Die Privatbibliothek Herzog Ernsts II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1745-1804)

Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg auf einem Gemälde von Johann Jonas Michael. Das Porträt zeigt Ernst in zeitgemäßem blauen Offiziersrock mit reicher Goldstickerei. Schloss- und Spielkartenmuseum Altenburg, Inv.Nr. V 4672, Öl auf Leinwand, 80 x 60 cm
 
Abbildung: Porträt Ernsts II.,
 
um 1775 (Schloss- und
 
Spielkartenmuseum Altenburg)
 
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Über Ernst II. und seine literarisch-wissenschaftlichen Interessen
Ernst II. und die Hofbibliothek
Entstehung, Umfang und äußere Merkmale der Privatbibliothek
Charakter und Gliederung der Privatbibliothek
Der Katalog der Privatbibliothek
Die "Amerikanische Bibliothek" Ernsts II.
Verwendete Literatur
 
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Über Ernst II. und seine literarisch-wissenschaftlichen Interessen

Der Kupferstich zeigt Erdgeschossgrundriß und Ansichten von Süd- und Ostseite der 1792 in Betrieb genommenen und von Ernst errichteten Sternwarte auf dem Seeberg. 44,5 x 33,5 cm (FB Gotha Chart. A 989a, f. 27
Abbildung: Ansicht und
 
Grundriss der Sternwarte
 
auf dem Seeberg, 1792
 
(FB Gotha Chart. A 989a, f. 27)
 
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Ernst Ludwig erhielt durch seine Mutter, Herzogin Luise Dorothea (1710-1767), eine sorgfältige Erziehung. Nach Reisen durch die Niederlande und England heiratete er 1769 Charlotte Amalie von Sachsen-Meiningen (1751-1827) und übernahm 1772 die Gothaer Regierung. Durch sparsame Haushaltsführung gelang es Ernst bis 1797 die nicht zuletzt in Folge des Siebenjährigen Krieges entstandene hohe Verschuldung des Hofes abzutragen. Er förderte Gewerbe und erneuerte das Versicherungswesen. Wie kein anderer Herzog machte er sich um Bildung, Wissenschaft und Künste im Herzogtum verdient. Er unterstützte die Gründung der Schnepfenthaler Erziehungsanstalt unter Johann Gotthilf Salzmann und erneuerte das Gothaer Gymnasium illustre. Er ließ die erste Sternwarte Deutschlands auf dem Seeberg errichten und 1798 den 1. Astronomen-Kongress in Gotha veranstalten. Ernst ermöglichte das erste stehende Schauspielensemble am Gothaer Hof unter Conrad Ekhof (1720-1778) und förderte eine Reihe von bildenden Künstlern.

Ernst II. und die Hofbibliothek

Pflanzenzeichnung der Johanna Henrietta Breyne (1714-1797), einer Tochter des Danziger Botanikers Johann Philipp Breyne (1680-1764), dessen Nachlass Ernst II. 1798 erwarb. Deckfarben, Papier. 1 Bl., 54 x 38 cm (FB Gotha Chart A 782, Bl. 46r)
Abbildung: Johanna Henrietta
 
Breyne: Aloe Guineensis,
 
Mitte 18. Jh.
 
(FBG Chart A 782, Bl. 46r)
 
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Seit 1775 stellte Ernst II. jährlich einen festen Betrag aus seinen privaten Einkünften für die Hofbibliothek zur Verfügung. Die aus seinen Mitteln angeschafften Bände sind meist mit dem Widmungsvermerk "Donum serenissimi" versehen. 50 wertvolle mittelalterliche Handschriften sowie Inkunabeln bezog er von dem im benachbarten Erfurt wirkenden französischen Benediktiner Jean-Baptiste Maugérard (1735-1815). Zu den herausragenden Erwerbungen gehören die hymnologische Sammlung des Arnstädter Superintendenten Johann Christoph Olearius (1668-1747), der Nachlass der Danziger Botaniker Jacob (1637-1697) und Johann Philipp Breyne (1680-1764) sowie die Tier- und Pflanzenzeichnungen Georg Forsters (1754-1794).

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Entstehung, Umfang und äußere Merkmale der Privatbibliothek

Ernst II. ließ die Bücher seiner Privatbibliothek auf der Rückseite der Titelblätter mit dem Großbuchstaben 'E' in brauner Farbe stempeln
Abbildung: Stempel Ernsts
 
auf der Rückseite des
 
Titelblattes eines seiner
 
Bücher [Ausschnitt]
 
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Seine private Bibliothek ließ Ernst II. ab 1775 durch Heinrich August Ottokar Reichard (1751-1828) betreuen, nahm aber die Auswahl der Literatur selbst vor. Sie umfasste am Ende seines Lebens etwa 20.000 Bände und war unmittelbar über der Hofbibliothek im dritten Obergeschoss des Ostturms von Schloss Friedenstein aufgestellt. Die überlieferten Bände seiner Sammlung sind weitgehend an einem auf der Rückseite des Titelblattes gestempelten "E" sowie mit der Seitensignatur des Privatbibliothekskatalogs [Abbildung] gekennzeichnet.

Charakter und Gliederung der Privatbibliothek

Ernst II. interessierte sich beim Schachspiel besonders für das Problem des Rösselsprungs. In seiner Bibliothek gibt es neben zahlreichen Schachbüchern auch publizierte Beiträge, darunter die 1798 erschienene 'Auflösung einer systematischen Aufgabe des sogenannten Roesselsprungs auf dem Schachbrete, einen Kupferstich mit 27 'geschlossenen Touren''. Kupferstich, koloriert, Papier, 1 Bl. (FB Gotha Chart. B 1071, Bl. 57)
Abbildung: Ernst II.: 'Auflösung
 
einer systematische Aufgabe
 
des sogenannten Roesselsprungs
 
auf dem Schachbrete', 1798
 
(FBG Chart B 1071, Bl. 57)
 
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In der Bibliothek finden vor allem die naturwissenschaftlichen Interessen Ernsts II. ihren Niederschlag. 31% der Sammlung machen mathematische und naturwissenschaftliche Schriften aus, 27% historiographische Werke, gefolgt von philologischer und philosophischer (17%) sowie belletristischer Literatur (15 %). In großem Umfang vorhanden sind europäische Zeitschriften und Akademieserien. Unter den philosophischen Schriften fallen diejenigen Voltaires und des deutschen Philosophen Christoph Meiners (1747-1820) auf. Von der Leidenschaft Ernsts II. für das Schachspiel, worüber er kleinere Beiträge publizierte, zeugen zahlreiche Schachbücher.

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Der Katalog der Privatbibliothek

Heinrich August Ottokar Reichard stammte aus Gotha, studierte in Göttingen, Leipzig und Jena Recht und war vielseitig literarisch tätig. Von 1780 bis 1814 war er der Privatbibliothekar Ernsts II. Der Kupferstich von 1780 zeigt Reichard im Profil nach links blickend (FB Gotha Goth 2° 187/9)
Abbildung: Porträt des
 
Bibliothekars Reichard
 
(FB Gotha Goth 2° 187/9)
 
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Der Privatbibliothekar Ernsts II., Heinrich August Ottokar Reichard, der die Bibliothek über den Tod Ernsts hinaus bis 1815 betreute, legte zunächst einen alphabetischen Katalog in zwei Bänden an (FB Gotha Chart A 2319). 1815 ging die Verwaltung der Sammlung auf den Bibliothekar Friedrich Jacobs (1764-1847) über, der in der Zeit vom 2. Januar 1816 bis 28. Januar 1817 einen Sachkatalog (FB Gotha Chart A 2321) anlegte. Im Anschluss an die Handschriften sind die gedruckten Werke nach den Formaten Folio, Quarto und Octavo verzeichnet. Innerhalb der Formate sind die Titel nach Sachgruppen geordnet, jeweils beginnend mit den theologischen, juristischen und medizinischen Schriften.

Die "Amerikanische Bibliothek" Ernsts II.

Möglicherweise im Zusammenhang mit Ernsts II. Auswanderungsabsichten 1796 entstandener Entwurf eines Landhauses durch den Architekten Joseph Ramée (1764-1842). Tusche, Aquarell auf Papier. 5 Bl., 41 x 26 cm (FB Gotha Chart A 1053)
Abbildung: Entwurf eines
 
Landhauses von Joseph
 
Ramée, 1796
 
(FBG Chart A 1053)
 
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Im Zuge der Französischen Revolution plante Ernst II., in die Schweiz oder in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Dafür hatte er Land erwerben und ein Landhaus entwerfen lassen. Aus seiner Privatbibliothek stellte er Bücher seiner Lieblingsfächer, der Mathematik, Physik, Astronomie und Geographie zusammen, die in einen "eigenthümlich dauerhaften Einband" (Friedrich Jacobs) gebunden wurden. Auch wenn kein gesonderter Katalog der "amerikanischen Bibliothek" vorhanden ist, lassen die zahlreichen blaugrauen Papp- oder Papierumschläge, in die Ernsts Lieblingslektüre noch heute gebunden ist, ihre Zugehörigkeit zu dieser Bibliothek vermuten.

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Verwendete Literatur

Beck, August: Ernst II. Herzog zu Sachsen-Gotha und Altenburg als Pfleger und Beschützer der Wissenschaft und Kunst. Gotha 1854.
 
Greiling, Werner u.a. (Hg.): Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg. Ein Herrscher im Zeitalter der Aufklärung. Köln 2005.
 
Schaab, Rupert: Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg und die Bücher. In: Die Gothaer Residenz zur Zeit Herzog Ernsts II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1772-1804), S. 101-112.

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Erste Veröffentlichung: 21.03.2006  /   Letzte Änderung: 17.04.2007
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