Das Frühmittelalter im Überblick: Wie sah Karl der Große aus?

Gerhard Schmitz, Quellensammlung zur Vorlesung: Das Frühmittelalter im Überblick (Wintersemester 1997/98)
Wie sah Karl der Große aus?

(Zur Bildquelle "Reiterstatuette")

Einhard, Vita Karoli c. 22

MGH SS rer. Germ. in usum scholarum [25], 6. Aufl. hg. von O. Holder-Egger, 1911 S. 26f.

22. Corpore fuit amplo atque robusto, statura eminenti, quae tamen iustam non excederet - nam septem suorum pedum proceritatem eius constat habuisse mensuram -, apice capitis rotundo, oculis praegrandibus ac vegetis, naso paululum mediocritatem excedenti, canitie pulchra, facie laeta et hilari. Unde formae auctoritas ac dignitas tam stanti quam sedenti plurima adquirebatur; quamquam cercix obesa et brevior venterque proiectior videretur, tamen haec ceterorum membrorum /S. 27/ celabat aequalitas. Incessu firmo totaque corporis habitudine virili; voce clara quidem, sed quae minus corporis formae conveniret. Valitudine prospera, praeter quod, antequam decederet, per quatuor annos crebro febribus corripiebatur, ad extremum etiam uno pede claudicaret. Et tunc quidem plura suo arbitratu quam medicorum consilio faciebat, quos poene exosos habebat, quod ei in cibis assa, quibus assuetus erat, dimittere et elixis adsuescere suadebant.


Übersetzung in Quellen zur Karolingischen Reichsgeschichte 1 (Freiherr vom Stein Gedächtnisausgabe 5, 1956) S. 193ff.

22. Er war von breitem und kräftigem Körperbau, hervorragender Größe, die jedoch das richtige Maß nicht überschritt - denn seine Länge betrug, wie man weiß, sieben seiner Füße -, das Oberteils seines Kopfes war rund, seine Augen sehr groß und lebhaft, die Nase ging etwas über das Mittelmaß, er hatte schönes graues Haar und ein freundliches, heiteres Gesicht. So bot seine Gestalt im Stehen wie im Sitzen eine höchst würdige und stattliche Erscheinung, wiewohl sein Nacken feist und zu kurz, sein Bauch etwas hervorzutreten schien: das Ebenmaß der anderen Glieder verdeckte das. Er hatte einen festen Gang, eine durchaus männliche Haltung des Körpers und eine helle Stimme, die jedoch zu der ganzen Gestalt nicht recht passen wollte; seine Gesundheit war gut, außer daß er in den vier Jahren vor seinem Tode häufig von Fiebern ergriffen wurde und zuletzt auch mit einem Fuße hinkte. Aber auch damals folgte er mehr seinem eigenen Gutdünken als dem Rat der Ärzte, die ihm beinahe verhaßt waren, weil sie ihm rieten, dem Braten, den er zu speisen pflegte, zu entsagen und sich an gesottenes Fleisch zu halten.