpurroten Farbe um die Kolonie infolge Erhöhung des pH-Wertes.

Salmonellen und Shigellen wachsen transparent, da diese pathogenen Keime weder Xylose, Laktose noch Saccharose spalten. E. coli, Klebsiella pneumoniae und andere apathogene Darmbakterien, die diese Zucker spalten können, wachsen als gelbe Kolonien.

Salmonella-Kolonien sind häufig an dem zentralen, tiefschwarzen Punkt zu erkennen, der die Eisensulfidbildung anzeigt.

Keime der Proteus-Gruppe, die auch Eisensulfid bilden können, wachsen in schwarzen etwas größeren, milchig-trüben Kolonien.

Die Hemmwirkung des Nährbodens auf die gramnegative Begleitflora ist schwach, das Wachstum grampositiver Keime wird durch die Gallensalze gehemmt.

Salmonella-verdächtige Bakterienkolonien können mit drei verschiedenen Verfahren als Salmonellen diagnostiziert werden:

a) Serologische Typisierung (siehe auch Versuch "Agglutination");

b) Zugehörigkeit zum Genus Salmonella aufgrund der biochemischen Leistungen (siehe auch Versuch "Bunte Reihe");

c) Erkennung als Genus Salmonella durch Bakteriophagen

Aufgabe:

Isolieren von Salmonellen-verdächtigen Kolonien aus einer Mischkultur.


Material:

- Agarplatte "verd. Stuhl" (XLD-Nährboden mit Keimgemisch)

- Kligler-Schrägagar

- Urea-Nährboden

- XLD-Agar


Durchführung:

Von jeweils einer Salmonellen-verdächtigen Kolonie wird gleichzeitig ein Kligler-Agar, ein Urea-Nährboden und eine XLD-Agarplatte angelegt. Der Kligler-Schrägagar wird durch Ausstreichen der Schrägfläche beimpft, der Urea-Nährboden durch Einstechen. Die Nährböden werden über Nacht bei 37° C bebrütet.

Auswertung:

Am nächsten Tag wird aufgrund der biochemischen Stoffwechselleistungen überprüft, bei welchen der isolierten Kolonien es sich um Salmonellen handelt. Zur Bestätigung wird eine Agglutination mit dem omnivalenten Antiserum gegen Salmonellen durchgeführt.

Der Kligler-Schrägagar ist ein komplexer Differentialnährboden, der die Überprüfung folgender biochemischer Reaktionen ermöglicht: Glucose- und Lactosespaltung, H2 S-Bildung und die Produktion von Gas. Die H2 S-Bildung ist durch Schwärzung, die Gasbildung durch das Auftreten von Blasen und Rissen in der Agarsäule zu erkennen. Beim Zuckerabbau kommt es durch Säuerung zum Indikatorumschlag von rot nach gelb.

Wird nur Glucose gespalten, erfolgt wegen des geringen Glucoseanteils (0,1%) nach einiger Zeit eine Realkalisierung (Rotfärbung) durch die Verwertung von Pepton.

Wenn auch Lactose gespalten werden kann (1% im Agar), bleiben wegen der größeren Säuremenge Schräg- und Hochschichtteil gelb.

Der Urea-Nährboden dient zur Unterscheidung der ebenfalls H2S-bildenden Proteus-Spezies (Urease-positiv) von den Urease-negativen Salmonellen.


Versuch: Serologische Differenzierung von Salmonellen

Unter einer Agglutination versteht man die Zusammenballung größerer antigener Partikel (z.B. Erythrozyten und Bakterienzellen) durch eine Antigen-Antikörper-Reaktion. Spezifische Antikörper reagieren dabei mit Antigenen, die auf der Oberfläche der Partikel liegen.


Bei Bakterien können diese Antigene sowohl auf der Zellwand (Körper- oder O-Antigene) oder, wenn die Bakterien begeißelt sind, auf den Bakteriengeißeln liegen (Geißel- oder H-Antigene).


Die O-Antigene sind Lipopolysaccharide der Bakterienzellwand. Durch die Bindung von Antikörpern entstehen körnige, beständige Agglutinate.


Die H-Antigene sind Proteine der Bakteriengeißeln. Durch die Antigen-Antikörperreaktion entstehen flockige, wenig beständige Agglutinate.


Da die Determinanten der O  und H Antigene verschiedener Bakterienspezies unterschiedlich zusammengesetzt sind, kann man durch die Agglutination mit spezifischen Antikörpern gegen O- und H-Antigene eine Zuordnung zu taxonomischen Gruppen vornehmen = Serotypie (vgl. hierzu die Versuche zur Typisierung von Bakterienspezies durch Bakteriophagen = Lysotypie und die Differenzierung aufgrund der biochemischen Leistungen).

So hat z.B. bei den Salmonellen jeder Serotyp bestimmte O- und H-Antigene, gegen die sich spezifische Antiseren gewinnen lassen, d.h. mit diesen Antiseren läßt sich für jeden Serotyp eine Antigenformel ermitteln. Aufgrund dieser Antigenformel ist ein Ordnungsprinzip für alle bisher bekannten Salmonella-Spezies geschaffen worden: das Kauffmann-White-Schema. In diesem Schema legt die Antigenformel der O-Antigene die Zugehörigkeit zu einer Gruppe fest, z.B. alle Salmonellen mit den O-Antigenen 6,7 gehören zur Gruppe C1.

Innerhalb dieser Gruppen erfolgt die weitere Einteilung anhand der H Antigenformel.

 

H-Phasen-Variation:


Die meisten Salmonella-Spezies können zwei antigenetisch verschiedene Geißelformen (sogenannte H-Phasen) ausbilden. Im allgemeinen wird aufgrund der genetischen Regulation immer nur eine Geißelform oder H-Phase ausgeprägt. Welche der beiden möglichen Geißelformen phänotypisch ausgeprägt ist, unterliegt der sogenannten H-Phasen-Variation.

Da verschiedene Salmonella-Spezies einer Gruppe häufig nur durch ihre Geißelantigene unterschieden werden können (S. Paratyphi B / S. Typhimurium), ist es stets notwendig, die Antigene beider H-Phasen serologisch zu bestimmen. Dazu wird die Ausprägung der vorhandenen H-Phase mit Hilfe der sogenannten Schwärmplatte (Antikörper gegen diese Phase im Agar) unterdrückt. Durch die Ausbildung der zweiten H-Phase bleiben die Bakterien beweglich und können vom Rand der Schwärmzone isoliert werden.


Aufgabe:


Ermittlung der Antigenformel einer Salmonella-Spezies mit Hilfe der Agglutinationsreaktion.

Anlegen einer Schwärmplatte.


Material:

- Omnivalentes Serum (gegen O-Antigene)
- gruppenspezifische Antiseren (gegen O-Antigene)
- H-spezifische Antiseren
- Kauffmann-White-Schema
- Weichagar für die Schwärmplatte


Durchführung:

 

1. Tag:

Agglutination der Salmonellen


Zum Ausschluß von unspezifischen Agglutinationen wird zuerst Bakterienmaterial mit einem Tropfen phys. NaCl verrieben. Wenn sich hier keine Spontanagglutination zeigt, wird die serologische Differenzierung fortgesetzt. Zur Sicherung der Diagnose "Salmonella species" wird zuerst mit dem omnivalenten Antiserum agglutiniert. Tritt eine Agglutination ein, handelt es sich um "Salmonella species".

Anschließend wird zur Bestimmung der O-Antigenformel mit allen O-Antigenen agglutiniert und im Kauffmann-White-Schema die Gruppenzugehörigkeit ermittelt.

Danach wird durch Agglutination mit den H-Antiseren zunächst die vorliegende Geißelphase ermittelt. Die endgültige Diagnose kann erst nach Bestimmung der 2. Geißelplatte erfolgen.

Dazu wird zunächst eine Schwärmplatte angelegt.

Durchführung der Bakterienagglutination:

  1. Einen Tropfen Antiserum auf einen Objektträger geben
  2. Bakterienmaterial mit einer Öse vom Kligler-Schrägagar entnehmen (wenn möglich aus der Flüssigkeit am Beginn der Schrägfläche)
  3. Die Bakterien mit der Öse auf den Objektträger neben das Antiserum aufbringen und
  4. mit dem restlichen Antiserum zu einer homogenen Suspension vermischen (es sollte eine leicht milchige Suspension entstehen)
  5. Suspension durch mehrmaliges Hin- und Herschwenken des Objektträgers von einer Längsseite zur anderen verlaufen lassen,
  6. gegen einen dunklen Hintergrund (schwarze Kachel) auf Agglutination überprüfen.

Im positiven Fall werden innerhalb von ca. 2 min Agglutinate sichtbar. Im negativen Fall bleibt die Suspension gleichmäßig trüb (und nach 5 min wird sie eingetrocknet und nicht mehr ablesbar sein; eine Nachfrage bei den KursbetreuerInnen erübrigt sich dann).

Anlegen einer Schwärmplatte

2 - 4 Tropfen des Antiserums gegen das ermittelte H Antigen werden in eine Petrischale getropft. Der durch Erhitzen verflüssigte und auf Handwärme abgekühlte Weichagar wird zu dem Antiserum in die Petrischale gegossen und durch eine rotierende Bewegung vermischt.

Danach die Petrischale ca. 10 Minuten stehen lassen, damit der Agar sich verfestigen kann, und in der Mitte punktförmig mit der zu prüfenden Salmonelle beimpfen.

Nach Übernachtbebrütung bei 37° C beobachtet man, daß die Salmonellen schwärmen. Beweglich sind allerdings nur die Keime, deren Geißeln (= H-Antigene) nicht mit dem in den Agar gebrachten Serum reagieren, die also in der anderen H-Phase sind.

Am 2. Tag des Versuchs wird vom Rand der Schwärmzone Material entnommen, damit ein Schrägagar beimpft und über Nacht bebrütet werden kann.

Am 3. Tag wird aus dem feuchten Winkel zwischen Schrägteil und Hochschichtteil Bakterienmaterial zur Agglutination entnommen, um den Serotyp der zweiten Phase zu ermitteln. Mit der kompletten Antigenformel kann dann im Kauffmann-White-Schema ermittelt werden, um welche Salmonella-Spezies es sich handelte.


Infektionen des Urogenitaltraktes15.12.2000 R.Geue