Die Anwältin
Seyran Ateş (Jahrgang 1963) kam im Alter von sechs Jahren mit ihren Eltern und
zwei Geschwistern aus der Türkei nach Deutschland. Von Anfang an setzte sie sich
selbstbewusst für die Rechte der anderen ein. Lange Zeit engagierte sie sich als
Schulsprecherin.
Schon während des Jurastudiums war sie eine gefragte Beraterin in
Frauenberatungsstellen. So wurde sie frühzeitig vertraut mit den spezifischen
Problemen der Frauenrechte.
Seyran Ateş war also durchaus keine Unbekannte mehr, als sie 1997 gleich nach
ihrem Examen in Berlin ihre eigene Kanzlei eröffnete als Strafverteidigerin und
Familienanwältin.
Für ihre tägliche Arbeit ist es wichtig, dass sie sich nicht nur mit dem
deutschen, sondern auch mit dem türkischen Recht auskennt, denn für eine Ehe,
die in der Türkei geschlossen wird, gilt das türkische Recht - auch wenn sich
die Scheidung vor einem deutschen Gericht abspielt. Und das heißt in der Praxis
meist, dass der Richter nach dem Schuldprinzip entscheidet.
Mitgliedschaft: Vorstandsmitglied im Bund gegen ethnische Diskriminierung in der
Bundesrepublik Deutschland (BDB)
Die Frauenrechtlerin
In ihrem Alltag als Anwältin erfährt Seyran Ateş viele Facetten von Gewalt gegen
Frauen.
Sie selbst erlebte 1984 ein Attentat in einer Beratungsstelle. Ein türkischer
Mann schoss auf sie und eine andere Frau. Die Frau wurde tödlich verletzt,
Seyran Ateş trug schwere Verletzungen davon. Dennoch hörte Seyran Ateş nicht
auf, sich öffentlich für Frauenrechte einzusetzen. Als Berlin zur Jahreswende
2004/2005 von einer Serie von "Ehrenmorden" erschüttert wurde, forderte sie die
Verschärfung bestimmter Strafrechtsparagraphen.
Zwangsverheiratungen sind bis heute sowohl in der Türkei selbst, als auch unter
den türkischen Einwanderern in Deutschland nicht selten. Zuverlässige
Statistiken gibt es nicht, doch einer Umfrage zufolge leben 30-40% aller
verheirateten Berliner Türkinnen mit Männern zusammen, die sie nicht wollten.
Meist sind sich türkische Eltern keiner Schuld bewusst, wenn sie ihre Töchter in
eine Ehe drängen – sie glauben vielmehr nur das Beste für ihr Kind zu wollen.
Deshalb kämpft Seyran Ateş dafür, Zwangsverheiratungen in den Status einer
Straftat zu erheben. Zwangsehen sind übrigens nicht nur türkische Tradition,
sondern ein weltweites Phänomen.
Die Publizistin
Schon im frühen Alter von 17 Jahren schrieb Seyran Ateş ihr erstes Buch, in dem
sie schon damals ihre heutige Meinung deutlich zum Ausdruck brachte. In ihrem
Buch "Große Reise ins Feuer" (2003 erschienen) spricht sie von ihrem eigenen
Leben und einem Generationstrauma der Migrantenkinder, von denen heute viele
psychische Probleme haben.
Seit 1998 Stellungnahmen für diverse Gesetzesentwürfe in Landtagen, Vorträge,
Interviews in Fernsehen und Rundfunk.
Regelmäßig Artikel in der bundesweiten Presse.
Bekannt wurde Seyran Ateş im Verlauf einer Debatte, die die Republik heftig
erschüttert: Vehement setzt sie sich für ein Kopftuchverbot in Schulen und im
öffentlichen Dienst ein. Sie bezieht klare Positionen und versteht sich als
Bindeglied zwischen dem Islam und Deutschland, ohne bei gut gemeinter
Multikulti-Akzeptanz stehen zu bleiben.
Veröffentlichungen:
2003: Große Reise ins Feuer
Auszeichnungen:
2004 Berliner Frauenpreis
Seyran Ate