Otto I.                                              Graf von Northeim
---------                                             Herzog von Bayern (1061-1070)
um 1020-11.1.1083
 

Begraben: Nikolai-Kapelle, Northeim
 

Einziger Sohn des Grafen Benno von Northeim und der Gräfin Eilika
 

Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 1578
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Otto, Graf von Northeim seit etwa 1049
------ Herzog von Bayern seit 1061
* um 1020, + 11. Januar 1081

Begraben: Northeim, Nikolai-Kapelle des Grafenhofes (Grablege 1977 entdeckt)

Wohl einziger Sohn des Grafen Benno von Northeim und dessen Gemahlin Eilika

  oo Richenza, Tochter vermutlich Herzog Ottos von Schwaben

 in 1. Ehe mit Graf Hermann von Werl vermählt

Durch Ottos Heirat wurde ein umfangreiches Landerbe liudolfingischer und ezzonischer Provenienz in Westfalen und Sachsen dem schon bedeutenden NORTHEIMER Besitz hinzugefügt, der für Otto neben verwandtschaftlichen Beziehungen die wesentlichen Grundlagen seines Aufstiegs bildete. Ohne diese Voraussetzungen und die - auch räumliche - Nähe zum königlichen Hof (Goslar) wäre die Verleihung der Würde eines Herzogs von Bayern nicht möglich gewesen. Während der folgenden neun Jahre, spätestens seit Kaiserswerth, erschien Otto an der Seite HEINRICHS IV. (Ungarnfeldzug 1062, Gesandtschaften nach Italien 1064/68, Wendenfeldzug 1069). Der Hochverratsprozeß von 1070, aus Neid angestiftet, blieb vom König unwidersprochen und führte zum Verlust der bayerischen Herzogswürde (bei Belassung der Eigengüter). Er bestimmte, ganz unter dem Aspekt der Wiedererlangung des Herzogtums Bayern, Ottos weiteres, schon von den Zeitgenossen zum Teil kritisch betrachteten Handeln, nunmehr als Haupt der sächsischen Opposition gegen HEINRICH IV. Nach dem Sieg des Königs 1075 erschien Otto wieder am Hof, doch 1076/77 wieder an der Spitze eines erneuten Sachsenaufstandes. Als Kandidat selbst im Gespräch, unterstützte er die Gegen-Könige RUDOLF VON RHEINFELDEN und HERMANN VON SALM.

Literatur:
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K.-H. Lange, Der Herrschaftsbereich der Gf.en v. N. 950-1144 (Stud. und Vorarbeiten zum Hist. Atlas von Niedersachsen 24, 1969) [Lit.) - St. Berg, R. Rolle, H. Seemann, Der Archäologe und der Tod, 1981.



Bosl’s Bayerische Biographie: Seite 567
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OTTO VON NORDHEIM (NORTHEIM), Herzog von Bayern
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     + 11.1.1083

Begraben: St. Blasiuskirche, Braunschweig

Vater:
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Benno

Mutter:
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Eilika

  oo Richenza

Aus der mächtigen Familie der sächsischen Grafen von Nordheim

1061 von Kaiserin Agnes als Herzog von Bayern eingesetzt.
1070 beschuldigt, ein Attentat auf den König geplant zu haben.
Aufforderung zum Zweikampf.
Als er nicht erschien, wurde er als Herzog abgesetzt, geächtet und seine Grundherrschaften in Sachsen geplündert.
1074 im Frieden von Gerstungen erhielt er das Herzogtum Bayern wieder zurück, was wirkungslos blieb.
Trotzdem 1075 Teilnahme am sächsischen Aufstand. Nach abermaliger Verzeihung Reichsverweser von Sachsen.
Er war der stärkste Verfechter der sächsischen Stammes- und Adelsinteressen gegen das salische Königtum und seine Königslandpolitik.

Literatur:
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BWB 2; Riezler; Spindler I.



Thiele, Andreas: Tafel 170
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1"

OTTO I.
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* um 1020, + 1083

Otto folgte dem Vater in allen Grafschaften, Besitzungen und Vogteien, trat quellenmäßig aber erst ab 1061 deutlich hervor. Er war neben den BILLUNGERN und den Grafen von Stade mächtigster Graf im östlichen Sachsen (Engern-Ostfalen), wurde um 1065 auch Vogt von Corvey und setzte für dieses wichtige Kloster die Reichsunmittelbarkeit durch. Er geriet gegen die salischen Kaiser wegen der Kaiserpfalz Goslar, die Ottos Interessensphäre scharf tangierte und wuchs allmählich in die unbestrittene Führungsrolle in Sachsen hinein. Er erhielt 1061 von der Kaiserin Agnes das Herzogtum Bayern, wo er sich auch bedeutende Machtpositionen aufbaute, stand aber trotzdem auf der Seite der fürstlichen Opposition, die 1062 den 12-jährigen König HEINRICH IV. in Kaiserswerth entführte. Diese Aktion war das Fanal zum Aufstand in Sachsen gegen Erzbischof Adalbert von Bremen, den Vertrauten Kaiser HEINRICHS IV. Er geriet gegen Adalbert besonders wegen Corvey und war mit den BILLUNGERN 1066 Hauptkraft zum Sturz Adalberts als Reichsregent. Er erhielt 1063 den Oberbefehl gegen Ungarn, setzte dort den verjagten König Salomon ein und war 1064-1068 mehrfach in diplomatischen und militärischen Angelegenheiten in Italien, versuchte im Schisma zu vermitteln und geriet gegen Herzog Gottfried II. von Nieder-Lothringen, der auch Herr in Tuszien war. Er bekam in Bayern die Abtei Niederaltaich als Lehen und führte 1068/69 zusammen mit HEINRICH IV. einen Feldzug gegen die Liutizen, der trotz militärischer Erfolge letztlich erfolglos blieb. Später versuchte er seinen umfangreichen Grundbesitz am Südwest-Rand des Harzes auszubauen, stieß aber dadurch mit den gleichgerichteten Interessen HEINRICHS IV. zusammen. 1070 wurde Otto unter dem Vorwurf, ein Attentat auf HEINRICH IV. geplant zu haben, zum gerichtlichen Zweikampf gegen Egino geladen (1.8.1070 in Goslar) und da er nicht erschien, mußte er das Herzogtum Bayern sowie Teile seiner Allodialgüter abtreten. Im Bunde mit Magnus von Sachsen leistete er den die Reichsacht vollstreckenden Truppen hartnäckig Widerstand und besiegte sie am 2.9.1070 bei Eschwege. Pfingsten 1071 unterwarf er sich dem König und erhielt seine Allodialgüter ungeschmälert zurück, die äußerst ansehnlichen Reichslehen blieben ihm größtenteils verloren. Von Pfingsten 1071 bis Juli 1072 befand er sich in königlicher Haft. Otto wurde zum adligen Anführer des sächsischen Aufstandes von 1073-1075, verriet jedoch seine bäuerlichen Bundesgenossen und wurde am 9.6.1075 bei Homburg an der Unstrut von königlichen Truppen geschlagen und in Haft genommen. Auf dem Reichstag zu Goslar begnadigte ihn HEINRICH IV. und übertrug ihm alle Reichslehen, deren er 1070 verlustig gegangen war, mit Ausnahme von Bayern. Zugleich machte er ihm Hoffnungen auf Neubelehnungen aus dem Fonds der konfiszierten Benefizien sächsischer Großer. Er ernannte ihn zum Statthalter Sachsens und beauftragte ihn mit der Fortführung der Krongutpolitik auf Kosten der sächsischen Fürsten. Obwohl von HEINRICH IV. mit Gunstbezeugungen überhäuft, verriet er diesen 1076 und berief im Oktober 1076 einen Fürstentag nach Tribur. Da Otto jedoch seit der Übernahme des Statthalteramtes nicht mehr das Vertrauen der sächsischen Fürsten genoß und durch sein Streben, das bayrische Herzogtum wieder zu erwerben, den oberdeutschen Fürsten verdächtig war, wählten die oppositionellen Fürsten 1077 in Forchheim nicht ihn zum König, sondern den weniger mächtigen Rudolf von Rheinfelden und nach dessen Tode den völlig unbedeutenden Hermann von Salm, der völlig von Ottos Gnade abhängig war. Seit 1082 war er Statthalter des Gegen-Königs in Sachsen. Er kann wohl der bedeutendste Politiker des 11. Jahrhunderts genannt werden. Den großen northeimischen Grundbesitz erbte Anfang des 12. Jahrhunderts LOTHAR VON SUPPLINBURG, der mit der Enkelin Ottos, Richenza, verheiratet war.

  oo RICHZA VON LOTHRINGEN

Tochter des Herzogs Otto II. von Schwaben, Witwe des Grafen Hermann III. von Werl



Black-Veldtrup Mechthild: Seite 239
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"Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien."

In den Rahmen der Integrationspolitik, die die Regentin verfolgte, fügt sich auch die Erhebung Graf Ottos von Northeim zum Herzog von Bayern zu Beginn des Jahres 1061 ein. Damit blieb Agnes in der Tradition der OTTONEN und HEINRICHS III., die das Herzogtum Bayern nur mit Angehörigen landfremder Adelsgeschlechter besetzt hatten. Auch hier erhob sie, wie in Schwaben, einen dem salischen Haus verschwägerten Mann zum Herzog: War Rudolf der zukünftige Mann ihrer Tochter Mathilde gewesen, entschied sie sich mit Otto für einen Verwandten ihrer zukünftigen Schwiegertochter Bertha. Dadurch, dass sie auf ihre eigenen Rechte als Herzogin von Bayern verzichtete und Otto erhob, versicherte sie sich zudem in einer militärischen Notlage, wie sie 1061 durch die Niederlage ihrer Truppen in Ungarn entstanden war, der Unterstützung einer Adelsfamilie, die im Reichsdienst bisher wenig hervorgetreten war. Mit Otto hatte Agnes, wie es zunächst schien, einen integren Mann ernannt. Offenbar war Anfang 1061 keineswegs damit zu rechnen, dass er schon ein gutes Jahr später von der Kaiserin abfallen würde: Neben Graf Ekbert I. von Braunschweig, dem Vetter des Königs, und dem wettinischen Markgrafen Dedi von der Ostmark und der Lausitz - über dessen Mitwisserschaft beziehungsweise Beteiligung allerdings Unsicherheit herrscht - war Otto einer der zwei beziehungsweise drei namentlich bekannten sächsischen Adeligen, die maßgeblich an der von Anno inszenierten Entführung des Königs beteiligt waren. Weder seine noch Ekberts persönliche Motive werden jedoch aus den Quellen deutlich.

Kurowski Franz: Seite 273
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"Schwertgenossen Sahsnotas"

Ordulfs Sohn Magnus aber, der ihm als Nachfolger an die Spitze O-Sachsens gefolgt war, hatte sich bereits zu Lebzeiten seines Vaters mit Otto von Northeim verbunden. Gemeinsam erhoben sie im Frühjahr 1071 die Waffen gegen den König. In den Auseinandersetzungen dieser ungleichen Kontrahenten wurden die sächsischen Truppen unter Magnus und dem Grafen von Northeim geschlagen. Die beiden Anführer mußten sich König HEINRICH IV. unterwerfen. Dieser nahm beide in Haft. Ein Jahr später entließ er den Grafen von Northeim.
HEINRICH IV. ließ die Lüneburg besetzen und eine schwäbische Besatzung hineinlegen. Der König unternahm 1073 auch den Versuch, die territorialen Machtgrundlagen des Königtums mit Hilfe von Ministerialen, beispielsweise des Bischofs Benno von Osnabrück, wiederherzustellen. Dies war der entscheidende Funke, der die Entladung herbeiführte. Sowohl die meisten weltlichen Fürsten in Sachsen als auch ihre geistlichen Führer richteten sich nun gegen den König. An die Spitze des Aufstandes trat Graf Otto I. von Northeim.
Er erwies sich mit den Anhängern der BILLUNGER und der übrigen Fürsten in Sachsen als Führer des Aufstandes gegen König HEINRICH IV. Den Truppen HEINRICHS sagten die Sachsenverbände, deren Reiterei noch immer das Prunkstück war, den Kampf an. Während Otto von Northeim von Hoetenshausen aus zur Harzburg marschieren ließ, in die König HEINRICH IV. sich zurückgezogen hatte, nahm Graf Hermann Billung, Magnus' Onkel, die Lüneburg ein. HEINRICH IV. mußte die Harzburg gegen Zugestehen freien Geleites räumen, und auch die Besatzung der Lüneburg erhielt Hermanns Pardon unter der Voraussetzung der Freigabe seines Neffen Magnus. Dies wurde zugesichert.
Die Sachsen blieben im Aufstand. Otto von Northeim führte ihn an. Die sächsischen Bauern forderten König HEINRICH IV. zum Kampf heraus. Am 9. Juni 1075 kam es zur Schlacht bei Homburg an der Unstrut. Die Bauern hatten bis dahin während ihres Rachezuges die Harzburg niedergebrannt und die dort beigesetzten Angehörigen des Königshauses aus den Gräbern gezerrt und diese geplündert. Dieses Verbrechen verlangte eine sofortige Reaktion des Königs. Sie bestand darin, gegen die Wortbrüchigen des Gerstunger Vertrages den Reichskrieg zu verkünden. Die Schlacht bei Homburg wurde zu einem Massaker, denn die Bauern waren nicht in der Lage, diesem übermächtigen Heer mit seiner glänzenden Ausrüstung standzuhalten. Sie wurden reihenweise niedergehauen, wie dies dem damaligen Verständnis von einem richtigen Krieg entsprach. Doch damit war dieser riesige Sachsenaufstand nicht aus der Welt zu schaffen. Erst in der Schlacht von Spier bei Sondershausen im Herbst 1075 wurden die aufständischen sächsischen Bauern zur bedingungslosen Kapitulation reifgeschlagen.
Otto von Northeim und Bischof Burchard von Halberstadt, die Köpfe des Volksaufstandes, mußten nun abtreten. Ottos Sohn, Heinrich der Fette, übernahm die Regierung.

Fenske Lutz: Seite 29,56,62-64,92
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"Adelsopposition und kirchliche Reformbewegung im östlichen Sachsen."

Bekanntlich trat Egeno von Konradsburg 1070 mit der Behauptung an die Öffentlichkeit, Mitwisser einer Verschwörung des Herzogs gegen HEINRICH IV. zu sein und von diesem sogar den Auftrag erhalten zu haben, den König zu ermorden. Außerdem erklärte er seine Bereitschaft, diese schweren Anschuldigungen im gerichtlichen Zweikampf unter Beweis zu stellen. Da sich Herzog Otto der gerichtlichen Ladung nach Goslar entzog, war sein Sturz eine unmittelbare Folge der Beschuldigungen Egenos. Ob die Initiative zum Sturz Ottos ihren Ausgang vom Königshof nahm und Egeno dabei nur in der Rolle eines gefügigen Helfers erscheint, oder ob er sehr viel aktiver an innersächsischen Intrigen beteiligt war, die sich gegen den Herzog als mächtigsten Fürsten in Sachsen gerichtet haben könnten und deren Urheber mit dem NORTHEIMER verfeindete Standesgenossen gewesen sein dürften, läßt sich nicht erklären.
Im Verlauf der fehdeähnlichen Auseinandersetzungen zwischen Otto von Northeim und HEINRICH IV. nach der Verurteilung des Herzogs im August 1070 in Goslar flüchteten viel bäuerliche Eigenleute Ottos vor den Plünderungen und Ausschreitungen, welche die königlichen Truppen am Besitz des NORTHEIMERS verübten, unter den Schutz ihres Herrn, der damals mit dem Aufgebot seiner Vasallen und Ministerialen das Königsgut in Thüringen verwüstete. Einen Teil des Beutegutes wies Herzog Otto seinen landlosen Bauern zu, die er gleichzeitig aufforderte, da sie für das Kriegshandwerk nicht tauglich seien, ihm durch ihr Gebet beizustehen .
Nach seinem Sieg 1075 begann der König unverzüglich mit dem Wiederaufbau der Burgen und ließ durch Otto von Northeim zusätzlich bei Goslar auf dem Steinberg eine weitere Burg errichten und gleichzeitig die Harzburg erneuern.
Sieht man hier einmal von den geistlichen Widersachern des Königs ab, so muß allen voran Otto von Northeim genannt werden. 1070 war der mächtige, am Königshof einflußreiche Herzog von Bayern durch Intrigen mißgünstiger Kreise bei Hofe und sehr wahrscheinlich auch mit Hilfe feindlich gesinnter Vertreter des sächsischen Adels abgesetzt und verurteilt worden. Otto, der als Verbündeten Magnus, den Sohn Herzog Ordulfs, auf seiner Seite hatte, versuchte daraufhin, mit allen Mitteln der Fehde sein Recht zu wahren, indem er in Sachsen und Thüringen einen äußerst erbitterten Feldzug gegen HEINRICH IV. zu führen begann, bis er sich im Laufe des Jahres 1071 zu der Erkenntnis genötigt sah, lieber auf Kosten der persönlichen Unterwerfung den Ausgleich mit dem König zu suchen. Fast ein Jahr blieb der NORTHEIMER in Haft und erhielt erst im Mai 1072 die Freiheit zurück, allerdings unter Verlust des Herzogtums, das der König nun Welf IV. übertrug, und eine Schmälerung des Allodbesitzes.
Es ist daher kaum verwunderlich, wenn Otto im darauf folgenden Jahr beim Zusammentreffen der unzufriedenen Sachsen in Hötensleben in einer politischen Führungsstellung erscheint. Sein Bestreben war vor allem darauf gerichtet, das Herzogtum Bayern zurückzugewinnen. Lange hat gezeigt, wie Otto in den folgenden Jahren seine eigenen Interessen mit denen der Aufständischen zu verknüpfen verstand und wie seine persönlichen Anliegen in die Forderungen der oppositionellen Sachsen an den König einbezogen wurden. Hier liegt überhaupt der Schlüssel zum Verständnis der Politik Ottos gegenüber HEINRICH IV., die ihrerseits wiederum Rückwirkungen auf das Verhältnis zu den süddeutschen Herzögen hatte.
So hat sich Otto auch nach der Kapitulation der sächsischen Fürsten im Oktober 1075 sehr bald von der sächsischen Sache getrennt. Es ging ihm um höhere, mit der Reichspolitik verbundene Ziele. Weihnachten 1075 erfolgte die Aussöhnung mit dem König. Auf diese Weise gelangte Otto wieder zu Einfluß am Hof und wurde von HEINRICH sogar mit der procuratio über Sachsen betraut, einer Funktion, die als Folge der militärischen Niederlage und der Unterwerfung der aufständischen Sachsen gewertet werden muß. In dieser Stellung residierte Otto auf der Harzburg und beaufsichtigte den vom König jetzt erneut begonnenen Burgenbau, dessen Auswirkungen doch gerade in der vorangegangenen Zeit einen der wesentlichsten Gründe für den sächsischen Aufstand gebildet hatten. Jedoch konnte Otto sein Ziel auch mit diesem neuen Zug seiner Politik, der einen radikalen Kurswechsel auf Kosten derjenigen bedeutete, als deren Führer er von 1073-1075 aufgetreten war, nicht erreichen. Die Ereignisse der ersten Monate des Jahres 1076, der offene Ausbruch des Konflikts zwischen König und Papst, entzogen HEINRICH IV., als sich auch die süddeutschen Reichsfürsten von ihm lossagten, vollends die Machtgrundlage. Von dieser Entwicklung wurde auch Otto von Northeim betroffen. Er war nun nicht mehr in der Lage, die nächsten Schritte seines politischen Handelns auf Grund eigener Erfordernisse zu vollziehen, denn die sächsischen Fürsten nötigten ihn unter zum Teil ganz unverhüllten Drohungen zum Abfall vom König und zum Anschluß an ihre Partei. Die Worte, welche Lampert für diesen Vorgang gefunden hat, lassen die zwiespältige, moralisch wenig rühmliche Rolle, in die sich der Herzog nach dem Zusammenbruch des sächsischen Aufstandes begeben hatte, recht deutlich zum Ausdruck kommen. Ottos Politik, die der Wahrung eigener politischer Absichten diente und, was von seiner früheren reichsfürstlichen Stellung aus gesehen verständlich ist, in geringerem Maße an die sächsischen Adelsinteressen gebunden war, scheiterte an Gegebenheiten, die außerhalb seiner Einflußmöglichkeiten lagen.
Auch die folgenden, für die Formierung der antiköniglichen Fürstenkoalition wichtigen Ereignisse, der Fürstentag von Tribur und die Versammlung in Forchheim, sind von dem Bestreben Ottos gekennzeichnet, das bayerische Herzogtum zurückzugewinnen, und machen außerdem seine Rivalität zu Herzog Rudolf von Schwaben deutlich. Jedoch scheint Otto für seine Eigeninteressen nicht mehr im gleichen Maße wie früher die Unterstützung seiner sächsischen Standesgenossen erhalten zu haben. Durch die Übereinstimmung der sächsischen Fürsten mit den Kreisen, welche die Kandidatur RUDOLFS stützen, geriet er in politische Isolation, die ihn schließlich nötigte, die Ereignisse der Forchheimer Fürstenversammlung zu akzeptieren.
Zwar ist Otto in den folgenden Jahren an der Seite König RUDOLFS vor allem militärisch hervorgetreten und hat in den Schlachten bei Mellrichstadt, Flarchheim und an der Elster wesentlich das Kampfgeschehen bestimmt, den Höhepunkt seiner politischen Geltung aber hatte er damals schon überschritten, obwohl er nach dem Tode RUDOLFS wieder stärker in den Vordergrund trat. Die Anerkennung des LUXEMBURGERS HERMANN als König vollzog er
erst nach längerem Zögern, unterstützte ihn dann aber tatkräftig und übernahm beim Aufbruch HERMANNS nach Schwaben in der 2. Jahreshälfte 1082 dessen Stellvertretung in Sachsen, die aber wegen seines Todes bald darauf - im Januar 1083 - ohne erkennbare Wirkung blieb.
 
 
 
 

um 1050
  oo 2. Richenza von Schwaben, Tochter des Herzogs Otto II.
           um 1025- März vor 1083

      ca. 1040
     1. oo Hermann III. Graf von Werl
             vor 1020- vor ca. 1050
 
 
 
 

Kinder:

  Heinrich der Fette Markgraf von Friesland
  um 1055-   1101

  Kuno Graf von Beichlingen
  1050/60- Ende1103

  Siegfried III. Graf von Boyneburg
  um 1060-   1107

  Otto II. Graf von Northeim
  um 1050/52-

  Ida
       -

  oo Thiemo I. Graf von Wettin
              -9.3.1091 oder 1100

   Ethelinde
   um 1050-

  1. oo Welf IV. Herzog von Bayern
           1030/40-9.11.1101

  2. oo Hermann I. Graf von Kalvelange
                   -   1082

   Mathilde
         -

  oo Konrad II. Graf von Werl-Arnsberg
              -   1092
 
 
 
 

Literatur:
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Annalista Saxo: Reichschronik a.1057,1077,1082,1083 - Black-Veldtrup, Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien, Böhlau Verlag Köln 1995, Seite 206,211,237,239,240,297,348, 373 - Bork Ruth: Die Billunger. Mit Beiträgen zur Geschichte des deutsch-wendischen Grenzraumes im 10. und 11. Jahrhundert. Dissertation Greifswald 1951 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 148,170,174, 189,193,197,200,204,226,236,242,245 - Bosl, Karl: Bosls Bayerische Biographie, Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1983 Seite 567 - Brunos Buch vom Sächsischen Kriege. Übersetzt von Wilhelm Wattenbach, Phaidon Verlag Essen 1986, Seite 19,24-27,31,45,57,88,91,100,103,117,125,128,131 - Cardini, Franco: Friedrich I. Barbarossa. Kaiser des Abendlandes, Verlag Styria Graz 1990, Seite 12,15 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 13,217,262-266,270,286,289-291,295-298,301, 321-323,325,339, 346,362,494,516,533,542,545,573,576/Band II Seite 373,384-386,443,488,536,540, 548/ Band III Seite 304,313,318,322,452,507,511-513 - Fenske, Lutz: Adelsopposition und kirchliche Reformbewegung im östlichen Sachsen. Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen 1977, Seite 15-365 - Giese, Wolfgang: Der Stamm der Sachsen und das Reich in ottonischer und salischer Zeit. Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1979, Seite 33,41,56,152,156,158,163,167,172-174, 183 - Giesebrecht Wilhelm von: Geschichte der deutschen Kaiserzeit. Band 1- Band 6, Mundus Verlag 2000 - Goez Elke: Beatrix von Canossa und Tuszien. Eine Untersuchung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 66,163 - Jordan, Karl: Heinrich der Löwe, Deutscher Taschenbuch Verlag München, Seite 5,15,33 - Kurowski Franz: Schwertgenossen Sahsnotas. Die große Geschichte der Sachsen. Nikol Verlagsvertretungen GmbH Hamburg 1996 Seite 273 - Lampert von Hersfeld: Annales/Annalen Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 2000 - Lange, Karl-Heinz: Die Grafen von Northeim (950-1144). Politische Stellung, Genealogie und Herrschaftsbereich. Beiträge zur Geschichte des sächsischen Adels im Hochmittelalter. Dissertation Kiel 1958 Seite 35/55-108 - Lange, Karl-Heinz: Die Stellung der Grafen von Northeim in der Reichsgeschichte, in: Niedersächsische Jahresschrift für Landesgeschichte 33 - Meyer von Knonau, Gerold: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V. 1. - 7. Band, Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1890 - Partenheimer Lutz: Albrecht der Bär. Gründer der Mark Brandenburg und des Fürstentums Anhalt. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2001 Seite 211,214,249, 285 - Pätzold, Stefan: Die frühen Wettiner. Adelsfamilie und Hausüberlieferung bis 1221, Böhlau Verlag Köln 1997 - Spindler Max: Handbuch der Bayerischen Geschichte. C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung München Band I Seite 318 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 170 - Wies, Ernst W.: Kaiser Heinrich IV. Canossa und der Kampf um die Weltherrschaft, Bechtle Esslingen 1996, Seite 39-202 -