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Sommer-Renner Irrsinn auf Kniehöhe

Sie sind kaum höher als Nachbars Köter und doch dürfen Karts und Buggys ganz legal auf die Straße. Der helle Wahnsinn - oder nur ein Riesenspaß mit kalkuliertem Risiko?

"4-rädriges Kraftfahrzeug zur Personenbeförderung" lautet die nüchterne Eintragung im Fahrzeugschein. Als René Milaszewska vom Fun Car-Verleih aus Mönchengladbach die Handhabung des "Fun Kart F 100" erklärt, kommt schon etwas Skepsis auf. Damit soll man sich auf eine öffentliche Straße wagen? Das 112 Kilogramm leichte Vehikel ist kaum höher als ein Mischlingshund. Immerhin ist alles da, was der Gesetzgeber verlangt: Beleuchtung inklusive Warnblinker, Fern- und Abblendlicht, eine Hupe, Tacho, Kennzeichen vorn und hinten. Sogar Warndreieck und Erste-Hilfe-Täschchen fehlen nicht.

Sicherheit wird klein geschrieben

Das Fun Kart ist "made in Taiwan" und hat einen luftgekühlten Einzylinder-Zweitaktmotor mit 7,9 PS. Das Gaspedal sitzt rechts und die Bremse links, was bei der Fahrt ziemlich gewöhnungsbedürftig ist. Schon nach ein paar Minuten wird man aber vom Kart-Fieber gepackt. Direkter könnte der Kontakt zur Straße nicht sein, es macht einfach Laune, um die Kurven zu flitzen. Beim Rangieren braucht man allerdings kaum weniger Platz als mit dem Auto – der Wendekreis des Karts ist gewaltig. Besonders durchzugsstark ist der Motor des 8-PS-Karts nicht. Auch von den Trommelbremsen des Straßen-Zwergs sollte man nicht zuviel erwarten. Vorausschauend fahren und frühzeitig Gas wegnehmen heißt die Devise. Ein weiterer Haken sind die Reifen, die lediglich über einfache Profilrillen verfügen. Bei Nässe ist also besondere Vorsicht angesagt.

Auspuff auf Nasenhöhe

Andere Verkehrsteilnehmer reagieren mit Verwunderung auf den Anblick des Straßen-Karts und halten meistens Abstand. Doch es bleibt ein ungutes Gefühl, wenn man sich wie Gulliver im Land der Riesen bewegt. Vor allem neben LKWs, wo man sich etwa in Auspuffhöhe bewegt und sich ständig fragen muss, ob der Fahrer das Winzgefährt auf dem Asphalt überhaupt registriert hat. In den beiden Außenspiegeln des Karts kann man in voller Fahrt wenig erkennen, muss ständig einen Blick über die Schulter riskieren. Theoretisch dürfte man mit einem Kart sogar auf die Autobahn. Kart-Verleiher René Milaszewska hat es gemacht – einmal und nie wieder. "Als mich ein LKW überholt hat, wusste ich, dass ein Kart auf der Autobahn Wahnsinn ist", sagt Milaszewska. Im Mietvertrag für die Fahrzeuge steht deshalb ausdrücklich, dass Fahren auf der Autobahn verboten ist.

Appetit auf Tuning

Weil der Pisten-Flitzer keine Federung hat, darf er nicht schneller als 80 Km/h fahren. Für manche in der Kart-Szene ist das allerdings nur eine Zahl auf einem Blatt Papier. Ob Sportauspuff oder neue Vergaser – es wird fleißig gebastelt. "Ich habe schon Karts gesehen, die fuhren 120", berichtet René Milaszewska über Auswüchse der Tuning-Szene. Der Spaß im Straßen-Kart ist noch nicht lange erlaubt. Eine EU-Richtlinie hat dafür gesorgt, dass man auch Kleinstfahrzeuge für den Straßenverkehr zulassen kann. Für die Zulassung benötigt man ein TÜV-Gutachten oder eine so genannte CoC-Bescheinigung (Certificate of Conformity), die man der Zulassungsstelle vorlegen muss. Dieses Dokument bescheinigt, dass das Fahrzeug mit der EG-Betriebserlaubnis, die der Hersteller dafür beantragt hat, übereinstimmt und ohne weitere technische Prüfung in jedem EU-Land zugelassen werden kann. Für Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von höchstens 45 Km/h und nicht mehr als 50 Kubikzentimetern Hubraum reicht der Führerschein Klasse S, für stärkere Fahrzeuge wie das Straßen-Kart benötigt man den Führerschein der Klasse B.

Käfig für den Kopfschutz

Ein größeres Sicherheitsgefühl als im Kart – zumindest subjektiv – hat man in den zweisitzigen Buggys, die ebenfalls für die Straße zugelassen werden können. Der Buggy hat einen schmalen Überroll-Käfig und Hosenträger-Gurte. Ein 150 Kubik-Benzinmotörchen mit knapp 14 PS bringen das Gefährt träge auf Touren. Bis die 72 Km/h Höchstgeschwindigkeit erreicht sind, dauert es seine Zeit. Dafür braucht man beim Losfahren keine Angst zu haben, dass das Gefährt vorne abhebt. Beim Kurvenverhalten zeigt sich, dass ein Buggy nun mal kein Auto ist. Die Lenkung ist sehr direkt, und trotz Scheibenbremsen rundum ist die Verzögerung bescheiden. Die wichtigste Grundregel lautet: Abstand halten. Das gilt auch, wenn man in einer Gruppe unterwegs ist. "Einmal hat sich ein Fahrer zweimal überschlagen, weil er zu dicht an einen anderen Buggy herangefahren ist und sich beide verhakt haben", erzählt René Milaszewska. Dank des Überrollbügels sei den Fahrern immerhin nichts passiert.

Sebastian Viehmann

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