Demagogie oder geschichtswissenschaftliche Verfahrensweisen? - Walter Drave im Verhör (3. Tag)
Zum Thema: Die Neuapostolische Kirche von 1938 bis 1955 - Entwicklungen und Probleme, präsentiert anlässlich des Infoabends am 4. Dezember 2007
Nach der heftige Reaktionen hervorrufenden tendenziösen Geschichtsaufarbeitung durch die innerkirchliche AG Geschichte wird der für die veröffentlichte "Zusammenschau" verantwortliche "NAK-Chefhistoriker" Walter Drave in einem fiktiven Prozess von einem ebenfalls fiktiven Staatsanwalt verhört. Im Verlaufe dieses 3. Vernehmungstages versucht der Staatsanwalt, Licht in die Darstellungen um den Ausschluss des damaligen Bezirksapostels Peter Kuhlen zu bringen und formuliert abschliessend die Anklage gegen Walter Drave.
Sie als Leser sind aufgefordert, in der Rolle von fiktiven Geschworenen über "Schuldig" oder "Nicht schuldig" nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden.
3. Verhandlungstag: Der Fall Kuhlen und das Schluss-Plädoyer
Am
ersten Verhandlungstag dieses fiktiven Prozesses ging es darum, die unwissenschaftliche Verfahrensweise Draves und die Hauptmotivation von J.G. Bischoff - die Stärkung der eigenen Position bzw. des Stammapostelamtes zu stärken - herauszuschälen. Der
zweiten Verhandlungstag war dann dem "Fall Güttinger" gewidmet, und hier nun wird abschliessend der "Fall Kuhlen" behandelt.
Alle Antworten des angeklagten Leiters der innerkirchlichen Arbeitsgruppe Geschichte, Walter Drave, sind
Originalzitate aus der von der Neuapostolischen Kirche International veröffentlichten Zusammenschau über
Die Neuapostolische Kirche von 1938 bis 1955. Der fiktive Staatsanwalt führt mit seinen Fragen lediglich durch diese Aussagen und deckt dadurch Ungereimtheiten und Widersprüche und für eine wissenschaftliche Ausarbeitung unzulässige Wertungen und Irreführungen im Abaluf der Darstellungen Draves auf.
Staatsanwalt:
Herr Drave, in einigen Fragen zu Ihrer Vorgehensweise können wir bereits rascher Vorgehen, da sich bei Ihnenein bestimmtes demagogisches Verhaltensmuster abzeichnet. Wie im Fall Güttinger nehmen Sie auch im Fall Kuhlen bereits in den einführenden Zeilen die eigentlich anzustrebenden Untersuchungsergebnisse vorweg, oder besser gesagt: Sie formulieren eingangs wiederum die festen Ziele dessen, was Sie darstellen und dem Zuhörer indoktrinieren wollen.
Bitte lesen Sie uns als Beispiel dafür die in Ihren einführenden Zeilen als Tatbestände formulierten Vorwürfe vor!
Drave:
Oppositionelles Verhalten gegenüber dem Stammapostel wurde jedoch nicht nur von Ernst
Güttinger praktiziert.
Tradition und Geschichte des Stammapostelamtes seit 1897 belegen, dass das Stammapostelamt das kirchenleitende Amt unserer Kirche ist. In der Apostelsatzung von 1922 ist diese absolute Position des Stammapostels darüber hinaus sogar rechtsverbindlich festgeschrieben.
Zum alleinigen Aufgabenbereich des Stammapostels gehörte es – wenn er es für nötig hielt –, sich einen Helfer zu erwählen bzw. seinen Nachfolger zu bestimmen und zu ordinieren.
Bis zu seinem Tod finden sich beim Stammapostel Bischoff der Glaube und die Überzeugung,
dass der Herr ihm keinen Nachfolger gezeigt habe. Er lebte der Gewissheit, dass er beauftragt sei, das Werk des Herrn zu vollenden.
Trotzdem ordinierte der Stammapostel am 1. August 1948 in Bielefeld den Bezirksapostel
Kuhlen zum Stammapostel, bestimmte ihn zu seinem Nachfolger und übertrug ihm das
Stammapostelhelferamt, obwohl er das nicht wollte und die ganze Handlung als ungöttlich
ansah.
Staatsanwalt:
Also es steht für Sie fest, ich zitiere:
-
Oppositionelles Verhalten Kuhlens gegenüber dem Stammapostel
-
Die absolute Position des Stammapostels ist rechtsverbindlich
-
Zum alleinigen Aufgabenbereich des Stammapostels gehörte es – wenn er es für nötig hielt (!!!!) –, sich einen Helfer zu erwählen bzw. seinen Nachfolger
-
Bischoff ordinierte am 1. August 1948 Kuhlen zum Stammapostel, bestimmte ihn zu seinem Nachfolger und übertrug ihm das Stammapostelhelferamt, obwohl er das nicht wollte und die ganze Handlung als ungöttlich ansah.
Und, wie im Fall Güttinger, belegen Sie dies und weitere Behauptungen, mit subjektiven Schriftzeugnissen Bischoffs und anderer dazu passender Äusserungen, die allesamt keine Beweiskraft haben. Gleichfalls findet sich die Parallele zu Güttinger in der Tatsache, dass in beiden Fällen ein eigentlich gültiger Beschluss der Apostelversammlung vorlag. Bei Güttinger war es der Beschluss zum begrenzten Dienstalter der Apostel und des Stammapostels, hier ist es die vollgültige Bestimmung eines neuen Stammapostels mit der zunächst auszuübenden Funktion eines Stammapostelhelfers durch die Apostelversammlung. Auch hier, ich betone, erfolgte der Beschluss mit Bischoffs Stimme!
Drave:
Stammapostel Bischoff schrieb aber, dass „
es gegen seine ausdrücklichen Vorstellungen und gegen seine ausdrücklichen Warnungen zu der Wahl des Stammapostelhelfers Kuhlen kam. Er stand in jener Zeit den Aposteln gegenüber allein und war gezwungen worden zu handeln.“
Staatsanwalt:
In einem Brief gut zwei Monate vor der Wahl vom 18. Februar 1948 schreibt Bischoff aber noch durchaus einsichtig:
„
In diesem Schriftsatz teilten mir die Apostel mit, dass sie den Apostel Kuhlen als meinen Nachfolger erwählt haben. Ich kann die Apostel in dieser Hinsicht verstehen; denn mit vollendetem 77. Lebensjahr ist man kein Jüngling mehr. In diesem Alter ist man dem Tag, an dem einem der Herr Feierabend machen heisst, näher, als wenn man 40 oder 50 Jahre alt ist.“
Aber wieder folgte ein Stimmungs- oder Meinungswechsel!
Drave:
Hätten die Apostel nicht gegen den Stammapostel konspiriert und ihn nicht mit vollendeten Tatsachen konfrontiert, sondern hätten sie sich offenherzig und in aufrichtigem Dialog mit Ihrem Anliegen der Nachfolgerregelung dem Stammapostel zugewandt, dann wäre wohl zumindest eine Zuspitzung des Konflikts im Apostelkreis vermieden worden. Davon zeugt eine Äusserung des Stammapostels, die er wiederum gegenüber dem Apostel Schneider sen. in einem Brief vom 24. März 1948 gemacht hat:
„Nun war gestern Apostel Schmidt hier. Er ist zwar im Amte der jüngste Apostel, aber ein sehr ruhiger, sachlicher Mann. Ich habe ihm erst meine Stellung in klaren Ausführungen zur Kenntnis gebracht, und dann hat auch er mir in ruhiger Weise die Stellung der Apostel geschildert, was natürlich ein anderes Bild ergab, wie mir dies bisher nur in Bruchstücken zur Kenntnis gekommen war. Ich werde nun am 17. April [1948] nach Düsseldorf fahren und dort mit den Aposteln Lembke, Kuhlen, Knigge, Weinmann und Schmidt nochmals die ganze Sache besprechen.“
Staatsanwalt:
Man könnte also – wie schon im Fall Güttinger festgestellt - genau so gut die verletzte Eitelkeit, Engstirnigkeit und Uneinsichtigkeit Bischoffs als Ursache des Verhaltens der Apostel interpretieren! Erst der offensichtlich ankommende devote Ton Schmidts bewirkte, dass sich bei Bischoff nach seinen Worten nun
„natürlich ein anderes Bild ergab, wie mir dies bisher nur in Bruchstücken zur Kenntnis gekommen war.“
Wie konnte Ihrer Meinung nach Bischoff letztlich zur Zustimmung „gezwungen“ werden?
Drave:
Offensichtlich konnte er dem Druck – der ja für ihn unerwartet kam – nicht standhalten; eine Verweigerungshaltung hätte einen Eklat und unabsehbare Folgen nach sich gezogen, und genau deshalb unternahmen ja die Apostel unter Federführung Kuhlens dieses überraschende Unternehmen.
Bei den Aposteln, besonders bei denen eines engeren Kreises um Kuhlen, stellen wir
ein erhebliches Fehlverhalten fest: Sie agierten hinter dem Rücken des Stammapostels und
respektierten nicht dessen ablehnende Haltung in der Frage der Nachfolgeregelung. ...
Trotz dieser Feststellungen wollen wir ihnen die grundsätzlich aufrichtige Sorge um den Fortbestand des Werkes Gottes nicht absprechen.
„Schon in den Jahren vor und nach dem Krieg zeigte sich deutlich und klarer werdend das Streben und Verlangen einzelner Apostel, einen Nachfolger für ihn zu bestimmen. Durch geheime Zusammenkünfte hinter seinem Rücken war es gelungen, die Apostel in Europa zu beeinflussen, so dass es gegen seine ausdrücklichen Vorstellungen und gegen seine ausdrücklichen Warnungen zu der Wahl des Stammapostelhelfers Kuhlen kam.“
Ohne jegliches Unrechtsbewusstsein stellte Kuhlen die Autorität des Stammapostels in
Frage. Es würde dem Verhalten (der Apostel aber) nicht gerecht, wenn wir sie lediglich als Mitläufer Kuhlens und als dessen verführte Opfer betrachteten.
Staatsanwalt:
Also Sie interpretieren den Widerstand als konspiratives Verhalten der Mehrheit des Apostelkollegiums durch den Einfluss Kuhlens, aber auch aus eigenem Antrieb, weil sie sich
„aufrichtige Sorge um den Fortbestand des Werkes Gottes“ machten! Deshalb ignorierten sie Bischoffs Haltung!
Drave:
Vielleicht könnte man so weit gehen, zu behaupten, die Apostel haben die Frage der zukünftigen Führung im Werk Gottes zu einer Frage der Organisation, der vernunftgesteuerten Regelung von
Führung, gemacht.
Staatsanwalt:
Jede Führungsbesetzung sollte doch von der Vernunft für die beste Wahl geleitet sein! Auch gegen den Willen eines älteren Herren, der anderer Ansicht ist!
Drave:
„Das Schlimmste dabei war aber, dass die Apostel auch den lieben Gott beiseite setzten.“
Staatsanwalt:
Jetzt wird s interessant Herr Drave. Also das, wie Sie sich ausdrücken, was der „liebe Gott“ will und möchte, weiss demnach nur der Herr Bischoff? Deswegen enttäuschte ihn der beharrliche Widerstand „seiner“ Apostel?
Drave:
Der Stammapostel war gewiss nicht nur wegen des konspirativen Vorgehens der Apostel
enttäuscht, nicht nur wegen der Missachtung seiner Amtsautorität in dieser Frage, sondern
auch wegen der mangelnden Erkenntnis einiger Apostel in göttliches Walten und göttliche
Vorsehung.
Staatsanwalt:
Nun, eine andere
„göttliche Vorsehung“ hatte Deutschland gerade in ein unvorstellbares Chaos und Leid gestürzt, durch Hitler, der auch von sich behauptete, dass die
„göttliche Vorsehung“ ihn in seinem Amt bestätigt hätte!
Also zu einer solchen Selbstüberhöhung und Menschenvergötzung gehört schon ein gehöriges Mass, Sie entschuldigen den Ausdruck, Herr Drave, an wahnhafter Selbstüberschätzung und ein abnormes Sendungsbewusstsein! In der Psychologie nennt man das pathologisch eine „Überwertige Idee“. Aus einer Idee wird eine Ideologie, die den ganzen Menschen ergreift und sich über Starrsinn und Selbstüberschätzung bis hin zum Wahn steigert! Gesundheitliche Folgen sind ebenfalls unausweichlich! Können Sie dazu etwas sagen?
Drave:
Der Stammapostel selbst bezahlte für den jahrelang schwelenden und später offen ausgetragenen Konflikt einen hohen persönlichen Preis: etliche schwere Nervenzusammenbrüche und Schwächeanfälle beeinträchtigten seinen Gesundheitszustand über viele Jahre.
Staatsanwalt:
Aha, das passt also auch ins Bild! Wie ging es nun weiter, Herr Drave?
Drave:
Am 21. Mai 1948 wurde Kuhlen während einer Apostelversammlung (...) von den Aposteln zum Stammapostelnachfolger und –helfer gewählt. (...) die Wahl Kuhlens hatte im zweiten Wahlgang Einstimmigkeit hergestellt.
Staatsanwalt:
Aha, also halten wir auch das deutlich fest: Es war ein einstimmiger Beschluss mit der Stimme Bischoffs. Kuhlen war der gewählte Stammapostelhelfer. !950 gabs dann einen weiteren einstimmigen Beschluss zur Änderung der Statuten?
Drave:
Als Ergebnis eines längeren Prozesses (seit Sommer 1948) treten die „Statuten des Apostelkollegiums der Neuapostolischen Kirche“ am 1. Januar 1950 in Kraft. Der Stammapostel und alle Apostel der Erde haben dieses Dokument unterschrieben.
Diese Statuten bringen im Kern – zum ersten Mal in der Geschichte der Neuapostolischen
Kirche seit Bestehen des Stammapostelamtes – ein neues Modell von Kirchenleitung zum Ausdruck. Während es bisher das Stammapostelamt war, das die Kirche leitete, sollte nun nach dem Kollegialitätsprinzip die Summe aller Apostel in den Apostelversammlungen die Geschicke der Kirche leiten.
Zwar wurde der Stammapostel „als Haupt der Kirche“ noch immer als „Hauptleiter“ bezeichnet (§ 3), doch lassen wesentliche Änderungen und Ergänzungen der neuen Statuten ein neues Bild von Kirchenleitung erkennen:
-
Der Stammapostel wird nicht mehr auf Lebenszeit sein Amt ausführen und ist wie edes Mitglied abrufbar (§ 4).
-
Das Vorschlagsrecht für Apostelberufungen steht nun jedem Mitglied des Apostelkollegiums zu (§ 3).
-
Das Gelöbnis eines neuordinierten Apostels musste „vor Gott, dem Stammapostel und dem Apostelkollegium“ abgelegt werden und er hatte seinen Dienst gemäss den Bestimmungen dieser neuen Statuten auszuführen, womit eine Anbindung an das Apostelkollegium und nicht direkt an das Stammapostelamt verbunden war (§ 3).
-
Apostelversammlungen musste der Stammapostel künftig bereits auch dann einberufen, wenn wenigstens 50% - und nicht wie bisher 75% - der Apostel dies wünschten. Eine Beschlussfähigkeit konnte jetzt ebenfalls mit einer geringeren Prozentzahl als vorher hergestellt werden.
-
Der Stammapostel wird nicht mehr von seinem Vorgänger bestimmt, sondern von den Aposteln gewählt.
-
Das Vorschlagsrecht für die Wahl eines Stammapostelnachfolgers und –helfers liegt nun nicht mehr allein beim Stammapostel, sondern bei allen Aposteln (§ 6).
-
Ein zu Lebzeiten eines Stammapostels einmal gewählter Stammapostelnachfolger tritt ohne weitere Wahl – wie dies jedoch in der Satzung von 1922 noch vorgesehen war – das Amt des Stammapostels an (§ 6).
-
Abänderungen oder Ergänzungen der neuen Statuten bedurften der Zustimmung des Apostelkollegiums und nicht allein des Stammapostels (§ 11).
-
Bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der Statuten entscheidet die Apostelversammlung und nicht der Stammapostel allein (§ 12).
Staatsanwalt:
Hatten Bischoff oder sein Sohn Friedrich dagegen opponiert?
Drave:
Noch vor Inkrafttreten dieser neuen Apostelstatuten erscheinen bis Ende 1949 in der
neuapostolischen Presse Artikel, die die absolute Position des Stammapostelamtes betonen.
Diese Form von Willensbildung bleibt jedoch erfolglos. Es bleibt deshalb festzuhalten, dass
im Apostelkreis um 1950 (aber nicht bei den Kirchenmitgliedern) für eine solche die Exklusivität
des Stammapostelamtes betonende Sichtweise zu jener Zeit keine Mehrheit vorhanden war.
Dass die Mitglieder mehrheitlich anderer Meinung waren, ist eine Behauptung. Und überhaupt stellt sich die Frage, wann jemals Ihre Kirchenleitung auf die Mitglieder gehört hätte, wenn sie nicht einmal die Ansichten der leitenden Funktionsträger beachtet!
Drave:
Anders ausgedrückt – da wir über Zahl und personelle Stärke der verschiedenen Fraktionen und Meinungsführer zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu wenig wissen –, es scheint im Apostelkreis dominierende Kräfte gegeben zu haben, die es vermochten, die traditionelle Position des Stammapostelamtes in Frage zu stellen, um die Frage der Kirchenleitung neu zu regeln. Ausdruck und Erfolg eines solchen Bestrebens sind dann die Statuten von 1950.
Staatsanwalt:
Na lassen wir das mal, Sie drehen sich im Kreis, Herr Drave! Wie äusserte sich Bischoff nun zu diesen Änderungen?
Drave:
Im Sommer 1951 scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Am 6. August 1951 treten neue Apostelstatuten ....
Staatsanwalt:
Ich muss Sie unterbrechen, Herr Drave, Sie greifen nicht ungeschickt voraus. Und in dieser Reihenfolge zitieren Sie ja auch in Ihren schriftlichen Ausführungen. Bitte schildern Sie jetzt mal chronologisch!
Drave:
Im März 1951 verfasste Stammapostels Bischoff einen Brief und schrieb:
„Da werden Sie staunen, was die Geister gegenwärtig hinter meinem Rücken hervorbringen, um den Stammapostel allmählich zu beseitigen. Es liegt ja im Zuge der Zeit: Erst wurden Kaiser und Könige weggefegt, damit sich das Wort des Herrn erfüllte: Laodicea (d.i. Volksherrschaft). Dieser Geist ist nun auch bemüht, die Autorität des Stammapostels zu beseitigen. Wenn dieser Geist das erreichen würde, so wäre das Werk Gottes am Ende. Die Lebensgemeinschaft mit Christo ist keine Autokratie (Diktatur), auch keine Demokratie (Volksherrschaft), sondern Theokratie (Gottesherrschaft)“
Und am 14. Juli 1951 schrieb er an die Apostel:
„Die in den letzten Jahren durchlebten unguten Verhältnisse im Werke Gottes haben mich anhand vielseitiger Erfahrungen erkennen lassen, dass die Ursache zu all dem vielen Leid darin liegt, dass man im Kreis der Apostel die Grundsätze der Theokratie (Gottesherrschaft) verlassen hat und die kirchliche Führung nach demokratischen Grundsätzen ausgeübt wissen wollte.
Damit unliebsame Vorkommnisse wie in der Vergangenheit künftighin vermieden werden, ergab
sich die Notwendigkeit, die Statuten des Apostelkollegiums vom 1. Januar 1950 grundlegend zu
ändern. Ein neuer Entwurf der Statuten geht Ihnen hiermit zu mit der Bitte, denselben genau
durchzusehen und evtl. Änderungsvorschläge oder Ergänzungen mir bis spätestens 23. Juli
zukommen zu lassen“.
Staatsanwalt:
Herr Drave, diese polemische Argumentationskette
„Grundsätze der Theokratie (Gottesherrschaft) verlassen“, „unliebsame Vorkommnisse“, „Notwendigkeit, die Statuten grundlegend zu ändern“, „Ein neuer Entwurf ... Bitte, denselben genau durchzusehen ... evtl. Änderungsvorschläge oder Ergänzungen bis spätestens 23. Juli“ mit einer gesetzten Frist von 9 Tagen, Postwege gar nicht eingerechnet, ist doch eine Farce!
Hier hat sich kein Blatt gewendet, wie Sie das eben ausdrücken wollten, das ist knallharte
„Autokratie (Diktatur)“ innerkirchlich verbrämt als „Theokratie“ verkauft!
Oder wie sehen Sie das?
Drave:
Die enge Terminierung zeigt, dass der Stammapostel keinen Aufschub duldet. Und tatsächlich
treten die neuen Statuten am 6. August 1951 in Kraft. Offensichtlich hatten sich die
Kräfteverhältnisse im Apostelkreis zugunsten des Stammapostels derart verschoben, dass
eine Debatte über ein so überaus wichtiges Dokument nicht mehr stattgefunden zu haben
scheint.
Staatsanwalt:
Was Sie hier geschickt neutral umschreiben mit „Kräfteverhältnisse im Apostelkreis verschoben“ ist doch wohl eher ein knallharter, machtpolitischer Prozess gewesen, den aber kaum der alte Bischoff angeschoben haben wird. Auch die Textausarbeitung muss ja jemand vorgenommen haben. Alles deutet hier doch auf die vertraute Person des jungen Friedrich Bischoff hin, der seinen Vater wohl deutlich manipuliert haben wird!
Eine spezifische neuapostolische „Trinität“ zeichnet sich also ab: Vater, Sohn und Verlag F. Bischoff!
Sie selbst Herr Drave, berichten, ich zitiere:
„Am 7. Februar 1950 erhielt der Stammapostelhelfer Kuhlen von der Apostelversammlung
den Auftrag, die Glaubensartikel einer Prüfung zu unterziehen. Nach von ihm zögerlich
vorgestellten Ergebnissen – die Apostelversammlung stellte die Änderungsinitiative am 3.
Juli 1950 zurück – wurde ihm vom Stammapostel die Aufgabe aus den Händen genommen
und dem Bezirksältesten Friedrich Bischoff übertragen.
Auch das Lehrbuch „Fragen und Antworten“ sollte von Kuhlen überarbeitet werden. Ein entsprechender Entwurf blieb Anfang Juli 1950 unbeachtet, und der Auftrag wurde vom Stammapostel wiederum in die Hände seines Sohnes gelegt.“
Was meinen Sie dazu?
Drave:
Das Verhältnis zwischen Friedrich Bischoff und Kuhlen kann als Konkurrenzverhältnis mit feindlichen Zügen charakterisiert werden. Die nachweisbare Option Kuhlens, über den Verlag zu verfügen, bot ebenso Konfliktstoff wie die Tatsache, dass Kuhlen Mitte des Jahres 1953 viele Gemeinden aus seinem Apostelbezirk an den neugegründeten Apostelbezirk Mainz abgeben musste – und diesem neuen Apostelbezirk stand der neuordinierte Friedrich Bischoff als Bezirksapostel vor.
Staatsanwalt:
Das sieht aber eher danach aus, als ob Kuhlen der Einfluss entzogen werden sollte. Die Konkurrenz liegt also auf Seiten von Vater und Sohn Bischoff!
Drave:
Im Verlauf des Jahres 1950 erschienen in der neuapostolischen Presse einige Artikel, die als
Angriff auf die Position und Legitimation des Helfers Kuhlen verstanden werden können.
Initiatoren waren im Wesentlichen Apostel Rockenfelder und Friedrich Bischoff. Die Intention
war die Stärkung der Stellung des Stammapostels, und es spricht etliches dafür, dass dieses
Vorgehen eine Strategie war.
Staatsanwalt:
Nur gegen Kuhlen?
Drave:
Bezirksapostel Rockenfelder – damals noch Bischof – drängte den Stammapostel
wiederholt, Güttinger in die Schranken zu weisen und gegen die Verantwortlichen im
Saarland juristische Schritte einzuleiten, für die er detaillierte anwaltliche Gutachten vorlegte,
Staatsanwalt:
Eben, Sie reden hier durchaus deutlich von der Beeinflussung! Gab es weitere Widerstände gegen Güttinger und Kuhlen?
Drave:
Mit dem Argument, sie hätten schriftliche Beweise des Stammapostels, dass dieser nicht mit Kuhlen und dem Apostelkollegium eins sei, heizten etliche der „Gegner“ Güttingers im Saarland und später auch die „Gegner“ Kuhlens im Bezirk Düsseldorf den Konflikt an.
Staatsanwalt:
Also Aufhetzung gegen bestimmte Personen der örtlichen Kirchenleitung! Was ja bestimmten Herren, wie Rockenfelder und Bischoff jun. sehr Recht sein konnte!
Wie ging die Manipulation weiter?
Drave:
Im Jahr 1950 wurden neue Männer in das Apostelamt berufen: Apostel G. Rockenfelder (im
Februar), Apostel Volz (im April) und Apostel Hahn (im September). Diese Apostel verstanden
sich als treue Nachfolger des Stammapostels. Auf sie hat Kuhlen keinen Einfluss ausüben
können.
Am 5. August 1951 ordinierte der Stammapostel zudem acht weitere Apostel, die ihm treu
zur Seite standen: die Bezirksapostel Eschmann (Schweiz), Dauber (Frankreich und Saarland)
und Tan Bian Sing (Indonesien) sowie die Apostel Friedrich Bischoff (Frankfurt a.M.),
Schiwy (Herne), Hermann Schumacher (Bremen), Tiedt (Berlin) und Wintermantel (Pforzheim).
So hatten sich die Verhältnisse innerhalb des Apostelkreises zugunsten des Stammapostels seit Sommer 1950 (langsam beginnend) bis August 1951 wesentlich verändert.
Staatsanwalt:
Falsch, Herr Drave, nicht verändert! Sie wurden aktiv beeinflusst, besser ausgedrückt auch hier mit dem Wort: Sie wurden strikt manipuliert!
Sie zitieren dazu passend:
„Apostel Weinmann schreibt, dass er auf der Hollandreise vom 15.-20.Juni 1950 Apostel Schmidt näher gekommen sei: „Ich habe mich gefreut, dass Apostel Schmidt ebenso dachte, wie ich. Wir hatten das ewige Intrigenspiel satt und nahmen uns vor, zusammen- und zum Stammapostel zu halten.“
Im Gegensatz zu Ihrem Versuch der Darstellung scheint jedoch selbst aus Ihren Quellen noch hinreichend deutlich zu werden, wer hier welche Intrigen spinnt!
Auch Sie selbst, in jetzt bereits bekannter gleicher Manier, leiten den Abschnitt zum Rücktritt Kuhlens kausal aus wieder drei erhobenen Anschuldigungen ab.
Bitte lesen Sie uns Ihre einleitenden Worte vor!
Drave:
Die Zeit Kuhlens als Stammapostelhelfer ist gekennzeichnet von drei Faktoren, die auch als
die entscheidende Ursache für seinen Rücktritt gesehen werden können:
-
Mangelnde Kommunikation zwischen Kuhlen und dem Stammapostel,
-
Aktivitäten Kuhlens, die von vielen Aposteln als ein sie in ihrer Kompetenz beschneidendes persönliches Machtstreben verstanden wurde,
-
und schliesslich das von Stammapostel Bischoff vertretene theologische Argument, Kuhlen sei nicht von Gott zu diesem Amt erwählt gewesen.“
Staatsanwalt:
Was tat Kuhlen konkret?
Drave:
Insgesamt offenbaren die Quellen, dass Kuhlen mehr um unterstützenden Kontakt zu den
Aposteln bemüht war als um die Übereinstimmung bewirkende Feinabstimmung mit dem
Stammapostel. Dieser brachte im August 1950 sein Missfallen darüber zum Ausdruck, dass
Kuhlen sich als Mittler zwischen die Apostel und den Stammapostel geschaltet hatte. Er
signalisierte, dass Kuhlen seine Kompetenzen überschritten habe.
Staatsanwalt:
Aber damit widersprechen Sie sich! Eben noch hiess es von ihnen, dass
„Aktivitäten Kuhlens von vielen Aposteln als ein sie in ihrer Kompetenz beschneidendes persönliches Machtstreben verstanden wurde“, und nun sagen Sie, er hätte sich als Mittler eingeschaltet. Auch ein Widerspruch zur Behauptung, die Kommunikation stimme nicht zwischen Kuhlen und Bischoff!
Deutlich aber wird wiederum, dass Bischoff selbst
„Missfallen“ daran hatte,
„dass Kuhlen sich ... zwischen die Apostel und den Stammapostel geschaltet hatte. Er signalisierte, dass Kuhlen seine Kompetenzen überschritten habe.“
Also offensichtlich erneut verletzte Eitelkeit und in unerlaubter Eingriff ins Machtgefüge der beiden Bischoffs.
Was bedeutet Ihr dritter Vorwurf:
„und schliesslich das von Stammapostel Bischoff vertretene theologische Argument, Kuhlen sei nicht von Gott zu diesem Amt erwählt gewesen.“
Drave:
Es ist anzunehmen, dass der Stammapostel Bischoff zu der Überzeugung gelangt war, dass
eine Abberufung bzw. Abwahl Kuhlens in Übereinstimmung mit Gottes Willen stehe, eben
weil dessen Berufung nicht göttlich war.
Staatsanwalt:
Aha, Sie nehmen also an ... Können Sie das auch konkreter belegen?
Drave:
Kuhlen scheiterte als Stammapostelhelfer, weil es ihm nicht gelang, das Vertrauen des
Stammapostels zu erlangen. Sein Handeln im Amt hinterliess den Eindruck, dass er sich
weniger dienend einbrachte, sondern dass er populistisch, opportunistisch und
machtorientiert agierte. Dass er grundsätzlich dem Werk Gottes nützen wollte, wird damit
nicht in Frage gestellt. Reaktionen des Stammapostels und aus dem Kreis der Apostel und
des Verlags führten dazu, dass er zunehmend mehr isoliert wurde. Als er zurücktrat, fühlte er
sich zutiefst gedemütigt und als Opfer.
Staatsanwalt:
Starke Worte der Verleumdung, Herr Drave. Woraus begründen Sie z.B. die Behauptung,
„dass er sich weniger dienend einbrachte“?
Drave:
Zum Umgang Kuhlens mit der aus seinem Amt als Stammapostelhelfer resultierenden Macht, die zunehmend von immer mehr Aposteln – je länger Kuhlen als Helfer tätig war – als Machtmissbrauch wahrgenommen wurde, siehe die Ausführungen und Beispiele im vorigen Kapitel; die Beispiele dort werden durch etliche weitere Quellen gestützt.
Staatsanwalt:
Was aber bereits in Zweifel gezogen und widerlegt werden konnte!
Im weiteren beschreiben Sie nun die Vorgänge um die Kirchenausschlüsse von Ernst und Otto Güttinger (1954) und Kuhlen (1955). Da Ihre Darstellungsweise auch hier in gleicher Weise verfälschend und vernebelnd ist, gestützt von vorwiegend subjektiven Quellen oder Behauptungen möchte ich nur einige dieser Passagen herauslösen. Aus dem Manifest von Güttinger nehmen Sie z.B. ausschliesslich solche Zitate, die Ihre These untermauern, keinesfalls aber das Gesamtbild spiegeln. Eine Erörterung scheint mir deswegen nicht notwendig, weil Ihr Prinzip auch weiterhin das gleiche bleibt. Ich zitiere aus Ihren Ausführungen:
-
Zunächst einmal offenbaren die Quellen ein geradezu krankhaftes Streben Otto Güttingers nach dem Bezirksapostelamt für die Schweiz.
-
In einem Gespräch mit Bezirksapostel Streckeisen am 19. August 1953 droht Otto Güttinger unverhohlen mit Spaltungsabsichten: „Schliesslich meinte Apostel Güttinger, ich [Ernst Streckeisen] soll aufpassen, dass wir nicht auseinander kommen. Es wäre schade, wenn Zehntausende unglücklich werden sollten. Er sehe, dass ich mit dem Stammapostel verbunden sei. Er möchte so mit mir verbunden sein. Er drückte mich an seine Brust und umarmte mich. – Ich aber habe in den Abgrund hineinblicken müssen, der im Herzen dieses Mannes ist. Möge Gott gnädig sein und alles zum besten lenken“.
-
Der hier angesprochene Ehrgeiz und das ausgesprochen stark ausgebildete Geltungsbedürfnis Otto Güttingers drohten bereits Ende 1950 in Vermessenheit zu entarten.
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In jedem Falle wird deutlich, dass Güttingers Massstäbe nicht von einem christologisch geprägtem Amtsverständnis abgeleitet sind und damit leider ideale Voraussetzungen für innerkirchliche Konflikte darstellen.
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So auch Bezirksapostel Streckeisen, wenn er resignierend feststellt, dass alle Bemühungen um Otto Güttinger letztlich an dessen „krankhaften Ehrgeiz und dem unnatürlichen Geltungsbedürfnis“ gescheitert waren (Aktennotiz von Bezirksapostel Streckeisen).
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Einem Manne, der mir dreimal den Gehorsam verweigerte, konnte ich die Seelen nicht weiter anvertrauen“
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Stammapostel Bischoff berücksichtigte Otto Güttinger für das Bezirksapostelamt deshalb nicht, weil er ihm gegenüber einen ständigen Ungehorsam praktiziert und damit das Vertrauensverhältnis zerstört hatte.
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Die eingangs erwähnte These, Stammapostel Bischoff wäre aufgrund eines „autokratisch praktizierten Führungsstils“ und der Botschaftsverkündigung die Ursache für die Fehlentwicklungen in der Schweiz (Amtsenthebung und Kirchenausschluss Otto Güttingers sowie die Entstehung der VAC), entbehrt jeder Grundlage und basiert offensichtlich auf „Geschichte vom Hörensagen“ und vorgefassten Urteilen, die ... später von seinen Anhängern mit dem Ziel der Identitätsbildung und der Legitimierung der Abspaltung benutzt wurde.
Herr Drave, auch ich ziehe hier nach der Quellenlage keineswegs Ihre Aussage in Zweifel, dass die zerrütteten Verhältnisse der damaligen Zeit nur auf die „Botschaftsfrage“ zurückzuführen wären. Alleine aber Ihre Fokussierung auf dieses Spezielthema ist schon durch die Einengung ein geschickter Schachzug, weil Ihnendadurch möglich wird, viele andere Faktoren völlig ausser Acht lassen oder zu verschleiern.
Auch den immer wieder aus Ihren Reihen gehörten Vorwurf, Kuhlen und die Güttingers hätten sich gegen die Botschaft gewandt, belegen Sie selbst als falsch. Sie sagen zurecht:
„Kuhlen sprach sich als einziger Apostel gegen den Wunsch aus, Gläubige nur dann zu versiegeln, wenn diese zuvor auch ihre Botschaftsgläubigkeit bekannten“, resümieren aber danach in Bezug auf Kuhlen:
-
„Entscheidungssituation (September 1954), die Kuhlen drei Optionen bot:
-
Glaubensgehorsam praktizieren und die Botschaft verkündigen,
-
Rücktritt vom Amt, da er die Botschaft nicht glauben wollte,
-
Trennung vom Stammapostel herbeiführen.“
Ferner behaupten sie, dass Kuhlen 1955 „eine völlig andere Auffassung zur Botschaft erkennen (liess) als der Stammapostel lehrt, und er begibt sich somit in Opposition zu ihm“.
und stellen dann fest:
„Diese Massnahme Kuhlens erhält vor dem Hintergrund, dass wir zwischen 1951 und 1954
keine einzige zeitgenössische Quelle besitzen, die explizit eine Botschaftsungläubigkeit
Kuhlens dokumentiert, erhebliches Gewicht. ...
Drave:
Uns liegen gegenwärtig keine Quellen bzw. historischen Dokumente zwischen 1951 und 1954 vor, die ausdrücklich belegen, dass Kuhlen die Botschaft ablehnte.
Staatsanwalt:
Es bleibt also zu verdeutlichen: Kuhlen sprach sich nicht „explizit“ gegen die Botschaft aus noch äusserte er konkrete Zweifel daran, er wollte lediglich die Aufnahme von neuen Mitgliedern nicht an diese Frage binden. Das ist doch ein gravierender Unterschied!
Drave:
Kuhlen wusste ... ganz genau, worauf er sich einliess, als er es wagte, öffentlich zum Stammapostel eine andere Lehre zu verkündigen ...
Kuhlen nahm bewusst eine Spaltung ... in Kauf; er stürzte somit einige tausend Gotteskinder in einen Glaubenskampf und –zweifel, obwohl diese über seine Botschaftsungläubigkeit gar nichts
wissen wollten.
Staatsanwalt:
Wenn nicht wegen der „Botschaftsungläubigkeit“, die ja eigentlich gar keine war, weswegen dann Ihrer Meinung nach die mögliche Spaltungsgefahr?
Drave:
Da er nicht bereit war, dem Stammapostel zu folgen, trägt er auch die Verantwortung für seine Amtsenthebung und den Ausschluss aus der Neuapostolischen Kirche. Stammapostel Schmidt nennt in den Rundschreiben "Das ist die Wahrheit" als Motive, die Kuhlen zu der Trennung bewogen haben: Unbefriedigter Ehrgeiz, Ärger, Überheblichkeit, Besserwissen und egoistisches Machtstreben.
Staatsanwalt:
Also wieder ist nicht die Botschaftsfrage massgeblich, sondern erneut die Hörigkeit und das untertänige Verhalten gegenüber Bischoff, auch und trotz wider besseres Wissen.
Wie hat Herr Güttinger zur Botschaft gestanden?
Drave:
Von Otto Güttinger wird ... berichtet, dass er am 20. Januar 1951 beim Stammapostel in Frankfurt gewesen sei und ihn gefragt habe, ob die Botschaft „ein Lehrsatz sei.
Wenn ja, und wenn der Stammapostel es wünsche, so werde ich es in jedem Gottesdienst
predigen. Der Stammapostel hat aber nur gesagt, das sei sein persönlicher Glaube“.
Offensichtlich macht die Botschaft Otto Güttinger in der Anfangsphase Schwierigkeiten,
wobei er jedoch generell bereit ist, sie zu verkündigen.
Staatsanwalt:
Was ja wohl mehr als verständlich ist. Ich lese weiter in Ihren Ausführungen eine andere Äusserung Güttingers:
„(...) einesteils werfe man mir vor, ich würde nicht an die Wiederkunft Christi glauben, zumindest nicht daran, dass der Stammapostel lebe bis zum Tage des Herrn. Ich sagte, dass ich beides glaube und lehre. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass ich nicht in jedem Gottesdienst die Hälfte bis Dreiviertel der Zeit von diesem selben Thema rede“ (S. 18)
So Otto Güttinger Anfang Juni 1954 während einer Italienreise, oder im Manifest:
„Dass ferner der Herr, Jesus Christus, nicht einem seiner Knechte könnte sagen: ‚Hör mal, ich komme noch solange du im Fleische bist ...’ das ist für mich ausser Zweifel, wenn es auch im Widerspruch steht mit den Worten: ‚Der Tag des Herrn wird kommen wie ein Dieb in der Nacht.’ (1. Thess. 5,2; 2. Petr. 3,10 usw.)“
Das Manifest entstand doch sogar nach der Amtsenthebung! Wie interpretieren Sie das, Herr Drave?
Drave:
Die Botschaft Stammapostels Bischoff als eine göttliche Offenbarung wird also von Otto Güttinger in seinem Manifest ausdrücklich nicht angezweifelt, ja sogar für möglich gehalten, obgleich er bereits vor gut sechs Wochen seines Amtes enthoben worden war.
Staatsanwalt:
Eben. Und die Nachfrage nach dem Ursprung der Botschaft, die Güttinger dann stellte, ist doch angesichts der Tragweite und des Alters von Bischoff mehr als berechtigt:
„Was hingegen manchen Ehrlichen (...) bei dieser ‚Botschaft’ (...) hie und da etwas bange werden lässt, liegt in folgenden Überlegungen: Warum hat der Stammapostel nie gesagt: An dem und dem Tag ist mir der Herr da oder da erschienen und hat zu mir dies oder jenes gesagt? (...) Mancher der Mitapostel hätte, so gerne wie ich, erfahren, auf welche Weise der Herr den Stammapostel ‚hat wissen lassen’, dass er zu seiner Lebzeit komme. Um solche wichtige Dinge braucht`s doch keine Geheimnistuerei!“ (Manifest, S. 41f.).
Sie selbst, Herr Drave, formulierten einleitend zu Beginn Ihrer Ausführungen, dass „negativ über ... über geschichtliche Ereignisse in der Nachkriegszeit und die in dieser Phase sich konkretisierende „Botschaft“ des Stammapostels Bischoff“ geschrieben wird.
Ihre Formulierung der sich „konkretisierende Botschaft“ deutete im Grund an, dass es sich um überhaupt keine Botschaft handelte: Eine Botschaft bekommt man und gibt sie weiter. Eine sich „konkretisierende Botschaft“ aber beschreibt einen Prozess. Kein Wunder also, dass Bischoff mit der Antwort zögerte, es gab nämlich offensichtlich keine, die die Fragesteller wirklich hätte befriedigen können. Es liegt auch hier viel eher die Vermutung nahe, das die von Ihnenmehrfach Güttinger und Kuhlen vorgeworfene „Instrumentalisierung“ der Botschaft mehr eine tatsächliche Instrumentalisierung des alten Bischoffs war, an der die Herren Rockenfelder und Bischoff jun. einen erheblichen Anteil hatten. Die Botschaft war ein vorzügliches Instrument, Gegner und Kritiker im Zaum zu halten und sie daran zu messen, ob sie sich dieser „Glaubensfrage“, die sie zur Gehorsamsfrage erhoben, fügen würden. Und der Senior liess sich darauf ein und entsprechend manipulieren!
Aber kommen wir doch noch kurz zu Bischoff selbst. Wie sehen Sie seine Rolle?
Drave:
Das Verhalten des Stammapostels Bischoff in diesen Jahren ist gekennzeichnet durch
-
ein auf Christus bezogenes Amtsverständnis
-
eine resignative Haltung gegenüber einigen Aposteln (insbesondere gegenüber Ernst und Otto Güttinger sowie Kuhlen), weil sie sich
-
nicht auf ihn ausrichteten
-
und eine auf Ausgleich, Einsicht und Versöhnung bauende Seelsorge
Staatsanwalt:
Der resignativen Haltung, manchmal Passivität, kann ich folgen, auch dem 3. Punkt, der immer wieder auftauchte, wenn sich jemand seiner Person widersetzte. Der 4. Punkt ist eine blosse Behauptung.
Punkt 1, Herr Drave, sollten Sie konkretisieren!
Drave:
Kennzeichnend für seine Amtseinstellung war, dass er Gott und dessen Sohn grenzenlos vertraute und nur dann in Ihrem Namen etwas unternahm, wenn er auch ganz sicher war, dass es im Willen des Herrn liege.
Und wenn er in einer konkreten historischen Situation nicht diese Gewissheit hatte, unternahm er auch nichts, da er nie seinen persönlichen, sondern nur den Willen Jesu zur Geltung bringen wollte. . Äusserungen vom Stammapostel wie: „es muss alles reifen“, „das überlassen wir dem Herrn“ finden sich in der Korrespondenz häufig.
Stammapostel Bischoff liess sich also in seiner Amtsführung allein vom Evangelium, von Jesus Christus leiten und offenbart somit ein (extrem) christologisches Amtsverständnis.
Staatsanwalt:
Zu diesen Behauptungen führen Sie auch einige Beispiele von Kuhlen oder Güttinger an, die diese Sicht durchaus bestätigen. Nur frage ich sie, wie sollte das konkret gehen, sich von Jesus Christus leiten zu lassen? Mit der Botschaft war er sich ja auch sicher!
Drave:
Bei Konflikten – selbst gegen sein eigenes Amt – war er nie geneigt vorschnell zu agieren.
Stammapostel Bischoff ging Konflikte von der Warte des Glaubens an; er dachte auch im Zusammenhang mit Konflikten gegenüber dem Stammapostel theologisch und nicht
primär aus der Warte persönlicher Betroffenheit. So wie Paulus seinerzeit meinte lediglich
die ersten Christen zu verfolgen, letztlich jedoch den auferstandenen Herrn verfolgte („Saul,
Saul, was verfolgst du mich? (...) Ich bin Jesus, den du verfolgst“69), so empfand der
Stammapostel auch die eigentlich gegen ihn gerichteten Attacken Güttingers: „Was nun die
Ansichten Ihres Vaters betrifft, so hat er in seinem Vornehmen den Kampf gegen den Herrn
aufgenommen, indem er dem Stammapostel einen anderen Platz anzuweisen sucht, als dies
der Herr getan hat (...)“. So vertraute er dem Herrn und überliess es Jesus, für ihn einzutreten und die Angelegenheit zu regeln.
Während Stammapostel Niehaus absoluten Gehorsam von den Aposteln gegenüber seiner Person und seinem Amt nicht nur zu erwarten, sondern auch einzufordern schien, ist der Führungsstil Stammapostels Bischoff als Dienen am Nächsten am besten zu charakterisieren.
Staatsanwalt:
Herr Drave, Sie zünden hier wiederum einige theologische Nebelkerzen an, die zudem letztlich eher wieder auf den religiösen Wahn hindeuten, wenn Bischoff seine Person, bzw. die „Verfolgung“ seiner Person oder seiner Ansichten mit einer Verfolgung Jesu gleichsetzt. Dies zeigt sich auch in dem von Ihnenzitierten Brief an Apostel Schneider sen. am 7. Mai 1951:
„Der Kampf gegen den Stammapostel ist von vornherein verloren. Das sollte sich jeder Apostel tief ins Herz schreiben, um bewahrt zu bleiben.“
Ferner ist und bleibt es auch unmöglich, selbst nach Ihrem theologischem Verständnis, Jesus für sich eintreten und die „Angelegenheiten“ regeln zu lassen, ohne selbst in irgendeiner Weise tätig zu werden?
Drave:
Es fiel ihm schwer, streng durchzugreifen, und so konnte er auch nach 21 Jahren Amtszeit (1951) zu Recht behaupten: „Ich habe bis heute noch keinen Apostel abgesetzt“.
Staatsanwalt:
... was aber 1954/55 dann doch erfolgte. Auch wenn wohl massgeblich die Intrigen um ihn herum, z.B. von Rockenfelder und Bischoff jun., zu deren Demissionierung führten, zeigt das doch letztlich und gerade die Führungsschwäche Bischoffs und keine Stärke!
Drave:
Die Konflikte jener Zeit zeigen, dass das Verhältnis zwischen dem Stammapostel und den
Aposteln in der Nachkriegszeit so angespannt war, dass Differenzen nicht offen
angesprochen und im persönlichen Gespräch ausgeräumt werden konnten. Auch in den
Apostelversammlungen scheint es nicht zu klärenden Gesprächen über die unterschiedlichen
Standpunkte gekommen zu sein.
Die politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse in der Nachkriegszeit begünstigten zudem die
Forderung nach Ablösung von Führungspersönlichkeiten, die während der Zeit des
Nationalsozialismus Verantwortung getragen hatten.
Staatsanwalt:
Was auch kirchenpolitisch korrekt gewesen wäre, besonders in Bezug auf Bischoff Vater und Sohn. J.G. Bischoff leistete z.B. bereits im Zeitraum vom 22.4.31 bis 12.7.33, also vor der Machtübernahme Hitlers laut eigenem ´Lebenslauf`` (datiert 2.8.33) insgesamt 16036.50 RM Spenden an verschiedenen nationalsozialistische Formationen.
Und 1941 schrieb Bischoff im Leitartikel der kriegsbedingt letzten Ausgabe von ´Unsere Familie` vom 5.12, dass „wir bereit sind, auch das Letzte daranzugeben im gläubigen Vertrauen, dass der Herr den Kampf durch den Sieg segnet und die Opfer durch den Erfolg lohnt . So ist im Bestreben, alle Kräfte zusammenzufassen und alle Mittel auf das eine Ziel, den Endsieg, auszurichten, ...“ Unterzeichnet handschriftlich: J.G. Bischoff“
Über seinen Sohn Friedrich äusserte sich ein enger Vertrauter von Joseph Goebbels (Akt RKM 23418 Bundesarchiv Potsdam): „Friedrich Bischoff ist Parteigenosse, mir seit Jahren bekannt und politisch und menschlich absolut zuverlässig.“
Dies nur als ein kleiner Beweis der deutlichen Affinität beider zum Naziregime! Und vermutlich dachten auch neben Güttinger, der ein „demokratisches“ Führungsorgan an die Stelle des Stammapostels“ setzen wollte, einige Apostel ähnlich!
Drave:
Für diese Annahme spricht die Tatsache, dass Güttingers Angriffe auf den Stammapostel bei den übrigen Aposteln nicht auf entschiedenen Widerspruch stiessen und man Ernst Güttinger im
Apostolat nicht isolierte.
Staatsanwalt:
Eine durchaus respektable Haltung der Apostel! Aber Ihre eigene sich direkt daran anschliessende Folgerung ist haarsträubend, Herr Drave! Ich zitiere:
„Die stillschweigende Billigung seines Vorgehens z.B. im Saarland durch das Apostelkollegium ist einer der Gründe dafür, dass sich der Konflikt zu einer Spaltung ausweiten konnte. Ernst Güttinger benützte u.a. den Saarlandkonflikt, um seine Einflusssphäre zu erweitern; Kuhlen nützte ihn, um sich als vermeintlich überparteilicher Versöhner und Schlichter zu profilieren, seine Führungsqualitäten herauszustellen und sich als der geeignete Mann an der Spitze zu empfehlen. Objektiv begünstigte er Ernst und Otto Güttinger und unterstützte deren Opposition zum Stammapostel, wie dies auch auf anderen Konfliktfeldern zu beobachten war.“
Hier verstellen Sie durch Unterstellungen und falsche Bezüge den Blick auf die eben noch von Ihnenrichtig erkannte Situation, ich zitiere sie:
„Die politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse in der Nachkriegszeit begünstigten zudem die Forderung nach Ablösung von Führungspersönlichkeiten, die während der Zeit des Nationalsozialismus Verantwortung getragen hatten.“
Statt dessen nun behaupten Sie jedoch in Folge:
„Dass die Apostel im Gegensatz zum Stammapostel über einen erstaunlich langen Zeitraum die Verhältnisse in den verschiedenen Konflikten falsch einschätzten und fortgesetzt verkehrte Entscheidungen trafen“
und bezeichnen das dann auch noch „glaubensmässig als vermutlich unvermeidliche Konsequenz ihres fehlenden Einsseins mit dem Stammapostel“.
Wie kann eine berechtigt kritische Haltung gegenüber einem Kirchenführer und seinem Sohn mit einer deutlich braunen Vergangenheit zu dem Vorwurf „fehlenden Einsseins“ umgemünzt werden?
Das ist pure Demagogie, Herr Drave, nicht anderes. In deutlich bewusster Weise und wider besseres Wissen verschleiern und verdrehen Sie die selbst genannten historischen Grundlagen!
Drave:
Die Verantwortlichkeit für die Entwicklung und Probleme sowie die daraus resultierenden
Folgen der Neuapostolischen Kirche von 1938 bis 1955 tragen im Wesentlichen einige
Apostel, deren Ausrichtung auf den Stammapostel und deren Zusammenarbeit mit ihm
defizitär waren. Zu ihnen gehörten massgeblich die Apostel Ernst und Otto Güttinger und
Apostel Kuhlen.
Staatsanwalt:
Sie scheinen unbelehrbar, Herr Drave. Ihr Schlusswort eben zeigt das nochmals deutlich! Welches Selbstbild steht eigentlich als Rechtfertigung hinter Ihren erhobenen Vorwürfen und Selbstschutzmassnahmen für die Kirche?
Drave:
Die Neuapostolische Kirche ist von Jesus Christus durch lebende Apostel geleitet. Ihre Lehre basiert auf der Heiligen Schrift. Das Apostelamt ist das von Jesus Christus bevollmächtigte Amt zur Heilsvermittlung. Apostel sind unerlässlich, um seine Kirche auf die von ihm verheissene Wiederkunft vorzubereiten. Die Spendung der Sakramente Heilige Versiegelung und Heiliges Abendmahl sowie die Vergebung der Sünden sind an das Apostelamt gebunden.
Staatsanwalt:
Und das gibt Ihnen als Historiker die Rechtfertigung dafür, Ihrem Stammapostel und damit Ihrer Kirche so eine Rolle zuzubilligen, die wesentliche Fehler beständig den Andersdenkenden zuschreibt?
Wer entscheidet bei ihnen, Herr Drave, welcher Apostel denn „auf der Schrift“ basiert ist? Ausser Behauptungen, die im wesentlichen auf den Ansichten Bischoffs beruhten, kann ich keine wirkliche Orientierung auf die Heilige Schrift feststellen!
Und Sie selbst hoben ja mehrfach hervor, dass nicht die Bibel, sondern der Stammapostel selbst die entscheidende Instanz ist! Wieso schreiben Sie das dann nicht deutlich in Ihr Selbstbild? Vom Stammapostel ist dort nicht die Rede!
Schlussplädoyer:
Ihre gesamten Ausführungen, Herr Drave, sind, wie gezeigt werden konnte, ausschliesslich daran ausgerichtet, Stammapostel Bischoff von sämtlichen Vorwürfen oder Fehlern zu entlasten. Das ganze Apostelkollegium wird von Ihnensogar als falsch orientiert und verwirrt dargestellt, nur Bischoff war der einzig richtige Fels in der Brandung!
Kuhlen und Güttinger unterstellen Sie „unbefriedigter Ehrgeiz, Ärger, Überheblichkeit, Besserwissen“ und egoistisches Machtstreben, Verführung tausender Menschen und anderes mehr, obgleich diese Vorwürfe, wie auch deutlich gemacht werden konnte, viel eher auf Herrn Bischoff selbst und seine grauen Eminenzen und ihr Intrigenspiel im Hintergrund zutreffen. Ebenso unterstellen Sie beiden, bestimmte Themen zu instrumentalisieren, um Bischoffs Position zu schwächen. Auch hier werden die Themen eher von den Herren Rockenfelder und Bischoff jun. instrumentalisiert, um die beiden anderen in Verruf zu bringen.
J.G. Bischoffs Handlungsunfähigkeit hingegen stellen Sie als christologisches und menschenliebendes Verhalten dar, seine Meinungsschwankungen als Erkenntnisprozesse, seine überzogene Selbstsicht als gottgewollte Amtsnotwendigkeit, sein Umkippen von demokratisch herbeigeführten Beschlüssen als heilsnotwendige Rettung der Kirche und theokratische Grundausrichtung, und seine Botschaft, dass er nicht sterben würde, bevor Jesus die neuapostolischen Kirchenmitglieder in den Himmel führt, als zwingend notwendigen Glaubensgrundsatz.
Bei allem Verständnis dafür, sich und Ihre Kirche samt damaligem Kirchenführer in ein gutes Licht rücken zu wollen, Herr Drave, frage ich Sie, wer wohl ausser Ihnennoch eine so rosarote Brille trägt, dass er solche Ausführungen auch nur annähernd als richtig ansehen könnte?
Und haben Sie überhaupt keine Achtung vor lebenden Zeitzeugen, die ihre Ausführungen mit einer Fülle von Berichten als vorsätzliche Falschaussagen und in Bezug auf den Sohn von Herrn Kuhlen in Bezug auf seinen Vater sogar als Rufmord widerlegen können? Ein Zeitzeuge soll hier als Stimme für viele Menschen zum Zeugen gerufen werden:
Werner Kuhlen (82, Evangelist i.R.; Sohn des Apostels Peter Kuhlen, Enkel des Apostels Dach, seit Geburt neuapostolisch, bis zur Spaltung Priester in Düsseldorf.:
„Er (Anmerkung: der Vater) kam ja aus ganz armen Verhältnissen – bitterarm. Die Kirche war faktisch alles für ihn. Und diese Hinterhältigkeiten, die meinem Vater fremd waren, die haben ihn praktisch umgehauen. Ich kann nur eines sagen, wie ich meinen Vater erlebt habe, da war der Canossagang bestimmt nicht schlimmer als das, was er dort durchmachen musste. Das wirkte sich ja auch innerhalb der Familie aus, es war ein ständiges Thema, es gab viele Gespräche mit Brüdern die zu uns nach Hause kamen, ich kannte ja auch alle Apostel persönlich. Allerdings: Worte von Hass oder Vergeltung, das hat es bei uns zu Hause nie gegeben. Mein Vater hat niemals über die anderen Apostel hässlich gesprochen, auch über Bischoff nicht, sondern sie immer in Schutz genommen. Bis zum Schluss. Das kann ich eindeutig bezeugen. Es wurde mit viel Beten um brüderliche Verbindung gerungen. Auch das war für mich Vorbild. Und ich habe Gebete mit ihm erlebt, da sind sehr, sehr viele Tränen geflossen. Ich hatte einen todtraurigen Vater.“ (Quelle CiD, Interview August 07)
Fehler wurden damals sicherlich von allen beteiligten Personen gemacht, und Machtstreben und Selbstsucht gehören wohl zwingend zu jeden Führungswechsel! Darum geht es hier aber nicht, auch nicht um eine lückenlose Aufarbeitung Ihrer eigenen Kirchengeschichte. Die Absicht dieser Untersuchung lag ausschliesslich darin, Ihre absolut einseitige und demagogische Darstellung der Geschichte aufzuzeigen: hier die Bösen und dort die Guten! Und dieses Schwarz-Weiss-Denken gehört offensichtlich konstitutiv zu Ihrer fundamentalistischen Weltsicht und Art, scheintheologisch Behauptungen aufzustellen anstatt Handlungen oder dogmatischen Setzungen sachorientiert schlüssig zu begründen. Entsprechend ist auch die Qualität Ihrer Quellen, die zumeist lediglich subjektive Bemerkungen Ihrer Kirchenführer sind und als solche keinerlei Beweiskraft haben. Als besonders niederträchtig und strafverschärfend ist dabei folgendes zu berücksichtigen:
-
Als gelernter Historiker haben Sie eigentlich ein genaues Wissen darüber, wie historische Untersuchungen zu führen sind. Demzufolge lassen Sie also absichtlich alle erforderlichen Ansprüche an eine wissenschaftlich gültige Arbeitsweise beiseite und setzen nur die Mittel ein, die Ihren demagogischen Absichten entsprechen.
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In Gesprächen mit der VAG jedoch forderten Sie genau diesen von Ihnenselbst absolut ignorierten Anspruch ein, indem Sie laut VAG-Brief an Herrn Leber (CiD) bei einem Treffen am 5. Februar 2007 in Hannover noch „jede auch noch so kleine Bewertung von Vorgängen als unwissenschaftlich ablehnten“. Sie messen mit zweierlei Mass, je nachdem, wie es Ihren Zwecken dient!
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Sie handeln aus niederen Motiven und schätzen das Ansehen Ihrer Kirche, koste es, was es wolle, höher ein als die Schicksale tausender Menschen, die direkt und indirekt durch genau diese Kirche bis auf den heutigen Tag in tiefste seelische Nöte geführt wurden.
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Sie handelten nachweislich wider besseres Wissen, da Ihnender eigentliche historische Befund offensichtlich klar war. Dies zeigt sich unter anderem darin, wie geschickt Sie die tatsächlichen Fakten manipulierend in subjektive Bewertungen umgewandelt haben.
Ich möchte die Beweisführung der Untersuchung aber nun schliessen, Herr Drave, obwohl noch so manches hätte angesprochen werden können, mit einem Wort aus Ihrem eigenen Bezugsrahmen, der Bibel, auf die Sie sich zumindest immer wieder berufen.
In der Übersetzung „Hoffnung für alle" lässt der Prophet Jesaja seinen Gott folgendes sprechen (Jes 41, 21ff):
Jetzt habt ihr Gelegenheit, euch vor Gericht zu verteidigen.
Legt eure Beweise vor!
Zeigt eure Macht, und lasst uns wissen, was sich alles ereignet.
Ihr wisst doch, was in der Vergangenheit geschah.
Was hat es zu bedeuten?
Erklärt es uns, damit wir es verstehen können!
Oder sagt uns jetzt die Zukunft voraus, damit wir sehen, ob es eintrifft.
Kündigt an, was einmal geschehen wird, damit wir erkennen, dass ihr Götter seid!
Sagt uns, was kommt, ganz gleich, ob es etwas Gutes oder Schlimmes ist.
Dann werden wir grosse Achtung vor euch haben.
Aber dazu seid ihr gar nicht in der Lage: Ihr seid nichts und könnt nichts!
In diesem Sinn lautet die Anklage:
Herr Drave, Sie hatten die Gelegenheit nach jahrelanger Forschung und Quelleneinsicht, wirklich Beweise vorzulegen und sich zu verteidigen!
Ihre Beweisführung aber zeigt, dass Sie nichts faktisch Brauchbares gegen die Herren Güttinger und Kuhlen gefunden haben. Folgerung: Es gibt keine Beweise, Ihre Schlüsse sind also vorsätzlich falsch!
Sie haben uns Ihre Macht gezeigt und uns glauben machen wollen, sie käme direkt von Gott.
Sie haben damit aber nur sich als sogenannte Apostel und Ihre oberste Kirchenleitung als Götzen entlarvt, die sich mit Ihrem völlig überzogenen Selbstbild in Ihrer Kirche an die Stelle Gottes setzen!
Sie haben uns gezeigt, was in der Vergangenheit Ihrer Sicht nach geschah.
Wir aber haben daran erkennen können, wie Sie die Vergangenheit verfälschen durch Verschleierung, Lügen, Halbwahrheiten und Rufmord!
Sie haben es uns alles erklärt, Herr Drave!
Aber durch Ihre Verdrehungen und Unterstellungen haben wir verstanden, dass Sie nur in verwerflicher Weise Ihre Zuhörer und Leser demagogisch manipulieren wollen, an der Wahrheit haben Sie keinerlei wirkliches Interesse!
Und ganz gleich, was Sie uns noch alles gesagt haben, Gutes oder Schlimmes, es waren indoktrinierende Darstellungen. Man muss deswegen die Achtung verlieren vor Ihnen und Ihrer Kirche und jedem, der ihr angehört und diese Lügen stehen lässt!
Herr Drave, Sie haben die Wahrheit verhöhnt, obwohl Sie ihr qua Amt verpflichtet sind:
In Wirklichkeit sind Sie nichts und Sie können nichts, ausser Behauptungen aufstellen und leere Worte verbreiten!
Ich spreche Sie schuldig in allen diesen genannten Punkten der demagogischen Verführung Ihrer Kirchenmitglieder und wider besseres Wissen der vorsätzlichen Verleumdung der Herren Güttinger und Kuhlen!
Und ich möchte schliessen mit einem treffenden Zitat aus dem Propheten Jeremia, wiederum aus der Übersetzung Hoffnung für alle, der Ihren vielbeschworenen Gott deutliche Worte sagen lässt zu einem solchen Verhalten:
Ich weiss ganz genau, was die Propheten reden:
'Hört, was euch Gott durch unsere Träume sagen will!'
Und dann weissagen sie Lügen und berufen sich dabei auf mich!
Wie lange soll das noch so weitergehen?
Was wollen diese Propheten damit erreichen, dass sie Lügen und selbsterfundene Botschaften verbreiten?
Sie denken wohl, wenn sie ihre Träume erzählen, vergisst mich mein Volk, so wie ihre Vorfahren mich vergessen haben, weil sie dem Götzen Baal dienten!
Ein Prophet, der Träume hat, sollte sagen, dass es nur Träume sind, aber wer mein Wort empfängt, soll es gewissenhaft als mein Wort verkünden.
Meint ihr, Spreu und Weizen seien dasselbe?
Ich, der Herr, sage euch:
Mein Wort ist wie ein Feuer und wie ein Hammer, der Felsen in Stücke schlägt!
Diese Propheten bekommen es mit mir zu tun, sie, die einander die Worte stehlen und behaupten, sie hätten sie von mir!
Sie werden mir nicht entkommen, diese Propheten, die ihre eigenen Gedanken von sich geben und dann sagen: 'Der Herr hat gesprochen.'
Nein, mir entgehen diese Lügner nicht, die ihre Träume als mein Wort ausgeben!
Sie führen mein Volk in die Irre und täuschen es mit ihrer zusammengereimten Botschaft.
Ich, der Herr, habe sie nicht gesandt und ihnen keinen Auftrag gegeben.
Sie helfen diesem Volk keinen Schritt weiter!» (Jer 23, 25ff)
Herr Drave, ziehen Sie daraus die Konsequenzen und treten Sie von Ihrem Amt zurück. Sie schädigen selbstherrlich Menschen und beschädigen Ruf und Ansehen Ihrer Kirche, auch wenn Sie vielleicht in deren Namen, Auftrag und Gutheissung handelten oder in Gutheissung zu handeln glaubten!
Die Leitung der Neuapostolische Kirche sollte die Konsequenz aus dieser Untersuchung ziehen und sich von Ihrer Darstellung der Kirchengeschichte deutlich distanzieren, oder sie macht sich in gleicher Weise mitschuldig vor Gott und den Menschen!
Aufgerufen sind alle Leser dieser Untersuchung, nun als Geschworene zu handeln und Ihre Stimme in einem Kommentar abzugeben, in dem sie nach bestem Wissen und Gewissen plädieren für „Schuldig“ oder „Unschuldig“ im Sinne der Anklage.
© 12/2007 Detlef Streich
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Drucken 21.12.2007 22:30
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