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Der Schock durch den Amoklauf sitzt nach wie vor tief. Geistlichen Zuspruch holten sich mehrere hundert Schüler und Lehrer der Geschwister-Scholl-Schule in Emsdetten am Mittwoch (22.11.06) während eines ökumenischen Gottesdienstes.
"Wir sind erschrocken über eine solche Auswegslosigkeit, sagte der katholische Regionalbischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Schülern und Lehrern hätten sich "Bilder von unerklärlichem Hass und blinder Zerstörungswut geboten." Zwei Tage nach dem Amoklauf von Emsdetten, bei dem ein 18-jähriger Ex-Schüler vermutlich aus Rache 37 Menschen verletzt hat, suchten etliche Einwohner des westfälischen Ortes am Mittwochmorgen (22.11.06) Trost in einem ökumenischen Gottesdienst. Viele Schüler, Lehrer, Helfer und Polizeieinsatzkräfte kamen in die St.-Pankratius-Kirche. Für Schüler islamischen Glaubens gab es eine alternative Veranstaltung in einem Kulturzentrum.
Die gemeinsame Andacht von Katholiken und Protestanten sollte vor allem den Opfern helfen, die schrecklichen Ereignisse des Amoklaufs zu verarbeiten, sagte Dirk Brügge, Erster Beirat der Stadt Emsdetten. Dabei wurde auch der Eltern des 18-jährigen Täters gedacht. Sie stehen ebenso wie viele Schüler immer noch unter Schock und werden derzeit in einem Krankenhaus behandelt. Ihr Sohn hatte in seiner ehemaligen Schule wahllos um sich geschossen, bevor er sich mit einem Vorderlader selbst tötete. Nach derzeitigem Ermittlungsstand hat er seine Tat alleine geplant: "Es gibt keine Anhaltspunkte für Mitwisser, geschweige denn Mittäter", sagt Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer.
Im Zimmer des Täters im Haus seiner Eltern fanden die Ermittler Hinweise darauf, dass der 18-Jährige mit gefährlichen Chemikalien zur Herstellung von Sprengkörpern experimentiert hat. Zwei Waffen, die er bei seinem Amoklauf benutzt hat, stammen nach Angaben der Ermittler von einem Internet-Verkaufsportal mit Sitz in Darmstadt. Dabei handelt es sich um zwei Vorderladerwaffen nach historischem Vorbild. Ob dabei ein Verstoß gegen das Waffengesetz vorliege, müsse noch geprüft werden, sagte Oberstaatsanwalt Schweer. Unklar ist noch, woher das Kleinkalibergewehr stammt, das der Jugendliche ebenfalls mit sich führte. Schweer: "Das hätte er keinesfalls besitzen dürfen."
Unterdessen hat für einen Teil der Schüler der Geschwister-Scholl-Realschule der schwere Weg zurück in die Normalität begonnen. Für sie stand am Mittwoch wieder Unterricht auf dem Stundenplan. "Die Klassen acht bis zehn wurden auf andere Schulen verteilt", berichtete Beirat Brügge. Er betonte, dass der Unterricht auf Wunsch der Schüler fortgeführt werde.
Für die jüngeren Schüler der fünften, sechsten und siebten Klassen fällt der Unterricht weiterhin aus. Sie werden nach wie vor von Psychologen betreut, um die Ereignisse in Gesprächen aufzuarbeiten. Die Geschwister-Scholl-Realschule bleibt bis auf weiteres geschlossen. Die Polizei hat die Spurensicherung in dem Gebäude noch nicht abgeschlossen. Ein Sprecher sagte, dass die Arbeiten vermutlich erst am Mittwochabend beendet seien. Mehr als 100 Zeugen hat die Polizei bereits vernommen, Recherchen im Internet zu den Hintergründen der Tat dauern an. Zurzeit ist noch offen, wann die Schule wieder für den Unterricht freigegeben werden kann, denn nach Abschluss der Spurensicherung müssen die Räume zunächst renoviert werden.
Für die Betroffenen hat die Stadt Emsdetten eine Hotline eingerichtet:
02551/69 28 88
0800/30 40 30 3
Stand: 22.11.2006, 16:35 Uhr
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