Aktenvermerk 221040
Tyske dokumenter.
Anlage
6.
Aktenvermerk
vom 22.10.1940
über
eine Besprechung betr.die Behandlung der Frage ”unheliches Kind und Errichtung
von Lebensborn-Heimen in Norwegen”.
An
der Besprechung nahmen teil:
Reichsführer SS,
Herr Reichskommissar Terboven,
SS-Gruppenführer Rediess,
SS-Standartenführer Sollmann,
Gauwirtschaftsberater Otte,
SS-Sturmbannführer Dr. Richert und
SS-Sturmbannführer Dr. Reinecke.
SS-Sturmbannführer
Dr. Richert erläutert die Sachlage, aus der folgendes zu entnehmen ist:
Wenn
bisher auch erst ca. 15 Fälle bekannt geworden sind, in denen norwegische Mütter
unheliche Kinder von deutschen Soldaten erwarten, so muss aus angefallenen Rückfragen
bei dem Reichskommissariat, der Wehrmacht, der SS und Polizei doch entnommen
werden, dass die Zahl der zu erwartenden unhelichen Kinder mit Ablauf dieses
Jahres ungefähr 1000 erreichen wird. Hierbei handelt es sich jedoch
ausschliesslich um eine Schätzung, da gerade bei der Wehrmacht bisher keine
oder nur wenige Feststellungen über uneheliche Kindschaft getroffen werden.
Es
liegt ein Befehl von Generaloberst v.Falkenhorst vor, der, solange Norwegen
Operationsgebiet ist, jede Heirat zwischen deutschen Soldaten und Norwegerinnen
verbietet und des weiteren anordnet, dass in Norwegen befindliche Ehefrauen von
Wehrmachtsangehöringen, gleichgültig ob Deutsche oder inzwischen geheiratete
Norwegerinnen, umgehend ins Reich abzureisen hätten.
Des
weiteren beabsichtigt der Chefintendant, einen Befehl zu erlassen, der alle
ansprüche norwegischer Mütter oder Kinder gegen deutsche Wehrmachsangehörige
wegen unehelicher Vaterschaft kategorisch für die Dauer des Krieges ablehnt.
In
gemeinsamer Besprechung wird festgestellt, dass diese beiden Befehle, die nach
dem SS-Sturmbannführer Dr. Richert gegebenen Informationen zur Spionageabwehr
erlassen sind, nicht nur jede Heirat mit Norwegerinnen unmöglich machen,
sondern auch die norwegischen Mütter, selbst besten Blutes, diffamieren und das
Verantwortungsbewusstsein des deutschen Soldaten gegenüber der Frage des Kindes
störend beeinflussen. Wenn auch der erstere Befehl, der jede Heirat grundsätzlich
verbietet, nach Absprache mit dem OKW in allen besetzten Gebieten erlassen ist,
so liegen in Norwegen doch besondere Gründe vor, die Aufhebung des Befehls
verlangen. Gerade der Reichsführer SS erklärt sich in besonderem Umfange an
dem zu erwartenden Nachwuchs guten nordischen Blutes erheblich interessiert und
verlangt im Einverständnis mit dem Herrn Reichskommissar sofortige Massnahmen,
die die Erfassung dieses Nachwuchses gewährleisten und verhindern, dass sich
norwegische, dem Deutschtum feindlich Gesinnte in das Problem einschalten, wie
dies bisher die Heilsarmee schon verschiedenen Male getan hat, indem sie
versuchte, die von deutschen Soldaten gezeugten unhelichen Kinder in ihre Heime
zu ziehen. Ziel aller anzuwendenden Massnahmen muss sein, den zu erwartenden
Nachwuchs wertwollen Blutes dem Deutschtum zu sichern, Dabei braucht die Frage
heute noc nicht geklärt zu werden, ob die Kinder sofort oder später die
deutsche Staatsangehörigekeit erhalten oder ob sie vorläufig sozusagen als
deutsche Vorposten im norwegischen Volke bleiben sollen.
Da
die SS auf Grund ihres Auslesegedankens vordringlich an dem Gesamtproblem
interessiert ist, ist der Herr Reichskommissar damit einverstanden, dass das
Gesamtproblem einheitlich durch die SS organisiert und durchgefürt wirt, Dies
soll durch zu errichtende Lebensborn-Heime – vorläufig ein Heim – und zu
errichtende Beratungstellen erfolgen. Damit wird dem Verein ”Lebensborn e.V.”
die gesamte Angelegenheit übertragen. Der Herr Reichskommissar erklärt sich
damit einverstanden, schlägt jedoch vor, dass die Organisation des
”Lebensborn” in Norwegen unter der Firma ”Reichskommissariat” aufgezogen
wird, da nicht nur von SS- und Polizeiangehörigen, sondern auch von
Wehrmachtsangehörigen gezeugte Kinder erfasst werden sollen, wozu nach aussen
lediglich das Reichskommissariat als oberste deutche Zivilverwaltungsstelle in
Norwegen zuständig ist. Der Reichsführer SS erklärt sich damit einverstanden
und es besteht Klarheit darüber, dass der sachliche Autrag von der SS (Lebensborn)
ausschliesslich durchgeführt wird.
In
einzelnen wird folgendes vereinbart:
Herr
Reichskommissar Terboven wird in persönlicher Rücksprache mit Generaloberst
v.Falkenhorst Schritte unternehmen, um das Heiratsverbot in Norwegen rückgängig
zu machen, da es die hier gesprochenen und insbesondere vom Reichsführer SS
vertretenen viele stört. Desgleichen werden Massnahmen getroffen, um den
beabsichtigten Befehl des Chefintendanten über die uneheliche Kindschaft und über
die sich hieraus ergebenden finanziellen Ansprücke zu unterfinden. Es wird in
Norwegen mit dem Sitze in Oslo eine Dienststelle des ”Lebensborn e.V.”
errichtet. Es wird vorläufig ein Lebensborn-Heim eingerichtet. Es werden Mütterberatungsstellen
geschaffen und zwar in Oslo, Lillehammer, Kristiansand, Stavanger, Bergen,
Trondheim, Narvik, Tromsö und Kirkenes.
Der
Reichsführer SS übernimmt die Errichtung dieser Organisation und die
Versorgung der zu errichtenden Dienststellen mit Personal aus der SS. Er
beauftragt den SS-Sturmbannführer Dr.Richert mit der Lleitung zur Durchführung
dieser Aufgabe. Der Herr Reichskommissar ist mit der Erteilung dieses
Sonderauftrages an SS-Sturmbannführer Dr.Richert einverstanden.
Im
einzelenen erhält SS-Sturmbannführer Dr.Richert vom Reichsführer SS in
Einverständnis mit dem Herrn Reichskommissar folgende Weisungen:
1.
Das Lebensborn-Heim
wird nach den Erfahrungen im Reiche errichtet. Es wird ihm ein
Wirtschaftsbetrieb angegliedert. SS-Standartenführer Sollmann hat einen
Architekten abzustellen und für die personelle Besetzung des Heimes besonders
durch Ärzte und Pfliegepersonal, zu sorgen.
2.
In das Heim
”Lebensborn” können vorläufig ohne Rücksicht auf besondere rassische
Bewertung alle norwegischen Mütter aufgenommen werden, die Kinder von Deutschen
erwarten. Solange das Heim ”Lebensborn” noch nicht errichtet ist, können
die Entbindungen in staatlichen oder privaten Entbindungsheimen vorgenommen
werden, wofür die Kosten vom Reichskommissariat übernommen werden.
3.
SS-Sturmbannführer
Dr.Richert hat sofort Verhandlungen mit der Hauptabteilung Verwaltung und Recht
im Reichskommissariat aufzunehmen, um die Finanzierung sicherzustellen.
Grundlage hierfür soll sein, dass vom Reichskommissariat vorläufig ein
bestimmter Betrag ausgeworfen wird, der durch SS-Sturmbannführer Dr. Richert
verwaltet und mit der Hauptabteilung Verwaltung und Reicht abgerechnet wird. Aus
diesem Fond sind alle anfallenden Kosten vorläufig zu bezahlen. Der spätere Rückgriff
auf die unehelichen Väter bleibt vorbehalten.
4.
Die zu errichtenden
Beratungsstellen, die ebenfalls aus dem unter 3 erwähnten Fond finziert werden,
werden von Ärzten der SS besw. Von im Verein ”Lebensborn” ausgebildeten Kräften
besetzt. Der Reichsführer SS will zunächst drei Ärzte zur Verfügung stellen,
die übrigen sollen durch Verhandlungen mit Staatssekretär Dr. Conti
herangeschafft werden. Diese Beratungsstellen werden als selbständige
Dienststellen bei den einzeknen Aussenstellen des Reichskommissariats
eingerichtet und haben sowohl die rein medizinischen, als auch dei ernährungsphysiologischen
Aufgaben zu erfüllen und ausserdem Verbindung zu halten mit den noch zu
errichtenden Kontoren ”Mutter und Kind”. Im übrigen haben sie in
biologischer und bevölkerungspolitischer Einsicht die vorhandenen norwegischen
Dienststellen zu beraten.
5.
SS-Sturmbannführer
Dr. Richert hat sich die erforderliche Organisation selbst zu schaffen. Er ist
in Verbindung mit SS-Standartenführer Sollmann zur Entscheidung aller
organisatorischen Fragen berufen und hat die gesamte Angelegenheit schnellstens
vorwärts zu treiben.
Der
Reichsführer SS beauftragt ferner im Einverständnis mit dem Herrn
Reichskommissar den SS-Sturmbannführer Dr. Reinecke mit der Bearbeitung sämtlicher,
in diesem Fragenkomplex vorhandener und neu auftauchender Rechtsfragen. Diese Tätigkeit
hat sich in engster Verbindung mit dem Vorvärtsgehen der gesamten Organisation
zu halten. Soweit die norwegische Gesetzgebung den vom Reichsführer SS
vertretenen Zielen entgegensteht, ist sie umzugestalten oder durch neue Gesetze
zu ersetzen. Im übrigen hat die Art der gesetzlichen Fundierung der gestellten
Augabe sich den Politischen Gegenbenheiten anzupassen. Im Vordergund steht zunächst
die Frage der rechtmässigen Ûberleitung der Vormundschaft über die
unehelichen Kinder auf den Verein ”Lebensborn”. Die Frage der Staatsangehörigkeit
bleibt einer späteren Regelung vorbehalten.
Kilde:
Norges forskningsråd. Hjemmeside: http://www.forskningsradet.no/
Tilrettelagt for internett av Norges Krigsbarnforbund (NKBF). Homepage: http://www.nkbf.no