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Geteilte Grenzstädte in Mittel- und Osteuropa:

Die Beispielstädte

 

 

Görlitz und Zgorzelec | Valga und Valka | Narva und Iwangorod

 

 
Görlitz und Zgorzelec:

 

Zgorzelec -Hinweisschild

 

Görlitz und Zgorzelec: In einigen Einkaufsmärkten von Görlitz deutet die zweisprachige Ausschilderung auf das wachsende Potential polnischer Einkäufer hin.

 

Die Teilung der Stadt erfolgte 1945 im Zuge der Grenzziehung zwischen Deutschland und Polen entlang von Oder und Lausitzer Neiße nach dem Ende des von Deutschland ausgelösten 2. Weltkrieges. Nach der Aussiedlung der deutschen Bevölkerung zogen Polen in dem nun in Zgorzelec umbenannten östlichen Teil von Görlitz. Im Unterschied zum ebenfalls geteilten Berlin bestanden kaum persönliche Kontakte zwischen den Bevölkerungen. Bis 1989 ergaben sich nur wenige Möglichkeiten der Kontaktaufnahme (nur in den 70er Jahren war ein visafreier Verkehr zwischen der DDR und der VR Polen möglich). Die benachbarten Bewohner blieben sich fremd. Nach 1989 kam es zu einer Intensivierung der deutsch-polnischen Beziehungen auf der staatlichen Ebene.


Der freie Reiseverkehr ermöglichte die Kontaktaufnahme auf privater Ebene. Neben einer Vielzahl von kleinen Initiativen, die allerdings nicht die breite Masse der Bevölkerung erreichen, ist vor allem der grenzüberschreitende Einkaufsverkehr bedeutsam.

 

 

Valga und Valka:

 

Valka -Grenze

 

Valga/Valka: Die Grenze verläuft mitten durch die zusammenhängende Bebauung der Stadt. Seit 1991 ist diese Straße durch einen Metallzaun versperrt, während an anderen Stellen Grenzübergänge eingerichtet wurden.

 

Der im deutschen Walk genannte Ort wurde bereits 1920 infolge der ersten Unabhängigkeit Lettlands und Estlands geteilt. Die damalige Grenzziehung erfolgte anhand der Bevölkerungsverteilung im Stadtgebiet. Der westliche Teil ist überwiegend lettisch bewohnt, der östliche estnisch. Nach 1945 blieben die Städte organisatorisch geteilt, die Bevölkerung, insbesondere die neu angesiedelte russischsprachige, pflegte aber einen intensiven Kontakt, der auch Einkaufsbeziehungen betraf. Grosse Bedeutung hat dabei der im estnischen Valga befindliche Markt, der seine Tradition über alle Teilungen hinweg aufrecht erhalten konnte. Sein Einzugsgebiet erstreckt sich auch heute in das lettische Hinterland hinein.


Mit der erneuten Eigenstaatlichkeit Lettlands und Estlands 1991 wurde die Verwaltungsgrenze zwischen den ehem. Sowjetrepubliken zu einer Staatsgrenze mit entsprechenden Grenzmarkierungen und -befestigungen ausgebaut (s. Foto). Aufwendige und formale Kontrollen der Zollorgane erschweren die über Jahrzehnte gewachsenen Kontakte. Die Bevölkerung war auf diese Situation nicht vorbereitet und kann sich nur schwer damit arrangieren. Die fehlende Berücksichtigung der Besonderheit dieser geteilten Stadt innnerhalb der nationalen Gesetzgebung erschwert auch das Zusammenkommen der kommunalen Verwaltung beider Seiten.

 

 

Narva und Iwangorod:

 

 

Narva/Iwangorod: Am linken, estnischen Ufer der Narva erhebt sich die bereits aus der Ordenszeit stammende Hermannsfeste, während am rechten, russischen Ufer die Festung Iwangorod aus der Zeit Iwan des Schrecklichen steht. Beide Burganlagen dokumentieren die jahrhundertealte Grenzlinie zwischen den Herrschern der westlichen und östlichen Welt.

 

Diese sich direkt gegenüberliegenden Städte am Fluß Narva haben eine sehr wechselvolle Geschichte erlebt. Als zwei getrennte Siedlungen angelegt, verlief die Stadtentwicklung von kurzen Abschnitten abgesehen über Jahrhunderte unter einheitlicher Verwaltung, so daß eigentlich von einer einheitlichen Stadt gesprochen werden muß. Nach 1945 kam Iwangorod, östlich des Flusses Narva gelegen, zur Russischen SSR, während Narva der estnischen SSR zugeschlagen wurde. Auf den städtischen Alltag hatte dies so gut wie keine Auswirkungen. Täglich pendelten mehrere Tausend Bewohner zwischen den beiden Stadthälften. Mit der Unabhängigkeit Estlands 1991 ergab sich zwangsläufig die Teilung der Stadt. Aufgrund der Ansiedlungspolitik der Sowjetunion hat das estnische Narva heute eine Bevölkerung, die zu 96% aus Russen besteht. Die persönlichen Kontakte zwischen Narva und Iwangorod waren noch sehr viel enger als in Valga/Valka. Die Teilung traf die Bevölkerung auch hier völlig unerwartet.

 

Aufgrund der angespannten politischen Beziehungen zwischen Estland und Rußland sind die Zollabfertigungen langwierig. Es besteht ein Passierscheinabkommen zwischen den Städten, das von der betroffenen Bevölkerug allerdings als repressiv wahrgenommen wird. Ein ungehinderter persönlicher Kontakt zwischen den Bewohnern der Städte ist heute nicht mehr möglich. Vor Ort werden Vergleiche mit dem Berlin der Nachkriegszeit angestellt.

 


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Letzte Aktualisierung: 10.6.2005 / L.-B. Brujan