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Informationen zur politischen Bildung (Heft 277)

Stationen der Innenpolitik seit 1945


Udo Steinbach
Inhalt

Einleitung

Ausbildung des Mehrparteiensystems

Staat in der Dauerkrise

Rückkehr zur Demokratie

Instabile Koalitionen

Islamistisches Zwischenspiel

Bilanz der Regierung Ecevit

Parlamentswahlen 2002

Ausbildung des Mehrparteiensystems
Celal Bayar, ein enger Weggefährte Atatürks, trieb diese innere politische Entwicklung voran. Gemeinsam mit einer Gruppe Gleichgesinnter verließ er die „Republikanische Volkspartei” und gründete im Januar 1946 die „Demokratische Partei” (Demokrat Parti, DP), deren Erfolg bei den ersten Wahlen im Juli 1946 - nicht zuletzt wegen massiver Wahlmanipulation seitens der Regierungspartei - bescheiden blieb.

Die neue Partei wurde zum Sammelbecken für all jene, die sich von der herrschenden kemalistischen Elite ausgeschlossen fühlten. Sie wandten sich gegen die soziale und kulturelle Entfremdung, die durch die Modernisierungsbestrebungen der alten Staatspartei entstanden war. Ihre Propaganda richteten sie vor allem an die Landbevölkerung und stellten deren mangelnde Interessenvertretung durch die Regierungspartei heraus. Ein weiterer Kritikpunkt war die „Unterdrückung des Islam”. Die Säkularisierungspolitik der Kemalisten hatte das problematische Verhältnis von Islam und Gesellschaft in der Türkei in den vergangenen Jahrzehnten nicht zufriedenstellend lösen können.

In den - nunmehr freien und unverfälschten - Wahlen vom 14. Mai 1950 erlitt die „Republikanische Volkspartei” eine herbe Niederlage. Während die „Demokratische Partei” 408 von 487 Sitzen errang, konnte sie nur 69 Mandate gewinnen, die restlichen zehn gingen meist an Unabhängige. Celal Bayar wurde zum Präsidenten, Adnan Menderes zum Ministerpräsidenten gewählt. Ismet Inönü übernahm die Rolle des Oppositionsführers. Er widerstand dem Angebot von vier Armee-Generälen, die „Demokratische Partei” aufzulösen und ihm so die Rückkehr zur Macht zu ermöglichen. Die türkische Demokratie schien nach der Wahl von 1950 unter günstigen Vorzeichen geboren.

Herrschaft der „Demokratischen Partei”

Wenn das demokratische System stets von neuem unter inneren Druck geriet, so lag das an zahlreichen Ursachen, etwa an der „politischen Kultur”, das heißt den Traditionen im weitesten Sinne, die in Politik und Gesellschaft noch wirkten, sowie am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel, der sich unter Menderes beschleunigte und seit den sechziger Jahren teilweise überstürzte.

Die einsetzende Bevölkerungsexplosion, die Bevölkerungsverschiebung vom Land in die Stadt und von Ost nach West, die voranschreitende Verelendung der Städte und die wachsende Einbindung der Türkei in den Weltmarkt ließen politische Belastungen für ein Land entstehen, das bislang unterentwickelt, relativ bevölkerungsarm und, im Schatten von Weltpolitik und Weltwirtschaft gelegen, von einer zentralen Schaltstelle aus relativ leicht zu kontrollieren gewesen war.

Die zehnjährige Herrschaft der „Demokratischen Partei” ist ein Beispiel für das prekäre Verhältnis zwischen der jeweils regierenden Partei und anderen gesellschaftlichen und politischen Gruppen innerhalb des durch die Verfassung vorgegebenen Rahmens. Die verfassungsmäßigen Ordnungen von 1961, 1971 bis 1973 und 1982 spiegeln den Wunsch der jeweils herrschenden Elite bzw. Regierung wider, die Gesellschaft nach ihrem Willen zu formen und so ihre Machtausübung zu sichern.

Adnan Menderes, misstrauisch gegenüber der Opposition, die in der Bürokratie, bei den Intellektuellen und dem Militär starke Unterstützung fand, konnte auch aufgrund der zunächst vorzeigbaren wirtschaftlichen Erfolge - gerade im landwirtschaftlichen Bereich - die Wahlen von 1954 noch eindeutiger für sich entscheiden als 1950. Die zunehmend autokratische Art seiner Machtausübung und einsetzende wirtschaftliche und soziale Probleme wie Inflation, Verschärfung der Einkommensunterschiede und Verelendung durch Stadtwanderung führten aber dazu, dass er die Wahlen von 1957 nur noch knapp gewann. Als Menderes mehr und mehr die Opposition auszuschalten versuchte, putschte am 27. Mai 1960 die Armee. Die „Demokratische Partei” wurde verboten und Adnan Menderes zusammen mit zweien seiner Minister 1961 hingerichtet.

Eingriff des Militärs

Einerseits beendete der Militärputsch eine vielversprechende Ära der türkischen Demokratie, andererseits wurde er zum Vorboten einer neuen sozio-politischen Ordnung, vorgezeichnet durch eine neue, von oben verordnete Verfassung, die am 9. Juli 1961 durch Volksabstimmung angenommen wurde. Sie war ein liberales Dokument, das der Regierung bei ihrer Machtausübung zahlreiche Kontrollen, insbesondere durch Verfassungs- und Verwaltungsgerichte, auferlegte und ein wirksames Regieren erschwerte.

Die schon in den sechziger Jahren begonnene Auffächerung des weltanschaulichen und politischen Spektrums setzte sich nun beschleunigt fort. Neben den „alten” Parteien (die „Gerechtigkeitspartei” Adalet Partisi, AP, wurde die Nachfolgerin der 1960 verbotenen „Demokratischen Partei”) entstanden auf der äußersten Linken und Rechten extremistische Parteien. Sie hatten großen, nachhaltig wirksamen Einfluss auf außerparlamentarische Gruppierungen, die sich auf der Linken und seit der zweiten Hälfte der sechziger Jahre auch auf der Rechten herausbildeten. Die Zusammenstöße zwischen ihnen nahmen stetig zu und sollten Ende der siebziger Jahre zu anarchischen und bürgerkriegsähnlichen Zuständen eskalieren.

1961 konstituierte sich die „Türkische Arbeiterpartei” (Türk Işçi Partisi, TIP), eine quasi-kommunistische Partei, die bei den Wahlen von 1965 mit 15 Abgeordneten ins Parlament einzog. Nicht zuletzt weil sie zeitweilig ziemlich unverhüllt kurdische Autonomiewünsche unterstützte, wurde die Partei 1971 bis 1975 verboten. Nach ihrer Neugründung weitgehend bedeutungslos, war sie seit 1980 erneut verboten.

Die extreme Rechte, die in den sechziger Jahren politisch wirksam wurde, trat in zwei Strömungen mit unterschiedlichen programmatischen Gewichtungen auf: Zielvorstellung der „Partei der Nationalen Bewegung” (Milliyetçi Hareket Partisi, MHP) war ein türkisch-völkischer Nationalismus, die „Nationale Heilspartei” (Millî Selamet Partisi, MSP) trat für einen islamischen Fundamentalismus und die Wiedererrichtung einer „islamischen Ordnung” ein.
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07. November 2007
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