Die Weltwoche   Ausgabe 43/07  


Aus der aktuellen Ausgabe |   Kultur und Konsum

Zu Fuss

Fritzens Tod

Von Thomas Widmer

Nach der vielen Natur ist das Städtchen St-Ursanne wunderbar.

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Mittelalterliche Gemäuer und der malerische Doubs : St-Ursanne im Jura. Bild: Raffael Waldner

Mit dem Zug in St-Ursanne anzukommen, ist bizarr. Diese Abgelegenheit des Bahnhofes vom Ort! Und die zerschrammte Kalkfabrik widerspricht total dem, was man mit dem Städtchen St-Ursanne assoziiert: Kopfsteinpflaster, mittelalterliche Gemäuer, die malerische Schleife des Doubs.

Wir kehren St-Ursanne vorerst den Rücken zu und gehen Richtung Col des Rangiers. Der Weg führt durch den Wald, quert eine Landstrasse, beginnt zu steigen, und alles wird gut: Wir erreichen eine Hochfläche, rundum sind Jurakreten, tief unten liegt die Ebene von Bassecourt. Bei La Caquerelle lohnt sich die Einkehr im gleichnamigen Gasthaus, es ist sympathisch altmodisch: abgewetztes Holz, lange Tische, verwaschene Stofftischtücher. Und das Essen ist hier besser als im nahen «Col des Rangiers»-Passhöhe-Restaurant.

Von der Passhöhe laufen wir später auf der Strasse anderthalb Kilometer abwärts Richtung Porrentruy. An der zweiten Gabelung leitet uns ein Wanderwegweiser wieder ins Grüne. Bald wandeln wir erhaben auf einem langen Kamm und sehen uns an der Ajoie satt. Endlich führt der Weg über den Weiler Outre­mont auf St-Ursanne zu. Und nach der vielen Natur ist das Städtchen wunderbar. St-Ursanne und das Wort «Cachet»: eine perfekte Mariage.

Etwas fehlte in der Routenschilderung. Bei «Col des Rangiers» denkt man automatisch «Le Fritz». Der Acht-Tonnen-Koloss von Soldat, Gewehr bei Fuss, Hut mit Pompon, wurde 1924 ­einen Kilometer westlich der Passhöhe aufgerichtet, wo sich die Passstrasse ein erstes Mal gabelt – wir kamen dort vorbei. Aber Le Fritz ist nicht mehr da. Jura-Militante attackierten die «Wacht von Rangiers» mehrmals, 1989 fiel sie ganz. Geblieben sind von der Anlage, mit der die Schweiz ihren Verteidigungswillen im Ersten Weltkrieg zelebrierte, einige Bänklein links und rechts.

Der Journalist Paul Imhof hat das Problem prägnant formuliert: Die Statue erinnerte die Jura-Autonomisten «nicht an die Besetzung ­einer Landesgrenze, sondern eines Grenzlandes». Armer Fritz, diese Verwechslung war dein Tod.


Route: St-Ursanne Bahnhof–Le Maran–La Caque­relle–Col des Rangiers–Les Malettes–Montgremay–Outremont–St-Ursanne–St-Ursanne Bahnhof
Höhendifferenz: je 550 Meter auf- und abwärts
Ruhetage: «La Caquerelle»: Mi./Do. «Les Rangiers»auf der Passhöhe: Di. An beiden Orten kann man auch übernachten.

Karte: Wanderkarte als PDF

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