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11. Januar 2008
 

History

 
sonntags, 23.40 Uhr
Markierungen von John F. Kennedy auf einer Kubakarte
reuters

Kraftproben zwischen Ost und West

Die Krisen von Berlin und Kuba

Mindestens zwei Mal stand die Welt nach 1945 am Rande eines bewaffneten Konflikts zwischen der Sowjetunion und den USA. Die Blockade Berlins durch die Sowjetunion 1948 war eine erste Kraftprobe im Kalten Krieg. 14 Jahre später forderte der sowjetische Parteichef Chruschtschow mit der Stationierung sowjetischer Raketen auf Kuba einen weiteren Konflikt heraus.

 
 
 
 

Die Berlin-Blockade 1948 markierte einen ersten Höhepunkt des Kalten Krieges. Sie wurde zum politischen Schlüsselerlebnis für Nachkriegs-Deutschland und förderte den antikommunistischen Konsens in Westdeutschland und Westeuropa.

Währungsreform 1948. Quelle: dpa
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Währungsreform 1948

Berlin-Blockade

Unmittelbarer Auslöser für die Spannungen mit ihren weltpolitischen Konsequenzen war die Währungsreform vom Juni 1948, die den Deutschen in den Westzonen und eine Woche später auch den Bürgern im Westteil Berlins die D-Mark bescherte.

Stalin wertete diesen einseitigen Schritt als signifikanten Verstoß gegen das Viermächte-Abkommen und ließ in der Nacht zum 24. Juni 1948 alle Zufahrtsstraßen nach West-Berlin sperren. Die Politiker in Washington, London und Paris reagierten zunächst überrascht.

Gail Halvorsen. Quelle: dpa
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Gail Halvorsen

Rosinenbomber

Auf Initiative des US-Militärgouverneurs Lucius Clay stellten die Westmächte die Versorgung West-Berlins durch eine Luftbrücke sicher. In fast 200.000 Flügen wurden rund 1,5 Millionen Tonnen lebenswichtiger Güter nach Berlin transportiert. Alle zwei bis drei Minuten landete eine Maschine auf einem der drei West-Berliner Flughäfen. "Rosinenbomber" wurden die Flugzeuge im Volksmund genannt.

Zu diesem Namen kamen sie wohl auch durch Gail Halverson. Der US-Pilot warf während seiner Anflüge Süßigkeiten an kleinen Fallschirmen aus Taschentüchern für die Berliner Kinder ab. Als seine Vorgesetzten durch die Presse von den heimlichen Abwürfen erfuhren, wurde bald darauf die Organisation "Little Vittles", kleiner Proviant, ins Leben gerufen.

Josef Stalin, 1950. Quelle: ap
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Josef Stalin, 1950

Stalin gibt auf

Nach 322 Tagen gab Stalin seinen Versuch auf, die Menschen in den westlichen Sektoren durch Hunger und Kälte in die Knie zu zwingen und die gesamte Hauptstadt unter sowjetische Kontrolle zu bringen. Er gab klein bei. Die West-Alliierten dagegen verzeichneten politisch wie ideologisch einen klaren Erfolg.

In der aufgeheizten Atmosphäre der McCarthy-Ära gelang US-Präsident Harry Truman auch aufgrund seiner standhaften Haltung gegenüber Stalin in Berlin die Wiederwahl. In Berlin selbst waren aufgrund der Erfahrungen während der Blockade ideologisch die Würfel gefallen.

Castro während des Guerilla-Kriegs in Sierra Maestra. Quelle: reuters
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Castro während des Guerilla-Kriegs in der Sierra Maestra

Die Kuba Krise 1962

Im Oktober 1962 richteten sich die Augen der Weltöffentlichkeit plötzlich auf Kuba, die größte Insel der Karibik. Seit drei Jahren waren dort Fidel Castros Revolutionäre an der Macht. Der kommunistische Staat des "máximo líder" war den USA seither ein Dorn im Auge. Aber erst als am 14. Oktober ein US-Spionageflugzeug russische SS4-Mittelstreckenraketen auf Kuba entdeckte, drohte die Situation zu eskalieren.

In Washington rechneten die Strategen damit, dass die Raketen in kurzer Zeit mit atomaren Sprengköpfen ausgerüstet und auf amerikanische Großstädte wie Miami oder Atlanta gerichtet werden könnten. Die Sowjetunion wäre damit im Rüstungswettlauf gegen Amerika gleichgezogen. Wenige Monaten zuvor hatten die USA Jupiter-Atomraketen in der Türkei stationiert - in unmittelbarer Nähe zur Sowjetunion.

John F. Kennedy, 1962. Quelle: dpa
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John F. Kennedy, 1962

Das Executive Committee

Die Entdeckung der Raketen auf Kuba hielt Washington zunächst geheim. In aller Stille rief Präsident John F. Kennedy einen kleinen Krisenstab zusammen, das Executive Committee des Nationalen Sicherheitsrats, später kurz "ExComm" genannt. Die Pläne des Krisenstabes reichten von einem "chirurgischen" Luftangriff auf Kuba, über Blockade und Invasion der Insel bis zu rein diplomatischen Schritten.

Die ExComm-Mitglieder verständigten sich rasch darauf, dass die Raketen unter keinen Umständen auf Kuba bleiben dürften. Die symbolische und psychologische Bedeutung russischer Atomraketen nur 150 Kilometer vor der amerikanischen Küste war aus Sicht des Krisenstabes zu groß. Am 20. Oktober traf Kennedy die Entscheidung für eine Seeblockade.

Sowjetische Raketentransporte verlassen Kuba. Quelle: dpa
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Sowjetische Raketentransporte verlassen Kuba

U-Boote vor Kuba

Eine mögliche militärische Reaktion der USA hatte der sowjetische Präsident Nikita Chruschtschow einkalkuliert: Bereits Anfang Oktober hatte er vier U-Boote in die Karibik geschickt, die der US-Marine den Weg abschneiden konnten, wenn es zu einer Invasion Kubas kommen sollte. Was niemand in Washington ahnte war, dass jedes dieser U-Boote mit atomaren Torpedos bestückt war.

Auf dem Höhepunkt der Krise hatten die sowjetischen U-Boot-Kapitäne jedoch keine Funkverbindung mit Moskau und waren auch über die Seeblockade nicht informiert worden. Der Befehl an die Kapitäne lautete: tauchen und unentdeckt bleiben. Die Besatzung der U-Boote litt unter der unerträglichen Hitze an Bord der Schiffe, die nicht für das warme Wasser der Karibik konstruiert waren. Auch die Dieselmotoren machten lange Tauchfahrten unmöglich.

Nikita Chruschtschow, 1962. Quelle: dpa
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Nikita Chruschtschow, 1962

Beilegung der Krise

Am 23. Oktober verkündete Chruschtschows, dass er die Blockade nicht akzeptieren werde. Am selben Tag wurden die U-Boote von US-Aufklärern entdeckt, aber von den Atom-Torpedos wussten die USA weiterhin nichts. Wenige Tage später erhielt Präsident Kennedy einen Brief vom Kreml-Chef, in dem sich die Lösung anbahnte: Abzug der Raketen auf Kuba gegen den Abzug der Raketen in der Türkei.

Die vier sowjetischen U-Boote jedoch hatten immer noch keine Verbindung mit Moskau und wussten nichts über den Stand der Geheimdiplomatie. Drei der U-Boote wurden von der US-Marine geortet und zum Auftauchen gezwungen. Die Furcht vor den unkalkulierbaren Folgen hielt die sowjetischen Kommandanten davon ab, ihre atomaren Waffen einzusetzen.

 

Ende der "Operation Kama"

Zurück in der Heimat wurden die Mannschaften der U-Boote unter Arrest gestellt, weil sie beim Ausführen des Befehls, unentdeckt zu bleiben, versagt haben. Der Kreml selbst tilgte "Operation Kama" aus den Akten der Marine. Die Amerikaner erfuhren erst im Jahr 2000 von den Nukleartorpedos.