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Irak-Aufteilung: Ausweitung der Kampfzone?

17:40 | 10/ 10/ 2007

MOSKAU, 10. Oktober (Pjotr Gontscharow, RIA Novosti). Das vom US-Senat verordnete Rezept für die Irak-Lösung kann in der Praxis zu einem "bosnischen" Szenario werden.

Ende September billigten die US-Senatoren nämlich eine Resolution, wonach der Irak in administrative Gebiete nach konfessionellen und ethnischen Prinzipien aufgeteilt werden soll. Zu einer endgültigen Aufteilung des Landes wird diese Resolution zwar nicht führen, sie kann aber die Situation im Irak ohne Weiteres zur Explosion bringen.

Gemäß der Resolution sollen im Irak drei Enklaven entstehen: eine schiitische im Süden, eine sunnitische im Zentrum und eine kurdische im Norden. Für alle drei wird es ein Föderationszentrum mit der Hauptstadt Bagdad geben. Dabei wird Bagdad nur für die Sicherheit an der Grenze zu den Nachbarstaaten und für die Verwaltung der Öl-Einnahmen zuständig sein. Die meisten administrativen und staatlichen Funktionen werden dabei an die drei Gebiete delegiert.

Auf den ersten Blick erscheint die Idee hervorragend. Vor allem auch deshalb, weil im Entwurf der neuen irakischen Verfassung das Prinzip eines Föderationsstaates vorgesehen ist. Mehr noch: Wie die irakische Zeitung "Al Sabah" kürzlich berichtete, will eine Mehrheit der Iraker diesen Verfassungsentwurf laut einer Umfrage eines „Zentrums für Dialog“ billigen.

Dennoch: Selbst unter Berücksichtigung dieser Tatsache scheinen sich die amerikanischen Senatoren ihren eigenen Illusionen in Bezug auf das Dilemma im Irak hingegeben zu haben. In der gegenwärtigen Situation stecken nämlich etliche offensichtliche "Aber", darunter auch in Bezug auf die geplante Föderation, die die USA hätten berücksichtigen müssen.

Zum Beispiel: Die Resolution des US-Senats wurde kürzlich vom irakischen Präsidenten Jalal Talabani begrüßt. Die Tatsache aber, dass Talabani ein Kurde ist, wird offenbar eher für neue Spannungen im Lande sorgen als zu einer Eintracht führen. Allein schon deshalb, weil sich der schiitische Premier Nouri al-Maliki kategorisch gegen die Resolution gewendet hat. Dabei hat Al-Maliki viel mehr Vollmachten als der Präsident, die fast nur repräsentative Aufgaben hat.

Auch das irakische Parlament äußerte Kritik an der Resolution. Mehr noch: Gegen die Idee der Föderation sprachen sich auch etliche einflussreiche Sunniten- und Schiiten-Parteien aus. Es waren faktisch nur die Kurden, die die Idee der Föderation begrüßt haben. Dabei sind die größten Ölvorräte gerade im kurdischen Norden konzentriert.

Zweifelhaft erscheint auch die erwogene Abtrennung des "schiitischen" Südens vom "sunnitischen" Norden. Das Weiße Haus hätte hinsichtlich einer konfessionellen Vereinbarkeit bzw. Unvereinbarkeit Lehren aus den Konflikten auf dem Balkan ziehen müssen. Die im Laufe von Jahrhunderten entstehende Balance zwischen unterschiedlichen Konfessionen ist eine äußerst fragile Struktur: Eine unüberlegte Entscheidung könnte ausreichen, um als ein Ausfall der einen Seite gegen die andere interpretiert zu werden. Die Sunniten, die gestrigen Herrscher des Landes, denen nun die Hochseehäfen im Süden und die Ölvorräte im Norden weggenommen werden sollen, können unmöglich von der US-Resolution begeistert sein, selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass 20 Prozent der Öl-Einnahmen an den irakischen Föderationsetat überwiesen werden sollen.

Was aber den "schiitischen" Süden des Iraks anbelangt, so schauen die USA und seine Verbündeten im Golfraum besorgt auf das schiitische Iran. In Washington, aber auch in Riad, Amman, El Kuwait usw. sowie in Bagdad selbst wird befürchtet, dass sich der irakische Süden unter bestimmten Bedingungen leicht in ein iranisches Protektorat verwandeln könnte. Spekulationen darüber gibt es genügend - nicht weniger als es Spekulationen über die Pläne für eine Aufteilung des Iraks, die auf einen Konzept der USA basiert, gibt.

Außerdem wurde die Idee eines föderativen Iraks von keinem einzigen Nachbarstaat unterstützt, einschließlich der Golfländer. Denn die Idee ist nicht nur hervorragend, sie ist auch genauso gefährlich. Zumindest heute. Eine kurdische Autonomie im Bestand der irakischen Föderation könnte weite Kreise ziehen, die die anderen kurdischen Regionen in der Türkei, in Syrien und im Iran erfassen würden. Im Falle einer Realisierung dieses Plans würden diese Staaten, ohne es zu wollen, in eine unangenehme Geschichte einbezogen.

Zum Glück ist die Resolution des US-Senats weder für den Irak noch für die US-Administration verbindlich. Sie hat die Form eines Änderungsantrags zum Gesetzentwurf über die Militärpolitik der USA. Ob die Administration diesem Antrag zustimmen wird, ist sehr fraglich. Sollte sie dennoch ihre Zustimmung dazu geben, so könnte der Plan von General David Petraeus, laut dem 30 000 US-Soldaten bis zum Sommer 2008 aus dem Irak abgezogen werden sollen, ad acta gelegt werden.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.


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